Die Peter-Müller-Wahl - eine Analyse von Parteistrategien, Medienberichterstattung und Wählerverhalten zur saarländischen Landtagswahl 2004


Forschungsarbeit, 2005

46 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Aktueller Forschungsstand

3. Methodisches Vorgehen

4. Analyse der Parteistrategien
4.1 SPD
4.2 CDU

5. Medienanalyse
5.1 Medienanalyse SPD
5.2 Medienanalyse CDU

6. Wahlverhalten
6.1 Wählerwanderung
6.2 Erst- und Jungwähler
6.2.1 Aktueller Forschungsstand
6.2.2 Wahlverhalten im Saarland

7. Fazit

8. Literaturliste

1. Einleitung

In den letzten Jahren fanden Landtagswahlen im Saarland immer mehr oder weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zwar wurde auch in überregionalen Medien darüber berichtet, doch bundesweit hat man der Wahl in einem flächenmäßig so kleinen Bundesland keine große Bedeutung zugewiesen. Bei der Landtagswahl am 05. September 2004 war das allerdings anders. Diese Wahl fand nämlich in einer „heißen Phase“ des Umbruchs statt. Im Frühjahr dieses Jahres hat die rot-grüne Bundesregierung, unter Führung von Gerhard Schröder, das umstrittene „Hartz IV“ – Gesetz verabschiedet. Mit diesem Gesetz wurden zum 01.01.2005 Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt. Die Koalition hat damit die stärksten Eingriffe in das Sozialsystem in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Im Sommer 2004 sind die Proteste gegen die umstrittene Reform immer weiter angestiegen, was zu einer Wiederaufnahme der „Montagsdemonstrationen“[1] geführt hat. Tausende Menschen gingen auf die Strasse um gegen das Gesetz zu demonstrieren. Ursachen für diesen Protest waren eine unzureichende Informationspolitik der Regierung und die immer wieder aufkeimenden Anschuldigungen der Opposition. Verstärkt wurden diese Diskussionen noch durch den Zustand, dass viele Medien dieses Thema nutzten, um so das Sommerloch zu überbrücken. Wegen dieser besonderen Situation kam der Landtagswahl im Saarland dieses Mal eine bedeutendere Rolle zu. Sie galt als ein erster Stimmungsmesser nach der Hartz IV – Debatte, die den ganzen Sommer über ausgetragen wurde. Außerdem gab es im Saarland noch eine weitere Besonderheit. Der Vorsitzende der Saar – SPD, Heiko Maas, hat sich nämlich ebenfalls von dieser Reform distanziert und sich zusätzlich noch Oskar Lafontaine als Wahlhelfer ins Boot geholt. Dieser ist als Schröder – Gegner bekannt und nutzte diese Plattform, um noch einmal mit dem Kanzler und der Regierung abzurechnen. Dementsprechend groß war auch das Medieninteresse bei dieser Wahl. Rund 900 Journalisten, hauptsächlich aus Deutschland, aber auch aus Europa und sogar Japan, haben sich für die Berichterstattung akkreditieren lassen.

In der folgenden Arbeit werde ich diesen besonderen Wahlkampf untersuchen. Zunächst einmal werde ich die Parteistrategien der beiden größten Parteien, CDU und SPD, untersuchen. Hier erläutere ich zunächst den aktuellen Forschungsstand, bevor ich die Strategien der Saar – Parteien analysiere. Anschließend werde ich eine Medienanalyse durchführen, wobei ich den Schwerpunkt bei der Thematik des Agenda Settings setzen werde. Auch hier beschränke ich mich auf die beiden Volksparteien CDU und SPD. Zwar sind alle saarländischen Medien Bestandteil der Untersuchung, der Schwerpunkt wird hier aber bei der Berichterstattung der Saarbrücker Zeitung, der einzigen im Saarland erscheinenden Tageszeitung, gesetzt.

Im letzten Abschnitt werde ich mich dann mit dem Wahlverhalten der Erst- und Jungwähler auseinandersetzen. Auch hier werde ich zunächst auf den aktuellen Forschungsstand verweisen, bevor ich die Ergebnisse im Saarland darstellen und analysieren werde. Das Ende dieser Arbeit wird ein kurzes Fazit abschließen.

