J.M.R. Lenz’ „Die Soldaten“ - Komödie oder Tragödie?


Hausarbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlegendes für die Analyse
2.1 Das griechische Drama
2.2 Die „Anmerkungen übers Theater“

3. Die gattungsspezifische Untersuchung des Stückes
3.1 Die komischen Elemente im Stück
3.2 Die tragischen Elemente des Stückes
3.3 Abschließende Betrachtung

4. Schluss

5. Literaturverzeichnis
5.1 Primärliteratur
5.2 Sekundärliteratur

1. Einleitung

Im ausgehenden 18. Jahrhundert gab es eine Reihe junger deutscher Autoren, die sich dem Ideal des schaffenden Dichters als sich selbst verwirklichenden Menschen verschrieben. In der Zeit des so genannten Sturm und Drang wurden unterschiedlichste Ideen bezüglich der Dichtkunst, aber auch der bestehenden politischen und sozialen Verhältnis geäußert. So vielfältig diese auch waren, war der Grundtenor immer eine Art Modernisierungsgedanke, der sich vornehmlich gegen die rationalen und vernunftbetonten Ansichten der Aufklärung richtete. Auch J.M.R. Lenz versuchte die neuen Ideen in den Dramen zu verwirklichen und begründete seine reformatorischen Gedanken in theoretischen Schriften über die Dichtkunst.

In der folgenden Arbeit soll auf Grundlage zweier Primärtexte untersucht werden, welcher Gattung das Drama J.M.R. Lenz’ „Die Soldaten“[1] zugeordnet werden kann. Dabei ist für die Herangehensweise und das Vorgehen bei der Analyse entscheidend, was Lenz für eine Auffassung vom Wesen des Dramas hatte. In seiner Schrift „Anmerkungen übers Theater“[2] modernisiert er das Theater quasi nach seinen Vorstellungen, in denen sich die Ideen der Sturm-und-Drang-Bewegung wiederfinden. Deshalb erfolgt eine entsprechend ausführliche Abhandlung zu der theoretischen Schrift. Weil jene aber auf Grundlage der alten griechischen Dramentheorie erdacht wurde und dort teilweise Elemente entnommen und neu bewertet wurden, findet zuerst dazu ein knapper Exkurs statt. Die anschließende Untersuchung nutzt deshalb sowohl die lenzschen als auch die althergebrachten Vorstellungen, insbesondere über die Komödie, um Zuordnungen und Deutungen vorzunehmen.

Die verwendete Sekundärliteratur unterstützt hierbei die Analyse dahingehend, dass einzelne Aspekte, die relativ einhellig von der Forschung beurteilt worden sind, aufgegriffen werden. Eine Gegenüberstellung verschiedener Positionen soll hingegen nicht erfolgen, da dies zum einen der Umfang der Arbeit nicht hergeben würde und zum anderen die abschließende Einschätzung die eigene Position deutlich machen soll.

2. Grundlegendes für die Analyse

Da die Untersuchung des Schauspiels basierend auf den lenzschen Aussagen über Beschaffenheit und den Sinn des Schauspiels stattfindet, soll in diesem ersten Kapitel ein kurzer Abriss seiner theoretischen Schrift „Anmerkungen übers Theater“ erfolgen. Um das Verständnis für die Kernaussagen und Hypothesen von Lenz zu erleichtern, wird mit einer knappen Vorstellung der ursprünglichen griechischen Dramenformen begonnen.

2.1 Das griechische Drama

Zu Beginn der Arbeit soll kurz die Charakteristik des griechischen Dramas, also der Tragödie und Komödie, eingegangen werden. Lenz selbst nimmt in seinen „Anmerkungen übers Theater“ Bezug auf die aristotelische Tradition der Schauspiele, wie sie, zwar mit einigen aktualisierenden Abänderungen, bis zur Aufklärung weiter fortgeführt wurde. Gegen diese seiner Meinung nach veralteten Vorstellungen über das Theater wendet sich Lenz. Um seiner Argumentation besser folgen zu können soll deshalb an dieser Stelle ein kurzer Abriss zu den zwei Dramenformen erfolgen.

An erster Stelle der antiken Schauspiele stand immer die Tragödie. Zu ihrem Wesen und ihrer Bauart äußerte sich Aristoteles in seiner „Poetik“. Ihr Stoff ist dem Mythos entnommen, d.h., der griechischen Götterwelt. Die Thematik entstammte also überlieferten Erzählungen, die allgemein bekannt waren. Die Interpretation und gegebenenfalls Abänderung, die der Dichter an den Mythen vornahm, wurden vom Publikum bemerkt und es reflektierte in der Folge über die Absichten und das Können des Tragödienschreibers. Die Fabel selbst, ein logischer Handlungsablauf, wird über die verschiedenen Perspektiven der Personnage gezeigt. Das Urteil des Publikums über den dargestellten Handlungsgang basiert damit auf der Kenntnisnahme unterschiedlicher Sichtweisen und wird dadurch fundierter. Hier wird die erzieherische Wirkungsfähigkeit der Tragödie deutlich. Ein entsprechender Rahmen wurde der Aufführung mit der Einbettung in ein religiöses Fest, an dem die Bürger Athens teilnahmen, verliehen.[3]

Die Komödie wurde von Aristoteles in seinem zweiten Buch der Poetik behandelt, leider ist dieses verschwunden und seine Ausführungen dazu können heute nicht mehr nachvollzogen werden. Man weiß aber, dass sie von ihm weitaus geringer als die Tragödie geschätzt wurde.[4]

