Entstanden zwischen 1200 und 1210 und in 80 Handschriften und Fragmenten sowie einem Druck (1477) überliefert, stellt Wolframs von Eschenbach Parzival heute ein Werk von übermäßigem, kaum vergleichbarem historischen Wert dar. Unzählige Studien befassen sich mit dem auf der Urfassung Chrestiens fußenden Ritterepos um die Artusrunde und den heiligen Gral; die mittelalterliche Vorlage liefert Stoff für immer wieder neue Verfilmungen und literarische Motivabwandlungen – ein schier unerschöpflicher Fundus. Besonders gerühmt werden häufig Wolframs eigentümlicher Erzählstil und seine illustrative Symbol- und Bildsprache – und so zielt auch die vorliegende Arbeit darauf ab, sich in die Reihe der metapherndeutenden Analysen einzugliedern.
Bereits im die narrative Position des Erzählers in Relation zu seinem fingierten Publikum präsentierenden Prolog treffen wir auf ein für das gesamte Epos entscheidendes, immer wieder metaphorisch erscheinendes Tier: die Elster. Das charismatische Federtier wiederum erweist sich schnell als Sinnbild einer wichtigen thematischen Sentenz, welche das Gesamtwerk quasi leitmotivisch durchzieht, und zwar die Problematik des (menschlichen) zwivels.
Schon in diesen ersten Versen wird das Bild des Zweifels und Schwankens in einen hochkomplexen Konnex eingeflochten: Der Erzähler integriert es unverzüglich in den verzweigten metaphorischen Rahmen um komplementäre Gewalten (Himmel und Hölle) und ein manifestes animalisches Ideogramm: das der Elster. Einem gefiederten Leitfaden gleich taucht das schwarz-weiße Tierbild im Laufe des Versepos immer wieder auf, wobei es durchaus unterschiedliche Funktionen sowie Konnotationen anzunehmen vermag.
Die Elster, wohl eines der bedeutungsträchtigsten aller bei Wolfram auftauchenden Tiere, welches in seiner Zwiespalts-Metaphorik wie ein Paradigma über dem Gesamtepos zu schweben scheint, gilt es nun in all seinen Symbolebenen zu erhellen und aufzuschlüsseln – zunächst einmal, noch recht losgelöst von der Wolframschen Darstellung, auf seine traditionellen Konnotationen und interkulturellen wie interdisziplinären Bedeutungsansätze hin, im Folgenden dann – einer Synthese gleichend – auf das spezifische Beispiel im Kontext des Parzivals, und hier besonders auch in der wahrhaften Vermenschlichung der Elster, dem Feirefiz und dessen Bezug zum verbrüderten Protagonisten.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Das Symbol der Elster
- III. Die Elster in Wolframs Parzival
- a. Exkurs: Vögel bei im Parzival
- b. Die Figur des Feirefiz
- c. Die Elster im Kontext der Zweifelmetaphorik
- d. Der Kampf Parzivals mit Feirefiz
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Symbolik der Elster in Wolframs von Eschenbachs Parzival. Das Ziel ist es, die Bedeutung des Elstersymbols im Kontext des gesamten Epos zu analysieren und seine Funktion innerhalb der Erzählung zu beleuchten. Die Arbeit konzentriert sich auf die Interpretation der Elster als Metapher für Zweifel und die damit verbundene Thematik des ambivalenten Charakters von Gut und Böse.
- Die Elster als Symbol für Zweifel und Ambivalenz
- Die Figur des Feirefiz als Verkörperung der Elsternsymbolik
- Die Farbmetaphorik (Schwarz und Weiß) und ihre Bedeutung
- Der Kampf zwischen Parzival und Feirefiz als symbolische Auseinandersetzung
- Traditionelle Konnotationen und interkulturelle Bedeutungen der Elster
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und beschreibt den historischen Kontext von Wolframs Parzival. Sie hebt die Bedeutung des Werkes und den Fokus auf die symbolische Sprache Wolframs hervor. Die Arbeit kündigt an, die Elster als zentrales Symbol für Zweifel im Kontext des Epos zu untersuchen und dessen narrative Funktion zu analysieren. Die einleitenden Verse des Parzival werden als Beispiel für die früh eingeführte Elsternsymbolik und ihre Verbindung zum Thema Zweifel präsentiert.
II. Das Symbol der Elster: Dieses Kapitel erörtert die traditionellen Konnotationen des Elstersymbols. Die Elster wird oft negativ konnotiert, als Symbol für Diebstahl und Geschwätzigkeit dargestellt. Jedoch weist dieses Kapitel auch auf die ambivalente Natur des Symbols hin, da der Elster auch Klugheit und Gerissenheit zugeschrieben werden. Der ambivalente Charakter wird als essentiell für das Verständnis der Elsternsymbolik in Wolframs Werk dargestellt. Es wird die vielschichtige Bedeutung des Symbols in verschiedenen kulturellen und historischen Kontexten beleuchtet.