2. Aktueller Forschungsstand

„Als Wahlkampf bezeichnet man die im Kontext von Wahlen auf Bundes-,
Landes-, kommunaler oder europäischer Ebene zu ergreifenden
programmatischen, parteiorganisatorischen und publizistisch-
kommunikativen Maßnahmen von Parteien und/oder Kandidaten, mit
denen Wählerinnen und Wähler informiert und in ihrer Stimmabgabe
beeinflusst werden sollen“ (Andersen/Woyke 2003 S.686).

2. Amerikanisierung von Wahlkämpfen ?

Spricht man heute von Wahlkämpfen in Deutschland stößt man immer wieder auf den Begriff der Amerikanisierung. Christina Holtz-Bacha aber hat in ihrer Analyse des Bundestagswahlkampfes 1998 deutlich gemacht, dass deutsche Wahlkämpfe eben nicht eine Adaption der amerikanischen Wahlkampfstrategien darstellen. Vielmehr findet in den deutschen Wahlkämpfen eine „Modernisierung und Professionalisierung“ (Holtz-Bacha 1998 S.9) statt. Ein Merkmal der Amerikanisierung ist die Personalisierung. Doch die Konzentration auf Personen und der Wegfall von Themen als Schwerpunkt ist „keineswegs neu und sicher keine Erfindung US-amerikanischer Kampagnenstrategen“ (ebd. 13). Marcinkowski und Nieland haben in ihrer Analyse des Landtagwahlkampfes in Nordrhein-Westfalen herausgearbeitet, dass „der Medienwahlkampf im Land noch stärker personalisiert ist als auf Bundesebene“ (Marcinkowski/Nieland 2002 S.112). Als weiteren Schritt in dieser Entwicklung sieht Holtz-Bacha eine zunehmende „Privatisierung“ (Holtz-Bacha 1998 S.13). Die Spitzenpolitiker der Parteien werden zunehmend als private Personen und nicht mehr als „Berufspolitiker“ dargestellt. „Alter, Eheleben und außereheliches Leben, Kinder, Haustier, Gesundheitszustand, Steuererklärung – das alles wird thematisiert“ (ebd. 13). Und zwar sowohl vom Kandidaten selbst, als auch vom politischen Gegner. Ein Merkmal dessen ist die „Entertainisierung von Politik“ (ebd. 17), was bedeutet, dass immer mehr Politiker auch Unterhaltungsformate nutzen um für die eigene Person und die Partei zu werben.

Primäres Wahlkampfziel: Maximierung der Wählerstimmen

Das zentrale Ziel eines modernen Wahlkampfes ist es, so viele Wählerstimmen wie möglich zu bekommen. Dabei hat jede Partei zwei Aufgaben zu erfüllen. Zum einen müssen die Parteien die potentiellen Wähler mobilisieren, damit diese überhaupt zur Wahl gehen. Und zum anderen müssen sie sie davon überzeugen, dass die Wähler ihnen ihre Stimme geben und nicht einer der anderen Parteien. Nach Pfetsch und Schmitt-Beck müssen die Parteien dabei vor allem drei Aspekte beachten. Für alle Parteien gilt es, besonders für kleine und neue Parteien, so viel Aufmerksamkeit wie möglich zu erreichen. Nur so können sie von den Wählern überhaupt erst bemerkt und anerkannt werden. Weiterhin müssen sie versuchen die Themenagenda des Wahlkampfes unter ihre Kontrolle zu bringen. Und schließlich müssen die Parteien versuchen ihre Kandidaten und ihre Organisation vorteilhaft in der Öffentlichkeit zu präsentieren, damit die potentiellen Wähler diese auch als positiv in ihrer Wahrnehmung verankern (vgl. Pfetsch/Schmidt-Beck 1994 S.234).

