Die Ausgangsthese des vorliegenden Beitrages lautet, dass die Ethik in der Soziologie einerseits Abstand nimmt von der metaphysischen Überhöhung der Ethik, andererseits mit einem modernen diskursfähigen Ethikverständnis konfrontiert wird. Martinus Emge hatte 1968 zur Ethik in der Soziologie darauf hingewiesen, dass sie metaphysisch überfrachtet ist – insofern ungeeignet für die Gesellschaftswissenschaft. Soziologie ist keine Sollenswissenschaft sondern eine analytische und empirische Disziplin.
Ethik wird in soziologischer Perspektive als eine Normwissenschaft definiert, jedoch mit Ein-schränkungen. Ethik steht in Verbindung mit einem sozialen und kulturellen Wandel. Ethik ist keine statische Grösse, sondern dem sozialen Wandel ausgesetzt. Die Entwicklung von Normen ist, wie Habermas gezeigt hat, auch eine Frage ihrer Begründung in Gruppenprozessen, eine Frage ihrer Begründung im Diskurs. Gleichwohl zeigt der Soziologe Siegfried Lamnek (Katholische Universität Eichstätt-Ingoldstadt), welche Probleme mit einer gruppeninduzierten Diskursethik verbunden ist. Handelt es sich um einen Diskurs, der unter Zwängen stattgefunden hat, so ist die ethische Position der Ausdruck mächtiger Kräfte im Diskurs und insofern ihre Letztbegründung problematisch.
Inhaltsverzeichnis
- Von der metaphysischen Überhöhung des Ethikbegriffs zum modernen Ethikverständnis einer integrativen Ethik.
- Wo stehen wir heute?
- Was können wir bei Jürgen Habermas lernen?
- Ansätze einer integrativen Ethik.
- Handlungsfelder für eine integrativen Ethik für die Soziologie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Rolle der Ethik in der Soziologie. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie die Soziologie mit der metaphysischen Überhöhung des Ethikbegriffs umgehen kann und gleichzeitig ein modernes, diskursfähiges Ethikverständnis entwickeln kann. Es werden Ansätze einer integrativen Ethik vorgestellt, die in einem Spannungsverhältnis von Begrenzung und Befreiung stehen und die Fähigkeit fördern, ethische Fragen in komplexen Situationen zu reflektieren und zu bewerten.
- Der Wandel des Ethikbegriffs von der metaphysischen Überhöhung zum modernen Ethikverständnis.
- Die Rolle von Diskursen und Gruppenprozessen bei der Entwicklung von Normen.
- Ansätze einer integrativen Ethik und ihre Bedeutung für die Soziologie.
- Ethische Dilemmata in verschiedenen Handlungsfeldern der Soziologie.
- Die Bedeutung von Ethikfähigkeit für Soziologen.
Zusammenfassung der Kapitel
Von der metaphysischen Überhöhung des Ethikbegriffs zum modernen Ethikverständnis einer integrativen Ethik.
Das erste Kapitel behandelt die historische Entwicklung des Ethikbegriffs und zeigt auf, wie er sich von der metaphysischen Überhöhung zu einem modernen, diskursfähigen Verständnis entwickelt hat. Die verschiedenen Definitionen von Ethik werden vorgestellt und in den Kontext der soziologischen Diskussion über Werturteile in der Wissenschaft eingeordnet.
Wo stehen wir heute?
Das zweite Kapitel analysiert die aktuelle Situation der Ethik in der Soziologie. Es wird betont, dass Ethik keine statische Größe ist, sondern sich im Wandel befindet. Die Entstehung und Entwicklung von Normen werden als Prozesse der Begründung in Gruppenprozessen und Diskursen betrachtet.
Was können wir bei Jürgen Habermas lernen?
Das dritte Kapitel beleuchtet die Rolle von Jürgen Habermas für die Entwicklung eines ethischen Diskurses in der Soziologie. Es werden seine Erkenntnisse zu Gruppenprozessen und demokratischen Normenbildungsprozessen dargestellt und die Kritik von Siegfried Lamnek an einer gruppeninduzierten Diskursethik diskutiert.
Ansätze einer integrativen Ethik
Das vierte Kapitel stellt verschiedene Ansätze einer integrativen Ethik vor und erläutert ihre Bedeutung für die Soziologie. Es wird betont, dass eine integrative Ethik in einem Spannungsverhältnis von Begrenzung und Befreiung steht und die Fähigkeit fördern soll, ethische Fragen in komplexen Situationen zu reflektieren und zu bewerten.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieses Beitrags sind Ethik, Soziologie, Diskurs, integrative Ethik, Ethikfähigkeit, Werturteile, Gruppenprozesse, Normenbildung, Handlungsfelder, Beratung, wissenschaftliche Ethik.
- Quote paper
- Bernhard Mann (Author), 2001, Ethik in der Soziologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82149