Los niños de la guerra - Spanische Bürgerkriegskinder in der Sowjetunion


Seminararbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der spanische Bürgerkrieg und die Versendung der Kinder ins Ausland

2. Hilfe der UdSSR - Beweggründe und Ziele

3. Ankunft in der UdSSR, die Zeit vor 1941

4. Kinder zweier Kriege

5. Die Rolle der PCE (Kommunistische Partei Spaniens) und politische Kontrolle der Heime

6. Kein Recht auf Rückkehr

7. Probleme in der alten Heimat - Spanien, das Stiefmutterland

Anhang

Namensregister

Literaturverzeichnis

Fotogalerie

Einleitung

Bei der Betrachtung des Themas „Zuwanderung, Zuwanderungskontrolle und Außengrenzen im internationalen Vergleich“ kann die Problematik der spanischen Bürgerkriegskinder in der Sowjetunion als besonderer Fall angesehen werden. In der Zeit der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts war es außerordentlich schwer, nach Rußland zu immigrieren. Sehr strenge Zuwanderungsgesetze und die Angst vor Spionen ließen eine Einwanderung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zu. Die Evakuierung mehrerer tausend spanischer Flüchtlingskinder in die Sowjetunion zwischen 1936 und 1938 ist in der Geschichte einmalig, und die Gründe für diese bereitwillige Aufnahme und die Verhinderung ihrer Rückkehr sind vielfältig. Sowohl die sowjetische als auch die spanische Regierung tragen Schuld an dem Schicksal dieser Kinder, die bis heute nirgends zu hause sind. Denn als sie – oft schon im Rentenalter – wieder „nach hause“ zurückkehren durften, ist ihnen ihr Vaterland fremd. In Rußland bedeutete es ihnen etwas, Spanier zu sein, in Spanien jedoch gelten sie als „die Russen“.

1. Der spanische Bürgerkrieg und die Versendung der Kinder ins Ausland

Am 17. Juli 1936 erhoben sich konservative Generäle der Armee in Spanisch-Marokko gegen die legitime republikanische Regierung der Volksfront. Die alten ungelösten Konflikte und die Zerrissenheit des Landes waren Auslöser dieser seit langem geplanten Revolte, die sich unter Führung des Generals Francisco Franco im Mutterland schnell zu einem, von beiden Seiten mit großer Grausamkeit geführten Bürgerkrieg ausweitete. Willkürliche Verhaftungen und Erschießungen waren auf der Tagesordnung und oftmals reichte der Verdacht, der Gegenseite anzugehören aus, um wahllos hingerichtet zu werden. Verglichen mit früheren Kriegen auf spanischem Boden tat dieser einen qualitativen Sprung, was die Ressourcen und Zerstörungskraft der Waffen betraf. Es war ein totaler Krieg, in dem man das erste Mal terroristisches Vorgehen gegenüber der Zivilbevölkerung in Form von Bombardierungen und vernichtenden Repressalien praktizierte. Er verlangte 600.000 Tote, eine Zahl, die kein anderer Bürgerkrieg in der Geschichte Westeuropas bis dato erreicht hatte. Viele auf der Seite der Republikaner kämpfenden Eltern beschlossen daher, ihre Kinder ins vermeintlich sichere Exil zu schicken und sie so vor Kriegsgreuel, Armut und Hunger zu bewahren. Insgesamt verließen in den Jahren 1937 – 39 circa 30 000 Kinder bei einer nie dagewesenen Emigration das Land. Schiffe brachten sie nach Frankreich, wo 9000 von ihnen Zuflucht fanden. Belgien nahm 3500 kleine Spanier auf, die Schweiz 245 und Groß Britannien 4000. Holland gewährte 195 Unterkunft und Mexiko 500. Die Sowjetunion nahm 3000 Kinder auf[1].

Schon im März 1937 organisierte die baskische Regierung den ersten relativ geordneten Auszug von 450 baskischen Kindern nach Frankreich. Sie wollte Leben retten und nahm dafür in Kauf, die Kinder aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen. Sie selbst nannte den Exodus „eine der tragischsten Episoden in der spanischen Geschichte“. Die faschistische Propaganda sprach von „ungeheuerlichen Verbrechen“[2], eine Wortwahl, derer sich auch hohe Würdenträger der Kirche bedienten. Wer abreiste und wer nicht, stand nicht immer im Ermessen der Eltern. Gewerkschaften und linke Parteien wählten aus und rieten zur Verschickung.

