Literatur, die Verbrechen zum Gegenstand hat, gibt es, seitdem Menschen versuchen, diese Thematik künstlerisch zu verarbeiten. Reduziert auf den Begriff des Verbrechens lassen sich unzählige Beispiele in der Weltliteratur finden: In der Antike hat Sophokles mit König Ödipus einen Vatermörder zum Protagonisten gemacht, in den Götter- und Heldensagen der Wikinger und Griechen wird gemordet, Shakespeare, Dostojewski und Schiller schicken Verbrecher, Verräter, Räuber und Mörder ins Rennen. Richard Alewyn nennt bspw. den Tod Abels im vierten Kapitel des ersten Buch Moses »den ältesten und berühmtesten Kriminalfall«. So lassen sich unzählige Beispiele finden, die das Verbrechen als spannungsförderndes und unterhaltendes Element und damit auch zum literarischen Gegenstand haben.
Dass sich Literatur und Film explizit mit Serienmördern beschäftigen, ist hingegen eine Entwicklung der neueren Zeit. Dennoch hat gerade dieses Motiv vor allem in den letzten Jahrzehnten Konjunktur; kein Tag, an dem nicht in irgendeinem TV-Krimi oder einer Fernsehserie Serienkiller gejagt werden, kein Jahr, in dem nicht diverse Kriminalromane über Serienmorde erscheinen. Die Anzahl ist kaum mehr zu überblicken, die Zahl in der Literatur ist nicht mehr zu beziffern und selbst im Alltag drängt sich das Thema Serienmord beinahe tagtäglich in die Medien. Dabei erlangen reale wie auch fiktive Serientäter nicht selten Kultstatus.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Serienmördern in Literatur und Film. Dass sich der Serienmord sowohl in Literatur als auch im Film etabliert hat, ist eine direkte Konsequenz aus der Entwicklung des Kriminalerzählungsgenres, das sich aus der Wiedergabe und Reproduktion tatsächlicher Begebenheiten entwickelt hat. Mit der Erforschung des Serienmords durch unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen, und hier vor allem durch die Kriminologie, aber auch durch die Soziologie und Psychologie, rückt dieses Phänomen immer stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft und damit auch in den Fokus der Autoren.
Mord – und insbesondere Serienmord – setzt Logik voraus. Nur wenn die Kriminalerzählung als solche logisch aufgebaut ist, kann sie (zufrieden stellend) gelöst werden. Wenn man also Logik unterstellt, muss es auch möglich sein, den Mord auf unterschiedliche logische und somit wissenschaftliche Verfahren zu untersuchen. Gibt es bspw. eine Verschiebung von der metaphysischen über die analytische hin zu einer hermeneutischen Fallaufklärung?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Kriminalerzählung
- 2.1. Historischer Abriss
- 2.2. Der Kriminalroman und die Parallelen in Fotografie und Film
- 3. Der Serienmord als Gegenstand verschiedener Wissenschaftsdisziplinen
- 3.1. Serienmorde als Gegenstand kriminologischer Untersuchungen
- 3.2. Mythenbildung und Gesellschaftsbild
- 3.3. Serienmord als Gegenstand kulturwissenschaftlicher Untersuchungen
- 3.3.1. Die Semiotik(en) serieller Morde
- 3.3.2. Mord als kommunikativer Akt
- 3.3.3. Exkurs: Serienmord in der Kunst
- 3.3.4. Zusammenfassung
- 4. Serialität in den Medien
- 5. Das Fräulein von Scuderi
- 5.1. Die Giftmorde von Paris
- 5.2. Die Serienmorde René Cardillacs
- 5.2.1. Extern wahrnehmbare Hinweise und Indizien
- 5.2.2. Innere Motivation der Taten
- 5.2.3. Die Erläuterungen Brußons zum Mörder Cardillac
- 5.3. Psychologische Auflösung
- 5.4. Folgerungen und Zusammenfassung
- 6. M-Eine Stadt sucht einen Mörder
- 6.1. Einleitendes
- 6.2. Die Eingangssequenz: Vorbereitung auf die Einführung des Serienmörders
- 6.3. Die öffentliche Wahrnehmung des unbekannten Serienmörders
- 6.4. Polizei, Ringvereine und deren Ermittlungsverfahren
- 6.4.1. Die Parallelmontage von Gauner- und Polizeikonferenz
- 6.5. Die direkte Darstellung des Serienmörders Hans Beckert
- 6.6. Beckerts >Gerichtsverhandlung‹
- 6.7. Gesellschaftskritische Zusammenfassung
- 7. Das Schweigen der Lämmer
- 7.1. Einleitendes
- 7.2. Exkurs: Die Bedeutungen der Namen
- 7.3. Clarice Starling
- 7.4. Hannibal Lecter
