Die Renaissance des Tagelöhners


Diplomarbeit, 2007

84 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Theoretische Grundlagen der Analyse
1.2 Vorgehensweise

2. Der Tagelöhner des ausgehenden 19. Jahrhunderts
2.1 Begriffseingrenzung
2.2 Die wirtschaftliche Situation
2.3 Die damalige „Unternehmenspolitik“
2.4 Die Rechte des Tagelöhners

3. Das „typische Arbeitsverhältnis“ ab den 1960er Jahren in Deutschland
3.1 Die gesellschaftlichen Machtverhältnisse
3.2 Karriere- & Lebensphasen des typischen Arbeitsverhältnisses

4. Die Veränderungen der allgemeinen Grundlagen
4.1 Die wirtschaftlichen Gründe
4.1.1 Globalisierung
4.1.2 Technisierung der Produktion
4.1.3 Wettbewerbsfähigkeit
4.1.4 Innovationsführerschaft
4.2 Auswirkungen auf die Unternehmenspolitik
4.2.1 Outsourcing
4.2.2 Beschäftigung von Selbstständigen
4.2.3 Geringfügige Beschäftigung oder Minijob
4.2.4 Verlagerung der Machtverhältnisse
4.3 Die arbeitsrechtliche Sichtweise 37
4.3.1 Verlängerung der Probezeit
4.3.2 Kündigungsschutzgesetz
4.3.3 Schaffungen eines Arbeitsvertragsgesetzes
4.3.4 Arbeitsrecht eher ein Richterrecht

5. Der Arbeitskraftunternehmer als neuer Tagelöhner
5.1 Die Person und das Umfeld des Arbeitskraftunternehmers
5.1.1 Der Arbeitskraftunternehmer
5.1.2 Die „atypische Beschäftigung“
5.1.3 Flexible Vertragsgestaltung von Seiten der Arbeitgeber
5.1.4 Das Beispiel des Projektmanagers
5.2 Anforderungen an den Arbeitskraftunternehmer
5.2.1 Karriereplanung, Selbstorganisation und Flexibilität
5.2.2 Lebenslanges Lernen
5.2.3 Beschäftigungsfähigkeit anstatt Arbeitsplatzsicherheit
5.2.4 Soziale Sicherung

6. Zusammenfassung
6.1 Vergleich von Tagelöhner und Arbeitskraftunternehmer
6.2 Vergleich von Tagelöhner und Selbstständigen
6.3 Internationaler Vergleich

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung 01: Karriere- und Lebensphasen

Abbildung 02: Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigungen 2000 bis

Abbildung 03: A three-dimensinal model of an organization

Abbildung 04: Atypische Beschäftigung und soziale Sicherung

1. Einleitung

Der Begriff des Tagelöhners und dessen Neuentstehung, Wieder- auferstehung, Wiedergeburt etc. wurde und wird in den letzen Jahren in Print- und Funkmedien sowie im Fernsehen häufig und heftig diskutiert. Durch Fakten, wie beispielsweise hohe Arbeitslosenquote, sich häufende Insolvenzverfahren, zunehmende Verschuldungen von Privat- haushalten oder zunehmender Anzahl derer, die sich selbst-ständig machen, sind Wasser auf den Mühlen all jener, die diesen wissenschaftliche Ansatz unterstützen. Ob diese Nachrichten und Gerüchten wissenschaftlich Tragbar sind oder ob es sich nur um eine nicht signifikante Minderheit handelt, wird in dieser Diplomarbeit untersucht und abschließend Stellung genommen.

Einleitend kann gesagt werden, dass Unternehmen und Betriebe versuchen, Störvariablen und Kostenkomponenten in ihrer Produktion oder Dienstleistung so gering wie möglich zu halten, um ihren Gewinn zu maximieren. Daher wird versucht, die zumeist größte Kostenkomponente zu verringern - die Personalkosten. Es werden nicht mehr, wie noch vor 40 Jahre üblich, unbefristete Arbeitsverträge geschlossen, sondern verstärkt befristete. Laut Medienberichten werden Mitarbeiter mit Praktikantenverträgen wieder und wieder beschäftigt. Personal wird von Zeit- oder Leiharbeiteragenturen ausgeliehen. Das Risiko einer dauerhaften Beschäftigung wird so umgangen. Bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage kann das Unternehmen flexibel reagieren und beispielsweise nicht benötigtes Personal unproblematisch und vor allem schnell und kostengünstig freisetzen kann.

Es zeichnet sich eine Risikoverlagerung zur Seite der Arbeitnehmer hin ab. Früher hatte der Arbeitnehmer selbst bei einer schlechten wirtschaftlichen Situation die Sicherheit eines unbefristeten Arbeits- vertrages, die ihm sein monatliches Einkommen garantierte. Heute werden solche Verträge seltener abgeschlossen und zudem ist der Begriff des „Lebensberufs“, wie er in Deutschland für Jahrzehnte bekannt war, obsolet geworden. Ein Arbeitnehmer sollte es in seinem beruflichen Werdegang anstreben, wenn er bei schlechter Konjunktur oder wirtschaftlichem Engpass nicht um seinen Arbeitsplatz bangen möchte, sich in welcher Form auch immer, unentbehrlich zu machen. Hat er dieses geschafft, so kann das Unternehmen auf ihn nur schwerlich verzichten. Sollte es trotzdem zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen, so er durch seine speziellen Qualifikationen, die ihn eigentlich unentbehrlich machen sollten, auf dem Arbeitsmarkt den Vorteil gegenüber seinen Mitkonkurrenten, dass er spezielle Fähigkeiten vorweisen kann, die nicht viele auf dem Arbeitsmarkt besitze.

