Das Drama „Penthesilea“ von Heinrich von Kleist kann als Wortdrama bezeichnet werden. Große Teile des Textes bestehen aus Botenberichten oder Teichoskopien. Kleist wählt dieses Verfahren wahrscheinlich aus zwei Gründen. Zum einen werden Schlachtszenen geschildert, die auf der Bühne nicht aufführbar wären (Achills Quadriga) und zum anderen ist die Handlung teils so grausam, dass sie das Publikum sicher verschreckt hätte, wäre sie direkt aufgeführt worden (Zerfleischung von Achill durch Penthesilea). Somit wird die Handlung in die Sprache verlagert. Auch im antiken Drama wurde von Morden nur berichtet, man sah sie nicht auf der Bühne, was als erster Hinweis darauf gewertet werden kann, dass Kleist sich bei diesem Drama an den antikisierenden Vorstellungen der Weimarerer Klassik orientiert hat. Der antike Mythos, von dem Kleist sich inspirieren ließ, und die Verfassung des Dramas im Blankvers scheinen auch darauf hinzuweisen. Allerdings weist das Drama „Penthesilea“ keine Einteilung in Akte auf und auch die Einheit von Ort, Zeit und Handlung, die von Aristoteles gefordert wurde, ist nicht umgesetzt. Kleist orientiert sich also nicht an den damals herrschenden Idealvorstellungen eines Dramas. Wie bereits dargestellt, identifizierte sich der Adel und das aufstrebende Bürgertum mit der Antike. Sie schufen sich ein verklärendes Gegenbild zur zeitgenössischen Wirklichkeit, die durch starke Unruhen geprägt war (Französische Revolution, Frühindustrialisierung). Die Menschen sollten durch Kunst und Literatur zur Humanität gebildet werden, was in dem Programm der ästhetischen Bildung zum Ausdruck kam. Als Ideal galt die „schöne Seele“, welche einem Menschen zugeschrieben wurde, dessen Handlungen in Sittlichkeit und Sinnlichkeit übereinstimmten. All dies findet sich in dem Drama „Iphigenie auf Tauris“ von Johann Wolfgang von Goethe. Man kann dieses Stück als Gegenwelt zu „Penthesilea“ betrachten.
Inhaltsverzeichnis
- Das Drama „Penthesilea“ von Heinrich von Kleist
- Die Handlung in der Sprache
- Antike und Weimarer Klassik
- Der Konflikt zwischen Sinnlichkeit und Sittlichkeit
- Die Scheinidylle
- Der Zweikampf
- Penthesileas Tod
- Das Problem der Verständigung
- Das Drama „Iphigenie auf Tauris“ von Johann Wolfgang von Goethe
- Äußere und innere Konflikte
- Iphigenies rationales Handeln
- Die gelingende Kommunikation
- Iphigenie als „schöne Seele“
- Penthesileas vergeblicher Versuch, sich zu zügeln
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Seminararbeit ist es, die Dramen „Penthesilea“ von Heinrich von Kleist und „Iphigenie auf Tauris“ von Johann Wolfgang von Goethe zu vergleichen. Der Fokus liegt auf den unterschiedlichen Darstellungen von Frauenfiguren und ihren Handlungsweisen im Kontext des Spannungsverhältnisses zwischen Sinnlichkeit und Sittlichkeit.
- Der antike Mythos als Inspirationsquelle
- Die Rolle von Sprache und Kommunikation
- Das Verhältnis zwischen Emotionen und Vernunft
- Die Darstellung von Gewalt und Zerstörung
- Die Ideale der Weimarer Klassik im Vergleich zu Kleists Dramen
Zusammenfassung der Kapitel
Das Drama „Penthesilea“ von Heinrich von Kleist
Das Drama „Penthesilea“ erzählt die tragische Geschichte der Amazonenkönigin Penthesilea und ihrer obsessiven Liebe zum griechischen Helden Achill. Kleist verlagert die grausame Handlung in die Sprache, da die Darstellung der Schlacht und der Zerfleischung Achills auf der Bühne zu heftig gewesen wäre.
Die Figuren befinden sich in einem ständigen Spannungsverhältnis zwischen Sinnlichkeit und Sittlichkeit. Penthesilea lässt sich von ihren Gefühlen leiten, die sie in eine blinde Zerstörungswut treiben. Achill hingegen versucht, die Konventionen miteinzubeziehen, doch seine Bemühungen um Verständigung scheitern.
Die fehlende Kommunikation, die Missverständnisse und die Unfähigkeit, mit der eigenen Leidenschaften umzugehen, führen zum tragischen Tod beider Figuren.
Das Drama „Iphigenie auf Tauris“ von Johann Wolfgang von Goethe
Im Gegensatz zu Penthesilea ist Iphigenie eine rationale und selbstbewusste Frau, die sich den Konflikten bewusst ist und ihre Entscheidungen mit Vernunft trifft. Sie steht vor der schwierigen Aufgabe, ihren Bruder Orest aus der Gefangenschaft des Königs Thoas zu befreien.
Iphigenies gelingende Kommunikation mit Thoas ist entscheidend für das gute Ende des Dramas. Sie verkörpert die Ideale der Weimarer Klassik und steht damit im Kontrast zu Penthesileas impulsiven und destruktiven Handlungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Dramen „Penthesilea“ und „Iphigenie auf Tauris“, wobei zentrale Begriffe wie Sinnlichkeit, Sittlichkeit, Kommunikation, Gewalt, Vernunft, Ideale der Weimarer Klassik, antike Mythologie und die Darstellung von Frauenfiguren im Vordergrund stehen.
- Arbeit zitieren
- Katrin Keller (Autor:in), 2005, Vergleich des Dramas „Penthesilea“ mit „Iphigenie auf Tauris“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84068