Verfahren der kurz- und mittelfristigen Wirtschaftsprognose: Ein Überblick


Seminararbeit, 2006

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Verfahren der kurz- und mittelfristigen Wirtschaftsprognose
2.1. Qualitative Prognoseverfahren
2.1.1. Einfache und vorbereitende Verfahren
2.1.2. Befragungen
2.1.3. Szenario
2.1.4. Konjunkturtest
2.2. Quantitative Prognoseverfahren
2.2.1. Zeitreihengestützte Prognoseverfahren
2.2.2. Iterative Systemprognosen
2.2.3. Methode der adaptiven Filter
2.2.4. Ökonometrische Modelle

3. Rekapitulation

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

”No amount of sophisticated mathematics will allow us to predict the outcome of a coin flip!” [1]

Eine Prognose heisst Prognose, da ihre die Zukunft betreffende Aussage niemals die später eintretende Realität exakt beschreiben kann.[2] Trotzdem trifft jeder Mensch, sei es bewusst oder unbewusst, Entscheidungen, die meist auf Annahmen über die Zukunft beruhen.[3]

Noch strategischer als das Individuum nutzen auch Unternehmen und Politik Prognosen, insbesondere die Wirtschaftsprognose, als Vehikel zu ihrer Planung und reflektierten Entscheidungsfindung.[4] Der Bedarf und die Anforderungen an Wirtschaftsprognosen sind in den letzten Jahren stark gestiegen, da sich Technologie, Märkte und Politik heute schneller als je zuvor verändern.[5] In dem Interesse, den unsicheren Gegebenheiten nicht unvorbereitet zu begegnen, begründet sich eine in der Praxis unüberblickbare Anzahl von Wirtschaftsprognoseverfahren,[6] wovon sich keines als universell einsetzbar herauskristallisiert.[7] Der Grund hierfür ist die in der Praxis jeweils variierende Problemstellung,[8] für die es bisher keine allgemeingültige, exakte Zuteilung der Methoden gibt.[9]

Die einzelnen Prognoseverfahren beschränken sich auf die Minimierung der Unsicherheit bezüglich in der Zukunft liegenden Ereignissen,[10] während Außenstehende konkrete Angaben als Anleitung für ihr Handeln verlangen.[11]

Die Vielfalt der Prognoseverfahren lässt sich nicht einheitlich klassifizieren, da sie unter anderem unterschiedlichen methodischen Ursprüngen erwachsen sind[12] und divergierende Verwendungszwecke haben.[13]

In dieser Arbeit soll eine grobe Einteilung nach qualitativen und quantitativen, von relativ einfachen zu hochkomplexen Methoden erfolgen. Diese grobe Klassifizierung wurde so gewählt, da sie meiner Auffassung nach mit der Fachliteratur die größte Übereinstimmung findet. Die nähere Erläuterung der Begriffe ‚qualitative’, sowie ‚quantitative’ Prognosemethoden erfolgt unter Abschnitt 2.1. und 2.2..

Es soll ferner nur ein Überblick über kurz- und mittelfristige Wirtschafts-prognosemethoden gegeben werden. Die Einteilung in kurz- und mittelfristige Wirtschaftprognosen legt den Prognosehorizont oder die Prognosedistanz fest,[14] die Definitionen von Kurzfristigkeit sowie Mittelfristigkeit in der Fachliteratur variieren jedoch.[15] Nach mehrheitlicher Auffassung gilt folgende Einteilung: Die kurzfristige Wirtschaftsprognose bezieht sich auf Voraussagen von bis zu 2 Jahren, die mittelfristige auf bis zu 10 Jahre.[16] Erstere findet ferner synonyme Anwendung in dem Begriff ‚Konjunkturprognose’.[17]

2. Verfahren der kurz- und mittelfristigen Wirtschaftsprognose

Die heutige Vielzahl von Wirtschaftsprognoseverfahren, die sich verschiedenste Adressaten, zum Beispiel Unternehmen oder Politiker, für ihre individuellen Entscheidungen und Planungen zu Nutze machen, reichen von den einfachsten Verfahren, wie zum Beispiel der Prophezeiung bis zu hochkomplexen ökonometrischen Modellen.[18]

Im Folgenden wird ein Überblick über die wichtigsten kurz- und mittelfristigen Wirtschaftsprognoseverfahren gegeben.