Direkte und indirekte Kommunikation

Zur Realisierung dieser Aspekte haben die Parteistrategen zwei Möglichkeiten: die direkte Kommunikation und die Kommunikation über die Massenmedien. Während die Kommunikation über die Medien vor allem im Bundestagswahlkampf und in großen Bundesländern, wie z.B. Nordrhein-Westfalen, eine immer wichtigere Rolle spielt, ist in flächenmäßig kleinen Bundesländern, wie dem Saarland, die direkte Kommunikation am wichtigsten. Dies bestätigen auch die Pressesprecher der beiden größten saarländischen Parteien, SPD und CDU, die den direkten Kontakt zu den Wählern als wichtiger erachten als die Massenmedien: „Gerade in so einem kleinen Land, wie dem Saarland, kann man über den persönlichen Kontakt zum Wähler mehr erreichen, als über die Medien“ (Recktenwald). Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Im Saarland gab es 2003 rund 818.000 Wahlberechtigte. Ein großer Teil dieser Stimmberechtigten kann durch direkten Kontakt, wie z.B. Hausbesuche, Diskussionsrunden, Bürgerfeste oder klassische Wahlkampfveranstaltungen erreicht werden. Mit diesem Instrument können Wähler aktiv mobilisiert werden und die Parteien sind nicht auf eine passive Mobilisierung durch die Medien angewiesen. Weiterhin können Politiker und Parteien durch den direkten Kontakt die Botschaften, die beim Wähler ankommen sollen, selbst bestimmen. Bei der Verbreitung von Aussagen über die Medien besteht immer die Gefahr, dass diese verfälscht wiedergegeben werden. Lippmann beschrieb schon 1922 eine Triangel, „deren Ecken die Realität, die Berichterstattung über die Realität und die Bevölkerungssicht der Realität bilden“ (Brettschneider 1994 S.211). Nach Lippmann geben die Medien also nicht die wahre Realität wieder, sondern nur die subjektive Wahrnehmung dieser Realität, z.B. durch den Journalisten. So kann es passieren, dass in der Berichterstattung ein verzerrtes Bild von dem tatsächlich Geschehenen gezeigt wird. Die Präsentation dieser verzerrten Realität erzeugt eine bestimmte Wirkung beim Publikum.

Agenda Setting Effekt

Die Medien besitzen also durch die Möglichkeit der Themenwahl bei ihrer Berichterstattung eine große Macht. Diese Macht kann durch die direkte Kommunikation ausgeblendet werden. Dennoch versuchen die Parteien ihre Hauptthemen im Wahlkampf auch zu den Hauptthemen in den Medien zu machen. Die Wähler nehmen Themen, von denen häufig in den Medien berichtet wird, als wichtiger war. Das haben viele Studien bereits gezeigt. Die Rangordnung der Wichtigkeit der Themen in der Medienberichterstattung (Medien – Agenda) korreliert mit der Rangordnung der Themen in der Bevölkerung (Publikumsagenda). Hierbei spricht man vom Agenda Setting. Die Medien bestimmten durch die Auswahl der Themen für ihre Berichterstattung und deren Häufigkeit, welche Themenkomplexe bei der Bevölkerung als wichtig angesehen werden. Bei McCombs und Shaw (1972) wird die Publikumsagenda definiert als „die nach ihrer Wichtigkeit geordnete Rangliste politischer Streitfragen in der Bevölkerung“ (nach Selb 2003 S.23). Im Handbuch der politischen Kommunikation wird Agenda Setting definiert als

„die Fähigkeit der Massenmedien, durch die Betonung von Themen in der
Berichterstattung – also durch die Publikationshäufigkeit, Platzierung und
Aufmachung – zu beeinflussen, welche Themen in einer Gesellschaft
sowie von einzelnen Medienrezipienten als besonders wichtig angesehen
werden“ (Jarren et al.1998 S.132)

Die Parteien haben nur dann eine Chance viele Wähler zu mobilisieren, wenn diese Themenkomplexe auch mit ihren Hauptwahlkampfthemen übereinstimmen.[2] Die Parteien bieten also die von ihrer Partei festgelegten Themen den Medien an, um so eine hohe Übereinstimmung zwischen Medien – Agenda, Publikumsagenda und Parteiagenda zu erreichen. Allerdings kann es auch umgekehrt laufen. In diesem Fall passen Parteien ihre Agenda der Medienagenda an. In der vorliegenden Arbeit werde ich diese Prozesse genauer untersuchen. Ich werde analysieren, wie die Parteien und Medien beim Wahlkampf im Saarland agiert haben. Dabei soll herausgefunden werden, ob es den Parteien gelungen ist ihre Wahlkampfthemen mit der Berichterstattung in den Medien zu synchronisieren.