Nach den verschärften Bombardierungen, die sich immer mehr auf zivile Objekte der Groß- und Kleinstädte ausbreiteten (Guernica ist ein weltbekanntes Beispiel), intensivierten sich die Anstrengungen. Jetzt fanden auch Evakuierungen nach Groß Britannien, Belgien und in die Sowjetunion statt, obwohl Frankreich wegen seiner Nähe noch immer das bevorzugte Ziel vieler Flüchtender blieb. Ungefähr 30 Schiffe stellte die baskische Regierung in ihre Dienste. Die mehr als 60 Überfahrten wurden erschwert, da das Baskenland im Süden und Osten bereits von den franquistischen Truppen eingeschlossen war. Die angelaufenen französischen Häfen waren Paulliac, La Pallice, St. Nazaire und Nantes. In dem Bemühen, eine geordnete Reise zu ermöglichen und die Flüchtlinge nicht in das schwarze Loch des Exils zu stoßen, schickten einzelne Ministerialabteilungen Begleiter mit und übergaben ihnen die Betreuung der Kinder.[3] In allen Schiffen, mit Ausnahme der sowjetischen, gehörten auch Geistliche zu diesem Begleitpersonal.

Die Altersgrenze für die Evakuierung lag im allgemeinen bei 15 Jahren, während die Sowjetunion nur Kindern bis 13 Jahren Aufnahme gewährte.

In den verschiedenen Ländern wurden die Kinder aus dem Baskenland und Asturien liebevoll empfangen und in vorerst Zeltstädten und Kinder - Kolonien untergebracht, in Southampton und Leningrad stauten sich die Menschen in den Straßen zur Begrüßung der Spanier. In Frankreich schlossen sich katholische Gruppen im Nationalen katholischen Hilfskomitee für die Flüchtlinge aus Spanien zusammen. Die Volksfront der politischen Parteien kümmerte sich um Unterkünfte und sammelte Geld für die Kinder-Kolonien. Auf französischem Boden agierte zudem eine schwedische Organisation, die aus eigenen Mitteln einige Kinder-Kolonien unterhielt. Ihr tat es ein holländisches Komitee gleich.

Die spanische Republik und die baskische Regierung überwiesen Geld nach Frankreich für die Unterbringung der Flüchtlinge. Quäker der Vereinigten Staaten und Kanadas bildeten mit Schweizern und Briten 1936 eine Internationale Kommission. Zwei innerspanische Organisationen bemühten sich gleichfalls um Unterstützung: Die kommunistische Rote Hilfe und die Internationale Antifaschistische Solidarität, die den Anarchisten zugerechnet wurde.

Auch in anderen Ländern entstanden Hilfskomitees für die Spanier. So besuchte die britische Labour – Abgeordnete Leah Manning Bilbao im Auftrag des National Joint Committee for Spanish Relief und organisierte die erste Ausreise, nachdem sich die englische Regierung unter dem Druck der Öffentlichkeit entschloß, die eigene Flotte zum Begleitschutz der spanischen Kinder abzustellen.[4] In Mexiko fiel es den Spaniern am leichtesten sich einzugewöhnen. Sie kannten sich in der Sprache und Kultur aus und kamen auch mit dem Klima gut zurecht.

Belgien, die Schweiz und Dänemark reagierten ebenfalls großzügig auf die Bitte der baskischen Regierung, Spanier aufzunehmen. Die Hilfsangebote kamen aus allen Schichten und die Kinder konnten fast ausschließlich in Familien untergebracht werden.

Zu diesem Zeitpunkt rechnete niemand mit einem mehrjährigen Aufenthalt der Kinder, denn fast alle von ihnen kehrten erst nach Kriegsende 1939 in ihre Heimat zurück, bis auf die 3000, die man nach Rußland geschickt hatte.

2. Hilfe der UdSSR - Beweggründe und Ziele

In der Sowjetunion hatte man sich gut auf die Ankunft der Flüchtlinge vorbereitet. Insgesamt wurden von der russischen Regierung 15 Kinderheime eingerichtet. In Moskau und der Umgegend gab es sechs. Weitere befanden sich an der Ostsee in Leningrad, Reval, Riga und Wilna. Eines lag in Weißrußland in Minsk, ein anderes in Kiew (Ukraine). Dazu kamen Heime in Charkow, am Schwarzen Meer in Odessa und Cherson, auf der Halbinsel Krim in Jewpatoria und die beiden südlichsten in Tbillissi (Tiflis) und Eriwan. Das Kinderheim Nummer 10 in Puschkino war ausschließlich für Vorschulkinder gedacht.

Die Heime wurden von der sowjetischen Regierung finanziert und von verschiedenen russischen Organisationen wie dem Zentralkomitee des Komsomol, dem Zentralkomitee der Gewerkschaften für Vorschul- und Kinderheimeinrichtungen, dem Ministerium für Gesundheitswesen und dem Ministerium für Volksbildung betreut. Viele der Kinder waren durch die erlittenen Qualen des Krieges schwer gezeichnet und wurden zur Erholung von den seelischen und körperlichen Wunden gleich nach der Ankunft in den Süden geschickt. Noch hinzu kam, daß insbesondere die Bergabeiterkinder aus Asturien oftmals an Tuberkulose und anderen schweren Krankheiten litten, die es auszukurieren galt. Für die spanischen Kinder, für die 1400 Lehrer, Erzieher und Ärzte arbeiteten – darunter 159 aus Spanien - waren die veranschlagten Pro Kopf Ausgaben bis zu dreimal höher als für die sowjetischen Heimkinder.

