Möglichkeiten und Grenzen der Existenzgründung als Sozialarbeiter

Mit Bezug auf den Bereich Outplacement


Examensarbeit, 2006

50 Seiten, Note: 2+


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ursprung Gründungsidee

3. Zielgruppen
3.1 Arbeitgeber
3.2 Arbeitnehmer

4. Handlungsfeld Outplacement-Beratung
4.1 Outplacement-Beratung für Unternehmen
4.2 Outplacement-Beratung für Arbeitnehmer
4.2.1 Einzel-Outplacement
4.2.2 Gruppen-Outplacement
4.3 Qualifikationen des Outplacementberaters
4.4 Erfolgsaussichten
4.4.1 Überblick Markt 2002
4.4.2 Beratungsdauer
4.4.3 Klienten

5. Finanzen, Fördermittel und Steuern
5.1 Investitionen und Kosten
5.1.1 Wirtschaftlichkeit definieren durch Erfolgsrechnung
5.1.2 Kapitalbedarf berechnen
5.2 Eigenkapital
5.3 Fremdkapital
5.3.1 Fördermittel
5.3.1.1 ERP-Kapital für Gründung (0-2 Jahre)
5.3.1.2 Kfw-Startkapital
5.3.1.3 Kfw-Mikrodarlehen
5.4 Typische Finanzierungsfehler
5.5 Preisgestaltung
5.6 Steuern

6. Rechtliche Aspekte
6.1 Rechtsformen
6.2 Versicherungsschutz
6.2.1 Betriebliche Versicherungen
6.2.2 Persönliche Versicherungen
6.2.2.1 Krankenversicherung
6.2.2.2 Rentenversicherung
6.2.2.3 Lebensversicherung
6.2.2.4 Unfallversicherung
6.2.2.5 Arbeitslosenversicherung
6.2.2.6 Pflegeversicherung
6.2.2.7 Berufsunfähigkeitsversicherung
6.2.3 Rückkehr ins Angestelltenverhältnis

7. Grenzen

8. Resümee / Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mit dem Anstieg der Arbeitslosenzahlen, erhöht sich derzeit parallel auch die Zahl der Existenzgründer. Für die meisten Sozialarbeiter bildet immer noch eine Anstellung im öffentlichen Dienst oder bei großen Wohlfahrtsverbänden das „Traumziel“. Dabei kann die Selbstständigkeit gerade im Sozialen Bereich eine interessante Berufsperspektive darstellen. Es muss aber auch die stetig steigende Zahl der gescheiterten Unternehmen berücksichtigt werden, die nur bedingt auf fehlende Qualifikationen zurückgeführt werden. Die häufigsten Gründe hierfür finden ihren Ursprung in Informationsdefiziten sowie in Planungs- und Finanzierungsmängeln.[1]

Diese Arbeit greift diese Ursachen auf und versucht den Informationsgrad zu erhöhen. Sie stellt zu Beginn das Handlungsfeld Outplacement-Beratung vor. Hierbei werden zunächst die Zielgruppen mit ihren Problemlagen und den Zielen beschrieben. Des Weiteren, werden die beiden Methoden Einzel- sowie Gruppen-Outplacement-Beratung erläutert, wobei eine Implementierung der Zielgruppen stattfindet.

Im Anschluss wird die Frage nach den notwendigen Qualifikationen eines Outplacement-Beraters beantwortet, sowie die Erfolgschancen anhand einer Studie des BDU dargestellt.

Es folgen die Themenbereiche Finanzen, Fördermittel und Steuern.

Hier wird unter anderem die Kapitalbedarfsplanung sowie die Rentabilitätsrechnung vorgestellt. Die Wahl der anschließend aufgelisteten Förderprogramme, wurde hinsichtlich des aufgezeigten Handlungsfeldes getroffen. Es folgt die Darstellung der rechtlichen Aspekte. Hierbei wird erläutert, welche Rechtsformen für Existenzgründer in Betracht gezogen werden können und mit welchem Versicherungsschutz sie ausreichend abgesichert sind. Bei der Wahl der aufgelisteten Rechtsformen, wurden die für den Existenzgründer im Sozialen Bereich gängigsten ausgewählt. Es werden im weiteren Verlauf die Grenzen für Existenzgründer im Sozialen Bereich beschrieben und abschließend ein Zukunftsausblick gewagt. Alle behandelten Gliederungspunkte sind für die individuellen Handlungsfelder der Sozialen Arbeit relevant und werden in dieser Ausarbeitung stets mit der Outplacement-Beratung in Verbindung gesetzt. Diese wurde von mir für diese Ausarbeitung primär ausgewählt, da ich mir mein zukünftiges Arbeitsfeld in diesem Bereich vorstellen kann.

