Klassiker der Elitentheorie und ihre Bedeutung für die aktuelle Diskussion über die Zukunft der deutschen Hochschulen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

30 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Fragestellungen

Einleitung zu dieser Arbeit

1.0 Zum Begriff
1.1 Industrielaisierung und das Entstehen der >Masse<

2.0 Le Bon – Zur Person
2.1 Psychologie des foules
2.2 Zwischenfazit

3.0 Mosca – Zur Person
3.1 Die politische Klasse
3.2 Exkurs
3.3 Das Parlamentarisches System
3.4 Die materielle Macht
3.5 Die geistige Macht
3.6 Exkurs
3.7 Zwischenfazit

4.0 Pareto - Zur Person
4.1 Einkommensverteilung
4.2 Die Elite in Paretos Soziologie
4.3 Kreislauf der Eliten
4.4 Zwischenfazit

Schluss

Literaturverzeichnis

Vorwort

„Die Unterschiede in der Begabung der einzelnen Menschen ist in Wirklichkeit weit geringer, als uns bewußt ist, und die verschiedenen Talente, welche erwachsene Menschen unterschiedlicher Berufe auszuzeichnen scheinen, sind meist mehr Folge als Ursache der Arbeitsteilung. So scheint zum Beispiel die Verschiedenheit zwischen zwei auffallend unähnlichen Berufen, einem Philosophen und einem gewöhnlichen Lastenträger, weniger aus Veranlagung als aus Lebensweise, Gewohnheit und Erziehung entstanden.“[1]

Adam Smith, 1776.

Die Forderung nach Hochbegabtenförderung, nach stärkerer Eliteförderung und nach angemessenen Bildungsstätten für die heranwachsende Führungsschicht unseres Landes eröffnet kein neues Feld in der politischen Diskussion. Die Elitendebatte des Jahres 2004 reiht sich vielmehr in eine periodisch auftretenden Diskurs ein über die Zukunft des deutschen Bildungssystems. Seit Mitte der sechziger Jahre ist eine immer nach dem gleichen Muster ablaufenden Diskussionsoffensiven zu verzeichnen, die sich im hohen Maße an dem Bundestagswahlzyklus angleicht und von Wahlkampfmachern (Spin Doctors), meist auf Seiten der konservativen Parteien, gezielt in den Medien fossiert wird, um Bildungspolitische Themen zu besetzen.[2] In der Vergangenheit verschwanden diese Debatten nach wenigen Monaten in der Presse ergebnislos in der Versenkung. Dass es bei der in 2004 angestoßenen Debatte sich um eine neue Qualität handelt, zeigt nicht nur der Umstand, dass sie diese Mal ihren Ausgang im Parteizentrum der SPD fand und somit von denen getragen wurde, die in der Vergangenheit den Elitegedanken ablehnen haben. Auch in einem Wandel der Geisteshaltung den Betroffenen, in diesem Fall die Studierenden an den Hochschulen, ist zu verzeichnen. Die Idee, Bildung nicht mehr als öffentliches, bzw. merritorisches Gut zu betrachten, sondern es in Anlehnung an andere Länder (hier wird weitgehend unreflektiert das Beispiel der vereinigten Staate herangezogen) zu privatisieren, stößt nicht auf grundsätzliche Ablehnung, sondern sich ein sehr homogenes Feld zischen Ablehnung und Befürwortung gebildet hat. Das gesamte Gesellschaftsklima scheint sich gewandelt zu haben und ein kritischer Umgang mit der ideologisch auf die Dekonstruktion von bildungspolitischen Leitbegriffen wie Chancengleichheit, Bildung für alle! oder soziale Öffnung der Hochschulen zielende Debatte scheint es nicht zu geben. Die konservativen „Think Tanks“ scheinen ihre Zuhörer gefunden zu haben.[3]

Aber ist den Befürwortern und denen, die Studiengebühren prinzipiell nicht ablehnen, bewusst, was alles an der simpel anmutenden Frage „Studiengebühren: Ja-Nein“ letzen Endes hängt? Zu einem großen Teil sicher nicht, da in der öffentlichen Debatte die Verknüpfung der Bildungsgrundsatzgelösten Frage nach Eliteuniversitäten mit dem dafür notwenigen Wandel, bzw. der Abkehr von einem demokratisch geprägten Menschenbild vermieden wird. Zudem wird der Blick auf die Frage der technischen Machbarkeit der Einführung von Studiengebühren verengt und nur am Rand wird die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit dieser Privatisierungsmaßnahmen gestellt.