Daher werden in dieser Diplomarbeit zwei verschiedene Typen der Erwerbsarbeit vorgestellt, zum einen der Selbstständige und zum anderen der Arbeitskraftunternehmer. Anhand dieser Typen und deren wirtschaftlichen Umfeld soll erforscht werden, ob es den Tagelöhner der vergangenen Jahrhunderte heute noch gibt und wenn ja, wie diese Form heute aussieht und wie diese Arbeitstypen auf dem Arbeitsmarkt bestehen können.

Auf Grund der Tatsache, dass sich durch die neuen Typen der Erwerbsarbeit die Struktur von Arbeit in der heutigen Zeit und vor allem in der Zukunft generell ändern könnte, ist dieses Thema ein zentraler Punkt der öffentlichen Debatten. Da in unsere Gesellschaft Arbeit und Geld einhergehen und diese entscheidend für unser Leben verantwortlich sind, wäre ein möglicher, grundlegender Wandel dieser Bedingungen überprüfungswert. Denn sollte sich ein Wandel vollziehen, so hat dieser Auswirkungen auf fast alle Bereich des menschlichen Lebens, angefangen von der Schulebildung und -erziehung, über die berufliche Bildung, das Privat- und Beziehungsleben von Paaren und Familien, der sozialen Absicherung usw.

1.1 Theoretische Grundlagen der Analyse

Um menschliche Störvariablen zu minimieren, versuchen Unternehmen Mittel wie: Outsourcing Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen Beschäftigung von Selbstständigen Personalbeschaffung von Zeitarbeitsfirmen

Versuch, dass Kündigungsschutzgesetz zu lockern (oder gar abzuschaffen) einzusetzen. Alle diese Maßnahmen führen zu einer Risikoverlagerung in Richtung des Arbeitnehmers bzw. des Freiberuflers. Dass diese nicht ohne Folgen bleibt, scheint selbstverständlich. Man sollte bei der Betrachtung der Folgen dieser „Umstellung“ nicht nur die wirtschaftliche Seite analysieren, die durch dieses Phänomen nicht nur Vorteile hat, sondern auch die soziale Seite (der Arbeitnehmer und deren Familien).

Die Unternehmer o.ä. versprechen sich von dieser Handlung eine bessere Bilanz, mit einem höheren Gewinn in der Quartalsbilanz. Dies wird nämlich von Aktionären und Shareholdern gefordert - möglichst rentabel zu sein, die Ausgaben zu minimieren und den Gewinn zu maximieren. Auf kurze Sicht trifft dieses auch zu, da die Ausgaben auf der Personalseite gekürzt werden und bei gleich bleibendem Absatz der Gewinn maximiert wird. Allerdings kann dieses System auf lange Sicht nicht zu einer Gewinnmaximierung führen, da einerseits das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen fehlt, da sie bei jeder schwächeren Phase der Wirtschaft Angst haben, ihren Job zu verlieren und andererseits ist die strategische Planung nicht auf langfristigen Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet ist. Diese lässt sich zumeist nur durch kontinuierliche Investition in Personal und Material herbeiführen. So gesehen ist der wirtschaftliche Erfolg nur von kurzer Dauer - ein Beispiel für ein ähnliches Problem ist General Motors. Um den Erfolg zu maximieren, haben sie vor Jahren ihre technische Weiterentwicklung fast komplett eingestellt. Dies schaffte zwar kurzzeitig einen überdurchschnittlichen Gewinn, aber wenn man sich die Qualität und Technik von GM heute anschaut, liegt diese weit hinter ihrer Konkurrenz und die letzten „schwarzen Zahlen“ wurden auch vor langer Zeit geschrieben. Der Arbeitnehmer seinerseits hat nicht mehr, wie im Vergleich zu früher, die Planungssicherheit, um beispielsweise eine Familie zu gründen. In Systemen mit einem komplett liberalen Markt und Arbeits- markt ist dies zwar auch nicht der Fall, aber die Frage stellt sich, ob wir diese Verhältnisse auch in Deutschland haben wollen. Es gibt eine große Schicht, die nur mittels 2 oder 3 Jobs ihre Existenz sichern kann. Eine weiter Schicht, die man „Working Poor“ nennt und nur mit Hilfe einer soziale Wohlfahrt, das Existenzminimum erreicht und zum Schluss gibt es eine Schicht, die nur aus ein paar wenigen besteht, denen aber fast alles gehört und die fast alles besitzen.