2. Ursprung Gründungsidee

Meist sind es zündende Gründungsideen, die die Überlegung, sich selbstständig zu machen auslösen. Der Drang nach einer selbständigen Existenz dient als Motor für die Unternehmungsgründung.

Die Idee ist der Ursprung, jedoch muss auch die Erkenntnis gewonnen werden, auf welchem Gebiet, mit welchem Angebot und für welche Kunden man als Freiberufler tätig werden möchte.[2]

Dabei muss der Fokus auf die Feststellung gerichtet sein, dass jede Gründungsidee nur so gut ist wie das Bedürfnis, das die Idee befriedigt. Bevor diese am Markt umgesetzt wird, muss sie umfassend und genau untersucht werden. Verzichtet der Existenzgründer auf diese Überprüfung und lässt sich allein durch seine Begeisterung leiten, erhöht er somit das Risiko in finanzielle Unruhen mit zweifelhaftem Ausgang zu geraten.[3] Daher muss festgestellt werden, ob überhaupt ein Markt für diese Gründungsidee vorhanden ist, also ob es genug Menschen gibt, die für die angebotene Leistung einen angemessenen Preis zahlen können. Gerade im Berufsfeld der Sozialen Arbeit ist diese Überlegung von großer Bedeutung, da es für Sozialarbeiter meist ungewohnt ist, wertvolle Arbeit für hilfebedürftige Menschen gegen Geld zu erbringen, welches ihr Klientel in vielen Fällen nicht aufbringen kann. Aus diesem Grunde gilt es herauszufinden, für wen der Existenzgründer tätig sein kann, wer das jeweilige Angebot braucht und wer dafür zu zahlen bereit ist.[4]

3. Zielgruppen

Immer mehr Unternehmen reduzieren in der heutigen Zeit ihr Personal und entlassen Mitarbeiter. Die Ursachen hierfür liegen oft in Firmenübernahmen, Insolvenzen, dem globalen Wettbewerb und der weltweiten Konjunkturschwäche. Da mittlerweile ganze Hierarchiestufen abgebaut werden, trifft es immer häufiger auch hoch qualifizierte Mitarbeiter oder Führungskräfte. Dass in der Berufswelt alles möglich ist und die Karriere nicht mehr in geregelten Bahnen verläuft, müssen zunehmend auch junge Menschen erfahren. Sie müssen lernen, dass sie für ihre Qualifikationen sowie für ihre Arbeitsmarktfähigkeit selbst verantwortlich sind. Hierzu gehört einerseits die berufliche Weiterentwicklung, andererseits auch die Vermarktung der eigenen Fähigkeiten und Stärken sowie die Selbstpräsentation - allesamt wichtige Elemente der „Employability“.[5]

Die Zielgruppen für den weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung sollen in den folgenden zwei Unterpunkten näher vorgestellt werden.

3.1 Arbeitgeber

Ist der Unternehmer beispielsweise aus betrieblichen Gründen gezwungen sein Personal zu reduzieren, so wird er unmittelbar mit der Trennung seiner Mitarbeiter konfrontiert. Dabei ist ein wichtiger Bestandteil der „Trennungskultur“ das Trennungsgespräch.

Jeder Mitarbeiter hat das Recht zu erfahren, welche Gründe seine Kündigung hat und wie das Unternehmen die anstehende Trennung abwickeln und begleiten will.

Doch oftmals haben Führungskräfte Angst nicht angemessen auf die Gefühlsäußerungen der Mitarbeiter zu reagieren und verfügen zudem meist nicht über das Wissen, das sie für die Gesprächsvorbereitung benötigen würden.[6]

Sie fragen sich, wie sie mit möglichen Vorwürfen als Führungskraft versagt zu haben umgehen können. Sie fühlen sich unwohl, weil das gesamte Gespräch auf der Gefühlsebene stattfindet und sind somit unsicher, weil sie diese Situation nicht adäquat dirigieren können. Letztendlich fühlen sie sich hilflos.[7]

Dazu kommt noch ein hohes Prozessrisiko für den Arbeitgeber, welches immer bei einer ordentlichen Kündigung gegeben ist. Der Ausgang eines solchen Prozesses ist meist ungewiss. Daher steht die Führungskraft eventuell vor der Frage, ob eine ordentliche Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag ausgesprochen bzw. abgeschlossen werden sollte, womit ein Prozess vermieden werden könnte.

