Seit Mitte der 80er Jahre sind neben dem regulären Normalarbeitsverhältnis auch
verschiedene atypische Beschäftigungsverhältnisse immer wichtiger geworden. Im ersten
Kapitel der vorliegenden Arbeit werden Normalarbeitsverhältnis und atypische
Beschäftigungsverhältnisse definiert. In den nachfolgenden Kapiteln wird ein Überblick
über diese verschiedenen Arbeitsverhältnisse gegeben und es wird dabei auf die Gründe,
die diesen Wandel begünstigt, eingegangen. Nach der Darstellung atypischer
Beschäftigungsformen folgt eine kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen
Auswirkungen des Beschäftigungswandels und die Beschreibung mögliche Synthese der
Interessen an Flexibilität einerseits und sozialer Sicherheit andererseits mittels des
Konzepts der „flexicurity“.
Inhalt
1. Einleitung
2. Definitionen
2.1 Normalarbeitsverhältnis
2.2 Atypische Beschäftigungsverhältnisse
3. Funktionen des Normalarbeitsverhältnisses
4. Gründe für den Wandel vom Normalarbeitsverhältnis
zu flexiblen Beschäftigungsverhältnissen
5. Atypische Beschäftigungsverhältnisse
5.1 Teilzeitbeschäftigung
5.2 Geringfügige Beschäftigung
5.3 Befristete Beschäftigung
5.4 Die „Neue Selbstständigkeit“
5.5 Telearbeit
5.6 Leiharbeit
6. Gesellschaftliche Auswirkungen des Beschäftigungswandels
6.1 Segmentierung der Gesellschaft
6.2 Stabilisierung bestehender Geschlechterverhältnisse
6.3 Ebene der Arbeitsbeziehungen
6.5 Individuelle Ebene
6.6 Soziale Sicherheit
6.7 Flexicurity – Mindeststandards für eine soziale Absicherung
7. Resümee
Quellen
1. Einleitung
Seit Mitte der 80er Jahre sind neben dem regulären Normalarbeitsverhältnis auch verschiedene atypische Beschäftigungsverhältnisse immer wichtiger geworden. Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden Normalarbeitsverhältnis und atypische Beschäftigungsverhältnisse definiert. In den nachfolgenden Kapiteln wird ein Überblick über diese verschiedenen Arbeitsverhältnisse gegeben und es wird dabei auf die Gründe, die diesen Wandel begünstigt, eingegangen. Nach der Darstellung atypischer Beschäftigungsformen folgt eine kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Auswirkungen des Beschäftigungswandels und die Beschreibung mögliche Synthese der Interessen an Flexibilität einerseits und sozialer Sicherheit andererseits mittels des Konzepts der „flexicurity“.
2. Definitionen
2.1 Normalarbeitsverhältnis
Ein reguläres Dienstverhältnis ist durch Merkmale wie unbefristete Vollzeitbeschäftigung, volle sozial- und arbeitsrechtliche Ansprüche bzw. Absicherung, regelmäßige tägliche/wöchentliche Arbeitszeit und betriebliche Einbindung gekennzeichnet (Schönbauer/Laburda 2003:12).
2.2 Atypische Beschäftigungsverhältnisse
Weichen Arbeitsverhältnisse auch nur in einem der Merkmale des regulären Dienstverhältnisses ab, wird von atypischen Beschäftigungsverhältnissen gesprochen. Die Abweichungen können einzeln oder in Kombination auftreten wie fehlende Zeitkontinuität des Arbeitseinsatzes, geringeres oder höheres Arbeitsstundenausmaß, ungewöhnliche Lage der Arbeitszeit, permanent außerbetrieblicher Arbeitseinsatz, Trennung von VertragspartnerIn und LeisterungsnehmerIn oder fehlende sozialrechtliche (Ab)sicherung. Als prekär werden atypische Arbeitsverhältnisse angesehen, wenn sie durch niedriges und nicht kontinuierliches Einkommen, unkalkulierbare Beschäftigungsdauer, ungenügenden
sozialen Schutz, mangelnden Zugang zu betrieblicher Mitbestimmung bzw. geringe Karrierechancen gekennzeichnet sind. (Gestöttner-Hofer/Kaiser/Wall-Straßer/Greif 1997:13ff zit. in Holzinger 2001:7).