Da der einzelne Arbeitnehmer oder beschäftigte Selbstständige nicht weiß, ob sein Zeitvertrag verlängert wird oder ob er anschließend einen neuen Werksvertrag bekommt, setzt er alles daran, das Maximale, im Sinne von Eigenprofit, aus dem jetzigen Arbeitsverhältnis heraus- zuholen. Im Klartext kann dies auf der Ebene eines Managers heißen, dass er versucht, in der Kürze der Zeit den Unternehmenswert gezielt und künstlich auf einen Maximalstand zu bringen, um eine gute Bilanz vorweisen zu können. Dies geschieht zumeist auf Kosten der Zukunfts- sicherung, da man für diese heute Geld investieren muss, dass sich aber erst sehr viel später bezahlt macht (lange nachdem der Manager weg ist). Da dies aber kontraproduktiv zur jetzigen Bilanzerhöhung ist, wird dies eher selten durchgeführt und der Manager kann sich mit einer guten Bilanz und einer guten Abfindung absetzen. Zurück bleibt ein Betrieb, dem es ähnlich wie GM gehen wird1. Durch Vereinfachung der bisherigen Anforderung und Unterteilung von einzelnen Arbeitsschritten wird der Herstellungsprozess stark vereinfacht, mit dem Ziel, neue Mitarbeiter schneller anlernen zu können, um somit eine breitere Masse an Arbeitnehmer ansprechen zu können. Die Folge ist eine Senkung des Arbeitslohns, da eine Vielzahl von Bewerbern zur Verfügung steht. Durch Zeitverträge wird die Situation weiterhin verschärft und eine moderne Form des Tagelöhners ist entstanden, der ganz und gar vom Markt und seiner Arbeitskraft abhängig ist. Man könnte annehmen, dass die Wirtschaft versucht, das Angebot, an freien Stellen künstlich gering zu halten, indem die ausgeschriebene Stelle so zerteilt wird, dass nicht mehr ein, gut ausgebildeter Facharbeiter benötigt wird, sondern drei Ungelernte diese Arbeit verrichten können, die immer noch preiswerter sind als der Facharbeiter. Durch eine steigende Nachfrage nach Arbeitsplätzen und hohen Arbeitslosenzahlen kann ein Unternehmen die Lohnkosten für diese Tätigkeiten gering halten, da man bei einer großen Auswahl von Bewerbern meist einen findet, der sich mit dem veranschlagten Lohn zufrieden gibt.

1.2 Vorgehensweise

Um diese These verifizieren oder falsifizieren zu können, müssen erst einmal die verschiedenen Faktoren dargestellt, analysiert und verglichen werden. Das Ganze geschieht in einer systematisch zeitlichen Betrachtungsweise. Zuerst wird der Tagelöhner des ausgehenden 19. Jahrhunderts dargestellt, da es um die Wiedergeburt dieser Arbeitsverhältnisse geht. Anschließend wird der Blick auf die heutige Ausgangsposition gewendet, dem „typischen Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis“ Mitte des letzten Jahrhunderts, da in unseren Köpfen noch immer dieses Verständnis von Beruf, Karriere, Arbeitsplatzsicherheit und Erwerbsarbeit haftet. Von diesem typischen oder normalen Arbeitsverhältnis wird der nächste Schritt unternommen, die Analyse der heute geltenden Grundlagen für Arbeit. Hierbei wird in drei Kategorien unterschieden, einmal der wirtschaftliche Bereich, dann die Sichtweise und Arbeitgeber und zum Schluss die rechtliche Seite.

Im zweiten Schritt dieser Diplomarbeit wird der Arbeitskraftunternehmer vorgestellt. Dieser Typus von Arbeiter wird laut Literatur in den nächsten Jahrzehnten die Berufsarbeiter ablösen und damit auch neue Maßstäbe setzen, sei es in der Ausbildung, Weiterbildung und in seinem sozialen Umfeld. Anforderungen an ihn werden aufgezählt, wie er im Arbeitskampf bestehen könnte und wie er trotz der Risikoverschiebung und Unsicherheit trotzdem einen gewissen Halt am Arbeitsmarkt finden könnte. Er ist nicht automatisch ein Selbstständiger, aber weit entfernt davon ist er auch nicht. Den Abschluss dieses Teils bildet ein Vergleich, ob die Arbeitskraftunternehmer bzw. die Selbstständigen nicht bloß die Tagelöhner der heutigen Zeit sind, nur mit einem neutralen Namen versehen, der nicht, wie der Tagelöhner, aus der Vergangenheit negativ besetzt ist.

2. Der Tagelöhner des ausgehenden 19. Jahrhunderts

Diese verschiedenen Formen der Risikoverschiebung, mit Selbst- ständigen und Arbeitskraftunternehmer, sind keine neuen Erfindungen oder ein Phänomen, das es noch nicht gegeben hat. In der Vergangen- heit gab es ähnliche Arbeitsbedingungen. Allerdings wurden diese Dank überbetrieblicher Interessenvertretungen wie beispielsweise Gewerk- schaften oder der Politik ganz allgemein, zum größten Teil abgeschafft oder so umgestaltet, dass sie arbeitnehmerfreundlicher wurden. Damit wurde mehr Sicherheit, nicht nur im rechtlichen Sinne, geschaffen und Arbeitnehmer konnten nicht mehr so ausgebeutet werden, wie dies noch bis hin zum Kaiserreich möglich war. Das folgende Kapitel soll Aufschluss darüber geben, wie die vergangene Generation der Tagelöhner gelebt und gearbeitet haben.