- 7.5. Jame Gumb alias Buffalo Bill
- 7.6. Ermittlungsmethoden
- 7.7. Resümee
- 8. Das Parfum
- 8.1. Einleitendes
- 8.2. Jean-Baptiste Grenouille Veranlagungen zum Mörder
- 8.2.1. Grenouilles Geburt und Kindheit
- 8.2.2. Der Mord an dem Mirabellenmädchen
- 8.2.3. Etablierung als »normaler« Mensch
- 8.2.4. Die Eremitage
- 8.3. Grenouilles Spezialisierung als Mörder in Grasse
- 8.3.1. Die 24 Mädchenmorde
- 8.3.2. Grenouilles Motivation
- 8.4. Richis' Ermittlungen
- 8.5. Grenouille als Künstler, oder die schöne Kunst des Mordes
- 8.6. Grenouilles Entdeckung und Verurteilung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Serienmördern in Literatur und Film. Ziel ist es, die Entwicklung des Kriminalgenres aufzuzeigen und den Forschungsstand zum Serienmord zu beleuchten. Dabei sollen die Unbegreiflichkeit der Taten, die Motivation der Täter und die gesellschaftliche Reaktion auf dieses Phänomen untersucht werden. Die Arbeit analysiert auch die Verwendung des Serienmordes als literarisches und filmisches Motiv, um gesellschaftliche Zustände zu reflektieren.
- Entwicklung des Kriminalgenres
- Kriminologische, soziologische und psychologische Aspekte des Serienmords
- Der Serienmord als Spiegel gesellschaftlicher Zustände
- Semiotische Interpretation des Serienmords
- Darstellung von Serienmördern in ausgewählten literarischen und filmischen Werken
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Darstellung von Serienmördern in Literatur und Film ein und verweist auf die lange Tradition der Verarbeitung von Verbrechen in der Kunst. Sie betont die zunehmende Popularität des Serienmördermotivs in der jüngeren Vergangenheit und die Notwendigkeit, dieses Phänomen aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven zu betrachten, um sowohl die Faszination als auch die Furcht der Gesellschaft zu verstehen. Sie skizziert den Forschungsansatz der Arbeit, der die künstlerische Darstellung von Serienmördern als Reflexion gesellschaftlicher Zustände versteht.
2. Die Kriminalerzählung: Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte der Kriminalerzählung und deren Entwicklung. Es beleuchtet die frühen Anfänge bis hin zur modernen Form und zeigt die Parallelen zur Entwicklung der Fotografie und des Films auf. Es bildet die Grundlage für das Verständnis der Einbettung des Serienmördermotivs in ein breiteres literarisches und filmisches Genre.
3. Der Serienmord als Gegenstand verschiedener Wissenschaftsdisziplinen: Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit dem Phänomen des Serienmords auseinandersetzen. Es beschreibt die kriminologischen, soziologischen und kulturwissenschaftlichen Ansätze, um das Phänomen zu verstehen. Die verschiedenen Perspektiven, von der Analyse der Taten bis hin zur gesellschaftlichen Mythenbildung, werden vorgestellt und miteinander verknüpft. Der Fokus liegt auf der Interpretation des Serienmords als komplexes gesellschaftliches und kulturelles Phänomen.
4. Serialität in den Medien: Dieses Kapitel untersucht die Darstellung der Serialität im Medienkontext. Der Schwerpunkt liegt auf der Verbreitung und Rezeption des Serienmördermotivs in verschiedenen Medien, und auf den damit verbundenen gesellschaftlichen Auswirkungen.
5. Das Fräulein von Scuderi: Diese Kapitel analysiert die Darstellung von Serienmord in "Das Fräulein von Scuderi". Es wird die Handlung detailliert beschrieben und die Motivation des Mörders im Kontext des Werkes erläutert. Es werden die extern wahrnehmbaren Hinweise und Indizien, die innere Motivation der Taten und die psychologische Auflösung der Handlung untersucht und in einen Gesamtkontext gesetzt.
6. M-Eine Stadt sucht einen Mörder: Die Zusammenfassung dieses Kapitels konzentriert sich auf die Darstellung des Serienmörders Hans Beckert und die öffentliche Wahrnehmung seiner Taten. Es werden die Ermittlungsmethoden der Polizei und die gesellschaftlichen Reaktionen analysiert. Der Fokus liegt auf der gesellschaftlichen Kritik, die durch die Darstellung des Serienmords vermittelt wird.