Pseudoereignisse

Um eine Angleichung von Parteienagenda, Medienagenda und Publikumsagenda erreichen zu können, gibt es unterschiedliche Methoden. Zur Mobilisierung von Wählern, müssen von den Parteien Wahlthemen gewählt werden, die bei der Bevölkerung auch als wahlentscheidend wahrgenommen werden. Nach Campbell gibt es drei Kriterien, die erfüllt werden müssen, damit ein Thema auch als Wahlentscheidung relevant wird:

„Es muss erstens vom Wähler als wichtiges, lösungsbedürftiges Problem
wahrgenommen werden. Zweitens muss er eine Position zu diesem Thema
haben. Und drittens muss er zwischen den Positionen der konkurrierenden
Partei bzw. Kandidaten Unterschiede feststellen können.“

(Brettschneider 1994 S.212).

Um diese Kriterien zu erfüllen, können die Parteistrategen wieder zwischen den Möglichkeiten der direkten und der indirekten Kommunikation wählen. Der Kommunikationsweg über die Medien ist vielen unkalkulierbaren Einschränkungen unterworfen. Es gibt keine Garantie, dass Meldungen, die Partien an die Medien weitergeben, auch von diesen aufgegriffen werden und darüber berichtet wird. Häufig haben Medien eigene Kriterien nach denen beurteilt wird worüber berichtet wird und worüber nicht. Aus diesem Grund ist in den letzten Jahren verstärkt ein weiteres Instrument des modernen Wahlkampfes in den Vordergrund geraten: Pseudoereignisse. Darunter versteht man „Aktionen, die ausschließlich dazu dienen, die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen und die Berichterstattung zu stimulieren“ (ebd. 238). Oft werden Pressekonferenzen, Versammlungen, Demonstrationen oder auch lokale Außentermine als Pseudoereignisse geplant. „Ein Effekt ist die Spektakularisierung von politischen Botschaften und Personen“ (Marcinkowski/Nieland 2002 S.84). Der Pressesprecher der Saar – CDU Udo Recktenwald setzt sich bei der Festlegung von Terminen dabei immer das Ziel „Anlässe zu schaffen“. Ähnlich sieht es sein Kollege von der Saar – SPD Thorsten Bischoff. Er versucht, durch Pseudoereignisse zu provozieren und selbst die Rolle des Agenda – Settings zu übernehmen, also „nicht nur zu reagieren, sondern zu agieren und selbst auch Themen zu setzen“ (Bischoff 2004). Hierbei ist es wichtig, die Inhalte, die man bei den Pseudoereignissen transportieren möchte, klar und leicht erkenntlich darzustellen, damit diese auch so von der Bevölkerung aufgenommen werden können. Außerdem muss die Präsentationsform dieser Inhalte so angelegt sein, dass ein „Event – Charakter“ entsteht und so die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass Medien darüber berichten. Sie müssen also die „Widerstände des Mediensystems überwinden, um Nachrichten zu werden“ (Brettschneider 1994 S.238). Frank Esser schreibt Pseudoereignissen eine besondere Bedeutung zu. Er beschreibt sie „im Vergleich zu Versuchen direkter Einflussnahme auf Journalisten als das subtilere und damit erfolgversprechendere Mittel zur Beeinflussung der Berichterstattung“ (Esser 42). Matthias Machnig trifft den Kern mit seiner Aussage „Unterhaltung ist Pflicht, Information hingegen Kür“ (Machnig 2002 S.148). Diesen Prozess, in dem politische Akteure versuchen ihre Themen in der Medienberichterstattung durch Pseudoereignisse zu platzieren, nennt Longchamp „Agenda-Building“ (Longchamp 2000 S.192), also dem Konstruieren von Themen, die in die Publikums- und Medienagenda aufgenommen werden sollen.

