Mit der Wahl Tadeusz Mazowieckis zum ersten freien Ministerpräsidenten in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg (24. August 1989) endete die jahrzehntelange Herrschaft eines autoritären Regimes von sowjetischen Gnaden. Zu dieser Zeit lag die DDR ebenfalls in ihren letzten Atemzügen.
Mit dem Rücktritt Erich Honeckers am 18. Oktober war das System bereits kollabiert.
Neben den offiziellen Beziehungen der beiden ‚Bruderstaaten’ gehört die Betrachtung oppositioneller Betätigungen zu den am häufigsten bearbeiteten Themen.
Hierbei kommt es stets zu sehr ähnlichen Ergebnissen, gehört es doch zu wissenschaftlich unbestrittenen Tatsachen, dass sich in Volkspolen die Opposition sehr viel früher als Massenphänomen gezeigt hat als in der DDR.
Die Ursachen solcher Differenzen werden häufig in einer unterschiedlichen Durchherrschung der Gesellschaft beider Länder gesehen, welche die Rahmenbedingungen oppositioneller Betätigung darstellte. Diese Durchherrschung war in der DDR deutlich intensiver, erreichten es doch die Machthaber im ost-deutschen Rumpfstaat besser, ihr eigenes Wertesystem durchzusetzen und damit die Gesellschaft zu homogenisieren, während es beispielsweise in Polen nie gelang, die starke Stellung der katholischen Kirche zu neutralisieren oder die Landwirtschaft umfassend zu kollektivieren. Nicht unrichtig wird deshalb auf bessere Möglichkeiten oppositionellen Handelns in Polen verwiesen, die sich aus solchen gegensätzlichen Rahmenbedingungen ergaben. Der Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen ist ein anderer Aspekt, der als solcher zwar in vielen der angesprochenen Aufsätze und Bücher erwähnt wird, dies nicht selten aber eher beiläufig und ohne ausreichende Würdigung erfolgt. Es wird zunächst die These aufgestellt, dass es nicht nur die (exogenen) Rahmenbedingungen sind, die über Stärke und Erfolg einer oppositionellen Bewegung entscheiden und dies gerade im autoritären oder totalitären System. Über diese Rahmenbedingungen hinaus bedarf es nämlich einer Art oppositioneller Metaebene oder auch (nachfolgend bevorzugt) oppositioneller Sinnwelt, die über den Grad des Erfolges mitentscheidet. Solch eine Sinnwelt bildet gewissermaßen einen motivischen Überbau und legitimiert und stabilisiert Opposition auch außerhalb konkreter Betätigungs- und Konfliktfelder. Einen solchen Überbau finden wir gerade außerhalb demokratischer Systeme, wenn Oppositionsarbeit rechtlich eingeschränkt oder gar verboten ist.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung.
- B. Der Begriff der Nation ……………………………………….
- C. Polnische und deutsche Konstruktion der Gemeinschaftsvorstellung, Nation'.....
- I. Flucht in die Geschichte der Fall Polen....………………………
- II. ,,Deutsches Volk“ gegen „verderbte Nation“ – der Fall Deutschland .…………………………………..
- D. Opposition in der VR Polen und der DDR ...........
- I. Die Volksrepublik Polen.....
- 1. Der unvollendete Totalitarismus – Das Herrschaftssystem in Volkspolen....
- 2. Historische Kontinuitäten – Polnische, antikommunistische Opposition ......
- II. Die Deutsche Demokratische Republik........
- 1. Vom totalitären zum „spättotalitären Versorgungs- und Überwachungsstaat”
- 2. Die Antifaschismusfalle – Die Opposition in der DDR nach dem Mauerbau
- E. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht den Einfluss unterschiedlicher Nationalvorstellungen auf den Verlauf der antikommunistischen Opposition in der DDR und der Volksrepublik Polen. Im Zentrum steht die These, dass die unterschiedlichen Konzeptionen von Nation, neben den systemischen Rahmenbedingungen, zu unterschiedlichen Ausprägungen der Opposition führten.
- Untersuchung des Begriffs der Nation als vorgestellte politische Gemeinschaft.
- Analyse der spezifischen Gemeinschaftsvorstellungen in Polen und Deutschland.
- Bewertung des Einflusses dieser Gemeinschaftsvorstellungen auf die oppositionelle Arbeit in beiden Ländern.
- Bedeutung der nationalen Geschichte als Determinante für die oppositionelle Betätigung.
- Bedeutung des Konzepts der oppositionellen Sinnwelt für die Legitimation und Stabilisierung von Opposition.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die These auf, dass die unterschiedlichen Nationalvorstellungen in der DDR und der VR Polen einen entscheidenden Einfluss auf die Ausprägung der Opposition hatten.
- Der Begriff der Nation: Dieses Kapitel beleuchtet den Begriff der Nation aus soziologischer Perspektive als vorgestellte politische Gemeinschaft.
- Polnische und deutsche Konstruktion der Gemeinschaftsvorstellung, Nation: Dieses Kapitel vergleicht die spezifischen Nationalvorstellungen in Polen und Deutschland und zeigt wesentliche Unterschiede auf.
- Opposition in der VR Polen und der DDR: Dieses Kapitel analysiert die unterschiedlichen Ausprägungen der Opposition in beiden Ländern, wobei die Bedeutung der nationalen Geschichte und der oppositionellen Sinnwelt hervorgehoben wird.
Schlüsselwörter
Nationale Identität, Nationalvorstellung, Opposition, antikommunistischer Widerstand, DDR, Volksrepublik Polen, Systemvergleich, Totalitarismus, Geschichte, Oppositionelle Sinnwelt, Legitimation, Stabilisierung, Gemeinschaftsvorstellung, sozialistische Systeme, Flucht in die Geschichte.
- Arbeit zitieren
- Kai Posmik (Autor:in), 2006, Unterschiedliche Nationalvorstellungen als eine Ursache verschiedener Entwicklungsverläufe der antikommunistischen Opposition in der DDR und der Volksrepublik Polen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84440