2.1. Qualitative Prognoseverfahren

Qualitative Prognoseverfahren sind eine Art der Prognoseerstellung,[19] die auf subjektive und intuitiv-kreative Art und Weise erfolgt[20] und dabei keine mathematischen Methoden verwendet.[21] Hierfür werden meist Expertenmeinungen eingeholt, die eine Nachvollziehbarkeit oder Messbarkeit des durch die subjektive Einschätzung bestimmten Ergebnisses einer entstandenen Prognose unmöglich machen.[22] Qualitative Prognoseverfahren kommen meist dann zum Einsatz, wenn nur wenige oder keine quantitativen Daten vorliegen.[23] Stattdessen dient qualitatives Wissen der Experten der Unterstützung der zukünftigen Planungen des Anwenders.[24]

Eine Wissenschaftlichkeit wird den qualitativen Prognoseverfahren aufgrund ihrer fehlenden intersubjektiven Nachvollziehbarkeit abgesprochen und ihre Gültigkeit aufgrund ihres Wesens in Frage gestellt.[25]

Trotz dieser Reihe an Unzulänglichkeiten besteht dennoch die Berechtigung ihrer Existenz, da Ergebnisse ex-post oft nahe an der Realität liegen, was zum einen an der fachlichen Kompetenz und zum anderen an entwickeltem Fingerspitzengefühl der befragten Experten liegt.[26] Qualitative Prognoseverfahren haben sich in der Vergangenheit gegenüber hochkomplexen sogar häufig als treffender erwiesen,[27] obschon sie meist auf Erfahrungen und erlebten Verhaltensweisen basieren.[28] Solange das Risiko von Fehlentscheidungen reduziert werden kann, hat jegliche Prognose ihren ursprünglichen Sinn erfüllt.[29]

Eine Alternative bei fehlendem quantitativen Datenmaterial besteht nur in der ‚Nicht-Prognose’, wobei der Verzicht ein willkürliches Handeln zur Folge hat und somit abzulehnen ist[30] - die Abhängigkeit einer Entscheidung vom Zufall soll ja gerade minimiert werden.[31]

In der Praxis werden qualitative Verfahren häufig in Kombination miteinander und/oder in Verbindung mit den später behandelten ‚quantitativen Prognoseverfahren’ verwendet.[32]

Aufsteigend nach ihrer Komplexität gegliedert, werden im weiteren Verlauf die einzelnen Methoden dargestellt. Von einer weiteren Einteilung wird abgesehen, da unzählig verschiedene Möglichkeiten der Gliederung bestehen.

2.1.1. Einfache und vorbereitende Verfahren

Die primitivste Form einer qualitativen Prognosemethode ist die Prophezeiung, die von einer einzelnen Person gemacht wird.[33] Die Prophezeiung ist subjektiv und spontan.[34] Der Prophezeiende rät oder stellt sich ein in der Zukunft liegendes Ereignis vor.[35] Diese Form der Vorhersage zählt zu den unbedingten Prognosen, welche durch fehlende Restriktionen, durch fehlende Rahmenbedingungen jedweder Art charakterisiert sind.[36] Aus den bereits genannten Gründen gibt es für sie keine wissenschaftliche Basis.[37] Die Prophezeiungen haben in der Vergangenheit durch ihre zahlreichen Fehlprognosen immer wieder Anlass zu Kritik an der gesamten Wirtschaftsprognostik gegeben.[38]

Die Historische Analogie ist eine Technik, welche bereits vergangene Entwicklungsprozesse auf similäre Systemstrukturen überträgt.[39] Eine grafische Verdeutlichung zeigt Abbildung 2.1.1. auf der nächsten Seite. Dieses Verfahren spielt unter anderem eine wichtige Rolle bei Bevölkerungsprognosen.[40] Generell ermöglicht sie Wirtschaftsprognosen mittelfristiger Art.[41]

[...]


[1] Newbold, P. / Bos, T. (1994) : Introductory Business & Economic Forecasting; S. 10.

[2] vgl. Weichhardt, R. (1982) : Praxis der Konjunkturprognose; S. 11,- Makridakis, S. / Wheelwright S. (1989) : Forecasting Methods ...; S. 4.

[3] vgl. Newbold, P. / Bos, T. (1994) : Introductory Business & Economic Forecasting; S. 2,- Makridakis, S. / Wheelwright S. (1989) : Forecasting Methods ...; S. 3.