3. Funktionen des Normalarbeitsverhältnisses
Nach Bosch (2001:220 zit. nach Mairhuber 2001:2, www.forba.at) liegen die Funktionen des traditionellen Normalarbeitsverhältnisses beim Schutz der Beschäftigten vor wirtschaftlichen und sozialen Risiken (existenzsichernde Löhne und ausreichende soziale Sicherung im Fall von Arbeitslosigkeit, Krankheit und Erwerbsunfähigkeit und im Alter) sowie vor der Willkür der ArbeitgeberInnen, in der Verringerung der sozialen Ungleichheit durch soziale Sicherheit und die Bindung von Unternehmensentscheidungen durch Regeln (z.B. Kündigungsschutz erhöht die Verhandlungsmacht der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt) und in der Erhöhung der wirtschaftlichen Effizienz d. h. ArbeitgeberInnen können sich auf stabile Beschäftigte besser verlassen, sie können besser planen.
Normalarbeitsverhältnisse sind gekennzeichnet durch Vollbeschäftigung sowie Stabilisierung und relative Angleichung der Einkommen. Die Form des Normalarbeitsverhältnisses fand empirisch seine größte Verbreitung und ist fest im Gesetz, speziell im Arbeitsrecht, verankert. Rechtliche und tarifliche Normen regeln Vereinbarungen, Verträge und soziale Sicherung. Das traditionelle Beschäftigungsverhältnis bot immer auch einen Orientierungspunkt für die Verständigung und das Übereinkommen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Generell zeichnet sich das Normalarbeitsverhältnis durch die unbefristete Dauer der Anstellung und Vollzeitarbeit aus. Zumeist wird am Tage gearbeitet, wobei die Beschäftigten bei einem festen Arbeitgeber angestellt sind. Die Arbeitszeit ist standardisiert und unterliegt generell keinerlei Schwankungen. Organisatorisch ist der Arbeitnehmer fest in den Betrieb eingegliedert und an die Weisungsgewalt des Arbeitgebers gebunden. Meistens war und ist die Erwerbstätigkeit dieser Form die einzige existenzielle Basis des Arbeitnehmers und damit entwickelt sich eine starke Abhängigkeit vom Arbeitgeber. Das damalige Arbeitsverhältnis unterlag im Biografieverlauf nicht wie heute einer starken Konjunktur und vielen Unter-
brechungen, sondern war bestimmt durch Kontinuität und Gleichmäßigkeit. Das Berufsleben erfuhr in diesem glatten Zyklus höchstens einige flüchtige Phasen von Arbeitslosigkeit, die aber immer nur von kurzlebiger Natur waren. Heute beobachten wir in Biografien zunehmend eine Verkürzung der Laufbahnzyklen und des Berufszyklus. Zu Zeiten des Normalarbeitsverhältnisses jedoch war der Karriereverlauf durch allgemeine Geradlinigkeit, Stabilisierung oder gar Verbesserung bestimmt.
Zu bemerken bei der Betrachtung des bisherigen Normalarbeitsverhältnisses ist aber, dass sämtliche Beschäftigungsbedingungen zwar universell und für jeden gleichermaßen gelten sollten, es aber trotzdem auch Ungleichheiten gab. Ziel der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik waren „Familienlohn“ und Transferleistungen, mit denen die Familie des männlichen Normalarbeiters das Auslangen fand und so waren Frauen beispielsweise weitgehend von dem Erwerbsarbeitsmarkt und den sozialen Sicherungssystem ausgeschlossen. (vgl. Mairhuber 2001a zit. in Mairhuber 2001, www.foba.at). Typisch war, dass der Mann einem Beruf nachging, während die Frau die Familie versorgte und ihre Aufmerksamkeit dem Haushalt zu schenken hatte. Sie war im Normalfall nicht zur Lohnarbeit verpflichtet. Diese unbezahlte Versorgungsarbeit der Frauen machte die vollständige Integration von Männern in den Erwerbsarbeitsmarkt möglich. Damit setzte das traditionelle Modell eine enorme Stabilität der Ehe und der Arbeitsteilung in Familien voraus und sorgte dafür, dass die Frau immer stark abhängig vom Ehepartner war. Dieses Leitbild wurde bis in die 70er Jahre hinein als dominant angesehen, während seither Veränderungen in der stabilen Beschäftigung sowie stabile Ehe und Familie ausschlaggebend sind. Der Anteil der Männer, die auf der Grundlage eines sicheren Vollzeit-Arbeitsplatzes in der Lage wären, die Rolle des alleinverdienenden Ernährers in der Familie zu übernehmen, sinkt. (vgl. Zukunftskommission der Friedrich-Ebert-Stiftung 1998:33 und 52 in Bosch/Kalina/Lehndorff/Wagner/ Weinkopf 2001: 26, www.boeckler.de).
