Ich möchte mich in der folgenden Arbeit der Frage zuwenden, ob es ein historisches Konstrukt gibt, das als palästinensische 67/68er Generation bezeichnet werden kann. Dabei ist für mich, neben die geschichtliche Definition aus der Retrospektive, vor allem die Selbstdefinition verschiedener Zeitzeugen von Interesse. Aus diesem Grund liegen dieser Arbeit drei autobiografische Texte zugrunde, die in Bezug auf die Fragestellung untersucht werden.
Es wird zunächst eine theoretische Basis geschaffen, indem wichtige Aspekte aber auch methodische Probleme der Generations- und autobiografischen Forschung dargelegt werden. Ziel der Betrachtung ist es eine Definition für ‚Generation’ festzulegen, anhand welcher die untersuchten palästinensische Autobiografien eingeordnet und analysiert werden. Die theoretische Basis beruht dabei vor allem auf Überlegungen von Karl Mannheim in seinem Essay Das Problem der Generationen, wird aber noch um einige Aspekte erweitert. Zur Einordnung der autobiografischen Texte beziehe ich mich auf Überlegungen aus dem Feld der Selbstzeugnisforschung, um den Rahmen für die Untersuchung möglichst offen zu halten und nicht aufgrund von zu strengen Genredefinitionen, wie sie in der Autobiografieforschung existieren, auf wichtige Elemente verzichten zu müssen.
Nach der theoretischen Verortung folgt ein historischer Überblick über die palästinensische Geschichte von 1948 bis 1970 um Ereignisse herauszuarbeiten, die für eine mögliche 67er Generation von entscheidender Bedeutung gewesen sein könnten. Dabei werden geschichtliche Daten bereits mit persönlicher Wahrnehmung und Deutung aus den Selbstzeugnissen in Verbindung gebracht.
Im Anschluss daran wird aus den Texten zunächst eine Identitätsdefinition als Palästinenser und im Anschluss daran eine Generationsdefinition der einzelnen Autoren abgeleitet, um schließlich zu einer allgemeinen Beschreibung der palästinensischen 67/68er Generation zu kommen.
Zum Abschluss soll diese noch in einem Vergleich der deutschen 68er Generation gegenüber gestellt werden, um sie letztendlich in einen internationalen Kontext einzuordnen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theoretischer Hintergrund
- 2.1 Generationsforschung
- 2.1.1 Definition des Begriffs 'Generation' und Kritikpunkte
- 2.1.2 Revolutionäre Generationen
- 2.1.3 Minderheitenprägung
- 2.1.4 Fremdwahrnehmung und Selbstreferentialität
- 2.1.5 Die Generation der 68er in Deutschland
- 2.1.6 Zusammenfassung
- 2.2 Autobiographische Texte in der Geschichtswissenschaft
- 2.2.1 Autobiographie oder Selbstzeugnis?
- 2.2.2 Persönlichkeitskonzepte im arabischen Kulturraum
- 2.2.3 Palästinensische Selbstzeugnisse nach 1948
- 2.2.4 „Weibliche“ Selbstzeugnisse
- 2.3 Palästinensische Selbstzeugnisse am Beispiel von Leila Khaleds Mein Volk soll leben; Hanan Ashrawis Ich bin in Palästina geboren und Fawaz Turkis The Disinherited
- 2.3.1 Textauswahl
- 2.3.2 Begründung der Textauswahl
- 3. Die ausgewählten Selbstzeugnisse im Kontext der historischen Entwicklung von 1948 bis 1970
- 3.1 Die Vertreibung 1948 und der Beginn der palästinensischen Freiheitsbewegung
- 3.1.1 „Palästinensisches Bewusstsein“ für Geschichte und Politik
- 3.1.2 Gründung von al-Fatah und PLO
- 3.2 Der Juni-Krieg 1967 und die Folgen
- 3.2.1 Niederlage und Demütigung
- 3.2.2 Die PFLP und der Guerilla-Kampf
- 3.3 Der Zerfall der palästinensischen Revolution
- 3.3.1 „Der schwarze September“ in Jordanien
- 3.3.2 Marxistische Ideologie und das Scheitern von Bewusstseinsgenerierung
- 4. Identität und Generation der Palästinensischen 67er
- 4.1 Generation’ als Konstruktion des kollektiven Gedächtnisses
- 4.2 Palästinensische Identität - Palästinenser-Sein
- 4.3 Die Palästinensische 67er Generation
- 4.4 Moderne und Feminismus
- 4.5 Die deutschen 68er und die palästinensischen 67er im Vergleich
- 5. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Frage nach dem historischen Konstrukt einer palästinensischen 67er/68er Generation. Im Fokus steht dabei sowohl die geschichtswissenschaftliche Definition aus der Retrospektive als auch die Selbstdefinition von Zeitzeugen. Die Analyse basiert auf drei autobiografischen Texten. Die Arbeit legt zunächst eine theoretische Grundlage, die Aspekte der Generations- und autobiografischen Forschung behandelt und eine Definition des Begriffs "Generation" entwickelt.
- Definition und Kritik des Generationenbegriffs
- Analyse palästinensischer Selbstzeugnisse
- Historischer Kontext der palästinensischen Entwicklung (1948-1970)
- Identitätsbildung und Generationsdefinition der Palästinenser
- Vergleich mit der deutschen 68er Generation
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung skizziert die Forschungsfrage nach dem Bestehen einer palästinensischen 67er/68er Generation und die methodische Herangehensweise, die auf der Analyse autobiografischer Texte basiert. Sie beschreibt die geplante Struktur der Arbeit: die Entwicklung einer theoretischen Grundlage, die Einordnung in den historischen Kontext, die Ableitung einer Identitäts- und Generationsdefinition aus den Texten und der abschließende Vergleich mit der deutschen 68er Generation.