Auch sie war Bestandteil religiöser Feierlichkeiten, der Dionysosfeiern, und erlebte einen Wandel von Aristophanes (Alte Komödie) hin zu Menander (Neue Komödie). Der Charakter der neuen Form, der volkstümlicher geprägt war, bestimmte in der Folgezeit das Bild des komischen Schauspiels. Die Integration der Schauspiele in die Dionysien sollte die Identität der Bürger mit der Polis sowie ihre Gottesfürchtigkeit stärken.[5]

Die Themen der Komödien konnten zum einen das Gemeinwesen, also die Polis, oder den privaten Raum, die Familie, betreffen. Es wurde mit überzogenen Darstellungen der Figuren, Spottliedern und der Verhöhnung von Autoritäten gearbeitet. Diese bisweilen karnevalistischen Züge der Komödie erhielten sich und übertrugen sich in das komische Schauspiel der Neuzeit. Im Gegensatz zur Tragödie ist die Ausformung der individuellen Charaktere wesentlich und die Handlung tritt in den Hintergrund. Die Traditionen der Dramenschreibung wurden in der Aufklärung zwar teilweise modifiziert oder schon zu Gunsten der Intention des aufgeklärten Autors nicht mehr übernommen, dennoch erscheinen Lenz laut seiner Theorie über das Theater, die Dichtungen nicht zeitgemäß. So wie das griechische Schauspiel seine Bestimmung in der Antike hatte, so würde die zeitgenössische Poesie Lenz’ ihre Funktion in Hinblick auf die momentanen Gesellschaftsumstände finden müssen.

2.2 Die „Anmerkungen übers Theater“

Im Jahr 1774 veröffentlichte Lenz seine dramentheoretische Schrift „Anmerkungen übers Theater“. Er trug die darin enthaltenen Kerngedanken bereits 1771 bei einem Vortrag anderen Zeitgenossen vor und änderte die schriftliche Fassung mehrmals bevor er sie zur Publikation freigab. In ihr findet erstmals eine theoretische Auseinandersetzung mit einer neuen Form des Dramas, wie sie sich im Sturm und Drang entwickelt, von Lenz’ Seite aus statt. Der Text wirft von seinem Erscheinungsbild her viele Fragen auf. Der Charakter des Vortrags blieb durch die direkten Anreden an ein Publikum und andere stilistische Wendungen erhalten. Eine Systematik ist jedoch kaum zu erkennen. Dem Gedankengang des Autors ist schwer zu folgen und die Aussagen scheinen assoziativ zu Papier gebracht. Daher bleiben inhaltliche Fragen an mancher Stelle unbeantwortet oder unzureichend erläutert. Dieser Tatsache ist es geschuldet, dass in der Rezeption mehrere Deutungen und Ansichten diesbezüglich vertreten wurden und werden. Der Aufsatz von Fritz Martini soll an dieser Stelle unterstützend hinzugezogen werden, da er ein recht ausgewogenes Urteil zu der Schrift liefert.

Inhaltlich lässt sich der Text in vier wesentliche Abschnitte gliedern. Lenz beginnt seine Ausführungen mit einem kurzen Abriss der Geschichte des Theaters seit der Antike. Er unterteilt diese Entwicklung in fünf so genannte „Departements“: Das griechische, römische, italienische, französische sowie englische Departement. Schließlich charakterisiert er das damalige deutsche Theater, indem er ihm eine bunte Mischung aus all den vorangegangenen Epochen zuschreibt und hier setzt schon sein erster Kritikpunkt der zeitgenössischen deutschen Dichtkunst an. Das Althergebrachte und Bewährte wird weiterhin von den Autoren benutzt ohne etwas Eigenes, Zeitgemäßes für das Publikum zu schaffen.[6]

Er fährt mit einigen allgemeingültigen Aussagen zur Dichtkunst fort. Sie sei „Nachahmung der Natur“[7], also ein Abbild dessen, was der Mensch mit all seinen Sinnen wahrzunehmen vermag. Die Dichtung ist für Lenz ein Ausdruck des freien Menschen, der mit ihr den Schöpfergott nachahmt. Diese Ansichten lassen deutlich die Ideen des Sturm und Drang erkennen, wie sie auch zu der Zeit von Goethe und Herder vertreten wurden. Der Einfluss dieser Grundgedanken ist in dem gesamten Schriftstück zu erkennen und findet sich auch in „Die Soldaten“ wieder.

[...]


[1] Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Eine Komödie, erschienen 1776 (=Hamburger Lesehefte, Bd.184, Husum 2005)

[2] Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater nebst angehängten übersetzten Stück Shakespeares, erschienen 1774 (=Weiß, Christoph [Hg.]: J.M.R. Lenz. Werke in zwölf Bänden. Faksimiles der Erstausgaben seiner zu Lebzeiten selbständig erschienenen Texte, Bd.5, St. Ingbert 2001)

[3] Latacz, Joachim: Einführung in die griechische Tragödie, 2. Aufl., Göttingen 2003, S.10-13.

[4] Neuhuber, Christian: Das Lustspiel macht Ernst. Das Ernste in der deutschen Komödie auf dem Weg in die Moderne: Von Gottsched bis Lenz (Betten, Anne u.a. [hg.]: Philologische Studien und Quellen, Bd.180, Berlin 2003), S.8.

[5] Zimmermann, Bernhard: Die griechische Komödie, Düsseldorf/Zürich 1998, S.17.

[6] Lenz 1774, S.5-8.

[7] Ebd., S.10

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
J.M.R. Lenz’ „Die Soldaten“ - Komödie oder Tragödie?
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Germanistik II)
Veranstaltung
1b-Seminar
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V84252
ISBN (eBook)
9783638004923
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lenz’, Soldaten“, Komödie, Tragödie
Arbeit zitieren
Nelli Winter (Autor:in), 2007, J.M.R. Lenz’ „Die Soldaten“ - Komödie oder Tragödie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84252

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