Fragestellungen

Besonders in der scheinbaren Evidenz der Argumentationsstruktur der Elitenuniversitätsbefürworter liegt ein großer Reitz für Gefühlsorientierte Skeptiker dieser Ideen, sich diesen doch in Teilen an zu schlissen. So kann kaltschnäuzig behauptet werden, dass Studiengebühren zu mehr Gerechtigkeit zwischen den Schichten führen werden, da ehe nur Kinder aus Akademikerfamilien Akademiker werden. Somit kann die derzeitige Hochschulfinanzierung als unsozial entlarvt werden, da derzeit (noch) die ALDI- Kassiererin den zukünftigen Ärzten ihr Studium finanziert. Aussagen wie diese werden nach meiner persönlichen Erfahrung oft nicht hinterfragt sondern einfach hingenommen und von vielen Komillitionen ihn ihre eigenen Argumentation übernommen. An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Fragenkatalog aufmachen, der sich jedem kritischen Leser, bzw. Zuhörer im Bezug auf die obige Aussage aufdrängen muss:

1. Warum zahlt eigentlich nur eine ALDI- Kassiererin Steuern und nicht die Akademiker, schließlich wir die Einführung von Studiengebühren auch damit begründet, dass die Hochschulabsolventen bessere Verdienstmöglichkeiten haben. Somit hinkt die Argumentation an dieser Stelle, da nach den eigenen Vorstellungen der Studiengebührenbeführworter Akademiker mehr verdienen als andere Berufe, wo man schon während der Ausbildung bezahlt wird. Folglich müssten auch Akademiker das Studium ihres Nachwuchses zum größten Teil finanzieren.
2. Das Wort „Studiengebühr“ weckt die Assoziation, dass das Geld wie eine Gebühr zweckgebunden verwendet wird. Dass Hochschulen in Deutschland (auch die Privaten) durch öffentliche Gelder finanziert werden und somit das Geld gar nicht Zweckgebunden verwendet werden kann wir nicht erwähnt. Somit ist der Begriff falsch gewählt, da es sich im eigentlichen um eine Studiensteuer handelt.

Diese hätte eigentlich schon bei der Einführung der Verwaltungsgebühren auffallen müssen. Was hat sich den durch diese „Gebühr“ für die Zahlenden verbessert? Und was wird sich durch die Einführung von Studiengebühren für die Zahler/Studierenden verbessern?

Im Bezug auf die Verwaltungsgebühren schließt sich auch die Frage an, ob bei Studiengebühren die Studentenschaft mehr Leistungen von den Hochschulen einfordern wird, weil sie sich dann als Zahler für ein Produkt verstehen wird. Die Einführung von Lahnzeitstudiengebühren und Verwaltungsgebühren weißt in die Richtung, dass die Studenten sich auch bei Studiengebühren nicht als Konsumenten und Anspruchsteller verstehen werden, da auch bei denen in der Vergangenheit gezahlten gebühren keine Bindung an den Verwendungszweck eingefordert wurde.

3. Das der Medizinstudent nicht der Sohn der ALDI- Kassiererin seien kann versteht sich bei dem obigen Beispiel von selber, da man davon ausgehen muss, dass „der Sohn eines Fliesbandarbeiters auch wieder Fliesbandarbeiter wird“. Es wird als stillschweigend davon ausgegangen, dass sich positive und negative Eigenschaften so wie Begabungen von den Eltern auf ihre Kinder. Dieser biologisch geprägte Sichtweiße verweist auf die Vorstellung, dass Kinder aufgrund ihrer Erbanlage ihren Eltern in der beruflichen Orientierung nachfolgen. Ungelöst bleibt die Frage, wie es bei einer relativ geringen Kinderzahl in Akademikerfamilien zu steigenden Studentenzahlen kommt. Dieser Gedankengag verweißt auf den nächsten Punkt.
4. Man muss von der angeborenen Ungleichheit der Menschen ausgehen um der Argumentation von Punkt 3 zu folgen. Es ist erschreckt wie selbstverständlich dieser Gedankengang angenommen wird, angesichts der Überlegung, dass unsere Rechtsordnung von der natürlichen Gleichheit der Menschen ausgeht. Diese beiden Vorstellungen stehen in einem nicht aufhebbaren Widerspruch zueinander und ich gehe an diesem Punkt davon aus, dass es nicht als Widerspruch gedacht wir sondern ersteres als formale Utopie verstanden wird.

Was kann man aus dem Umgang mit dem Spannungsverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit nun schließen. Ich möchte für mich an dieser Stelle die Arbeitsthese formulieren, dass es schon immer einen Diskrepanz zwischen Norm und der Wirklichkeit gegeben hat sie aber heute anders behandelt wird als früher. In der Vergangenheit gab es Bemühungen diese Lücke zu verkleinern, indem man versuchte die soziale Realität zu verändern. Heute erscheinen die sog. Sachzwänge als unabänderbar und wir werden gezwungen unsere Normen der Realität anzugleichen um das Spannungsverhältnis auf zu lösen.

Als Beispiel möchte ich die Pisa-Studie heran ziehen, die von der OECD mit dem Gedanken in Auftrag gegeben wurde, die soziale Durchlässigkeit des Bildungssystems der Industrieländer zu vergleichen. Heraus kam, dass in keinem Industrieland der Welt die finanziellen und sozialen Verhältnisse des Elternhauses so entscheidend sind wie in Deutschland.[4] Dieses wird jedoch in der Pisa-Debatte nicht aufgegriffen sondern die Studie wird in ein Länderranking verkehrt. Der Weg aus der Mittelmäßigkeit, in die uns die Gleichmacherei unseres Bildungssystems geführt hat, weisen scheinbar Eliteschulen und Elitehochschulen. So darf es auch nicht verwundern, dass Roman Herzog in der Wirtschaftswoche das Ergebnis der Pisa-Studie in ihr Gegenteil verkehrt indem ehr festhält, dass für die Förderung der Minderbegabten in Deutschland soviel Geld ausgegeben wird, das für die Hochbegabten nichts mehr übrig bleibt.[5] Nicht nur das diese Feststellung, dass für Minderbegabten überdurchschnittlich viel Geld ausgegeben wird, keiner Prüfung standhält, auch der Ruck der durch Deutschland gehen muss scheint angesichts diese Vergleiches in die falsche Richtung zu führen. Hierbei sind die Motivationen zu hinterfragen, die hinter einer solchen Umdeutung auf breiter Font (z.B. durch populäre Politik-Talkrunden wie z.B. Sabine Christiansen) statt finden.

Dieses sind nur einige der Fragen die sich mir gestellt haben, als ich im Sommer 2004 begann mich zum Thema >Zukunft der Bildung an deutschen Hochschulen< ein zu arbeiten. Bei meinen Vorarbeiten zu diesem Text bin ich bis zu den Klassikern der Elitetheorie zurückgegangen. In dieser (etwas längeren) Einleitung soll nicht nur meine persönliche Motivation zur bearbeitend diese Themas dargestellt werden, sondern im Besondern die enge Verbindung der frühen Elitetheorien mit Vorstellungen die sich heute wieder durch zu setzen scheinen. Am Anfang der Arbeit zu diesem Themengebiet steht also die Frage, in wieweit sich den Klassikern der Elitetheorie für die heutigen Vorstellungen von einer Sozialordnung bedient wird. Daran schließt sich die Frage an, auf welche Weiße die Inhalte vermittelt werden, da besonders durch die deutsche Geschichte das Thema nicht unbefangen Aufgegriffen werden kann. Dieses waren die beiden Kernfragen, die ich in meinem Vortrag für NEGRI (Netzwerk kritischer Wissenschaften) an den Anfang meiner Ausführungen gestellt habe. In dieser Arbeit soll das Augenmerk jedoch stärker auf die Klassiker der Elitetheorie gerichtet werden.

Einleitung zu dieser Arbeit

„Traveling across the world from the North Pole to the South Pole”- wrote Kurt Tucholsky-“ You will find that everything take place among two hundred people.”[6]

Alle grundlegenden Bücher über die Elitenthematik wurden innerhalb von nur rund 20 Jahren veröffentlicht. Den Anfang machte Le Bons Psychologie der Massen (1895) und der letzte große Klassiker ist mit Paretos Schaffen zu verorten (1916). Hier zwischen Liegen die Werke von Mosca (1896) und Michels (1911). Diese vier Theoretiker werden in der Literatur als die Klassiker der Elitentheorie herangezogen und um sie soll es sich auch in dieser Arbeit handeln.

Diese Arbeit wird in ihrer Struktur den Erscheinungsjahren der Klassiker folgen. Nach einem allgemeinen Einführenden Teil werden die Autoren (Le Bon, Mosca, Pareto) in den Teilen drei bis vier behandelt werden. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen die Ideen Moscas und Paretos.

Von den Eingangs genannten Autoren möchte ich Robert Michels in dieser Arbeit ausklammern, da er sich 1922 der faschistischen Partei Italiens anschloss und daher viele seinen Arbeiten unter klares politisches Vorzeichen standen. Dieses würde die Frage nach der geistigen Kontinuität im Elitedenken in eine falsche Richtung lenken. Es soll nicht darum gegen einer Begrifflichkeit einen Stempel auf zu drücken und sie auf einen einzigen politischen Kontext zu verkürzen in dem sie gebraucht wurde, um zu dem Schluss zu gelangen, dass dieser Begriff unpassend ist und nicht mehr verwendet werden sollte. Vielmehr möchte ich die Wurzeln des Elitebegriffs darstellen. Denn wenn in öffentlichen Diskursen gefordert wird, der Begriff der Elite müsse enttabuisiert werden, damit er wieder das beschreiben kann was er meint, möchte ich keine Arbeit über die Gründe seiner Tabuisierung schreiben. Das Augenmerk soll an dieser Stelle vielmehr auf die Frage gerichtet werden, was meint der Begriff der Elite eigentlich.

Mir ist bewusst, dass diese Arbeit nicht den üblichen Standard einer wissenschaftlichen Arbeit entspricht. Dieses ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass der Inhalt dieser Arbeit aus einem längerem mündlichen Vortrag entstanden ist und die Entscheidung über eine Ausarbeitung deutlich später fiel. Daher entfallen die heute üblichen Fußnoten an vielen Stellen und werden durch den Verweiß auf die verwendete Basisliteratur am Ende dieser Arbeit ersetzt.

[...]


[1] Adam Smith: Der Wohlstand der Nationen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003. 10. Auflage. S. 18.

[2] Torsten Bultmann: Vortrag auf der Tagung des Projektes Konservatismusforschung e.V. »( R ) Echte Eliten« 3.Juli 2004 in Marburg.

[3] Ebenda.

[4] Vgl. Viktoria Kaina: Deutschlands Eliten – Kontinuität und Wandel, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 10/2004.

[5] Vgl. Torsten Bultmann: Vortrag auf der Tagung des Projektes Konservatismusforschung e.V. »( R ) Echte Eliten« 3.Juli 2004 in Marburg.

[6] Istvan Deak: Weimar germany´s left-wing intellectuals, A Political History of the Weltbühne and Its Circale, Berkeley / Los Angeles, 1968, S 13.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Klassiker der Elitentheorie und ihre Bedeutung für die aktuelle Diskussion über die Zukunft der deutschen Hochschulen
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Institut für Politische Wissenschaft)
Note
1.0
Autor
Jahr
2007
Seiten
30
Katalognummer
V83728
ISBN (eBook)
9783638000888
Dateigröße
419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Klassiker, Elitentheorie, Bedeutung, Diskussion, Zukunft, Hochschulen
Arbeit zitieren
Ulrich Hamenstädt (Autor:in), 2007, Klassiker der Elitentheorie und ihre Bedeutung für die aktuelle Diskussion über die Zukunft der deutschen Hochschulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83728

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