Was waren die Gründe für eine derartige Hilfe?

Spanien hatte aufgrund seiner geopolitischen Lage an der Südwestflanke von Europa, als Anrainerstaat des Mittelmeeres und seiner Zugangsstraße zum Atlantik eine außerordentlich große Bedeutung für die strategischen Außenziele der Sowjetunion: Die Einflußnahme auf die innenpolitischen Verhältnisse aller Staaten mit dem Endziel Errichtung des kommunistischen Systems und der Herrschaft des Kommunismus in Europa und in der ganzen Welt.

Daraus erklärte sich die Haltung der Sowjetunion zu einer Regierung, deren Einstellung nicht durch Antikommunismus sondern durch Loyalität bis hin zu offenkundiger Sympathie geprägt war.

Die Regierungen der übrigen Länder waren sich dieser Lage wohl bewußt und bezogen ihrerseits die Position, die sie aufgrund der eigenen nicht immer einfachen politischen Lage für notwendig hielten.

So schlug der Premierminister der französischen Volksfront Léon Blum schon im April 1936 einen „Nichteinmischungspakt in die Angelegenheiten Spaniens“[5] vor, den er mit der Sorge um den Weltfrieden in Europa begründete. England erklärte sich daraufhin zur Unterschrift bereit, falls Deutschland, Italien und Portugal unterschreiben würden. Deutschland wiederum band seine Zustimmung an die Unterschrift der Sowjetunion, die diese am 23. August 1936 unter den Pakt setzte. Letztlich wurde das Dokument von 28 Staaten unterschrieben und beinhaltete unter anderem das Verbot Waffen, Ausrüstung oder Munition an eine der beiden Kriegsparteien zu schicken. In der Umsetzung jedoch war der Pakt nur eine Farce, mit der Länder wie Frankreich und England interne Probleme und die Verfeindung mit Hitler zu vermeiden suchten. Sowohl das nationalsozialistische Deutschland, als auch Mussolinis faschistisches Italien intervenierten schon am 25. Juli 1936 für die Sache Francos und unterstützten sie mit Truppen, Flugzeugen, Waffen und Munition. In der Operation „Feuerzauber“ transportierten deutsche Flugzeuge alle Francotruppen von Marokko nach Spanien und bildeten so die erste Luftbrücke der Geschichte. Des weiteren bestand für Spanien ein Waffenembargo seitens vieler europäischer Länder und der USA, welches allein für die Putschisten nicht so streng genommen wurde. Angesichts dieser offenen und einseitigen Mißachtung der Vereinbarungen zog die UdSSR ihre Unterschrift schon am 07. Oktober 1936 zurück und schickte Waffen und Flugzeuge, um das republikanische Spanien zu unterstützen, tat dies jedoch nicht offiziell und half auf anderem Wege mit Lebensmitteln und der Entsendung von Piloten und Ausbildern. Auch sonst drückte die sowjetische Regierung ihre Sympathie für die gewählte spanische Regierung aus. So sandte sie einen Botschafter nach Spanien – den ersten nach der russischen Revolution - während andere ihre Abgesandten aus Madrid abzogen. Diese Gesten ließen das Ansehen Rußlands in der kriegsgebeutelten und hungernden Bevölkerung Spaniens steigen. Die „einfachen Menschen“ kamen in die Häfen und begrüßten die Lebensmittelfrachter aus dem fernen Reich im Osten mit Hurrarufen und „Viva Rusia!“[6]

[...]


[1] Vgl. Visens, Yelena (1997): Die unbekannte Wahrheit über die spanischen Kinder in der UdSSR (ruß.), aus Russkaya Mysl Nr.4178, Moskau

[2] Harenberg, B.; Ogg, L. (1986): Crónica del siglo XX, Esplugues de Llobregat: Plaza & Janés Editores, S.A., S.527

[3] Vgl. Sánchez, José Fernandéz (1999): Memorias de un niño de Moscú, Barcelona: ed. Planeta

[4] Vgl. Sánchez, José Fernandéz (1999): Memorias de un niño de Moscú, Barcelona: ed. Planeta

[5] Tuñón de Lara,Manuel (1966): La España del siglo XX, París: Librería Española, S.394

[6] Burguete, Maria: Interview am 29. August 2004 in Dresden (Deutschland)

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Los niños de la guerra - Spanische Bürgerkriegskinder in der Sowjetunion
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Philosophische Fakultät III)
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V82578
ISBN (eBook)
9783638888288
ISBN (Buch)
9783640389124
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spanische, Bürgerkriegskinder, Sowjetunion, Spanischer Bürgerkrieg, Politik Spanien, Franco, Diktatur
Arbeit zitieren
B.A .Sozialwissenschaften Marie Trappiel (Autor:in), 2005, Los niños de la guerra - Spanische Bürgerkriegskinder in der Sowjetunion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82578

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