Um den Begriff des Tagelöhners greifbar zu machen und damit später vergleichbar, wird zuerst einmal der Begriff eingegrenzt und in einen zeitlichen Kontext gesetzt. Weiterhin wird die Thematik der wirtschaftlichen Situation und der „Unternehmenspolitik“ beleuchtet. Die Rechte der Tagelöhner sind zum Schluss dargestellt.

2.1 Begriffseingrenzung

Es gibt mehrere Arten von Tagelöhnern. Die beiden häufigsten sind zum einen die festen Tagelöhner, auf dem Land auch „Häuslinge“ genannt, und zum anderen die freien Tagelöhner. Auf dem Lande sind alle Gruppen vertreten, in der Stadt allerdings fand man fast nur den freien Tagelöhner.

Der feste Tagelöhner auf dem Land lebte meistens in einem Haus oder einer Wohnung, die er von seinem Arbeitgeber (in vielen Fällen arbeitete der feste Tagelöhner nur für diesen einen Arbeitgeber) gemietet hatte. Dazu gehörte meist auch ein Stück Garten- oder Kartoffelland, das er ebenfalls vom Arbeitgeber gegen eine Pachtgebühr „sein Eigen“ nennen durfte. Miete und Pacht wurden mit dem Arbeitslohn verrechnet (vgl. Schildt 1986, S. 33).

Als Tagelöhner im eigentlichen Sinne ist der freie oder landlose Tagelöhner gemeint. Er hatte keine dauerhafte vertragliche Bindung wie der feste Tagelöhner und musste sich um die Unterkunft und Verpflegung immer wieder aufs Neue selber kümmern. Diese Gruppe der Tagelöhner bestand zumeist aus unehelichen Kindern, hängen- gebliebenen Soldaten oder nicht erbenden Söhnen oder Töchtern (vgl. Simon 1995, S. 29). Sie waren zumeist Wanderarbeiter und ver- richteten saisonale Landarbeit oder verschiedene Handwerke (vgl. Simon 1995, S.31). Gegen Miete wohnten sie bei festen Tagelöhnern oder Bauern. In der Stadt taucht der freie Tagelöhner als Hilfsarbeiter oder Handarbeiter auf und ist in Abgrenzung zum Lohnarbeiter zu sehen, der für seine Tätigkeit eine Qualifizierung hat (vgl. Simon 1995, S. 35).

„Diese <<gemeinen Tagelöhner>> hatten keinen festen Arbeitsplatz und keine gleichartige Berufstätigkeit. Sie gehörten keiner Zunft an. Sie erhielten die geringsten Löhne, waren in hohem Maße von Armut bedroht und standen in der sozialen Hierarchie der Städte noch unter den Dienstboten.“ (Simon 1995, S. 35)

2.2 Die wirtschaftliche Situation

Ab dem 18. Jahrhunderts begann die Phase der Industriellen Revolution in England und im 19. Jahrhundert auch in Deutschland. Bis dato arbeiteten die meisten Menschen in kleinen Betrieben, die meist maximal fünf Mitarbeiter hatten und patriarchalisch geführt wurden. Dies waren sowohl handwerkliche Berufe als auch vorindustriell arbeitende Betriebe, wobei die Agrarwirtschaft noch der „Haupt- arbeitgeber“. Mit Beginn der industriellen Revolution änderte sich dieses Verhältnis (vgl. Berghahn 2001, S.78). Dank der Erfindung der „Arbeitsteilung“ von Taylor und Smith war es möglich, größere Industrien aufzubauen und gerade die Herstellung von Textilien wurde stark vereinfacht und stand neben der Schwerindustrie im Vordergrund. Man benötigte, Dank der Arbeitsteilung, keine Fachkräfte mehr, die auf diesem Handwerk spezialisiert waren. Man hatte die Arbeitsschritte so weit zerteilte, dass man faktisch jeden ungelernten Arbeitnehmer in diesen Herstellungsprozess einbinden konnte. Die Tätigkeiten konnten von jedem in kürzester Zeit erlernt werden. Somit waren nur noch zur Beaufsichtigung, Qualitätskontrolle und Endabnahme Fachkräfte, wie beispielsweise Meister, nötig.

Die Vereinfachung der Produktion hatte zur Folge, dass Fachbetriebe in der damaligen Form kaum eine Überlebenschance hatten, da deren Produkte nicht mit den industriell gefertigten konkurrieren konnten. Sie brauchten zur Fertigstellung zu lange und waren viel teurer. Somit waren die Arbeiter der Fachbetriebe gezwungen, sich auch der industriellen Produktionsweise zu bedienen oder sich industriellen Unternehmen anzuschließen. Wanderarbeiter oder Tagelöhner wurden auch hier in großer Anzahl beschäftigt. Diese Tendenz war zuerst in den Städten zu sehen. Allerdings blieben Produkte wie Möbel noch in der Hand der Handwerker, da die industriell hergestellten meist noch von schlechter Qualität waren (vgl. Schildt 1986, S. 337f).