3. Methodisches Vorgehen

Zur Analyse der Parteistrategien von CDU und SPD im saarländischen Landtagswahlkampf habe ich zum einen eine Medienanalyse durchgeführt und zum anderen den Wahlkampf aufmerksam beobachtet. Für die Auswertung wurden die Ausgaben der Saarbrücker Zeitung, der einzigen im Saarland erscheinenden Tageszeitung, in einem Zeitraum von bis zu vier Wochen vor der Wahl genutzt. Auch die Berichterstattung in den übrigen saarländischen Medien wurde beobachtet, wobei der Schwerpunkt bei der Saarbrücker Zeitung liegt. Weitere Materiale waren Werbebroschüren und Infoflyer der Parteien. Zur Analyse des Wahlverhaltens habe ich die Wahluntersuchungen der Wahlforschungsinstitute „Infratest dimap“ und „Forschungsgruppe Wahlen“ zur saarländischen Landtagswahl genutzt. Für alle übrigen Ergebnisse, bildet meine Beobachtung die empirische Grundlage. Als freier Mitarbeiter des Saarländischen Rundfunks habe ich mich in den Wochen vor der Wahl intensiv mit dem Wahlkampf auseinander gesetzt. Zu diesem Zweck kamen auch persönliche Begegnungen mit den Spitzenkandidaten zu Stande. Im Rahmen meiner Berichterstattung für den SR habe ich sowohl Peter Müller, als auch Heiko Maas, einen Tag lang in ihrem Wahlkampf begleitet. Direkte Erfahrungen und Hintergrundinformationen durch Gespräche fließen unmittelbar in diese Arbeit ein. Außerdem wurden zur Untersuchung der Parteistrategien und der Medienanalyse Experteninterviews geführt. Bei den Parteien habe ich mit den beiden Pressesprechern Udo Recktenwald (CDU) und Thorsten Bischoff (SPD) gesprochen. Stellvertretend für die Medien mit Alfred Schön (Redakteur bei der Saarbrücker Zeitung) und Andreas Willems (Redakteur beim Saarländischen Rundfunk).

4. Analyse der Parteistrategien

Warum Strategien und Kampagnen?

„Eine Strategie ist der politische Kompass, die große Linie, die Werte vermittelt, Alternativen verdeutlicht und Orientierung bietet“ (Machnig 2002 S.149). Ziel eines jeden Wahlkampfes ist es, so viele Wählerstimmen wie möglich zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Stammwähler mobilisiert und die Nicht- und Wechselwähler überzeugt werden doch zur Wahl zu gehen und das Kreuz bei der eigenen Partei zu machen. Dazu entwickeln die Parteien Strategien und Kampagnen. Diese haben zum Ziel mit Bürgern in Kontakt zu treten, um mit Botschaften deren Meinung zu beeinflussen“ (Plan 2002 S.66). Doch bevor eine solche Strategie entworfen werden kann, braucht die Partei nach Machnig einige klare Eckpunkte. Sie braucht an ihrer Spitze ein Gesicht, um so eine Personifizierung erreichen zu können. Weiterhin braucht die Partei ein Etikett, eine Botschaft. Nur so wird für den Wähler ersichtlich für was die Partei steht. Als ein weiteres Kriterium nennt Machnig das Aroma (Stilistik). Dadurch soll sich die Partei ein Wiedererkennungsmuster erarbeiten. Als wichtigsten Aspekt sieht er einen Markenkern (ein Leitbild). Diese Werte und Leitbilder sind am Wichtigsten, da sie den Wählern zur Orientierung dienen. Und nur diesem Instrument können die Wähler vertrauen und zustimmen (vgl. Machnig 2002 S.149). Auf diesen Punkten aufbauend wird dann eine Parteistrategie entwickelt, die helfen soll den anstehenden Wahlkampf zu gewinnen. Mit der Veränderung des Wahlverhaltens in den letzten Jahren wurden diese Strategien immer wichtiger. Es gibt immer weniger verlässliche Stammwähler und die Zahl der Nicht- und Wechselwähler steigt stetig an. Aus diesem Grund ist eine erfolgreiche Strategie von größter Bedeutung. „Denn wo die langfristige Bindung an eine Partei fehlt und die Beteiligung an der Wahl weniger selbstverständlich geworden ist, kann die Wahlkampagne etwas bewirken“ (Plan 2002 S.67). Das wichtigste Instrument der Strategie ist eine zentrale Botschaft. Sie soll das gesamte Bild, wofür die Partei steht, in einem markanten Satz zusammenfassen und zuspitzen. „Wenn Politik in der knappen Zeit, die ihr in den Medien eingeräumt wird, nicht mit einer zentralen Botschaft kommuniziert, wird sie nicht kommunizieren“ (Machnig 2002 S.148).