Ein weiterer Punkt ist die Höhe der Abfindung. Gerade Führungskräften in mittelständischen Unternehmen ist dieses Thema nicht vertraut. Dabei müssen sie damit rechnen, dass betroffene Mitarbeiter um die Höhe ihrer Abfindung verhandeln werden.

Auch bei der Beurteilung der Mitarbeiter tritt oft Verunsicherung auf. Ausscheidende Mitarbeiter, die über Jahre einem Unternehmen angehörten und deren Leistungen nicht durch Abmahnung gerügt worden sind, haben nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, in dem die erbrachte Leistung des Mitarbeiters mindestens als durchschnittlich bescheinigt werden muss. Doch viele Führungspersonen besitzen nicht die Kenntnis des Zeugniscodes und fürchten aufgrund „falscher“ Formulierungen eine Klage des Mitarbeiters.[8]

Für den Arbeitgeber besitzen diese Fragen nicht nur einen rechtlichen Charakter, sondern er riskiert zudem eine Menge Ärger, Arbeit, einen eventuellen Imageschaden oder Streit mit dem Betriebsrat zuzüglich einer schlechten Stimmung in der Belegschaft.[9] Infolge der Kündigung kommt es häufig zu einer Spirale, die ins Negative führt. Die verbleibenden Mitarbeiter sind einerseits zunächst erleichtert darüber, dass es sie nicht getroffen hat, zunehmend wachsen jedoch Ängste vor längeren Arbeitszeiten, stärkerem Erfolgsdruck oder ausbleibender Beförderung. Zusätzlich wächst die Sorge, in der nächsten Entlassungsrunde selbst Opfer der Personalreduzierung zu werden. Laut den Autoren Dolbuan und Debus belegt eine Schweizer Untersuchung von mehr als 1.000 umstrukturierten amerikanischen Unternehmen, dass aufgrund der genannten Nebeneffekte nicht einmal 50 Prozent der Unternehmen die geplante Kostenreduktion durch Personalabbau realisieren konnten (Zahlen: 1999).[10]

3.2 Arbeitnehmer

Im vorherigen Punkt ging es um die Problemdarstellung und die Ziele der Arbeitgeber zur reibungslosen Abwicklung eines Trennungsprozesses. Nun sollen diese Punkte aus der Sicht des Arbeitnehmers dargestellt werden.

Das Wissen über den anstehenden Verlust des Arbeitsplatzes führt oftmals zu emotionalen Verunsicherungen. Nicht selten verdrängen die Betroffenen den Schock ihrer Kündigung oder zweifeln an sich selbst und den eigenen Fähigkeiten.[11]

Hinzu kommt die Tatsache, dass, anders als bei einer Eigenkündigung, die Kündigung durch den Arbeitgeber bis heute ein Tabuthema darstellt. Der Betroffene nimmt sie oft als beschämend wahr, selbst wenn die Ursachen offensichtlich betriebsbedingte Gründe sind und die soziale Auswahl gewahrt wurde.[12] Diese Vorgänge sowie eventuelle unklare Trennungsgründe nagen einerseits am Selbstbewusstsein, andererseits am Selbstbild des Arbeitnehmers.

Dadurch steigt die Frustration bzw. die mangelnde Motivation und bildet somit das größte Hindernis einer erfolgreichen Bewerbung.[13]

Wie schwer die Trauer um den Arbeitsplatzverlust ist, hängt im Wesentlichen von vier Faktoren ab:

- Stabilität und Ausgeglichenheit der Persönlichkeit
- Emotionaler Stellenwert des Arbeitsplatzes im Leben des Arbeitnehmers
- Jeweilige Vorbereitung auf die anstehende Kündigung
- Dauer der Suche nach Ersatz (in Form eines neuen Arbeitsplatzes oder einer Beschäftigung, die den Arbeitnehmer ähnlich ausfüllt wie die frühere Tätigkeit)

Es ist jedoch nicht allein der Verlust des Arbeitsplatzes, der betrauert wird. Zusätzlich ist es der zerbrechende soziale Bezugsrahmen von vertrauten Arbeitskollegen. Plötzlich kann sich zeigen, welchen hohen Stellenwert die Arbeit für das persönliche Wohlbefinden hat und in welchem Maß die Arbeit dem jeweiligen Leben Sinn und Struktur gibt.[14]

Nach den ersten Reaktionen folgt die Phase der Trennungsabwicklung. Wie bereits im vorherigen Punkt beschrieben, steht auch der Arbeitnehmer vor der Frage nach Rechtsansprüchen einer Abfindung und welche Höhe ihm diese zusteht.