III. Die Elster in Wolframs Parzival: Dieses Kapitel analysiert die Rolle der Elster in Wolframs Parzival. Es untersucht den Zusammenhang zwischen der Elster und der Figur Feirefiz, dem Halbbruder Parzivals, dessen Aussehen (schwarz-weiß gefleckt) an die Elster erinnert. Der Name Feirefiz ("scheckiger Sohn") unterstreicht diese Verbindung. Das Kapitel beleuchtet den Kampf zwischen Parzival und Feirefiz als symbolische Auseinandersetzung mit dem Thema Zweifel und die Bedeutung der Farbmetaphorik (Schwarz und Weiß) als Darstellung von Ambivalenz. Die traditionellen Konnotationen der Elster werden mit ihrer Darstellung in Parzival verknüpft und deren Funktion in der Erzählung erklärt.
Schlüsselwörter
Parzival, Wolfram von Eschenbach, Elster, Tiersymbolik, Zweifel, Ambivalenz, Feirefiz, Farbmetaphorik, Schwarz-Weiß, Mittelalterliche Literatur, Symbolinterpretation
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Die Elster in Wolframs Parzival"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert die Symbolik der Elster in Wolframs von Eschenbachs Epos "Parzival". Der Fokus liegt auf der Interpretation der Elster als Metapher für Zweifel und Ambivalenz im Kontext des gesamten Werkes und ihrer narrativen Funktion.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit untersucht die traditionelle Symbolik der Elster, ihre ambivalente Bedeutung (z.B. Diebstahl vs. Klugheit), ihre Verbindung zur Figur Feirefiz, die Farbmetaphorik (Schwarz und Weiß) als Ausdruck von Ambivalenz, den Kampf zwischen Parzival und Feirefiz als symbolische Auseinandersetzung mit dem Zweifel, und die interkulturellen Bedeutungen der Elster.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: Eine Einleitung, ein Kapitel zur allgemeinen Elstersymbolik, ein Kapitel zur Analyse der Elster in "Parzival" (mit Unterkapiteln zu Vögeln im Parzival, Feirefiz, Zweifelmetaphorik und dem Kampf zwischen Parzival und Feirefiz) und ein Fazit.
Wie wird die Elster in "Parzival" interpretiert?
Die Elster wird als zentrales Symbol für Zweifel und Ambivalenz interpretiert. Ihre Verbindung zu Feirefiz, dessen Aussehen und Name ("scheckiger Sohn") an die Elster erinnern, unterstreicht diese Deutung. Der Kampf zwischen Parzival und Feirefiz wird als symbolische Auseinandersetzung mit diesen Zweifeln verstanden.
Welche Rolle spielt die Farbmetaphorik?
Die Schwarz-Weiß-Färbung der Elster und Feirefiz wird als Darstellung der Ambivalenz interpretiert, die für das Thema Zweifel zentral ist. Schwarz und Weiß repräsentieren gegensätzliche Aspekte, die in der Figur und dem Symbol der Elster vereint sind.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Parzival, Wolfram von Eschenbach, Elster, Tiersymbolik, Zweifel, Ambivalenz, Feirefiz, Farbmetaphorik, Schwarz-Weiß, Mittelalterliche Literatur, Symbolinterpretation.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist die Analyse der Bedeutung des Elstersymbols im Kontext von Wolframs "Parzival" und die Erklärung seiner Funktion innerhalb der Erzählung.
Wie wird die Einleitung aufgebaut?
Die Einleitung führt in die Thematik ein, beschreibt den historischen Kontext von Wolframs "Parzival", hebt die Bedeutung des Werkes hervor und kündigt die Analyse der Elster als Symbol für Zweifel an. Einleitende Verse des "Parzival" werden als Beispiel für die Elsternsymbolik und ihre Verbindung zum Thema Zweifel präsentiert.
Wie wird das Kapitel über die allgemeine Elstersymbolik aufgebaut?
Dieses Kapitel untersucht die traditionellen Konnotationen der Elster (oft negativ konnotiert als Symbol für Diebstahl und Geschwätzigkeit), beleuchtet aber auch ihre ambivalente Natur und die ihr zugeschriebene Klugheit und Gerissenheit. Die vielschichtige Bedeutung in verschiedenen Kontexten wird erörtert.
Wie wird das Kapitel über die Elster in "Parzival" aufgebaut?
Dieses Kapitel analysiert die Rolle der Elster im Kontext des Epos "Parzival", den Zusammenhang mit Feirefiz, den Kampf zwischen Parzival und Feirefiz als symbolische Auseinandersetzung, und die Bedeutung der Farbmetaphorik. Es verknüpft die traditionellen Konnotationen der Elster mit ihrer Darstellung in "Parzival" und erklärt deren Funktion in der Erzählung.
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- Sabine Buchholz (Author), 2006, Tiersymbolik im "Parzival" Wolframs von Eschenbach, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82631