Externe Planung von Parteistrategien und Negative Campaigning

Ein Merkmal von modernen Wahlkämpfen ist es, dass für die Entwicklung dieser Kampagnen externe Experten hinzugezogen werden. Professionelle Werbeagenturen betreiben Marktforschung und entwickeln für das Profil der Partei eine entsprechende Wahlkampagne. Zusätzlich wird auch immer häufiger die Hilfe von so genannten „Spin Doctors“ in Anspruch genommen, die für die Wahlkampfzeit als persönliche Berater von Politikern eingekauft werden. Ihre Aufgabe ist es, ihren „Kunden“ im Wahlkampf so positiv wie möglich darzustellen und Hilfestellung bei öffentlichen Auftritten zu geben. Man kann zwischen drei Wahlkampfstrategien unterscheiden:

„a) Die Leistungsbilanzstrategie: die eigenen Handlungserfolge und zukünftigen Handlungsabsichten werden in den Vordergrund gestellt;
b) die Angriffsstrategie: die Misserfolge und Defizite der anderen Parteien werden hervorgehoben
c) die Vergleichsstrategie: die eigenen – positiven – Handlungserfolge werden den – negativen – Handlungsprogrammen der politischen Gegner gegenübergestellt“ (Pfetsch/Schmitt-Beck 1994 S.244).

Die Angriffsstrategie wird in der Literatur auch häufig als „negative campaigning“ (Falter/Römmele 2002 S.55) erwähnt. Sie hat zum Ziel die „jeweilige Konkurrenzpartei als unzuverlässig, unberechenbar und als eine Gefahr für das Gemeinwohl“ (ebd. 55) erscheinen zu lassen. Außerdem wird durch diese Strategie daran gearbeitet, das positive Image der konkurrierenden Spitzenkandidaten nachhaltig zu zerstören. In Amerika ist diese Taktik weit ausgeprägter als in Deutschland. Hier bezieht sich die Kritik in der Regel weniger auf die private Person, sondern auf den Menschen als politischen Akteur, „indem etwa auf Widersprüche in den Aussagen eines Kandidaten aufmerksam gemacht, ihm Populismus unterstellt oder auf gebrochene Versprechen hingewiesen wird“ (ebd. 55).

[...]


[1] Bei den so genannten „Montagsdemonstrationen“ gingen 1989 hunderttausende Menschen in der ehemaligen DDR auf die Strasse und demonstrierten friedlich gegen das SED – Regime. Mit der Parole „Wir sind das Volk“ waren diese Demonstrationen ein wichtiger Schritt für das Ende der DDR. Nach der Hartz IV – Reform wurde sie wieder ins Leben gerufen, um gegen die Einschnitte in das Sozialsystem zu demonstrieren. Während zu den ersten Demos, die in fast allen größeren Städten in Deutschland durchgeführt wurden, noch über zehntausend Menschen kamen, ist das Interesse daran schnell wieder abgefallen. Heute finden keine Montagsdemonstrationen mehr statt.

[2] Der Begriff Thema ist eine nur unvollständige Übersetzung des ursprünglichen Begriffs Issue. „Issue meint nicht ein beliebiges Thema (topic), sondern vielmehr ein soziales oder politisches Problem in der öffentlichen Auseinandersetzung“ (Selb 2003 S.20). Dennoch soll hier weiterhin der in der deutschen Literatur gebrauchte Begriff Thema weiterverwendet werden.

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Die Peter-Müller-Wahl - eine Analyse von Parteistrategien, Medienberichterstattung und Wählerverhalten zur saarländischen Landtagswahl 2004
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Moderne Wahlkämpfe
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
46
Katalognummer
V84097
ISBN (eBook)
9783638033572
Dateigröße
881 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Peter-Müller-Wahl, Analyse, Parteistrategien, Medienberichterstattung, Wählerverhalten, Landtagswahl, Moderne, Wahlkämpfe
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts in Social Science Christoph Tautz (Autor:in), 2005, Die Peter-Müller-Wahl - eine Analyse von Parteistrategien, Medienberichterstattung und Wählerverhalten zur saarländischen Landtagswahl 2004, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84097

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