Das Stichwort der „Landflucht“ ist weiterhin kennzeichnend für die damalige Situation. Menschen vom Lande, die dort keinen eigenen Hof besaßen oder erbende Kinder sowie Gesinde, Tagelöhner oder uneheliche Kinder waren, zogen in die Stadt, in der Hoffung, dort ein besseres Leben führen zu können und eine bessere Arbeit mit höheren Löhnen zu finden (vgl. Kiesewetter 1989, S.132f). Gerade der Drang nach mehr Freiheit und Selbstständigkeit war sehr hoch, da man auf dem Land direkt „unter“ dem Herrn arbeiten musste, dessen physische Nähe keine Distanz im „Privatleben“ zuließ und der Arbeiter immer verfügbar sein musste (vgl. Schildt 1986, S. 286).

Alles in allem kann man sagen, dass die wirtschaftliche Situation Ende des 19. Jahrhunderts so aussah: Die industrielle Fertigung war auf dem Vormarsch und es wurden dort auch sehr viele Arbeitnehmer beschäftigt. Die landwirtschaftlichen Betriebe hatten nicht mehr den Stellenwert wie noch 50 - 100 Jahre davor und handwerkliche Betriebe bekam durch den Vormarsch der Industrie ernstzunehmende Konkurrenz.

2.3 Die damalige „Unternehmenspolitik“

„Diese waren hausindustrielle, gewerbliche Produzenten, Kleinpächter und Landarbeiter in einem, also selbstständig und unselbstständig zugleich, und standen gegenüber den Bauern, der ihnen Wohnung und Land verpachtete und dem sie dafür als Landarbeiter verpflichtet waren, in einer umfassenden quasi-feudalen Abhängigkeit, die als <<Sklaverei>> bezeichnet wurde.“(Mooser 1981, S.184)

Die Rede ist hier vom festen Tagelöhner auf dem Land. Dieser musste bei der Bereitstellung seiner Arbeitskraft auch immer zuerst die Felder des Bauern oder Gutsherren bestellen und erst nach dort getaner Arbeit konnte er sich um sein eigenes Stückchen Ackerland kümmern, welches zur Ernährung für ihn und seiner Familie diente. Ergo war der Arbeiter und seine Familie auf diese Arbeitskraft angewiesen, denn da es noch kein soziales Sicherungssystem oder Arbeitsschutz o.ä., wie beispielsweise heute gab. Bei Krankheit oder schlimmstenfalls beim Tod des Familienvaters war kein Einkommen mehr vorhanden und die Felder konnten auch nicht bestellt werden (vgl. Simon 1995, S.235ff).

In der Stadt war die Situation ähnlich. In Fabriken, Manufakturen oder ähnlichem wurde der Arbeiter nach seiner täglichen Arbeit entlohnt. Wenn dieser durch Krankheit nicht arbeiten konnte, bekam er dementsprechend auch kein Geld. Der Arbeitgeber hatte keine Verpflichtung bei Krankheit oder Tod des Arbeiters weiter Lohn oder Witwenrente zu zahlen oder dessen Familie zu versorgen (vgl. Simon 1995, S. 236).

Die damalige Unternehmenspolitik ist, genau wie heute auch, auf Gewinnmaximierung aus. Der Arbeitnehmer spielte eine untergeordnete Rolle und war das Mittel zum Zweck, den Gewinn und das Prestige zu maximieren. Manufakturen und Fabriken wollten Erfolg verzeichnen und durch die positive Wirtschaftslage brauchten sie auch keine Angst zu haben, Verluste zu machen, da die Industrie auf dem Vormarsch war und boomte.

2.4 Die Rechte des Tagelöhners

Grundsätzlich wollte der Staat, dass ein Arbeiter ein Dienstverhältnis mit einem Arbeitgeber eingeht, um somit die Tagelohnarbeit zu verhindern. Allerdings wurde diese Arbeit von der Obrigkeit trotzdem zugelassen, da man gerade in der Stadt auf die preiswerten Packer und Schlepper angewiesen war, die den Händlern die Waren auf dem Karren durch die Stadt schoben und in die Speicher trugen oder auf den Markt schleppten. Tagelöhner mussten die gleichen Steuern wie die Bürger zahlen. Dies war meist der Lohn von mehrerer Tagen eines Monats für den ganzen Monat. Man versuchte dadurch die Tagelöhner zu dauerhafter Arbeit zu nötigen (vgl. Simon 1995, S. 28f).

Gerade bezüglich der Vergütung der Taglohnarbeit gab es viele Probleme und es wurde genau geregelt, wie lange ein Arbeitstag war, wie lange Pause zu machen sei und dergleichen mehr. Weiterhin wurde der Arbeitgeber vom Gesetzgeber angehalten, die Tagelöhnern bei der Arbeit genau kontrollieren sollte, damit diese nicht trödeln oder sogar Produktionsmittel (Äxte, Schaufel, etc.) stahlen. In vielen Städten wurde mit dem so genannten „Maximallohn“ gearbeitet. Dieser schrieb für jede Beschäftigung einen maximalen Tagessatz vor. Dies wurde vom Staat initiiert, um den Bauern eine kostengünstige Produktion von Getreide möglich zu machen (vgl. ausführlich Simon 1995, Kap. 4).

