„Überall das hinaus aber, seien es nun die Geheimnisse von Himmel und
Erde oder von Gut und Böse, weiß der Mensch, und nur er, auch noch, dass
er sterben muss. Das wissen die Götter nicht, weil sie unsterblich sind, und
das wissen die Tiere nicht, weil sie nicht vom Baum der Erkenntnis gegessen
haben. [...] Der Mensch, durch sein Zuviel an Wissen aus den Ordnungen
der Natur herausgefallen, muss sich eine künstliche Welt erschaffen, in der
er leben kann.“
Das obige Zitat nach Assmann erklärt kurz und prägnant, warum der Mensch
sich seiner Vergänglichkeit bewusst war. Dadurch wollte der Mensch unsterblich
sein wie die Götter und erschuf sich hierfür ein Leben nach dem Tod. Gerade die
alten Ägypter, die ihr Leben in ihrem geliebten Land schätzten, wollten um jeden
Preis diesen Zustand für die Ewigkeit erhalten.
Dagegen wissen Tiere nichts von ihrem Schicksal, weshalb sich für sie auch
nicht die Notwendigkeit ergibt, Vorsorge für ein jenseitiges Leben zu treffen und
damit auch nicht das Bedürfnis eines Totenkultes auszuüben. Sie leben in den Tag
hinein und reagieren nur auf aktuelle Reize und Gefahren, ohne sich um übergreifende Sinnperspektiven Sorgen zu machen. Daher trafen nach Hopfner die
alten Ägypter die Vorsorge für den Totenkult derjenigen Tiere, welche für heilige
bzw. göttliche Personifikationen oder auch Inkarnationen angesehen wurden, um
ihnen auch eine Garantie für eine Weiterexistenz zu sichern.
Diese Vorsorge findet in der Wab.t–Anlage statt, die man sowohl in der Gegend
der Göttertempel, als auch, wie dann in dieser Magisterarbeit beschrieben, bei
Tierfriedhöfen antrifft.
Im Anschluss soll im Rahmen dieser Arbeit versucht werden, die für den Tierkult gebauten Tempelanlagen, vor allem die Wab.t–Anlage und im speziellerem der
Mundöffnungsraum, zu analysieren. Die ersten Probleme, die am Anfang dieser
Untersuchung auftraten, lagen schon in der Begrifflichkeit und der Semantik. Denn
der Mundöffnungsraum selber wird in der altägyptischen und ägyptologischen Literatur nicht erfasst, da die meisten Quellen über Tempelbau und Tempelstruktur
erhalten sind und die geheimen Vorgänge der Feste nur für die Priester vorbehalten waren. Die am Fest beteiligten Priester wussten den Zweck der Räume im
Rahmen der Riten. Der Mundöffnungsraum sollte geheim und für die restliche
Bevölkerung ausgeschlossen sein. Schließlich galt das Wissen der Priester um die
Riten, welche im Verborgenen und Heimlichen stattfanden, als „Geheimwissen“.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Bedeutung der Tierverehrung
- 2.1 Definition der heiligen Tiere bzw. Tempeltiere
- 2.2 Wahrnehmungen des altägyptischen Tierkultes bei Angehörigen zeitgenössischer Völker und Glaubensgemeinschaften
- 2.3 Wahrnehmungen des altägyptischen Tierkultes aus der moderneren Sicht
- 3. Die Web.t-Anlage und der dazugehörige Mundöffnungsraum
- 3.1 Der allgemeine Aufbau der Tierkultanlage
- 3.2 Der allgemeine Aufbau der Web.t-Anlage.
- 3.3 Bestimmung des Mundöffnungsraumes mit Hilfe der archäologischen Funde
- 4. Diverse Funktionen der Web.t-Anlage und des dazugehörigen Mundöffnungsraumes
- 4.1 Exkurs: Der allgemeine Aufbau von Festen
- 4.1.1 Die Choiakfeste
- 4.1.2 Das Neujahrsfest
- 4.2 Das Einwirken des Osiris-Mythos in den Tierkult
- 4.2.1 Die Natur des Osiris
- 4.2.2 Die Wiederspiegelung des Osiris-Mythos im Tierkult
- 4.3 Die Einbalsamierung
- 4.4 Das Mundöffnungsritual
- 4.4.1 Zur Geschichte des Rituals
- 4.4.2 Der Verlauf des Mundöffnungsrituals
- 4.4.3 Die verschiedenen Räumlichkeiten des Mundöffnungsrituals
- 4.5 Die Zusammenfassung der Funktionen der Web.t-Anlage und des dazugehörigen Mundöffnungsraumes.