Überstunden und Schichtarbeit gehörten in den 60er und 70er Jahren zum Alltag industrieller Arbeit wie der Wechsel eines Betriebes. Die Beschäftigten der Nachkriegsjahre mündeten oft über mühvolle Umwege in stabilere Beschäftigungsverhältnisse. Das Normalarbeitsverhältnis schließt also Flexibilität nicht aus, sondern reguliert sie. Durch diese Regulierungen sollte die besondere Ware Arbeitskraft vor den Wechselfällen des Marktes geschützt werden und die verschiedenen sozialstaatlichen Arrangements werden Puffer zwischen Markt und Arbeitsverhältnisse eingebaut, die den Beschäftigten, auch wenn sie nicht arbeiten (Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit) zumindest für einen Übergangszeit ein Einkommen sichern. Gleichzeitig soll auch durch Schutz vor Überforderung (z.B. Festlegung von Höchstarbeits- oder Urlaubszeiten) der langfristige Erhalt der Arbeitskraft gesichert werden. Durch die Trennung zwischen Arbeits- und erwerbsfreier Zeit, die Festlegung einer Normalarbeitszeit und Regeln, die bei eventuellen Abweichungen einzuhalten sind (Zuschläge, Ankündigungen von Arbeitzeitänderungen) soll die Planbarkeit des Privatlebens gewährleistet werden (vgl. Bosch/Kalina/Lehndorff/Wagner/Weinkopf 2001:27, www.boeckler.de).
4. Gründe für den Wandel vom Normalarbeitsverhältnis zu flexiblen Arbeitsverhältnissen
Von großer Bedeutung für den Wandel sind die Flexibilisierung der Produktmärkte, die Erwerbstätigkeit der Frauen, das verbesserte Bildungsniveau der Erwerbstätigen, die Vermischung von Bildung und Arbeit, die Regulierung und Deregulierung des Arbeitsmarktes und die Beschäftigungssituation.
Im traditionellen Normalarbeitszeitverhältnis wurde die Kontinuität und Planbarkeit der Arbeitszeit erst durch entsprechende Strukturen der Produktmärkte möglich. Es dominierte die Massenproduktion, die es den Unternehmen erlaubte, Nachfrageschwankungen über die Lagerhaltung und weniger über die Arbeitszeit auszugleichen. Die Normalarbeitszeit wurde in vielen Dienstleistungsbereichen durch feste Öffnungszeiten abgesichert. Diese Strukturen haben sich gewandelt. Im Bereich der Industrie wurde bei der Massenproduktion das „Outsourcing“ verstärkt, überwiegend werden nur noch auf Bestellung hochwertige spezialisierte Produkte gefertigt. Der Variantenreichtum der Produkte lässt nur geringe Lagerhaltung zu. Diese entfällt also damit als Puffer zwischen Markt und Produktion und ihre Rolle wird von der Arbeitszeit eingenommen. Der zeitliche Rahmen, in dem unterschiedliche Kundenströme bedient werden müssen, führte zur Erweiterung der Öffnungszeiten in vielen Dienstleistungsbereichen.
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- Susanne Mühlbacher (Author), 2007, Beschäftigung - Neue Arbeitsformen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83008