Der Tagelöhner war von seinem Stand und Ansehen her ganz unten anzusiedeln, noch tiefer als das Gesinde eines Bauern. Da die wenigsten feste Tagelöhner waren, sondern eine Vielzahl eher freier Tagelöhner oder Wanderarbeiter, wurden diese nicht gerne in Dörfern gesehen und durften auch die Gemeinschaftsgebäude, wie Wirts- oder Gasthaus oder Marktplätze nicht betreten. Ausnahmen wurden nur manchmal beim Viehabtrieb gemacht oder wenn dem Bauern beim Tragen der Waren zum Markt geholfen werden sollte (vgl. Simon 1995, S. 28f). Es war ihnen gestattet zu heiraten und eine Familie zu gründen, dies war wiederum dem Gesinde nicht erlaubt und deshalb gab es gerade in diesem Punkt eine hohe Fluktuation vom Gesinde zu den Tagelöhnern.

Zu erwähnen sind noch die sozialen Sicherungssysteme der damaligen Zeit. Absicherung gegen Armut, Arbeitslosigkeit oder Krankheit wurden erst am Ende des 19. Jahrhunderts durch Bismarcks Sozial- gesetzgebung eingeführt. Davor gab es die Armengesetze und die Armenpolitik. Diese sahen so aus, dass sich die Städte und Dörfer prinzipiell selber um ihre Bedürftigen kümmern mussten. Zumeist wurde Not und Armut auf Faulheit oder ungenügende Arbeitsleistung zurückgeführt und kaum wirtschaftliche Gründe dafür gesucht, Über- angebot und geringe Nachfrage etc. und deshalb wurde eine Unterstützung verwehrt. Gerade der Tagelöhner, der seine Arbeitskraft am Markt anbietet, könne daher schwerlich arbeitslos werden, da er ja immer die Möglichkeit besitze, sich mit dieser Kraft anzubieten und nur zu faul sei, wenn er nicht arbeite, so die damalige Sichtweise. Die staatlich gewährte Unterstützung für Arme sah drei Hilfsmittel vor: die Verpflegung in Armenhäusern oder Hospitälern, die Unterstützung durch eine Armenkasse oder durch die Erlaubnis betteln zu gehen, was damals verboten war und nur in den seltensten Fällen erlaubt wurde, Tagelöhner erhielten jedoch so gut wie nie staatliche Unterstützungen (vgl. ausführlich Simon 1995, Kap. 8).

3. Das „typische Arbeitsverhältnis“ ab den 1960er Jahren in Deutschland

Die jetzige Unzufriedenheit bzw. Unsicherheit in Bezug auf Arbeitsplatzsicherheit und Zukunftsängste der Arbeitnehmer kommt nicht von ungefähr und hat in den Beschäftigungsverhältnissen der Vergangenheit seinen Ursprung. Mitte des letzten Jahrhunderts war es üblich, dass man einen erlernten Beruf und diesen zumeist ein Leben lang ausüben konnte, meist auch bei ein und demselben Arbeitgeber. Diese Umstände gaben natürlich Planungssicherheit für die eigene Zukunft und die der Familie. Man konnte langfristig planen, beispielsweise ein Haus bauen oder kaufen. Woher aber kommt diese Sicherheit? Diesen und weiteren Fragen wird im folgenden Kapitel nachgegangen und es wird aufgezeigt, dass auch Berufe, für die mittleren oder niedrigen Qualifikationen erforderlich waren, Pers- pektiven hatten und auch diese Arbeitnehmer Zukunftssicherheit besaßen. Mit dieser Frage geht auch die Stellung der gesellschaftlichen Macht einher. Da der Veränderung von allgemeinen gesellschaftlichen Bedingungen meist eine Veränderung der Machtstrukturen voraus- gegangen ist.

3.1 Die gesellschaftlichen Machtverhältnisse

Um dies Frage der gesellschaftlichen Macht und deren Trägern zu beantworten und wer diese innehaben könnte, muss zuerst einmal geklärt werden, was man überhaupt unter Macht versteht.

„Macht und Herrschaft sind im allgemeinen, umfassenden Sinne ein soziales Verhältnis, in dem die Beziehungen zwischen einzelnen Menschen, zwischen Gruppen oder Klassen, schließlich zwischen Staaten durch Über- und Unterordnung, durch Befehl und Gehorsam bestimmt werden. Es handelt sich um ein in allen Gesellschaften und Statten für ihren Aufbau, ihr Wesen und Funktionieren bedeutsames Grundverhältnis“ (Döhn 1995, S. 519).

Max Weber beschreibt seinen Idealtypus der Macht, der DÖHN auch als Grundlage dient, wie folgt: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (Weber 1965, S. 28). Dieser Ansatz kann auch auf die Gesellschaft angewendet werden, allerdings ist es dabei schwer, die Akteure genau zu bestimmen. Die Grundstruktur der Macht in einem Staat besteht aus den Gesetzen und den dazugehörigen Gewalten, die die Gesetze aufstellen, anwenden und durchsetzen. Im besten Fall sind alle diese Parteien demokratisch gewählt, sodass man von einer demokratischen Herrschaft ausgehen kann. Diese drei Gewalten bilden faktisch die Macht in einem Staat. Hinzu kommen Gruppen, die Beeinflussung in diesen Kreis haben möchten, da sie ein Interesse an Staat und Gesellschaft haben, wie beispielsweise Unternehmen, Gewerkschaften, organisierte Interessen- gruppen (z.B. ein Automobilclub, Vereine). Zudem versuchen nicht nur „interne“ Gruppen die Macht zu ihren Gunsten zu verändern, sondern auch „externe“ (benachbarte Staaten, Unternehmen aus anderen Ländern). Dieses Beziehungsgeflecht ist hier nur schematisch dargestellt und damit noch leicht zu überschauen, wohingegen die Realität schwieriger zu erfassen ist. Daher ist leicht vorstellbar, dass Machtverhältnisse und -strukturen in einer Gesellschaft schwer zu entschlüsseln ist und wenn, dann nur skizzenhaft und vereinfacht.