„Für den betroffenen Mitarbeiter ist neben der Abfindung zum Beispiel die Klärung der Frage wichtig: Wenn ich einen Aufhebungsvertrag unterschreibe und damit arbeitslos werde, bekomme ich dann nicht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?“[15]

Wurde die Trennung vollzogen oder zumindest weitestgehend eingeleitet, muss sich der Arbeitnehmer nun um eine neue Festanstellung bemühen. Nicht selten fehlen betroffenen Personen Kenntnisse zur heutigen Bewerbungspraxis. Neben diesen defizitären Sachkenntnissen, mangelt es vielen Personen auch an den Fähigkeiten der professionellen Selbstdarstellung.[16]

Die bereits im Punkt 3 genannte Employability (Arbeitsmarktfähigkeit) besitzt einen enormen Stellenwert. Die Beschäftigungs- sowie Marktfähigkeit muss durch Bildungsinvestitionen der Unternehmen entwickelt und aktualisiert werden. Viele Unternehmen scheuen dies jedoch, da sie das große Risiko fürchten, dass die Mitarbeiter das Unternehmen früher verlassen, als dies der Firma recht ist. Unter anderem führt dies zu negativen Aussichten auf neue Anstellungschancen.[17]

4. Handlungsfeld Outplacement-Beratung

Im bisherigen Verlauf wurden die Zielgruppen mit ihren jeweiligen Problemlagen sowie den Bedürfnissen dargestellt. Demgegenüber soll nun die Outplacement-Beratung als Handlungsfeld des Sozialarbeiters vorgestellt werden.

Die Idee zum Outplacement stammt aus den 70er Jahren. Die erste Beratungsstelle wurde von einem amerikanischen Top-Manager Tom Hubbard gegründet, dem zuvor ebenfalls gekündigt wurde.[18]

Der Begriff Outplacement ist die englische Umschreibung für die betriebsbedingte Kündigung, meint jedoch als Beratungsangebot, dass Arbeitnehmer, die von Kündigungen betroffen sind, als freiwillige soziale Leistung des Unternehmens ein professionelles Karrierecoaching für den weiteren Lebensweg erhalten. Auf diese Weise lernen die Angestellten ihre Kündigung zu bewältigen, die eigenen Potenziale zu erkennen und marktgerecht anzubieten.[19]

Dementsprechend umfasst Outplacement den gesamten Vorgang von Trennungsgespräch, Kündigung und Aufhebungsvertrag über die Unterstützung durch einen professionellen Berater bis hin zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages. Es handelt sich also um eine Dienstleistung, die zum einen den Unternehmen als auch dem betroffenen Mitarbeiter, unter Mitwirkung eines erfahrenden Beraters, eine einvernehmliche Trennung ermöglicht.[20]

Die Dauer und Bezahlung einer solchen Beratung gestaltet sich sehr unterschiedlich. Die Berater unterscheiden hierbei, ob es sich um eine Einzelberatung (also vom

Arbeitnehmer aufgesucht) oder um eine unternehmensfinanzierte Beratung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages handelt.

Trägt ein Unternehmen die Kosten, so liegen die Honorare zwischen 10 und 20 Prozent eines Jahresgehalts. Die Dauer der Beratung beträgt meist zwischen drei bis sechs Monate. Wenn jedoch Stellensuchende eine Beratungsstelle aufsuchen, findet die Abrechnung meist nach geleisteten Stunden statt. Hier liegen die Honorare zwischen 30 und 150 Euro.[21]

4.1 Outplacement-Beratung für Unternehmen

Der Erfolg eines Unternehmens lässt sich an seinen Mitarbeitern messen. Wie mit ihnen umgegangen wird, ist Ausdruck der gelebten Unternehmenskultur.

