Das der 11. September 2001 „alles verändert“ hat, ist ein viel benutztes Klischee um die Auswirkungen der Terroranschläge von New York und Washington auf die Internationalen Beziehungen zu beschreiben. Ohne Frage ist eine Auswirkung der Terroranschläge die veränderte amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik. Die im September 2002 veröffentliche National Security Strategy (NSS) macht deutlich, das die USA einen Wechsel in ihrer auf Abschreckungslogik hin definierten Außen- und Sicherheitspolitik hin zu einer Doktrin vollzogen hat, die präventive und präemptive Kriegsführung als Möglichkeit sieht, auf die veränderte strategische Lage Amerikas zu reagieren.
Damit erhält die Debatte über die Praxis und Problematik präventiver Kriegsführung neue Brisanz und es stellt sich dabei die Frage unter welchen Bedingungen Staaten sich für präventive oder präemptive Kriegsführung entscheiden und welche Faktoren die Entscheidungsträger hinreichend beeinflussen können. Einen Versuch, den Ausbruch des Suez-Sinai Krieges von 1956 in einem theoretischen Rahmen zu erklären, unternahmen Jack S. Levy und Joseph R. Gochal. Ihr Anspruch ist es, zu erklären warum und unter welchen Umständen demokratische Staaten Präventivkriege führen. In ihrem Artikel kommen Levy und Gochal zu dem Schluss, das Präventivkriege eine strategische Möglichkeit für Demokratien sind, solange die erwarten Kosten niedrig sind, der Staat Verbündete hat, die diese Kosten durch diplomatische und militärische Unterstützung verringern und falls der Staat keine ernsthaften Alternativen hat, dem relativen Machtverfall gegenzusteuern.
Obwohl Levy und Gochal damit eine mögliche Erklärung für den Ausbruch des Krieges liefern, so sind die Kriterien doch recht weit davon entfernt allgemeine Gültigkeit zu besitzen und abweichend vom Spezialfall Sinai-Suez Krise die Möglichkeit präventiver Kriegsführung von Demokratien zu erklären. In dieser Arbeit soll nun ein alternativer Erklärungsansatz aufgezeigt werden, der sich mit der Entscheidungsfindung in Risikosituationen, der prospect theory, beschäftigt.
Es wird dabei die These aufgestellt, dass die Annahmen, die sich bei der Übertragung der prospect theory auf die Internationalen Beziehungen ergeben, einen plausiblen Erklärungsrahmen für den präemptiven Angriff Israels auf Ägyptens liefern können. Besonderes Augenmerk soll dabei auf das framing der Entscheidungssituation gelegt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemdarstellung
- Aufbau der Arbeit
- Hauptteil
- Einführung in die Prospect Theory
- Empirische Ergebnisse der Laborstudien
- Die Implementierung der Ergebnisse in einen theoretischen Rahmen - Die prospect theory
- Die Wertfunktion (value function)
- Die Gewichtungsfunktion (weighting function)
- Die prospect theory und die Internationalen Beziehungen
- Annahmen für die Internationalen Beziehungen
- Gebrauch von militärischer Macht
- Präventive und präemptive Kriegsführung
- Die Sinai-Suez Krise von 1956 aus Sicht der Prospect Theory
- Ein kurzer Überblick über den Verlauf der Sinai-Suez Krise
- Entscheidungsfindung in Israel
- Fazit / Schlussbetrachtungen
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Entscheidungsfindung Israels während der Sinai-Suez Krise von 1956 im Kontext der Prospect Theory. Ziel ist es, zu zeigen, wie die Annahmen der Prospect Theory ein plausibler Erklärungsrahmen für den präemptiven Angriff Israels auf Ägypten bieten können.
- Die Prospect Theory als theoretisches Framework zur Analyse von Entscheidungen unter Unsicherheit
- Die Anwendung der Prospect Theory auf die Internationalen Beziehungen
- Die Rolle von Framing und Risikobereitschaft in der Entscheidungsfindung
- Der Einfluss der Sinai-Suez Krise auf die israelische Außenpolitik
- Die Bedeutung von präventiver und präemptiver Kriegsführung in der internationalen Politik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der präventiven Kriegsführung und deren Relevanz im Kontext der veränderten Sicherheitspolitik nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 dar. Sie führt zudem die Prospect Theory als ein alternatives theoretisches Konzept zur Erklärung des Ausbruchs des Suez-Sinai Krieges von 1956 ein.
Der Hauptteil der Arbeit bietet zunächst eine detaillierte Einführung in die Prospect Theory, einschließlich ihrer empirischen Fundamente und theoretischen Grundannahmen. Anschließend werden die Annahmen der Prospect Theory auf die Internationalen Beziehungen übertragen, wobei der Fokus auf die Möglichkeit präventiver Kriegsführung gelegt wird. Der letzte Abschnitt des Hauptteils analysiert die Entscheidungsfindung Israels während der Sinai-Suez Krise von 1956 aus der Perspektive der Prospect Theory, wobei besonderes Augenmerk auf das Framing der Entscheidungssituation gelegt wird.
Schlüsselwörter
Prospect Theory, präventive Kriegsführung, Sinai-Suez Krise, Entscheidungsfindung, Framing, Risikobereitschaft, Israel, Ägypten, internationale Beziehungen, Krieg, Sicherheit, Politik
- Arbeit zitieren
- Benedikt Sperl (Autor:in), 2007, Prospect Theory und präventive Kriegsführung , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82875