„Der Besitz der Staatsmacht oder der Einfluß auf die Staatsmacht gibt einzelnen, Gruppen oder Parteien die Möglichkeit, in Staat und Gesellschaft den eigenen Willen auch gegen das Widerstreben anderer durchzusetzen“ (Döhn 1995, S. 520). Der hier angesprochne Punkt der Beeinflussung der Staatsmacht ist im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Macht ein wichtiger Punkt, da man mit Hilfe dessen die Ausprägung oder eine Veränderung der Macht sehen kann. Es kommt darauf an, wer die Staatsgewalt versucht zu beeinflussen, mit welchen Mittel und mit welcher Beharrlichkeit.

Maßgebliche Größen in dieser Frage sind die Politik, die Unternehmen, die Arbeitnehmerverbände, die Umwelt und ihr historischer Bezug, wie hier die Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges. Die deutsche Wirtschaft wurde wieder aufgebaut, es gab einen großen Bedarf an Gütern jedweder Art, die die Industrie herstellen konnte. Die Beschäftigungs- lage war sehr gut, der einzelne Arbeitnehmer brauchte sich über Entlassung oder Arbeitslosigkeit keine Sorgen zu machen, da ein so großer Bedarf an Arbeitskräften vorhanden war, dass man in Deutschland sogar „Hilfsarbeiter“ aus dem Ausland holte. Arbeitnehmerverbände und Gewerkschaften einigten sich mit Politik und Arbeitgeberverbänden auf weiterführende Arbeitsgesetze zum Schutz des Arbeitnehmers. Da zu dieser Zeit kaum einen Mangel an Arbeit, Geld oder Sonstigem bestand, gab es keinen Grund, der jeweils Beteiligten, die Reichweite und Kraft der eigenen Macht auszutesten.

3.2 Karriere- & Lebensphasen des typischen Arbeitsverhältnisses

Das typische Arbeitsverhältnis ab den 1960er Jahren in Deutschland lässt sich gut anhand der Karriere- und Lebensphasen in Anlehnung an SCHEIN (1978) erklären.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Karriere- und Lebensphasen Quelle: Berthel / Becker 2003, S. 341

Wenn man dieses Modell zusammenfasst und einen typischen

Lebensweg aufzeichnen sollte, sähe dieser wie folgt aus:

Der Arbeitnehmer wird geboren, wächst in seinem Elternhaus auf, geht zur Schule, beendet diese erfolgreich und beginnt danach eine Berufsausbildung. Durch sein privates und soziales Umfeld lernt er den zukünftigen Lebenspartner kennen. Nach Abschluss der Ausbildung wird er entweder direkt vom Betrieb übernommen oder bekommt innerhalb kürzester Zeit eine Anstellung bei der Konkurrenz. Da mit Eintreten in die Berufswelt die berufliche und finanzielle Sphäre gesichert ist, kann er mit seinem Partner zusammenziehen, vielleicht sogar ein Haus bauen oder kaufen und Kinder zeugen. Durch Beruf, Privatleben und weiteren Wünschen stellt sich seine Karriere- orientierung und der damit verbundene Lebensstil heraus (frühe Karrierephase beendet).

Die Entscheidung, in diesem Unternehmen zu arbeiten, erweist sich erst dann als richtig oder falsch, wenn die reguläre Arbeitsleistung erbracht wird und er mitten im Karriereaufstieg ist oder gerade nicht. In der mittleren Karrierephase überdenkt der Arbeitnehmer, ob er alles bislang richtig gemacht hat. Seine (zumeist zwei Kinder) sind mittlerweile so alt, dass diese das Elternhaus verlassen. Dadurch entsteht ein Wandel im Privatleben, das sich oftmals auch mit neuen Freunden definiert, da nicht mehr die alten Gewohnheiten vor- herrschen. Beruflich stehen die anfänglich geplanten Beförderungen an, da sein Leistungspotential voll ausgeschöpft wird. Ist dies nicht der Fall, so kommt der Gedanke, sich neu zu orientieren und bei einem anderen Unternehmen quer einzusteigen (Ende der mittleren Karrierephase).

In der späten Karrierephase kommt eventuell bei sehr guter Leistungserbringung die Beförderung in den Vorstand, wo man als Mentor für Berufsanfänger fungiert und von der eigenen Karriere erzählt und weise Ratschläge bis zur Pensionierung verteilt. Da die damit verbundene „Arbeitslosigkeit“ nicht in das Leben der vorhergehenden 40 Jahre passt, engagiert man sich ehrenamtlich und gemeinnützig wie z.B. im Taubenzüchterverband o.ä.. Durch den Tod von Freunden und vielleicht sogar des Lebenspartners kommt eine gewisse Ungewissheit, die einen dazu bringt, das eigene Leben noch mal kritisch zu reflektieren, um sich zu vergewissern, ob man alles richtig gemacht hat (Ende der späten Karrierephase).

