Die vorliegende Hausarbeit thematisiert die emotionalen Aspekte von Lernprozessen im historischen Unterricht der Schule vor dem Hintergrund eines didaktisch/methodischen Entwurfes, welcher in erster Linie für die Erwachsenenbildung konzipiert wurde: der Gruppendynamik nach Tobias Brocher.
Der zentrale Gedanke der Gruppendynamik nach Brocher besteht darin, dass die Lernenden den Lernprozess selbst organisieren. Denn, „[d]as neue Prinzip der Gruppendynamik [...]" begreift „Führung [...] nicht mehr als die Funktion eines Leiters oder Vorsitzenden [...], sondern als eine Funktion der Gruppe selbst, d.h. a l l e r Gruppenmitglieder."
Erste Ansätze der Gruppendynamik finden sich in der Reformpädagogik der 20er Jahre. Als Ergebnis dieser Bemühungen ergab sich, dass die Lernfähigkeit mit den wachsenden Möglichkeiten zur Eigenaktivität zunimmt. Später traten Forschungen über Führungsstile, die Wege zur sich selbst führenden Gruppe aufzeigten daneben. Weiterhin prägen die Entdeckungen der frühen Psychoanalyse, die erkannt hatte, dass es beim Lernen nie allein um Sachverhalte, sondern immer auch um Emotionen geht, die Entwicklung der Gruppendynamik. Letztendlich ist Gruppendynamik „[...] aus einer Integration von psychoanalytischem und sozialpsychologischen Beobachtungen entstanden und weiterentwickelt worden."
Diese Hausarbeit lenkt den Blick nun auf diese affektiven Anteile des Lernvorgangs und stellt eine Verbindung her zu einem bedeutendem Anliegen der Gruppendynamik: der „[...] Einübung einer sensibleren Wahrnehmungsfähigkeit für die Wirkungen und Bedeutungen eigenen und fremden Handelns". Allerdings kann das Konzept des `selbstorganisierten Lernens´ nicht ohne weiteres auf die Schule übertragen werden, da immer gesehen werden muss, dass Schülerinnen und Schüler andere Lernbedingungen vorfinden als Erwachsene, die sich fort- oder weiterbilden. Vor
diesem Hintergrund sollen geeignete Möglichkeiten aufgezeigt werden, wesentliche Elemente der Gruppendynamik im historischen Unterricht der Schule umzusetzen. Hier greifen jüngere Forschungen der Didaktik der Geschichte, zumeist gestaltpädagogische Konzeptionen, die auf eine Thematisierung von Emotionen in der Schule abzielen. Damit wird eine Brückenfunktion hergestellt, gerade weil die Auseinandersetzung mit Gefühlen im Schulunterricht gruppendynamischen Modellen wie Tobias Brocher sie für die Erwachsenenbildung entwickelt hat dem weiteren außerschulischen Bildungsweg des Einzelnen vorgreift ...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Emotionen im Geschichtsunterricht der Schule - Konzepte
- Die Methode der Imagination und der Fiktion. Einfühlendes Schreiben am Beispiel der Dreißigjährigen Krieges
- Möglichkeiten der didaktischen Auswahl
- Methodische Umsetzung der Idee
- Auswertung
- Das Verfahren des Nacherlebens vor dem Hintergrund des Luftkrieges 1940-1945
- Didaktische Auswahl
- Methodische Umsetzung
- Auswertung
- Behutsamere Formen der Vermittlung von Geschichte. `Probehandeln´ als Einstieg in eine Unterrichtseinheit und das Modell der `Filterfiguren´ als Option für den weiteren Ablauf des Unterrichts am Exempel des Nationalsozialismus
- Beziehungsaufnahme durch ‘Probehandeln´
- Das Konzept der `Filterfiguren´
- Auswirkungen auf den Lernprozess
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die affektiven Aspekte von Lernprozessen im historischen Unterricht der Schule und setzt diese in Verbindung mit den Konzepten der Gruppendynamik nach Tobias Brocher. Dabei wird der Fokus auf die Umsetzung des Prinzips des selbstorganisierten Lernens im schulischen Kontext gelegt, wobei die Besonderheiten von Lernenden im Vergleich zu Erwachsenen berücksichtigt werden.
- Die Einbindung von Emotionen im Geschichtsunterricht
- Die Übertragung von Gruppendynamik-Konzepten auf den Schulunterricht
- Die Bedeutung von Eigenaktivität und Selbstorganisation im Lernprozess
- Die Gestaltung von Unterrichtseinheiten, die emotionale Aspekte berücksichtigen
- Die Auswirkungen der Thematisierung von Emotionen auf den Lernprozess
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Hausarbeit vor und führt in die Konzepte der Gruppendynamik nach Tobias Brocher ein. Dabei werden die Besonderheiten des Lernens in der Schule im Vergleich zur Erwachsenenbildung herausgestellt.
Im zweiten Kapitel werden verschiedene Konzepte zur Einbindung von Emotionen in den Geschichtsunterricht der Schule vorgestellt und exemplarisch anhand von drei verschiedenen Unterrichtseinheiten erläutert. Die Methode der Imagination und der Fiktion, das Verfahren des Nacherlebens und die behutsameren Formen der Vermittlung von Geschichte mittels "Probehandeln" und "Filterfiguren" werden vorgestellt und analysiert.
Schlüsselwörter
Gruppendynamik, Emotionen, Geschichtsunterricht, selbstorganisiertes Lernen, didaktische Konzepte, Imagination, Fiktion, Nacherleben, Probehandeln, Filterfiguren.
- Arbeit zitieren
- Carsten Becker (Autor:in), 2002, Die affektiven Aspekte von Lernprozessen im historischen Unterricht der Schule - Konzepte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83355