2. Theoretischer Hintergrund: Dieses Kapitel legt die theoretische Grundlage der Arbeit dar. Es definiert den Begriff "Generation", beleuchtet kritische Aspekte der Generationsforschung (z.B. revolutionäre Generationen, Selbstreferentialität und Minderheitenprägung) und gibt einen Überblick über die Relevanz autobiografischer Texte in der Geschichtswissenschaft, insbesondere im Kontext palästinensischer Selbstzeugnisse. Es wird auf die Bedeutung von Mannheims Arbeit hingewiesen, aber auch die Einschränkungen des Konzepts diskutiert.
3. Die ausgewählten Selbstzeugnisse im Kontext der historischen Entwicklung von 1948 bis 1970: Dieses Kapitel analysiert ausgewählte palästinensische Selbstzeugnisse im Lichte der historischen Ereignisse zwischen 1948 und 1970. Es beleuchtet die Vertreibung von 1948, den Juni-Krieg 1967 und den Zerfall der palästinensischen Revolution, um die prägenden Erfahrungen der untersuchten Generation aufzuzeigen und zu untersuchen wie diese Ereignisse in den Selbstzeugnissen reflektiert werden. Der Fokus liegt auf dem Einfluss dieser geschichtlichen Ereignisse auf die Entwicklung eines palästinensischen Bewusstseins und der daraus resultierenden Identität.
4. Identität und Generation der Palästinensischen 67er: Dieses Kapitel leitet aus den analysierten Selbstzeugnissen eine Definition palästinensischer Identität und eine Beschreibung der 67er Generation ab. Es untersucht, wie sich das kollektive Gedächtnis auf die Konstruktion der Generation auswirkt und vergleicht die palästinensische 67er Generation mit der deutschen 68er Generation, um sie in einen internationalen Kontext einzuordnen. Aspekte wie die Rolle von Moderne und Feminismus werden hier ebenfalls berücksichtigt.
Schlüsselwörter
Palästinensische 67er Generation, Generationsforschung, Selbstzeugnisse, palästinensische Identität, Juni-Krieg 1967, kollektives Gedächtnis, deutsche 68er Generation, Autobiografieforschung, Identitätsbildung, historischer Kontext, politische Ereignisse, Widerstand.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Palästinensische 67er Generation
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht das historische Konstrukt einer palästinensischen 67er/68er Generation. Sie betrachtet sowohl die geschichtswissenschaftliche Definition aus der Retrospektive als auch die Selbstdefinition der Zeitzeugen anhand von drei autobiografischen Texten.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit basiert auf der Analyse dreier ausgewählter palästinensischer Selbstzeugnisse. Diese Analyse wird eingebettet in einen theoretischen Rahmen, der die Generationsforschung und die Bedeutung autobiografischer Texte in der Geschichtswissenschaft beleuchtet.
Welche theoretischen Grundlagen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf die Generationsforschung, insbesondere auf die Konzepte von Karl Mannheim. Kritische Aspekte der Generationsforschung, wie die Definition des Begriffs "Generation", revolutionäre Generationen, Selbstreferentialität und Minderheitenprägung, werden diskutiert. Zusätzlich wird die Relevanz autobiografischer Texte in der Geschichtswissenschaft, besonders im arabischen Kulturraum, behandelt.
Welche Selbstzeugnisse werden analysiert?
Die Arbeit analysiert die Selbstzeugnisse von Leila Khaled ("Mein Volk soll leben"), Hanan Ashrawi ("Ich bin in Palästina geboren") und Fawaz Turki ("The Disinherited"). Die Auswahl und Begründung der Textauswahl werden im Detail erläutert.
Welcher historische Kontext wird betrachtet?
Der historische Kontext umfasst die Entwicklungen im palästinensischen Raum von 1948 bis 1970. Besondere Ereignisse wie die Vertreibung von 1948, der Sechs-Tage-Krieg von 1967 und der Zerfall der palästinensischen Revolution werden analysiert und in Bezug zu den Selbstzeugnissen gesetzt.
Wie wird die palästinensische Identität definiert?
Die Arbeit leitet aus den analysierten Selbstzeugnissen eine Definition palästinensischer Identität ab. Sie untersucht, wie sich das kollektive Gedächtnis auf die Konstruktion der Generation auswirkt und wie sich die Identität im Kontext der geschichtlichen Ereignisse entwickelt hat.
Wie wird die palästinensische 67er Generation charakterisiert?
Die Arbeit beschreibt die 67er Generation anhand der analysierten Selbstzeugnisse und ordnet sie in einen internationalen Kontext ein. Der Vergleich mit der deutschen 68er Generation wird explizit vorgenommen.
Welche Rolle spielen Moderne und Feminismus?
Die Arbeit berücksichtigt Aspekte der Moderne und des Feminismus in Bezug auf die Identitätsbildung und die Erfahrungen der palästinensischen 67er Generation.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Palästinensische 67er Generation, Generationsforschung, Selbstzeugnisse, palästinensische Identität, Juni-Krieg 1967, kollektives Gedächtnis, deutsche 68er Generation, Autobiografieforschung, Identitätsbildung, historischer Kontext, politische Ereignisse, Widerstand.
- Arbeit zitieren
- Alexandra Samoleit (Autor:in), 2006, Die Palästinensische Generation von 1967/1968, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84443