Das bezieht sich sicherlich auf die Entlohnung, die fairen Sozialleistungen, die gewährten Fortbildungs- sowie Aufstiegsmöglichkeiten, die Motivations- und Kreativitätsförderung, jedoch auch auf die immer in Erscheinung tretende Trennungssituation. Die Outplacement-Beratung ermöglicht einvernehmliche und sozial verträgliche Trennungen.[22] Die Autoren Bolduan und Debus formulieren als Leitziel der Beratung folgenden Satz: „Die Entlassung soll die Beschäftigung, aber nicht die Existenz beenden.“[23] Dennoch stellt sich die Frage, warum ein Unternehmen in eine Outplacement-Beratung investieren soll, obwohl sich diese Kosten doch vermeiden ließen. Ein mögliches Motiv könnte sein, dass sich das Unternehmen seiner sozialen Verantwortung stellt und die Outplacement-Beratung als gängige Firmenphilosophie impliziert, da sie die Mitarbeiter als wertvolle Ressource sieht.[24]

Wie bereits unter Punkt 3.1 beschrieben wirken sich Entlassungen immer negativ auf die weitere Arbeit der verbleibenden Mitarbeiter aus. Um diese unnötigen Irritationen zu vermeiden ist der Beginn einer Outplacement-Beratung entscheidend. Dabei empfiehlt sich die Implementierung bevor erste Trennungsabsichten oder Gerüchte entstehen. Denn die Berater können oft die Trennungsprozesse besser begleiten als die Personalchefs. Letztere sind zwar bestens für Einstellungs- und Fördergespräche geschult, besitzen jedoch meist nicht die nötige emotionale Kompetenz um Kritik- sowie Trennungsgespräche zu führen. Aufgrund dessen verursachen sie beim gekündigten Mitarbeiter möglicherweise seelische Verletzungen, die oftmals zur Selbstwertkrise führen und die erst später im Zuge einer Beratung wieder überwunden werden können.[25]

Daraus bildet sich ein weiteres mögliches Motiv des Unternehmens für eine Outplacement-Beratung: Der Imageschutz nach innen und außen durch Glaubwürdigkeit, die mit der Implizierung der Beratung unterstrichen wird. Dies führt zu einem Motivationsanstieg bei den verbleibenden Mitarbeitern, da das Unternehmen ein positives Signal setzt. Somit wird auf die Loyalität des einzelnen Mitarbeiters sowie auf sein Sicherheitsbedürfnis eingegangen.

Das Unternehmen kann die Beratung auch zur „Schwachstellenanalyse“ nutzen um zu schauen, warum es zu Entlassungen kommen musste und inwieweit man zukünftig diesen Prozess rechtzeitig erkennen und verhindern kann.

Viele Führungskräfte scheuen wie bereits beschrieben das Trennungsgespräch. Oftmals fällt es ihnen jedoch leichter, wenn sie dem scheidenden Mitarbeiter neue Perspektiven aufzeigen können.[26] An dieser Stelle bieten Outplacementberater ihre Unterstützung an um die Vorgesetzten beispielsweise in Form von Workshops auf die schwierigen Gespräche einzustimmen. So erfahren sie einerseits, wie sie mit ihrer eigenen Angst zurecht kommen und wie sie angemessen auf die Reaktion des Mitarbeiters reagieren können, andererseits lernen sie, wie sie die Mitarbeiter bei der beruflichen Neuorientierung unterstützen können.[27]

Natürlich werden Beratungen auch von Unternehmen eingesetzt um langwierige und kostspielige Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden. Weitere Kosten lassen sich einsparen, wenn es zu einem erfolgreichen Arbeitsplatzwechsel kommt. Denn somit verkürzen sich die Restlaufzeiten der Verträge und der ehemalige Arbeitgeber kann Einsparungen bei seinen Personalkosten verbuchen. Auch können aufgrund des Angebots einer Outplacement-Finanzierung die Abfindungssummen reduziert werden, da die Wahrscheinlichkeiten einer einvernehmlichen Trennung steigen. In der Praxis werden von Unternehmen unerwünschte Mitarbeiter oftmals auf ein „Abstellgleis“ geschoben, weil man sich seitens der Führungskräfte das Problem anzurühren scheut. Dies hat eine Unproduktivität und steigende Unzufriedenheit beim Arbeitnehmer zur Folge. In dieser Situation hilft die Outplacement-Beratung Scheinlösungen zu erkennen und durch wirkliche Lösungen zu ersetzten.