- 4.1 Exkurs: Der allgemeine Aufbau von Festen
- 5. Die Rekonstruktion der verschiedenen Mundöffnungsräume
- 5.1 Der Mundöffnungsraum vom Serapeum von Memphis
- 5.1.1 Hintergrundinformationen über das Serapeum
- 5.1.2 Die 3-D Rekonstruktion des Mundöffnungsraumes
- 5.2 Der Mundöffnungsraum von Tuna el-Gebel.
- 5.2.1 Hintergrundinformationen über Tuna el-Gebel
- 5.2.2 Die 3-D Rekonstruktion des Mundöffnungsraumes
- 5.3 Der Mundöffnungsraum von Elephantine
- 5.3.1 Hintergrundinformationen über Elephantine
- 5.3.2 Die 3-D Rekonstruktion des Mundöffnungsraumes
- 5.1 Der Mundöffnungsraum vom Serapeum von Memphis
- 6. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit untersucht Mundöffnungsräume von Tierfriedhöfen im alten Ägypten. Die Autorin möchte durch den Vergleich verschiedener Beispiele aus verschiedenen Epochen und Regionen die unterschiedlichen Funktionen und Ausprägungen der Räume beleuchten. Dabei werden auch die Rituale, die in diesen Räumen stattfanden, analysiert.
- Die Bedeutung der Tierverehrung im alten Ägypten
- Der Aufbau und die Funktionen der Web.t-Anlagen und der Mundöffnungsräume
- Die verschiedenen Rituale, die in den Mundöffnungsräumen stattfanden
- Die 3-D Rekonstruktion der Mundöffnungsräume
- Der Vergleich verschiedener Mundöffnungsräume
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 bietet eine Einleitung und stellt die Forschungsfrage der Arbeit vor. Kapitel 2 befasst sich mit der Bedeutung der Tierverehrung im alten Ägypten und definiert den Begriff der heiligen Tiere. Es beleuchtet die Wahrnehmungen des Tierkultes aus verschiedenen Perspektiven, sowohl aus zeitgenössischer als auch moderner Sicht.
Kapitel 3 präsentiert die Web.t-Anlage und den dazugehörigen Mundöffnungsraum. Es analysiert den allgemeinen Aufbau der Anlage und den Aufbau des Mundöffnungsraumes anhand von archäologischen Funden. Kapitel 4 widmet sich den verschiedenen Funktionen der Web.t-Anlage und des Mundöffnungsraumes. Es beleuchtet den allgemeinen Aufbau von Festen, darunter die Choiakfeste und das Neujahrsfest. Außerdem untersucht es die Einwirkung des Osiris-Mythos auf den Tierkult und behandelt die Themen der Einbalsamierung und des Mundöffnungsrituals.
Kapitel 5 stellt die Rekonstruktion verschiedener Mundöffnungsräume vor. Es beleuchtet den Mundöffnungsraum vom Serapeum von Memphis, den Mundöffnungsraum von Tuna el-Gebel und den Mundöffnungsraum von Elephantine. Für jeden Raum werden Hintergrundinformationen und die 3-D Rekonstruktion vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem altägyptischen Tierkult, insbesondere mit Mundöffnungsräumen von Tierfriedhöfen. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Tierverehrung, Mundöffnungsritual, Web.t-Anlage, Serapeum, Tuna el-Gebel, Elephantine, 3-D Rekonstruktion, Osiris-Mythos, Einbalsamierung, Choiakfeste, Neujahrsfest.
- Quote paper
- M. A. Nadine Vaksic (Author), 2007, Untersuchungen zu Mundöffnungsräumen von Tierfriedhöfen. Im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83405