Die von MASLOW entwickelte Bedürfnispyramide wurde durch das Modell von SCHEIN ergänzt und beide Modelle stehen sinnbildlich im Einklang miteinander. Die Arbeit erfüllt alle fünf Kriterien dieser Pyramide - körperliche Bedürfnisse, Sicherheit, soziale Beziehungen, soziale Anerkennung und Selbstverwirklichung (vgl. Maslow 2002, S. 62ff.). Die Stufe der Selbstverwirklichung hat die größte Spannweite und kann somit auch auf vielfältigste Art und Weise ausgelebt werden. „Auf diesem Niveau sind die individuellen Unterschiede am größten“ (Maslow 2002, S. 74).

Durch den Ausbildungsberuf und die noch stark konservativ geprägte Gesellschaftsstruktur ergibt sich dieser typische Verlauf eines Arbeiterlebens. Da die wirtschaftliche Lage noch nicht Globalisierungs- tendenzen unterlag, wie heutzutage, war es für einen Arbeiter möglich, sein ganzes Berufsleben in dem Unternehmen zu arbeiten, in dem er als Auszubildender angefangen hat, dies war keine Seltenheit. Weiterhin ist auch für einen Arbeiter mit vergleichsweise niedrigen Qualifikationen eine Sicherheit für die Zukunft gegeben und dieser hatte die gleichen Perspektiven wie beispielsweise ein Arbeiter mit besserer Ausbildung (Arbeitsplatzsicherheit und Vollzeitbeschäftigung).

4. Die Veränderungen der allgemeinen Grundlagen

Anhand verschiedener Faktoren kann man beobachten, dass in der heutigen Zeit das „typische Arbeitsverhältnis“ kaum noch Bestand hat. Zunehmend findet eine Risikoverschiebung in Richtung Arbeitnehmer bzw. Selbstständigen statt, damit verbunden ist auch eine Ver- schiebung der Machtverhältnisse. Wie dies geschieht und mit welchen Mittel Unternehmen versuchen das Risiko eines unbefristeten Arbeits- vertrages zu umgehen, wird im folgenden Kapitel erläutert. Dabei wird zuerst auf die wirtschaftlichen Gründe eingegangen, um die Argu- mentation der Unternehmensführung aufzuzeigen. Anschließend wird die Reaktion dargestellt, wie Unternehmen ihre Politik ausführen, um möglichst viel Flexibilität bei der Produktionsgestaltung genießen zu können. Des Weiteren wird noch ein Blick auf das Arbeitsrecht geworfen, da dieses arbeitnehmerfreundlich gestaltet ist und gerade deswegen Arbeitgeberverbänden und Unternehmen ein Dorn im Auge ist, da sie dieses gelockert sehen möchten, um mehr Flexibilität im Umgang mit Mitarbeitern zu haben.

4.1 Die wirtschaftlichen Gründe

Im Interesse der Unternehmen ist es, die wirtschaftliche Lage vorher- zusehen und genau zu beschreiben, was in den nächsten Tagen, Monaten oder Jahren passieren wird. Wie sich der Markt entwickeln wird, ob der eigene Absatz steigen oder fallen wird, ob die neuen Produkte innovativ sind und beim Abnehmer auf Zuspruch treffen. Um solche Vorhersagen machen zu können, müssen eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt und bewertet werden, wobei dies nur Personen bezogen geschehen kann und es keine Sicherheit auf Erfolg gibt. Faktoren wie Kaufentscheidung des Kunden, Marktanteile oder Kaufkraft des Konsumenten sind Beispiele, die in die Beurteilung mit einfließen müssen. Diese Elemente waren in der Vergangenheit wichtig, sind es in der Gegenwart geblieben und werden aller Voraus- sicht nach auch zukünftig eine Rolle spielen. Allerdings finden Unter- nehmen mittlerweile ein veränderte Ausgangsposition vor. Stichworte wie Globalisierung, Wettbewerbsfähigkeit oder Innovationsführerschaft sind in den Vordergrund getreten und zwingen zum Handeln.

4.1.1 Globalisierung

Giddens beschrieb 1990 Globalisierung folgendermaßen: „Globalisation can thus be defined as the intensification of worldwide social relations which link distant localities in such a way that local happenings are shaped by events occurring many miles away and vice versa.

[...]


1 Dieses Beispiel ist mit Absicht übertrieben und karikierend dargestellt, um den Kontrast zu verschärfen und die überzeichnende Situation darzustellen.

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Die Renaissance des Tagelöhners
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Professur für Personalwesen insbesondere Personalauswahl und -entwicklung )
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
84
Katalognummer
V84389
ISBN (eBook)
9783638878968
ISBN (Buch)
9783638878982
Dateigröße
1291 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Renaissance, Tagelöhners, Arbeitskraftunternehmer, Ich-AG, Selbstständiger, Risikoverschiebung
Arbeit zitieren
Dipl. Päd. Mario Gentz (Autor:in), 2007, Die Renaissance des Tagelöhners, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84389

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