Solche und andere organisatorische sowie personelle Veränderungen lassen sich aufgrund der Objektivität und Erfahrung der Outplacementberater schneller realisieren. Auch helfen diese Eigenschaften bei der Gestaltung von Verhandlungen mit dem jeweiligen Betriebsrat, die sich auf diese Weise leichter durchführen lassen.[28]

Führungskräfte können auch vom Wissen des Outplacementberaters profitieren, wenn es um die Frage geht, ob eine Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag besser wäre. Der Berater hilft dabei, für die individuelle Situation relevante Punkte herauszufiltern und umzusetzen.

Eine weitere Dienstleistung, die manche Berater anbieten, ist das Formulieren von Zeugnisentwürfen. Die Führungskräfte werden geschult, die Zeugnisempfänger zu beteiligen. Dabei wird ein Fragebogen erarbeitet, der vom beurteilenden Vorgesetzten an den Mitarbeiter ausgehändigt wird. Mit diesem Bogen bekommt der scheidende Arbeitnehmer die Möglichkeit, seine Aufgaben und Verantwortung zu beschreiben und eine Selbsteinschätzung seiner Stärken vorzunehmen. Auch dieses Vorgehen erhöht einerseits die Wahrscheinlichkeit einer einvernehmlichen Trennung, andererseits sinkt das Risiko eines langwierigen Rechtsstreites.

Kommt es in einer Unternehmung zur Massenentlassung, hat der Betriebsrat das Recht einen Sozialplan zu erzwingen. In diesem können neben den Abfindungen auch Angebote für eine Outplacement-Beratung und eine Personalvermittlung gemacht werden. Nach dem Urteil vom 19. Juni 1996 (10AZR 23/96) ist ein Arbeitgeber berechtigt auf eine Zahlung der Abfindung zu verzichten, wenn im Sozialplan eine Outplacement-Beratung vereinbart wurde und durch die Vermittlung des Beratungsunternehmens ein neues Arbeitsverhältnis mit einem neuen Arbeitgeber zustande kommt. In den meisten Fällen sieht es jedoch so aus, dass in den Sozialplänen diese Beratung vereinbart, durchgeführt und zusätzlich Abfindungen gezahlt werden. Die Kosten trägt dabei der Arbeitgeber.[29]

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Implementierung der Outplacement-Beratung in anstehenden bzw. drohenden Trennungsprozessen sehr attraktiv sowie lukrativ für ein Unternehmen sein kann.

[...]


[1] Vgl. Scheibe-Jaeger, 1999, S.7

[2] Vgl. Scheibe-Jaeger, 1999, S.64

[3] Vgl. Kirschbaum/Naujoks, 2004, S.28

[4] Vgl. Scheibe-Jaeger, 1999, S.64 ff.

[5] Vgl. List, 2003, S.7

[6] Vgl. List, 2003, S. 11

[7] Vgl. List, 2003, S. 60

[8] Vgl. List, 2003, S.14 ff.

[9] Vgl. List, 2003, S.11

[10] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.24

[11] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S. 19 ff.

[12] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.29

[13] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.19 ff.

[14] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.64 ff.

[15] List, 2003, S.14

[16] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.21

[17] Vgl. List, 2003, S. 46 ff.

[18] Vgl. List, 2003, S.9

[19] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.11

[20] Vgl. List, 2003, S.9 ff.

[21] Vgl. List, 2003, S.19

[22] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.21

[23] Bolduan/Debus, 2002, S.21

[24] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.22

[25] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.25

[26] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.22

[27] Vgl. List, 2003, S. 11 ff.

[28] Vgl. Bolduan/Debus, 2002, S.22 ff.

[29] Vgl. List, 2003, S.14 ff.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten und Grenzen der Existenzgründung als Sozialarbeiter
Untertitel
Mit Bezug auf den Bereich Outplacement
Hochschule
Anna-Zillken-Berufskolleg  (Höhere Fachschule für Sozialarbeit am Anna-Zillken Berufskolleg in Dortmund)
Note
2+
Autor
Jahr
2006
Seiten
50
Katalognummer
V83030
ISBN (eBook)
9783638882354
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Grenzen, Existenzgründung, Sozialarbeiter
Arbeit zitieren
Kai Flockenhaus (Autor:in), 2006, Möglichkeiten und Grenzen der Existenzgründung als Sozialarbeiter , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83030

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