Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßtab für die Demokratie?


Hausarbeit, 2006

19 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

E i n l e i t u n g

1. Allgemeine Indikatoren für freiheitliche Demokratien

2 . Demokratischer Anspruch der Verfassung der DDR

3. Möglichkeiten der politischen Partizipation
3.1. Demokratische Wahlen
3.2. Die sozialistische Einheitspartei
3.3. Blockparteien
3.4. Die Nationale Front
3.5. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB)
3.6. Die Freie Deutsche Jugend (FDJ)

4. Gesellschaftliche Opposition

5. Restriktive Maßnahmen des Staates

6. Reaktion der Bevölkerung

F a z i t

Literaturverzeichnis

E i n l e i t u n g

Die Deutsche Demokratische Republik ist wie die Bundesrepublik Deutschland aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges entstanden. Lehren wollten beide deutschen Staaten aus dem untergegangenen „Tausendjährigen Reich“ ziehen. Die Demokratie- und Staatsysteme sollten aber in ihrer Verwirklichung, aufgrund differenter Gesellschaftsauffassung der jeweiligen Siegermächte, in den neu gegründeten deutschen Ländern sehr unterschiedlich ausfallen.

Die DDR gründete sich selbst als demokratischen Staat und in Weimarer Verfassungstradition. Ihr Anspruch an die Menschen- und Grundrechte im sozialistischen Staat war nach Hitlerdeutschland sehr hoch. Die kommunistische Ideologie formte die DDR immer weiter zu einem sozialistischen Volksstaat. Aus der Perspektive der westlichen Mächte des Kalten Krieges entwickelte sich die DDR aber von einem demokratischen Land zu einem kommunistischen System und einer Einparteienherrschaft der SED. Die westlichen Demokratien beobachteten diese Staatsordnung mit Sorge. Es herrschte die Unfreiheit des einzelnen, die Gesellschaft war „gleichgeschaltet“ und die leninistisch-marxistische Einheitspartei behielt die Meinungsführerschaft. Die Niederschlagung des Volksaufstandes am 17.Juni 1953 und der Bau einer Grenzmauer zwischen den beiden deutschen Ländern stand für diese Annahmen zeuge.

Mit dieser Hausarbeit möchte ich der Frage nachgehen, ob die Deutsche Demokratische Republik den Terminus „demokratisch“ wirklich zu Recht getragen hat. Dazu setzte ich zu Beginn der Arbeit eine allgemeine Klärung des Demokratiebegriffs voraus, um dann folgend und im speziellen über die sozialistische Auffassung von Demokratie in der DDR zu informieren. Der Grundsatz einer demokratischen Ordnung lautet: „Alle Macht geht vom Volke aus!“. Wenn aber die staatliche Macht vom Volke ausgehen soll, dann müssen die Bürger eines demokratischen Landes auch Möglichkeiten haben, ihren politischen Willen adäquat äußern zu können und mit diesem die politischen Geschehen eines Landes mitzugestalten. Diese abschließende Analyse zur politischen Partizipation in der DDR soll die zu erörternde Frage nach der demokratischen Situation helfen zu beantworten.

Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßstab für die Demokratie? 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Allgemeine Indikatoren für freiheitliche Demokratien

Alle Begriffe dieses Staates – demokratisch, sozialistisch, Volksstaat, etc. – deuten auf eine für jedermann und jederfrau gleiche und gleichberechtigte Teilnahme am politischen Geschehen der Republik hin. Der Begriff „Demokratie“ ist aber sehr weit auszulegen und vielschichtig zu erfassen. Grundsätzlich stammt das Wort aus dem griechischen, hieß dort demokratia und beschrieb die direkte Herrschaft des Volkes. Der heutige demokratisch legitimierte Staat sieht sich ausschließlich als Ausdruck und Willen des Volkes. Eine demokratisch, politische Kultur empfängt ihre Dynamik erst durch politische und soziale Streitthemen, die zwischen Gleichen ausgetragen wird. Dazu bedarf es einiger kardinaler Grundrechte, die jeder Bürger eines demokratischen Staates einklagen kann, vor einem unabhängigen Gericht und vor allgemeinen Gesetzen und Regeln eines Staates. Die Hauptkomponenten einer funktionierenden Demokratie, die einen kurzen Überblick über die Inhalte des westlichen Demokratieverständnisses geben sind:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die westlichen Demokratien basieren auf der Idee des Individuums und dessen Fähigkeiten, sich kraft seines Geistes seiner selbst bewusst zu sein und in eigener Verantwortung sich und seine Umwelt frei und verantwortlich zu gestalten. Der amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr[1] umschrieb das Wesen der Demokratie folgendermaßen:

Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßstab für die Demokratie? 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Des Menschen Sinn für Gerechtigkeit macht Demokratie möglich, seine Neigung zur Ungerechtigkeit macht Demokratie notwendig.“[2]

Zur Sicherung dieses politischen Gemeinwesens lebt man in den westlichen Demokratien eine Teilung der Hauptgewalten des leitenden Staates, um die Freiheit des einzelnen zu schützen und die Macht der einzelnen in potenten Positionen zu kontrollieren. Pluralismus, Toleranz und demokratische Streitkultur bedeuten eine ständige Auseinandersetzung mit anderen Ideen und Möglichkeiten des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Ziel der Gemeinschaft muss sein, die Freiheit und Würde des Menschen zu sichern und zu steigern. Der Staat hat sich als leitende Institution immer den Grundrechten des Menschen unterzuordnen.