[4] vgl. Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 1,- Makridakis, S., et al. (1998) : Forecasting Methods and Applications; S. 2.

[5] vgl. Newbold, P. / Bos, T. (1994) : Introductory Business & Economic Forecasting; S. 3,- Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 1.

[6] vgl. Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 1,- Makridakis, S., et al. (1998) : Forecasting Methods and Applications; S. 2f.

[7] vgl. Makridakis, S. et al, (1980) : Prognosetechniken für Manager; S. 11.

[8] vgl. Newbold, P. / Bos, T. (1994) : Introductory Business & Economic Forecasting; S. 5,- Makridakis, S. / Wheelwright S. (1989) : Forecasting Methods ...; S. 23f.

[9] vgl. Makridakis, S. et al, (1980) : Prognosetechniken für Manager; S. 17,- Tichy, G. (1981) : „Prognose“; S. 340.

[10] vgl. Berg, H., et al. (1999) : Theorie der Wirtschaftspolitik; S. 258,- Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 1.

[11] vgl. Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 1.

[12] ebd. S. 3.

[13] vgl. Tichy, G. (1981) : „Prognose“; S. 335.

[14] vgl. Henschel, H. (1979) : Wirtschaftsprognosen; S. 13.

[15] vgl. Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 4,- Makridakis, S. et al, (1980) : Prognosetechniken für Manager; S. 17,- Weber, K. (1990) : Wirtschaftsprognostik; S. 3.

[16] vgl. Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 4,- Tichy, G. (1981) : „Prognose“; S. 335,- Stichwort “Konjunkturprognose”, in: Gabler Wirtschaftslexikon (2000); S. 1782.

[17] vgl. Tichy, G. (1981) : „Prognose“; S. 337,- Küchle, H. (1979) : Theoretische und empirische Voraussetzungen quantifizierter Konjunkturprognosen; S. 5.

[18] vgl. Newbold, P. / Bos, T. (1994) : Introductory Business & Economic Forecasting; S. 13.

[19] vgl. Henschel, H. (1979) : Wirtschaftsprognosen; S. 15.

[20] vgl. Rinne, H. / Specht, K. (2002) : Zeitreihen …; S. 123.

[21] vgl. Schütz, W. (1975) : Methoden der mittel- und langfristigen Prognose; S. 13.

[22] vgl. Makridakis, S., et al. (1998) : Forecasting Methods and Applications; S. 12.

[23] ebd. S. 8.

[24] ebd.

[25] vgl . Tichy, G. (1981) : „Prognose“; S. 336.

[26] vgl. Graff, P. (1977) : Die Wirtschaftsprognose …; S. 2.

[27] vgl. Newbold, P. / Bos, T. (1994) : Economic Forecasting ...; S. 8.

[28] vgl. Henschel, H. (1979) : Wirtschaftsprognosen; S. 15.

[29] vgl. Frerichs, W. / Kübler, K. (1980) : Gesamtwirtschaftliche Prognoseverfahren; S. 1.

[30] vgl. Weichhardt, R. (1982) : Praxis der Konjunkturprognose; S. 11.

[31] vgl. Makridakis, S. et al. (1998) : Forecasting Methods and Applications; S. 5.

[32] ebd. S. 12.

[33] vgl. Rinne, H. / Specht, K. (2002) : Zeitreihen …; S. 123f.

[34] ebd.

[35] ebd.

[36] vgl. Weichhardt, R. (1982) : Praxis der Konjunkturprognose; S. 14.

[37] ebd.

[38] vgl. Tuchtfeldt, E. (1962) : Diagnose und Prognose …; S. 455.

[39] vgl. Rinne, H. / Specht, K. (2002) : Zeitreihen …; S. 124.

[40] ebd.

[41] vgl. Schütz, W. (1975) : Methoden der mittel- und langfristigen Prognose; S. 81.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Verfahren der kurz- und mittelfristigen Wirtschaftsprognose: Ein Überblick
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Veranstaltung
Konjunktur und Wachstum
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V82919
ISBN (eBook)
9783638898652
ISBN (Buch)
9783638910408
Dateigröße
576 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verfahren, Wirtschaftsprognose, Konjunktur, Wachstum
Arbeit zitieren
Dipl. Betriebswirt (FH) Sebastian Maaß (Autor:in), 2006, Verfahren der kurz- und mittelfristigen Wirtschaftsprognose: Ein Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82919

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