7. Das Schweigen der Lämmer: Die Zusammenfassung dieses Kapitels befasst sich mit der Analyse der Charaktere Clarice Starling, Hannibal Lecter und Jame Gumb, sowie deren Interaktionen und die Ermittlungsmethoden im Film. Es wird der Fokus auf die psychologischen Aspekte gelegt und die Bedeutung der Namen und Symbole erörtert.
8. Das Parfum: Dieses Kapitel analysiert die Geschichte von Jean-Baptiste Grenouille und seine Motivationen als Mörder. Es untersucht seine Entwicklung vom Kind zum Serienmörder, die Rolle des Geruchs und seine "Kunst des Mordes". Die Ermittlungen Richis' und Grenouilles Entdeckung und Verurteilung werden ebenfalls in der Zusammenfassung erläutert.
Schlüsselwörter
Serienmord, Kriminalerzählung, Kriminalroman, Film, Literatur, Kriminologie, Soziologie, Kulturwissenschaften, Semiotik, Gesellschaft, Mythenbildung, Medien, Motivation, Täterprofil, öffentliche Wahrnehmung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Darstellung von Serienmördern in Literatur und Film
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht die Darstellung von Serienmördern in Literatur und Film. Sie analysiert die Entwicklung des Kriminalgenres, den Forschungsstand zum Serienmord und beleuchtet die Unbegreiflichkeit der Taten, die Motivation der Täter und die gesellschaftliche Reaktion auf dieses Phänomen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Verwendung des Serienmords als literarisches und filmisches Motiv zur Reflexion gesellschaftlicher Zustände.
Welche Werke werden analysiert?
Die Arbeit analysiert exemplarisch die Darstellung von Serienmördern in folgenden Werken: "Das Fräulein von Scuderi", "M – Eine Stadt sucht einen Mörder", "Das Schweigen der Lämmer" und "Das Parfum".
Welche Aspekte des Serienmords werden betrachtet?
Die Arbeit betrachtet kriminologische, soziologische, psychologische und kulturwissenschaftliche Aspekte des Serienmords. Es werden die Täterprofile, die Motivationen der Täter, die Ermittlungsmethoden, die öffentliche Wahrnehmung und die gesellschaftlichen Reaktionen auf Serienmorde untersucht. Auch die semiotische Interpretation des Serienmords als kommunikativer Akt spielt eine Rolle.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in acht Kapitel: Einleitung, Die Kriminalerzählung, Der Serienmord als Gegenstand verschiedener Wissenschaftsdisziplinen, Serialität in den Medien, Kapitel zu den einzelnen Fallstudien ("Das Fräulein von Scuderi", "M – Eine Stadt sucht einen Mörder", "Das Schweigen der Lämmer", "Das Parfum") und ein Schlusskapitel. Jedes Kapitel enthält eine Zusammenfassung der zentralen Inhalte.
Welche wissenschaftlichen Perspektiven werden eingenommen?
Die Arbeit integriert verschiedene wissenschaftliche Perspektiven, darunter Kriminologie, Soziologie, Kulturwissenschaften und Semiotik, um das komplexe Phänomen des Serienmords umfassend zu analysieren und zu interpretieren.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, die Darstellung von Serienmördern in Literatur und Film aufzuzeigen und den Forschungsstand zum Thema zu beleuchten. Es soll ein Verständnis für die Faszination und die Furcht der Gesellschaft vor diesem Phänomen geschaffen werden, sowie die künstlerische Darstellung als Reflexion gesellschaftlicher Zustände analysiert werden.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Serienmord, Kriminalerzählung, Kriminalroman, Film, Literatur, Kriminologie, Soziologie, Kulturwissenschaften, Semiotik, Gesellschaft, Mythenbildung, Medien, Motivation, Täterprofil, öffentliche Wahrnehmung.
Wo finde ich detailliertere Informationen zu den einzelnen Fallstudien?
Detaillierte Analysen zu den einzelnen Fallstudien ("Das Fräulein von Scuderi", "M – Eine Stadt sucht einen Mörder", "Das Schweigen der Lämmer", "Das Parfum") finden sich in den jeweiligen Kapiteln der Arbeit. Diese Kapitel untersuchen die Handlung, die Charaktere, die Motivationen der Täter und die gesellschaftliche Relevanz der jeweiligen Werke.
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- M.A. Florian Schneider (Author), 2007, Serienmörder in Literatur und Film, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83210