Die vorliegende Arbeit untersucht, in wie weit der europäische Selbstfindungsdiskurs auch im Betrieb der praktischen Politik geführt wird. Hierfür werden die zwei jüngsten Bundestagsdebatten zum Thema Türkeibeitritt mittels der Methodik einer Diskursanalyse untersucht. Das Hauptziel dieser Arbeit soll es sein, die Vorstellungen der Redner in den Bundestagsdebatten über das, was eine europäische Identität ausmachen soll, herauszuarbeiten. Die leitende Forschungsfrage lautet: Welche Verständnisse über die Wesensgrundlagen Europas und seiner Identität offenbaren sich in den Bundestagsdebatten über die Beitrittsperspektive der Türkei zur Europäischen Union? (...)
Bei der Untersuchung der Fragestellung soll wie folgt vorgegangen werden: Zunächst soll die Methode der Diskursanalyse dargestellt werden. Dabei wird sowohl auf (wissenschafts)theoretische Grundlagen, als auch auf die praktische Anwendung dieser Methode eingegangen. Danach werde ich kurz dass der Arbeit zu Grunde liegende Identitätsverständnis skizzieren. Im Anschluss werden die allgemeinen und die situationsspezifischen Rahmenbedingungen der Bundestagsdebatten dargestellt. Schließlich folgt der Hauptteil der Arbeit, die Diskursanalyse der Debatten mit dem Fokus auf dem Europaverständnis der Parteien. Hierbei soll inhaltlich orientiert zwischen den beiden Identitätsmodellen „Europa als vorpolitische Gemeinschaft“ und „Europa als universale Wertegemeinschaft“ differenziert werden. Im Verlauf der diskursanalytischen Auseinandersetzung hat sich herauskristallisiert, dass diese beiden Modelle als die entscheidende Trennlinie in den Bundestagsdebatten zu Tage getreten sind. Die Positionen der Parteien werden auf dieser Trennlinie verortet. In einem letzten Schritt wird dann darauf eingegangen, in wie weit die Positionierung der Parteien in den zwei Modellen, Ausfluss eines Unterschiedes hinsichtlich eines tiefer liegenden Europaverständnis ist. Dabei stellt sich die Frage, ob die Europäische Union vornehmlich in staatlichen Kategorien wahrgenommen wird oder ob ein postmodernes Europaverständnis existiert, dass vielmehr auf den Prozess der Integration als solchen als auf ein konkretes Ziel hin ausgerichtet ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Diskursanalyse - Theoretische Grundlagen und praktische Anwendung
- Diskursanalyse der Bundestagsdebatten zur Beitrittsperspektive der Türkei
- Verständnis und Verwendung des Identitätsbegriffes
- Rahmenbedingungen der Bundestagsdebatten
- Besonderheiten des Diskursforums „Bundestag“
- Diskurssubjekte in Bundestagsdebatten
- Zeithistorische Verortung der untersuchten Bundestagsdebatten
- Verständnisse von Identität und dem Wesen Europas in den Bundestagsdebatten
- Der Fokus der Debatte: Europa oder Türkei?
- Europa als vorpolitische Gemeinschaft
- Europa als universale Wertegemeinschaft
- Europa: Staat oder Prozess?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den europäischen Selbstfindungsdiskurs im Kontext der Bundestagsdebatten zur Beitrittsperspektive der Türkei zur Europäischen Union. Das Hauptziel ist es, die Vorstellungen der Redner in den Bundestagsdebatten über das Wesen der europäischen Identität herauszuarbeiten. Die Arbeit analysiert die Debatten mittels der Diskursanalyse und untersucht, welche Verständnisse über die Wesensgrundlagen Europas und seiner Identität sich in den Debatten offenbaren.
- Das Wesen der europäischen Identität
- Die Rolle des Islam im Kontext der europäischen Identität
- Die Rolle der Politik in der Konstruktion der europäischen Identität
- Das Verhältnis von Nationalität und europäischer Identität
- Die Bedeutung der Türkei für die Entwicklung des europäischen Selbstverständnisses
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und skizziert den Kontext der Bundestagsdebatten zur Türkei. Kapitel 2 stellt die Diskursanalyse als Methode vor und erläutert ihre theoretischen Grundlagen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten. Kapitel 3 analysiert die Bundestagsdebatten zum Türkeibeitritt mit dem Fokus auf dem Europaverständnis der Parteien. Im Verlauf der Diskursanalyse kristallisieren sich zwei Modelle des Europaverständnisses heraus: "Europa als vorpolitische Gemeinschaft" und "Europa als universale Wertegemeinschaft".
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen dieser Arbeit sind die europäische Identität, der Türkeibeitritt, die Diskursanalyse, das Europaverständnis, das Wesen Europas, die Rolle des Islam, die Politik und die Konstruktion von Identität. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie der europäische Selbstfindungsdiskurs in den Bundestagsdebatten über die Beitrittsperspektive der Türkei geführt wird und welche Vorstellungen über die Wesensgrundlagen Europas und seiner Identität sich in diesen Debatten offenbaren.
- Quote paper
- Malte Nelles (Author), 2006, Christlicher Club oder universale Wertegemeinschaft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83997