Die Fremderfahrung wirkt unterschiedlich auf die Textproduktion beider Autoren. Während Bölls Interesse und Liebe für die grüne Insel zu einem schriftstellerischen Annäherungs- und Anpassungsversuch führt, indem er sich in die Lage der Iren versetzt, reagiert Giordano darauf, indem er seiner Arbeit noch zielstrebiger nachgeht, und sich für die Konfliktpartei, mit der er sympathisiert und sich identifiziert, engagiert. Der Schriftsteller Werner Bergengruen schrieb "Wir reisen nicht nur an andere Orte, sondern vor allem reisen wir in andere Verfassungen der eigenen Seele". Wie weit man zu reisen bereit ist, hängt von dem eigenen Verhältnis zur Heimat ab. Bölls besseres Verständnis des irischen Zeichensystems ist wahrscheinlich sowohl auf sein kritische Haltung Deutschland gegenüber als auch auf die geringere emotionale Distanz des rheinländischen Katholiken zu Irland und den Iren zurückzuführen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- II. Reisen
- II.i. Voraussetzungen
- II.ii Reisezeit
- II.iii Reisemittel
- III. Sehen
- III.i Giordano
- III.ii Böll
- IV. Lesen
- IV.i Der erweiterter Lesebegriff bei Cazort Zorach
- V. Schreiben
- V.i Wirkung des Reisens auf das Schreiben Bölls
- V.ii Wirkung des Reisens auf das Schreiben Giordanos
- VI. Schlußbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Irlandreiseberichte von Heinrich Böll und Michelangelo Giordano und untersucht, wie die Autoren mit den Anforderungen der Fremde umgehen und wie die Fremderfahrung ihr Schreiben beeinflusst. Die Analyse konzentriert sich dabei auf die Aktivitäten des Reisens, Sehens, Lesens und Schreibens.
- Die Wahrnehmung des Fremden durch die Autoren
- Die Rolle von Vortexten und kulturellen Prägungen auf die Reisebeschreibung
- Der Einfluss der persönlichen Lebensgeschichte und der Identität der Autoren auf ihre Reiseerlebnisse
- Die Auswirkungen der Reise auf das Schreiben der Autoren
- Der Vergleich der beiden Reiseberichte im Hinblick auf Zeit, Reisemittel und kulturellen Kontext
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Irland als ein traditionelles Faszinosum für deutsche Reisende und Schreibende vor und verweist auf die lange Geschichte des deutschen Interesses an Irland, beginnend mit dem Sturm und Drang bis hin zu Goethe. Sie erläutert zudem die besondere Bedeutung des Reisens als literarisches Motiv und die damit verbundenen Herausforderungen für den Reisenden.
Das Kapitel „Reisen“ betrachtet die unterschiedlichen Voraussetzungen der beiden Autoren und ihre Irlandbilder. Es beschreibt die Biographie Giordanos als Jude und Pogrom-Überlebender und seinen sechsten Irlandbesuch als Fernsehreporter, während Böll als Katholik mit seiner Familie Irland bereist.
Schlüsselwörter
Irlandreise, Reisebericht, Heinrich Böll, Michelangelo Giordano, Fremdheit, Kulturkontakt, Wahrnehmung, Vortext, Identität, Reiseerfahrung, Schreiben, Schreibprozess
- Quote paper
- Brendan Bleheen (Author), 2003, Über Bölls "Irisches Tagebuch" und Giordanos "Mein irisches Tagebuch", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82805