2 . Demokratischer Anspruch der Verfassung der DDR

Wie schon bereits angesprochen, kann der Demokratiebegriff sehr vielschichtig erfasst werden und es könnten mehrere Definitionen dabei genannt werden. Der Demokratiebegriff muss aber nicht zwingend nach einer bestimmten Definition ausgelegt werden. Was jetzt nun genau demokratisch ist oder auch nicht, bestimmen zumeist die Staaten selbst, die sich mit dieser Vokabel schmücken. Sicher ist am Beispiel der DDR, dass sich dieser Staat sich selbst als Schützerin der Menschenrechte und freiheitlichen Grundrechte für das Wohle aller gesehen hat. Die Akademie der Wissenschaften der DDR schreibt dazu im Jahre 1978:

„Die Staats- und Rechtswissenschaftler konnten gemeinsam mit Vertretern der sozialistischen Staats- und Rechtspraxis unseres Landes feststellen, dass in den sozialistischen Grund- und Menschenrechten die progressiven Prinzipien des demokratischen Völkerrechts verwirklicht wurden und in der Praxis der sozialistischen Gesellschaft voll zum tragen kommen.“[3]

Im Gegensatz dazu klagen die Autoren sozialistischer Schriften die bürgerlichen Verfassungen an und sehen in ihnen nur ein verstecktes Machtinstrument zur Unterdrückung

Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßstab für die Demokratie? 4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

der Massen. Den Nachweis für die historische Überlegenheit einer sozialistischen Menschenrechtskonzeption gegenüber den „bürgerlichen Spielarten“ nehmen sie als gegeben und bewiesen an. Die DDR rechtfertig sich also moralisch:

„Wir haben unseren Beitrag dazu zu leisten, dass die politisch-rechtliche Stellung des Menschen im Sozialismus, seine Rechte und Freiheiten seine Pflichten und seine Verantwortung so gestaltet sind und verwirklicht werden, dass er seine sozialistische Persönlichkeit voll entfalten kann. Dabei gilt es stets von der marxschen Erkenntnis auszugehen, dass der Mensch ein‚Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse’ ist.“[4]

Diese postulierte Überlegenheit des sozialistischen Demokratieverständnisses und die Anklage an den bürgerlich-kapitalistischen Nachbar belegt der Autor mit konkreten Beispielen. Er sieht in der Kriminalitätsentwicklung besagten Ausdruck dafür, in welchem Maße eine sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der Lage ist, ihren Bürgern Sicherheit und Geborgenheit, Schutz der kollektiven und individuellen Interessen zu gewährleisten. Eine Sicherheit die im Westen Deutschlands anscheinend nicht zum Tragen kommt:

„Allein in Westberlin wurden im Jahre 1977 mit ungleich mehr Straftaten begangen als in der ganzen DDR. Diese Tatsache zeigt deutlich, in welchem Maße hier wie dort solche elementaren Grundrechte wie Schutz von Leben und Gesundheit, Freiheit, Würde und Eigentum gesichert sind oder nicht. Zugleich macht es erneut den Widerspruch deutlich zwischen demagogischer Anmaßung, angeblich für die Menschenrechte in den sozialistischen Ländern eintreten zu wollen, und praktischer Realität im eigenen Lande, die auf Schritt und Tritt die Unfähigkeit offenbar werden lassen, selbst einfache Forderungen zu erfüllen.“[5]

Die Verfassung der DDR garantierte die Freiheitsrechte, auch nach ihren Modifikationen in Richtung sozialistischer Einheitsstaat, für jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger. Nominell waren die demokratischen Rahmenbedingungen gegeben und die Bezeichnung des

Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßstab für die Demokratie? 5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Staates gerechtfertigt. Die sozialistische Form der Demokratie und die Höherbewertung des Gemeinwohls vor dem Individuum hat bis dahin noch keine totalitäre oder autoritäre Wirkung auf die gesellschaftlichen Prozesse. Wie weit diese Ordnung auch dem Individuum politische Mitgestaltungsmöglichkeiten einer „Volksherrschaft“ bot, ist hier zur Frage gestellt.

[...]


[1] Zur Person: NIEBUHR, Reinhold, amerikan. prot. Theologe, Pionier der sog. »New Theology«, welche sich um Erneuerung der biblischchristl. Lehre in Auseinandersetzung mit den Fragen und Problemen der Moderne bemühte. * 21.6. 1892 in Wright City/Mo., + 1.6. 1971 in Stockbridge/ Mass..

[2] W. Besson/ G. Jasper, Das Leitbild der modernen Demokratien, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1990, S. 15

[3] Akademie der Wissenschaften, W4-1979 in Demokratie, Freiheit und Menschenrechte in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, Akademie-Verlag, Ostberlin 1979, S. 9

[4] Ebd., S. 10 zitiert aus K. Marx/ F. Engels, Werke, Bd.3, S.138

[5] Ebd., S. 27f.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßtab für die Demokratie?
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,2
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V82446
ISBN (eBook)
9783638874595
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Partizipation, Maßtab, Demokratie
Arbeit zitieren
Elena Nikolova (Autor:in), 2006, Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßtab für die Demokratie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82446

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die politische Partizipation in der DDR - ein Maßtab für die Demokratie?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden