Zum Stellenwert des Journalismus im Internet

Eine empirische Untersuchung zur Nutzung journalistischer Onlineprodukte


Magisterarbeit, 2003

119 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Internet als Massenmedium
2.1 Geschichte und Struktur
2.2 Das World Wide Web (WWW)
2.2.1 Kommunikative Level
2.2.2 Anwendungen im Web
2.3 Verbreitung
2.4 Zusammenfassung

3 Presse und Rundfunk im Netz
3.1 Online-Medien
3.1.1 Funktionen
3.1.2 Innovationen
3.1.3 Kompetenzen
3.2 Präsenz
3.2.1 Entwicklung
3.2.2 Zukunftsvisionen

4 Vertrauen in Online-Medien
4.1 Theorie des Vertrauens
4.2 Vertrauen in Journalismus
4.2.1 Konstrukt
4.2.2 Typen von Vertrauen
4.2.3 Konstruktvalidität
4.3 Vertrauen innerhalb des WWW

5 Ableitung des Untersuchungsdesigns
5.1 Theoretische Ergebnisse
5.2 Stand der Forschung
5.3 Fragestellung und Forschungshypothesen
5.4 Forschungsdesign

6 Methode
6.1 Stichprobe
6.2 Durchführung
6.3 Operationalisierung
6.4 Probleme des Messinstruments

7 Ergebnisse

8 Diskussion der Ergebnisse

9 Resümee und Ausblick

10 Literatur

11 Internetliste
11.1 Literatur
11.2 Online-Medien
11.3 Statistische Daten
11.4 Studien

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Klassische Medien im Konkurrenzfeld der

Anbieter im Internet von Wirth (2000)

Abbildung 2: Altersverteilung der Stichprobe

Abbildung 3: Zusammenhang Nachrichtenthemen und Online-Mediennutzung

Abbildung 4: Nutzung von Anwendungen innerhalb der Online-Medien

Abbildung 5: Habitualisierte Internetnutzung

Abbildung 6 : Veränderung der Nutzungszeit klassischer Medien seit Eintritt ins Internet

Abbildung 7: Vertrauen in Online-Medien

Abbildung 8: Vertrauen in die Chat- Kommunikation

Abbildung 9: Vertrauen in kommerzielle Onlineanbieter

Abbildung 10: Vertrauen von Nichtnutzern in Online-Medien

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Computervermittelte Kommunikationsformen (in Anlehnung an Höflich, 1999).

Tabelle 2: Onlinenutzung in Deutschland (ARD/ZDF-Onlinestudie 2003).

Tabelle 3: Vertrauen in journalistische Onlinekommunikation

Tabelle 4: Nutzungszeit des Internet

Tabelle 5: Zusammenhang von Informationssuche und Online-Mediennutzung

Tabelle 6: Chi- Quadrat-Unabhängigkeitstest

Tabelle 7: Übereinstimmung genutzter Online-Medien mit der Nutzung eines herkömmlichen Pendants

1 Einleitung

„Ich leb online mit t-online“

Durchaus mehr als nur ein aktueller Werbeslogan, mit dem der kommerzielle Onlineanbieter Kunden wirbt. Ein Ausdruck der Notwendigkeit, nämlich der, des „Onlineseins“, verbirgt sich hinter diesem Kommunikat. Ein Leben jenseits von Bits und Bytes scheint geradezu unmöglich zu werden. Im Alltag wird man ununterbrochen auf diesen Bedarf hingewiesen. Es gibt kaum noch ein vertrautes Produkt, dem die Referenz einer Internetadresse fehlt. Und tatsächlich liegt der Glaube nahe, eine Existenz ohne PC und Internetanschluss, ohne E-Commerce und Onlinebanking, sowie ohne das dort gelagerte Wissen wird es künftig nicht mehr geben. Eine Vision, die sich in der Schlagzeile von n-tv – online wie folgt niederschlägt: „Internet lebensnotwendig: Ohne Online geht es nicht.“[1]

Mit dem Internet ist eine innovative Technologie geboren, die mit Themen zu allen Lebensbereichen und Informationen jeglicher Art aufwarten kann, ein gigantischer Wissensspeicher, bestehend aus einer kolossalen Masse von Angeboten. Mit der Gewissheit, dass sich irgendwo im Datendschungel die benötigten Informationen verbergen, steht der Nutzer diesem meist hilflos gegenüber. Als Orientierungshilfen dargebotene Suchmaschinen verstärken diesen Zustand häufig nur, in dem sie den Nutzer mit Suchergebnissen überhäufen. Welche Angebote dabei Relevanz besitzen und in wie fern die präsentierten Informationen korrekt sind, muss nach eigenem Ermessen entschieden werden.

Zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit ist, zu untersuchen, welchen Beitrag der Journalismus an dieser Stelle leisten kann. Innerhalb der Gesellschaft übernimmt er, als förderndes Instrument von Demokratie und Öffentlichkeit, eine bedeutende Aufgabe. Eine Funktionserfüllung, die in Zeiten, da Menschen der Zugang zu alternativen Informationsquellen gegeben ist, durchaus nicht als selbstverständlich zu erachten ist. Öffentliche Kommunikation kommt nur dann zu Stande, wenn auch eine kritische Masse daran teilnimmt. Daher soll ein erster Fokus dem Internet an sich gelten. In Kapitel 2 wird aus historischer Sicht geprüft, inwiefern die Technik einer solchen Bestimmung dienlich ist. Eine Bestandsaufnahme bestehender Kommunikationsformen und deren Verwendungen liefert hierfür die Grundlage. Nach diesem Exkurs werden die Rahmenbedingungen erörtert, welche für öffentliche Kommunikation im Internet unabdingbar sind. Schließlich münden die angeführten Analysen in dem Versuch, das Internet als ein Medium der Masse zu bestimmen, wie es einige Autoren bereits postulieren (vgl. Sandbothe 1998, Eimeren et al. 2003: 339, Morris/Ogan 1996:45[2]).

Kapitel 3 widmet sich eingangs den journalistischen Aufgaben und deren Relevanz für das Funktionieren moderner Gesellschaften, wie der unsrigen. Der heutige Mensch ist dabei einer Komplexität ausgesetzt, die das Internet noch zusätzlich forciert. Durch die innovative Technik werden dem Journalismus gegenwärtig Leistungen abverlangt, die bis dato auf dem traditionellen Markt nicht bestanden. Daraus resultieren erweiterte Anforderungen an das journalistische Arbeiten, welche es zu beschreiben gilt. Anschließend richtet sich das Interesse auf derzeit bestehende journalistische Angebotsstrukturen im Onlinebereich. Es wird untersucht, inwiefern professionalisierte Formen vorherrschen, um eine breite Öffentlichkeit gewinnen zu können.

Ob Vertrauen einen Anreiz zur Nutzung der journalistischen Produkte im Internet darstellt, wird in Kapitel 4 zu klären versucht. Um in der komplexen Umwelt bestehen zu können, ist der Nutzer bei der Informationsbeschaffung auf Hilfe angewiesen. Diese existiert online in Form journalistischer Angebote, sowie durch konkurrierende Anbieter. Fraglich ist, inwiefern sich bestehendes Vertrauen in herkömmliche, sogenannte traditionelle Medien auf die elektronischen Pendants übertragen lässt. Zur Überprüfung wird die journalistische Vertrauenstheorie von Kohring (vgl. 2001, 2002, 2003) zu Rate gezogen.

Der zweite Teil der Arbeit widmet sich einer von der Autorin durchgeführten empirischen Untersuchung zur Mediennutzung. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Zuwendung zu Online-Medien gerichtet. Dabei werden die im Theorieteil vorgestellten Angebotsstrukturen auf Ihre Nutzungsnachfrage hin untersucht. Ziel ist es, die Zuwendung zu journalistischen Produkten zu belegen, da nur durch genügende Teilnahme das Gelingen öffentlicher Kommunikation möglich ist. Einzig das Vorhandensein der technischen Gegebenheiten kann als Beleg für die ausreichende Verwendung derselben nicht herhalten. Dazu werden in Kapitel 5 nochmals die bedeutsamsten theoretischen Aspekte zusammengetragen. Im Hinblick auf den derzeitigen Stand der Wissenschaft werden anschließend aus den vorliegenden Erkenntnissen Forschungsfragen formuliert und folgernde Hypothesen abgeleitet. Darauf aufbauend wird Kapitel 6 Aufschluss über die methodische Vorgehensweise der Untersuchung liefern. Neben der Beschreibung des Messinstruments und der Stichprobe, wird an angeführter Stelle die Operationalisierung vorgestellt, die zur Beurteilung der Hypothesen herangezogen wird. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt in Kapitel 7, wonach aufgrund der gewonnen Daten die Hypothesenprüfung erfolgt, welche in Kapitel 8 hinsichtlich ihrer Bedeutungen gewichtet werden. In einer ausführlicheren Diskussion wird beleuchtet, was die erlangten Ergebnisse über die Mediensituation in Deutschland auszusagen vermögen.

Eine Zusammenfassung der Arbeit, einhergehend mit einem resümierenden Blick in die Zukunft, liefert letztlich Kapitel 9. Hier wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit geklärt, welche Aufgaben der Online-Journalismus für die Gesellschaft zu leisten im Stande ist.

2 Das Internet als Massenmedium

Begegnet man in alltäglichen Gesprächen dem Wort Internet, so hat jeder eigene Vorstellungen und Gedanken, dieses Medium betreffend. Der Eine versteht darunter die Verwendung seines E-Mail-Programms, ein Nächster denkt an die Homepage der Firma, ein Anderer besinnt sich auf die nette Chat- Unterhaltung vom Vortag. Dies kann in Anbetracht vielfältiger Produkte und Anwendungen, die im Internet bereitgestellt werden, kaum verwundern. Vor allem die bedienerfreundliche Software ermöglicht den meisten Internetnutzern den Umgang mit im Netz[3] befindlichen Inhalten.

Doch wie konnte sich das technische Geflecht, bestehend aus der Verbindung unzähliger Rechner, Daten und Befehle, in einem so außerordentlichen Tempo im Alltag durchsetzen? Denn auch wenn die Nutzerzahlen die Sättigungsgrenze noch nicht erreicht haben, geht die Anzahl derer, die keine Vorstellungen bezüglich des Internets haben, deutlich zurück.

2.1 Geschichte und Struktur

Wendet man sich der Entstehungsgeschichte des recht jungen Mediums zu, lässt sich feststellen, dass dieses Gebilde nicht als Leistung einzelner Menschen zu verstehen ist. Eine Vielzahl von Wissenschaftlern, Technikern, aber auch Erfindern, Tüftlern und Computerfreaks haben von unterschiedlichen Orten der Welt aus ihren Anteil zur rasanten Entwicklung beigetragen (vgl. Hafner, Lyons 1996). Entstanden ist ein Kommunikationsnetz, an dem sich jeder, unabhängig von Ort und Zeit beteiligen kann, vorausgesetzt er ist im Besitz einer entsprechenden technischen Ausrüstung.

Während der verschiedenen Entwicklungsetappen haben sich Interessengruppen ausdifferenziert, die jeweils versuchten bzw. versuchen das Netz nach Ihren Vorstellungen zu gestalten. Die ersten Grundsteine wurden durch die Technikforschung im Auftrag des US- Militärs gelegt (a). Später erhofften sich „Technofreaks“ durch die Gründung von Foren[4], ihrer Idee einer freien und grenzenlosen Kommunikation zwischen allen Menschen Ausdruck zu verleihen, fernab störender Einflüsse der Massenmedien (b). Und schließlich wurde das Internet von kommerziellen Anbietern als Markt entdeckt, für Distribution und grenzüberschreitende Zirkulation von Personen, Waren und Dienstleistungen in Echtzeit (c).

a) Während des zweiten Weltkrieges gründete die US-Regierung das OSRD (Office of Scientific Research and Developement), eine Institution, welche als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Regierung, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse direkt an die Regierung übermitteln sollte. Die Wissenschaftler des OSRD galten gegenüber dem Militär als unabhängig, arbeiteten aber trotzdem in Bezug auf Fragen der Kriegsführung mit dem Verteidigungsministerium zusammen. Nach Kriegsende war klar, dass Wissenschaft und Technologie für die Regierungstätigkeit auch künftig von enormer Bedeutung sein würden. Es begannen politische Diskussionen, Mittel für die wissenschaftliche Grundlagenforschung an die Universitäten fließen zu lassen, um so die Unabhängigkeit der Wissenschaft zu gewährleisten. Erst Ende der 50er wurde innerhalb des Verteidigungsministeriums der USA eine entsprechende Stelle geschaffen, deren Aufgabe darin bestand, diese Art der Erforschung zu finanzieren. ARPA (Advanced Research Project Agency) wurde im Gesetz No. 85-325 des Öffentlichen Rechts der USA vom 12.2.1958 als zivile Einrichtung fixiert, um Eigenständigkeit gegenüber den unterschiedlichen Interessengruppen zu garantieren (Hauben 2001: 35).

Die Gründungsentscheidung steht in engem Zusammenhang mit den Auswirkungen des kalten Krieges. So führten die Weltraumaktivitäten der Sowjetunion[5] Ende der 50er zu einer erhöhten Gefahrenwahrnehmung auf westlicher Seite. Durch wissenschaftliche Forschungen sollte der technologische und militärische Vorsprung der UdSSR aufgehalten und die defensive Stärke der USA aufrechterhalten werden.

Der Computerwissenschaftler McCarthy befasste sich mit einer neuen Computerarchitektur, die mehreren Leuten gleichzeitig die direkte Interaktion mit dem Computer erlaubte (Hauben 2001: 38). Die Computer und Rechenzentren des amerikanischen Militärs konnten mittels einfacher Netzknoten miteinander verbunden werden. Problematisch gestaltete sich jedoch die Anfälligkeit der Verbindungen, denn wenn einer der Netzknoten ausfiel, brach das gesamte Netz zusammen. Eine Schwachstelle die es Feinden erlauben würde, durch gezielte Beschädigungen bestimmter Stellen des Netzwerks, die Kommunikation für geraume Zeit außer Kraft zu setzen. Des weiteren wurde für jedes dieser Netzwerke eine Kontroll- und Kommandozentrale benötigt, die im Falle eines Angriffs mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ziel erster Ordnung gegolten hätte. Da der Kommunikationsverlust, insbesondere während eines Krieges, zu unvorstellbaren Auswirkungen führen würde, war das Militär bestrebt, eine neue Form der Computerkommunikation entwickeln zu lassen.

In den 60ern richteten die Wissenschaftler ihr Interesse auf die Gesetze der Kommunikation von Maschinen. Mit Hilfe von Shannon[6] wurde ein Set gemeinsamer Regeln erforscht, deren Geltung auf die Signalverarbeitung von Mensch und Maschine zutraf. Ziel war die Entwicklung eines Netzwerkes aus Computern, welches es ermöglichte von einem der angeschlossenen Rechner auf einen entfernten zuzugreifen, ohne spezielle Kenntnisse bezüglich der verbundenen Datenbank. Aus medienhistorischer Sicht ist interessant, dass der Computer, bis dato eine reine Rechenmaschine, in ein Kommunikationsmedium umgewandelt wurde (vgl. Münker 2002: 14).

Die Forschung wurde von einer der ARPA untergeordneten Stelle übernommen, dem Information Processing Techniques Office (IPTO), die eine Reihe neuer Konzepte und Systeme ermöglichte. Paketvermittelte Netzwerke wurden nicht nur im nordamerikanischen Raum, sondern auch in weiteren westlichen Ländern aufgebaut. Problematisch gestaltete sich zunächst der Zusammenschluss unterschiedlicher Computersysteme. ARPA/ ITPO arbeitete von 1979 - 1985 am Design des ARPANET. Grundbestandteil der Entwicklung waren die Protokolle TCP/IP[7], die das Übermitteln von Informationen über verschiedene Systeme ermöglichen und so weltweite Standards schafften. Sie dienen als Grundlage einer offenen Architektur. Mit dem Aufbau des ARPANET 1969 begann die eigentliche Vernetzung von räumlich weitgetrennten Computern.

Das ARPANET Experiment wurde 1978 offiziell beendet, allerdings erst 1990 endgültig abgeschaltet. Die technischen Fundamente für die Entwicklung des Internets wie wir es heute kennen und nutzen, wurden in genannter Zeit erstellt.

Im Anschluss breiteten sich sowohl private Netze wie FidoNet, aber auch kommerzielle wie Compuserve oder AOL aus[8]. Seit Compuserve 1989 seinen Gateway[9] ins Internet schaltete, war die Idee autonomer alternativer Netze de facto verabschiedet. Seit Ende der 80er umspannt das Internet schließlich den Globus.

b) Nachdem die technischen Voraussetzungen für die Nutzung des neuen Mediums existent waren, wurde das Internet als internationale Kommunikationsplattform der universitären Forschung überlassen und zu diesen Zwecken weiterentwickelt.

Technikversierte Computerfreaks entdeckten das Netzwerk für ihre Interessen. Es galt als die Plattform zur Durchsetzung neuer politischer Ideen. Die Utopie einer grenzübergreifenden Kommunikation, die jedem Menschen den Weg zu jeder Information ebnet, wurde belebt. Dem Selbstverständnis der Szene entsprechend, war solch eine Forderung allein durch die freie Distribution von Informationen erfüllt. Die Weitergabe von Wissen an Fragende erfolgte in dieser Phase generell kostenlos (vgl. Hinner 1998: 14).

„Hacker“, „Technofreaks“ oder „Hippies“ der 70er gründeten innerhalb der universitären Netze Foren, um miteinander zu kommunizieren und so dem censorship der Massenmedien zu entgehen (vgl. Münker 2002: 22). Die Ideale, welche dem Anarchismus[10] zu Grunde liegen, sind dem Internet durch seine Dezentralität und fehlende Kontrolleinrichtungen geradezu technisch implementiert. Virtuelle Gemeinschaften sollten als Zauberformel dienen, „[...] um den ins Stocken geratenen Kommunikationsprozess erneut und in einer noch nie da gewesenen sozioemotionalen Intensität wieder in Gang zu bringen [...]“ (Höflich/ Gebhardt 2002: 303).

Trotz des ideologischen Potentials sollte die künftige Entwicklung einen, den normativen Regeln des gesellschaftlichen Umfeldes angepassteren Weg einschlagen. Während Hacker und Pioniere noch von der Anarchie der Netze träumten, begann Mitte der 90er die Suche nach Verfahren und Regelungen, den Wildwuchs der Netze zu bremsen und strukturelle Ordnung im Netz zu schaffen.

c) Die Ära des E- Commerce ist eingeleitet. Mit der Verschmelzung von Computertechnologie und Unterhaltungselektronik geht die Verdrängung des Erfinder- und Bastlermilieus zu Gunsten großer Computer- und Softwarefirmen wie bspw. Microsoft einher. Das Internet dient dabei als globaler Marktplatz mit neuen Vertriebsformen und Absatzmärkten. Rasant entwickelt sich der Kampf um den Besitz und Zugang zu Daten, um die Auffahrten und Portale, die Browser und die weltweite Durchsetzung von Standards der Kommunikation.

Damit ein Überblick in den Weiten der Daten gewährleisten werden kann, helfen Navigationssysteme und Suchmaschinen den Weg zu den Informations- und Wissensspeichern zu ebnen. Der ungehinderten Zugang zu Daten wird, durch die Einführung von Firewalls, Mautstellen, elektronische Zäune und Passwörter verhindert.

„Der einst erhoffte freie Fluss von Informationen wird mehr und mehr kanalisiert und überlagert durch die Verwandlung der Information in eine Ware. Übrig bleibt der freie Fluss des Geldes.“ (Maresch 2001: 12)

Doch so wenig sich die Utopien der frühen Anfänge nach Netzgemeinschaften umsetzen ließen, ebenso wenig wird sich das Internet vollständig durch politische, soziale oder ökonomische Aspekte integrieren und kontrollieren lassen.

2.2 Das World Wide Web (WWW)

Die Summe unabhängiger Netzwerke ergeben ein gigantisches Computernetzwerk, das in seiner Gesamtheit als Internet bezeichnet wird. Es trägt deshalb auch den Namen das „Netz der Netze“. Dabei dient das Internet nur als technische Infrastruktur, und bietet somit die Grundlage für zahlreiche Anwendungen.

Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet es zumeist die Nutzung des WWW. Auch unter der Bezeichnung Web bekannt, hat sich die Benutzerplattform unter den vielfältigen Diensten, die das Internet bereitstellt, als prominenteste Anwendung erwiesen und ist zum Synonym für das Netz emporgestiegen (vgl. Wirth/ Schweiger 1999b: 43).

Sein heutiges Gesicht erhielt das WWW 1989 von Tim Berner-Lee, der als Wissenschaftler am europäischen Forschungszentrum CERN in Genf die Entwicklung leitete. Während zuvor nur die Verbindung zu einem entfernten Rechner denkbar war, ist mit dem Web die Möglichkeit gegeben, zwischen den Informationsquellen in der Welt hin und her zu schalten. Das Design des Hypertextes ermöglicht ein problemloses Navigieren zwischen und innerhalb der Dokumente. Der Browser, ein auf dem Rechner befindliches, ständig zugriffsbereites Programm bedient Nutzeranfragen über WWW Server. Als technische Grundlage der Übertragung dient die standardisierte HTML (HyperText Markup Language) Sprache, die durch das HTTP (HyperText Transfer Protocol) übermittelt wird. HTTP konfiguriert Browser derart, dass multimediale Elemente wie Bild und Ton erfasst und zur weiteren Bearbeitung zugeordnet werden können. Dies fördert die zunehmende technische und inhaltliche Konvergenz verschiedener Medien wie Fernsehen, Radio und Telefon mit dem Computer.

Durch den Aufruf eines Browsers über seinen Uniform Resource Locator (URL), seine Adresse im WWW, wird eine Verbindung zu einem Server des eigenen Providers[11] hergestellt. Die Verweise werden (Hyper-)Links genannt und bilden die Grundlage für die weltweite Vernetzung im Internet befindlicher Informationen. Damit gilt das WWW als weltumspannendes Textsystem, mit Verweisen zwischen Rechnern in allen Erdteilen und in Dokumenten jeglicher Art.

Für den Nutzer brachte das Web erhebliche Vorteile, und man kann die rasante Verbreitung des Mediums vor allem auf dessen Etablierung in der Gesellschaft zurückführen. Technisches Wissen vermag bei der Benutzung fast vollständig außer Acht gelassen zu werden, denn die anwenderfreundliche und einfache Bedienung des WWW verabschiedet die Schwierigkeiten im Umgang mit dem Internet. Mittels einer Computermaus wird die graphische Benutzeroberfläche problemlos angesteuert. Durch multimediale Elemente wird die reine Textform aufgebrochen und durch Bilder, Töne und Symbole bereichert. Innerhalb einer Website bewegt sich der Nutzer durch Querverweise frei im Text, er muss demnach keiner vorgegebenen Chronologie folgen, wie beispielsweise während der Rezeption von Rundfunkprodukten.

Die Vorteile des WWW haben nicht nur die Öffnung des Netzes für eine große Anzahl von Privatpersonen zur Folge, sondern auch eine zunehmende Kommerzialisierung des Mediums. Neben Webpräsentationen von Privatpersonen sind mittlerweile ein Großteil der in Deutschland befindlichen Unternehmen, Vereine, Verbände, Organisationen usw. im Web vertreten. So schnell wie die Verbreitung erfolgt, werden auch die unterschiedlichen Nutzungsformen entdeckt. Sie reichen heute von Bankgeschäften via Online, über den Vertrieb und die Bewerbung von Waren bis hin zur professionalisierten Distribution von Informationen. Dabei gehen alle Anwendungen, welche das Internet bereitstellt als Teilfunktionen im WWW auf. Damit sind die Kriterien Integration und Komfort für diese Benutzeroberfläche bestens erfüllt.

Doch die technische Erfindung allein kann keine Aussagen über dessen Nutzung und Verwendung geben. Genau genommen kann die technische Grundlage des Webs im Hinblick auf seine sozialen Auswirkungen völlig abstrahiert werden.

„Techniken bedürfen der Vergesellschaftung und werden erst dann zum publizistischen Medium, wenn sie über die Funktion eines technischen Vermittlungssystems hinaus in einem spezifischen institutionalisierten Handlungskontext eingebunden sind.“ (Nerverla 1998: 29f.)

Bedeutung erlangen allein die Computerprogramme, die über das technische Medium eine Funktion bereitstellen, denn nur die Funktionalität der Software ermöglicht die Bildung von Handlungsmustern und sozialen Strukturen (vgl. Hinner 1998: 3). Das Medium Web darf also nicht als technisches, sondern muss als ein soziales Artefakt gewertet werden, dessen Gebrauchsweisen aus der technischen Vernetzung ein Kommunikationsmedium begründen (vgl. Höflich 1997: 86).

2.2.1 Kommunikative Level

Nachdem die technologischen Grundlagen eine öffentliche Nutzung des Internet ermöglichen, kann sich auch die moderne Kommunikationswissenschaft der Problematik der CMC (Computer Mediated Communication) nicht länger entziehen. Während die Wissenschaftler zu Beginn dem Medium verhalten gegenüber standen, wird durch die wachsende Verbreitung die Beschäftigung mit dem WWW unerlässlich. Dabei handelt es sich bei CMC um eine neue Art des Zusammenwachsens von Individual- und Massenkommunikation, so dass die Theorien und Methoden der herkömmlichen Massenkommunikationsforschung nur bedingt greifen. Erste Probleme treten bereits bei der Bestimmung auf, ob CMC als öffentliche Kommunikation zu werten ist, denn diese bildet schließlich den Gegenstand der Kommunikations- und Medienwissenschaft.

Roland Burkart versteht als Hauptaufgabe der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft die Beschäftigung mit der „massenmedial vermittelten“ und damit „öffentlichen Kommunikation“, aber auch mit relevanten Aspekten der Individualkommunikation (Burkart 1998: 17ff.). Folgt man solch einer Rollenzuschreibung, gilt computervermittelte Kommunikation eindeutig als ein Forschungsobjekt der Kommunikationsforschung, denn das Web bietet eine ganze Reihe von Seiten, die für Jedermann zugänglich sind. Neben der frei verfügbaren Distribution von Inhalten stehen Anwendungen, welche der Individualkommunikation zuzurechnen sind. Bleibt die Frage wie sich Interpersonale- und Massenkommunikation innerhalb des Forschungsfeldes vereinen lassen, und welche Rolle sie für Netzanwendungen spielen.

Tabelle 1: Computervermittelte Kommunikationsformen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: vgl. Höflich 1999: 90)

In Tabelle 1 sind die verschiedenen Formen der im Web befindlichen Kommunikationsformen aufgezeichnet. Sie lassen sich in drei verschiedene Level unterteilen. Die one to one Kommunikation (1) ist im Web vor allem durch die E- Mail vertreten. Zumeist zwei Individuen nehmen gegenseitig Bezug aufeinander. Diese Individualkommunikation findet privat statt und lässt die Öffentlichkeit außen vor. Hingegen kommt die one to many Kommunikation (2) den klassischen Massenmedien am nächsten. Die Hauptanwendungen sind diverse Webpräsentationen, welche allen Nutzern zugänglich sind. An vorliegender Stelle sind die im Netz befindlichen Produkte aufzuführen, die dem journalistischen System zuzuordnen sind und denen in der vorliegenden Arbeit das Hauptaugenmerk gilt. Schließlich findet man im WWW eine Form der CMC (3), geprägt durch gegenseitige Bezugnahme, wie sie bis dato auf dem massenmedialen Markt Utopie war. Eine Kommunikationsform, wie sie schon Brecht in seiner Radiotheorie (1967) und auch Enzensberger mit dem „Baukasten zu einer Theorie der Medien“ (1970) einforderten. Die Verständigungsform many to many ist der höchste Grad an möglicher Kommunikation. Sie erfolgt öffentlich und ist auf Beteiligung angewiesen. Die prominenteste Umsetzung im Netz sind Diskussionsforen, in denen jeder Beiträge formulieren kann. Die Praxis hingegen zeigt, dass ein Großteil der Nutzer sich eher passiv an dieser Form der Kommunikation beteiligt. Weiterhin ist zu bezweifeln, dass gerade jener Teil der CMC auch im Stande ist Öffentlichkeit zu erzeugen, denn:

„Der Grundirrtum des Mythos besteht darin zu glauben, daß Öffentlichkeit ein technisches Problem darstellt, das sich mit einem geeigneten technischen Instrumentarium lösen läßt.“ (Roesler 1997: 191)

Technische Möglichkeiten sind das Eine, für die Wissenschaft bleibt einzig und allein interessant, wie sich die Kommunikationsmöglichkeiten künftig etablieren, d.h. welche Nutzungsmuster sich herausbilden (vgl. Kapitel 2.2). Erste Beobachtungen lassen erkennen, dass die verschiedenen Level vom Nutzer nebeneinander genutzt werden, z.B. in Form von öffentlicher Kommunikation mit anschließender Individualkommunikation. So bleibt resümierend festzuhalten, dass CMC weder eindeutig als öffentliche noch als private Kommunikation eingeordnet werden kann.

Wenden wir uns einer weiteren bedeutenden Problematik der Kommunikationswissenschaft zu, dem nicht ganz unumstrittenen Terminus der Massenkommunikation.

Massen als solche können nicht kommunizieren und auch die Kommunikation mit einer Masse ist nicht gegeben (vgl. Höflich 1997: 87). Dennoch wird der Begriff auch heute noch als zentrales Konzept geführt. Die wohl populärste Definition formulierte Maletzke 1963, sie hat trotz kommunikationstechnologischer Neuerungen noch immer Bestand.

Unter Massenkommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medien) indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmendem) an ein disperses Publikum (im soeben erläuterten Sinne) vermittelt werden.“

(Maletzke 1963: 32)

Wendet man diese Kriterien auf das Web in seiner Gesamtheit an, ist es schwierig von einem Massenmedium zu reden. Deshalb ist es unumgänglich, die einzelnen Anwendungen des WWW in Bezug auf ihre massenmediale Aufbereitung zu untersuchen. Während die technische Verbreitung und die indirekte Übermittlung problemlos auf die CMC angewendet werden kann, tun sich insbesondere bei den zentralen Kriterien „öffentlich“ und „dispers“ Probleme auf.

„Öffentlich“ meint dabei den potentiellen Zugang zu den Medieninhalten, welche auf der WWW- Benutzeroberfläche in Form von unzähligen Homepages gewahrt werden (vgl. dieses Kapitel, oben). Die Informationen, die dem Nutzer dort zur Verfügung stehen sind prinzipiell frei (manche gegen eine Benutzungsgebühr) erhältlich - also öffentlich. Demgegenüber stehen Anwendungen, die ausschließlich dem persönlichen Datenaustausch dienen und nur einer begrenzten Anzahl von Nutzern zugänglich sind (vgl. Kapitel 2.2.2).

Disperse Publika sind nach Maletzke keine festen Sozialgebilde, sie sind in ihrer Größe unbestimmt und einzig durch die Zuwendung zu medial vermittelten Inhalten verbunden. Betrachtet man die traditionellen Massenmedien in Bezug auf das Kriterium dispers, ist festzustellen, dass es in unmodifizierter Form kaum mehr vertretbar ist (vgl. Höflich 1997: 88). So widmen Spartensender in TV und Radio ihr Interesse bestimmten Zielpublika und auch Printmedien bieten Zeitschriften und Zeitungen für Interessengruppen an (vgl. Weischenberg 1998: 52). Was nicht bedeuten soll, dass innerhalb des Webs entsprechende Angebote fehlen, die auf ein disperses Nutzerklientel abzielen. So sind Onlinependants von bspw. Tageszeitungen wie das Original auf kein bestimmtes Publikum zugeschnitten. Einige Seiten solcher Internetpräsentationen dürften dennoch nur von einem begrenzten Nutzerkreis abgefragt werden.

Die Eigenschaft der Einseitigkeit, wie in der Begriffsbestimmung von Maletzke angeführt, kann insofern als hinfällig gelten, da zum Zeitpunkt der Definitionsbestimmung an eine Bi- bzw. Multidirektionale Übermittlung von Informationen noch nicht zu denken war (vgl. Weinreich 1997: 23). In neueren Begriffsbestimmungen muss dazu übergegangen werden technische Innovationen zu integrieren.

Resümierend hält die Autorin fest, dass für den öffentlichen Teil des WWW, für den keine Restriktionen der Nutzerkreise stattfinden, nichts gegen eine Einordnung als Medium der Massenkommunikation spricht.

2.2.2 Anwendungen im Web

Einen erheblichen Einfluss auf die Einteilung des Forschungsgegenstands WWW innerhalb der Kommunikationswissenschaft üben die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten aus. Wie in den vorangegangenen Ausführungen bereits verdeutlicht, (vgl. Kapitel 2.2.1) sind verschiedene Kommunikationsmodi möglich. Im Weiteren soll auf die wichtigsten Verwendungsformen näher eingegangen werden, denn untersucht man die inhaltliche Vermittlung, reicht die technische Struktur des Internet nicht aus (vgl. Kapitel 2.2). Die im folgenden skizzierten Angebote sind im gesamten Internet zu finden[12], werden an dieser Stelle jedoch bezogen auf das Web dargestellt. Einige Besonderheiten lassen eine Differenzierung gegenüber Anwendungen im gesamten Netz sinnvoll erscheinen.

Zum einen leisten viele Betreiber umfassende Webpräsentationen, die verschiedene Dienste integrieren. (Durch eine zunehmende Konkurrenz wird sich daran auch in Zukunft nichts ändern.) Als ein weiterer, nicht unerheblicher Grund sind kognitive Fähigkeiten der Nutzer zu benennen. Die Handhabung der Dienste im Internet verlangt nach mehr technischen Fertigkeiten und ist somit nicht für jeden gleichermaßen zugänglich[13]. Hingegen benötigen die Nutzer des WWW kaum Spezialkenntnisse.

a) Webseiten/ Webpräsentationen

Die Grundlage des Webs bilden Webseiten. Ein Angebot kann aus nur einer Seite bestehen oder in Form einer Webpräsentation aus einer unbestimmten Menge. Über Hyperlinks werden die Verknüpfungen der verschiedenen Seiten sowohl intern (innerhalb eines Produkts), als auch extern (zu anderen Produkten) miteinander arrangiert. Die inzwischen unüberschaubare Anzahl von Erzeugnissen ist gleichgestellt organisiert, d.h. jede Website hat die gleiche Daseinsberechtigung.

Da der Zugang preiswert bzw. auch kostenlos bereitgestellt wird, haben sich neben gewerblichen Seiten auch massenhaft privat organisierte Angebote gehäuft. Um sich im Dschungel der Informationen zurechtzufinden, stehen Webkataloge und Suchmaschinen bereit. Webkataloge listen die verschiedenen Pages thematisch geordnet auf, während Suchmaschinen über Schlüsselwörter Seiten mit entsprechenden Inhalten herausfiltern. Inzwischen gibt es selbst Suchmaschinen für Suchmaschinen, sogenannte Metasuchmaschinen. Ob die aufgelisteten Seiten zum gewünschten Erfolg führen, ist oft zweifelhaft. Vor allem Interneteinsteiger haben häufig Probleme, denn ein effektiver Umgang mit diesen Diensten basiert in der Regel auf Erkenntnissen, durch Erfahrung.

Die folgend angeführten WWW-Anwendungen (E-Mail, Diskussionsforum und Chat) sind allesamt auf Webseiten organisiert. Einige Anbieter im Web offerieren alle genannten Kommunikationsformen gebündelt, so auch zahlreiche journalistische Onlineprodukte.

Die Website oder Webpräsentation gilt als ein typisches one to many Medium, wobei die Kommunikation asynchron organisiert ist. Ein jeder kann auf die Seiten über Links oder die direkte Eingabe der URL zugreifen. Dennoch stehen dem Nutzer beim Aufruf von Seiten nicht zwangsläufig alle Informationen offen. So können Anbieter über die Vergabe von Passwörtern bestimmte Seiten für die Öffentlichkeit sperren.

b) E- Mail

Der Gebrauch der E-Mail findet in ähnlicher Weise statt, wie es vom Medium Brief bekannt ist. In der Regel kommunizieren ein Sender und ein Empfänger miteinander. Wobei die Grundlage der Software das Versenden einer E-Mail an unendlich viele Empfänger ermöglicht, was sich in der Praxis z.B. beim Versand von Einladungen oder auch Kettenbriefen als nützlich erweist.

Der Empfänger ist nicht gezwungen, vor dem Rechner zu sitzen, sondern ähnlich dem Briefkasten gibt es Mailboxen, welche empfangene Inhalte aufbewahren. Gegenüber dem Postversand auf herkömmlichen Weg geschieht dieser Austausch von Mitteilungen zeitnah, mitunter kann die Rückantwort wenige Sekunden später erfolgen. Durch die Zitierfunktion wird die gegenseitige Bezugnahme der Kommunikationspartner begünstigt, denn beim Verfassen der Rückantwort wird zunächst der empfangene Text dargestellt. So können Passagen direkt kommentiert oder Fragen beantwortet werden, ohne den Text des Absenders paraphrasieren zu müssen. Die Länge der angeführten Zeichen (>>) gibt Auskunft, wie oft bereits Informationen übermittelt wurden. Die Kommunikation bleibt der Textform verhaftet, kann aber über diverse Anhänge durch multimediale Daten ergänzt werden.

Das Fehlen analoger Informationen wie z.B. Schriftbild, Papierwahl usw., wird teilweise durch emoticons ersetzt, :-) steht bspw. für ein Lächeln. Besonderheiten sind auch bei der Schreibweise zu beobachten. Es scheint, als wären die Rechtschreibregeln außer Kraft gesetzt. Viele E-Mails sind ausschließlich in Kleinbuchstaben geschrieben, um die Geschwindigkeit des Informationstransfers zu beschleunigen. Eine Form der Verwendung, die vermeintlich als Ersatz der face to face Kommunikation dient.

Einen enormen Vorteil bietet die digitale Speicherung der Mitteilungen, denn so kann problemlos später auf die Informationen zugegriffen werden. Die Übersichtlichkeit wird durch das Anlegen von Ordnern erreicht.

Die E-Mail findet über die bereits beschriebenen Funktionen hinaus auch andere Anwendungsformen. So etwa durch vom Nutzer beauftragte Newsletter, die periodisch Informationen eines interessengeleiteten Themenspektrums übermitteln. Die Wissenschaft stellt für solch einen selbstselektiven Vorgang, der „Bestellung“ von Information zu einem Themengebiet, den Begriff „Pull-Medium“[14] bereit. Newsletter existieren auf reiner Textbasis, aber auch als Hypertextdokumente. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist vor allem interessant, dass viele Onlinezeitungen und Onlinemagazine diese Form der Informationsübermittlung praktizieren. Ohne weiteren Aufwand wird der Nutzer so über die wichtigsten Geschehnisse informiert. Zumeist ermöglicht ein Link den direkten Zugriff auf das entsprechende Webprodukt, wo bei Interesse weiterführendes Material zur Verfügung steht. Daneben wird die E-Mail von Betreibern der Webpräsentationen, ähnlich dem Leserbrief oder der Telefonumfrage der traditionellen Massenmedien, als Echo auf die dargebotenen Inhalte genutzt.

Auch die Printmedien und der Rundfunk ersetzen die zuvor beschriebenen Rückkopplungskanäle nach und nach durch die E-Mail (vgl. Hinner 1998: 50).

c) Diskussionsforen

Newsgroups, wie die Form des Informationsaustauschs auch bezeichnet wird, sind durch das Kommunikationslevel many to many gekennzeichnet, das keine Begrenzung in der Anzahl der Kommunikatoren vorgibt. Die Diskussionen finden über einen längeren Zeitraum statt, können aber auch dauerhaft existieren. Somit ist der Informationsaustausch vorrangig asynchron organisiert. Jeder darf innerhalb des Forums posten[15] und damit seine Meinung in einem zu diesem Zweck eingerichteten Kommunikationsraum kund tun. Die Foren unterliegen meist einer thematischen Zuordnung, daher ist es dem Nutzer möglich, eine Diskussion nach seinen Interessen zu verfolgen oder sich aktiv daran zu beteiligen. Durch das schier unbegrenzte Angebot dürfte ein Jeder das Passende finden. So lassen sich in dem entsprechenden Forum auch Antworten auf relativ ausgefallene Fragen finden. Es ist möglich, auf Kommunikationspartner einzugehen, sich von den zuvor eingereichten Beiträgen zu distanzieren oder den Fokus auf einen neuen Themenschwerpunkt zu lenken. Weltweit gibt es inzwischen mehr als 50.000 Newsgroups.[16] Neben der massenhaften Kommunikation ist auch eine Rückantwort zum Verfasser eines bestimmten Beitrags in Form einer E-Mail möglich.

Die verwendete Schriftsprache ist ähnlich der gesprochenen Sprache. Sie erinnert an eine mündliche Unterhaltung, bei der alle gleichzeitig sprechen und doch jede Mitteilung deutlich von den anderen unterschieden wird. Im Gegensatz zu normaler face to face Kommunikation fehlen jedoch Hinweise wie Geschlecht, Mimik, Gestik, Stimmlage, Zeitpunkt oder Räumlichkeit.

Innerhalb der Foren gibt es kaum Sanktionsmöglichkeiten gegen Benutzer, die sich unsachgemäß verhalten. Allein dem Systemverwalter ist es vorbehalten, Querulanten aus dem Forum auszuschließen und dessen Beiträge zu löschen. Aus dem Grund wird immer öfter dazu übergegangen, Newsgroups zu moderieren. Jeder Beitrag gelangt dann zunächst zu einem Moderator, welcher über die Publikation im Forum entscheidet. Daraus resultiert eine Einschränkung des anarchischen Charakters, der dieser Anwendung in unmoderierter Form zuzusprechen ist. Es scheint jedoch der einzig sinnvolle Schutz vor der „Vermüllung“ der Foren mit gehaltlosen Informationen zu sein. Angesichts der Masse an Artikeln, welche täglich eingesandt werden, ist es dem interessierten Rezipienten ansonsten kaum möglich, den Beiträgen zu folgen.

Newsgroups sind innerhalb des Webs bei vielen Anbietern zu finden. Auch auf den Onlineseiten traditioneller Medienanbieter lassen sich sowohl themenspezifische als auch tagesaktuelle Foren auffinden, so z.B. bei „spiegelonline“ oder „Tagesschau.de“.

d) Chat

Der Chat spiegelt die typische Alltagsunterhaltung wider, ohne dabei irgendwelche Vorgaben zu treffen, in welche Richtung die Kommunikation gehen soll. Allein die Nutzer bestimmen welche Themen oder welche Art der Kommunikation sie wünschen. Das ist interessant, weil im Chat nicht zwangsläufig beabsichtigt wird, eine bestimmte Tiefe des Gesprächs zu erreichen (vgl. Höflich 2001: 41),

Ebenso wie die Diskussionsforen steht der Chat jedem offen. Alle unterhalten sich mit allen, und das nahezu in Echtzeit, wenn man die Zeitverzögerung aufgrund der technischen Übertragung vernachlässigt. Rössler führt aufgrund der fehlenden Duplexverbindung, wie sie beim Telefon üblich ist, den Begriff prä-synchron ein (vgl. 1998: 29).

Jeder Benutzer benötigt einen Nicknamen. Diese sind vorwiegend frei erfunden und nicht selten ein Wunderwerk der Phantasie. Neben dem allgemeinen Chat können sich Nutzer vereinen und in spezielle channels gehen, wo die „Öffentlichkeit“ ausgeschlossen ist und weitere Kommunikationspartner nur auf eine Einladung hin Eintritt erhalten. Die Anwendung ist vor allem zum Schwatz- und Flirtmedium avanciert, was sich deutlich bemerkbar macht, wenn die Teilnehmer eine Altersangabe an den Nicknamen hängen.

Ähnlich wie bei den Diskussionsforen gibt es auch im Chat kaum Möglichkeiten der Sanktion bei unpässlichem Verhalten. Da jedoch komprimierte und effektive fachbezogene Diskussionen eher selten angedacht sind, bleibt den Kommunizierenden nur der Rückzug in einen channel, falls andere Teilnehmer die Kommunikation stören.

2.3 Verbreitung

Wie viele Menschen auf der Welt aktuell Zugang zum Internet haben, ist nicht genau zu bestimmen. Aufgrund der verschiedenen Zugangsarten ist die sichere Ermittlung einer Kennziffer nicht möglich. Für Deutschland gibt es Erhebungen für die Anzahl im Internet befindlicher Domains[17] und in eingeschränktem Umfang für Anschlüsse in den Haushalten. Ferner kann die Häufigkeit gemessen werden, mit der bestimmte Seiten aufgerufen werden[18]. Die verschiedenen Nutzertypen und deren spezielle Nutzungsweisen sind hingegen noch unzureichend erforscht. Unklar bleibt weiterhin, wie viele User passive Konsumenten von Netzinhalten sind und welche Nutzungsarten dominieren.

[...]


[1] www.n-tv.de, Stand: 26.05.03

[2] Nach Morris und Ogan gilt das Internet dann als Massenmedium, wenn der Nutzeranteil einem Zehntel der Bevölkerung entspricht. In Deutschland ist dies längst der Fall.

[3] Wird synonym für Internet verwendet, resultiert aus der netzartigen Struktur der zu Grunde liegenden Technik.

[4] Foren (Forum) sind jede öffentliche, thematisch eingegrenzte Sammlung von Beiträgen. (auch newsgroup, area, board, bulletin board, chat, group, discussion group, Gruppe, Diskussionsgruppe, Brett, oder Schwarzes Brett genannt. (vgl. Brauner et al. 1998: 240)

[5] 1957 Start von Sputnik, erster künstlicher Erdsatellit

[6] Claude E. Shannon war Mathematiker und gilt als Begründer der Informationstheorie (vgl. Lyre 2002: 23ff.).

[7] „TCP/ IP: Transmittion Control Protocol over Internet Protocol, zusammenfassende Bezeichnung der beiden Basisprotokolle im Internet, auf die andere Protokolle bzw. Dienste wie FTP, SMTP usw. aufsetzen. Als Internet, Interent- Subnet oder intranet gelten nur Netwerke, die TCP/IP verwenden.“ (Brauner et al. 1998, 334)

[8] Wobei Compuserve inzwischen von AOL aufgekauft wurde.

[9] Ein eigenständiges Netz hat einen Zugang zum Internet. Der User kann also neben netzinternen, auch über Daten verfügen, die im Internet zu erreichen sind.

[10] Lehre von einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ohne staatliche Kontroll- und Ordnungsinstanzen (vgl. Hillmann 1994: 23).

[11] Provider sind Dienstleistungsunternehmen die den Onlinezugang gewähren (vgl. Brauner et al. 1998: 275).

[12] vgl. Kapitel 2.2 - Bei einer exakten Vorgehensweise ist zwischen dem Web und dem Internet zu unterscheiden.

[13] Der differente Umgang mit Technik und daraus resultierende Folgen werden in der Kommunikationswissenschaft unter dem theoretischen Konzept der Wissensklufthypothese diskutiert.

[14] Pull-Medien zeichnen sich dadurch aus, dass die Informationen, einmal geordert, zum Rezipienten gelangen. Dagegen bezeichnen Push-Medien Informationsseiten im Netz, zu denen sich der Rezipient aktiv hinbewegen muss.

[15] So wird das Verfassen von Beiträgen in Diskussionsforen bezeichnet. Dem entgegen steht das „lurken“, die reine Rezeption der Beiträge.

[16] vgl. www.premiumnews.de/top30.htm, Stand: 12.11.2003

[17] vgl. www.denic.de/de/domains/statistiken/index.html - Denic eG, Bundesweite Registrierung von Domains unterhalb der Toplevel-Domain DE, 6.825.162 in Deutschland registrierte Domains, Stand: 12.11.2003

[18] Unter der Internetadresse www.ivwonline.de ist eine Auflistung journalistischer Websites einzusehen, inklusive Pageimpressions (wie oft das Angebot besucht wurde) und Visits (wie oft verschiedene Seiten im Angebot aufgerufen wurden). Stand: 12.11.2003

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Zum Stellenwert des Journalismus im Internet
Untertitel
Eine empirische Untersuchung zur Nutzung journalistischer Onlineprodukte
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Medienwissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
119
Katalognummer
V83832
ISBN (eBook)
9783638884310
ISBN (Buch)
9783638910743
Dateigröße
1040 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stellenwert, Journalismus, Internet
Arbeit zitieren
M.A. Stephanie Hänsch (Autor:in), 2003, Zum Stellenwert des Journalismus im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83832

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