Als im Dezember 2004 der Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner wegen Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat für schuldig befunden wurde, entbrannte eine öffentliche Diskussion um das Folterverbot in Deutschland. Vorausgegangen war, dass der Verurteilte einen anderen Polizisten befohlen hatte, dem Verdächtigen Magnus Gäfgen Schmerzen anzudrohen um den Aufenthaltsort des von ihm entführten Kindes Jakob von Metzler preiszugeben (Vgl. 4). Bislang wurde das Thema der „Rettungsfolter“ nur in der Literatur unter dem Thema „was wäre, wenn…“ diskutiert und Argumentationen für eine Ausnahme vom Verbot - wie die von Winfried Brugger (Vgl. 3.4) - galten lange Zeit als Einzelfall. Viele Personen des öffentlichen Lebens brachten Verständnis für das Handeln Daschners auf und fragten sich, ob nicht in solch einem Falle und angesichts der neuen terroristischen Bedrohung nach dem 11. September es angemessen wäre das absolute Folterverbot in eng umgrenzten Ausnahmefällen zu lockern.
Diese Verschriftlichung stellt, nachdem die Begrifflichkeiten „Folter“ und „Rettungsfolter“ geklärt (Vgl. 2) sind, die wesentlichen Argumente der Verfechter und Verächter gegenüber. Dabei sind die Gliederungspunkte sowohl systematisch wie chronologisch geordnet, d.h. die Argumente für eine Lockerung des absoluten Folterverbotes (Vgl. 3), die hier vorgebracht werden, bauen aufeinander in ihrer Argumentation auf und sind zeitlich alle vor dem Daschner Fall angesiedelt. Sie spielen sozusagen theoretische Szenarien durch, wovon eins mit der Entführung Jakob von Metzlers dann traurige Realität wurde. Besonders Bruggers juristische Auseinandersetzung gilt als Dreh- und Angelpunkt, weil sich die Vertreter beider Seiten immer auf seine Argumentation beziehen.
Der Prozess gegen Daschner läutet dann eine Wende in der Debatte ein. Vorher galt es als nicht diskutabel über eine Relativierung des Folterverbotes ernsthaft in Deutschland nachzudenken, aber auch nicht das absolute Folterverbot zu bekräftigen, da es als selbstverständlich angesehen wurde. Danach gab es aber das Verlangen der Öffentlichkeit die Notwendigkeit des Festhaltens an diesem elementaren Menschenrecht zu verdeutlichen. Daher sind die ausgewählten Argumentationen für die Ausnahmslosigkeit des Folterverbotes (Vgl. 5) zeitlich nach und als Reaktion auf den Daschner Fall, sowie seine gesellschaftlichen Folgen zu sehen mit dem Ziel das Folterverbot aufrecht zu erhalten und damit einen wichtigen Teil unseres Rechtsstaates zu schützen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsdefinitionen
- Das Denken der Rettungsfolter
- „Dirty Harry“: Vom Täter- zum Opferschutz
- Das Folterverbot als nicht absolutes Recht in der Staatsphilosophie von Ernst Abrecht.
- Niklas Luhmann und das „ticking-bomb“-Szenario.……........
- Winfried Bruggers Argumentation für ein Rettungsfoltergebot..
- Der Daschner Fall...
- Argumentationen für die Ausnahmslosigkeit des Folterverbotes
- Die derzeitigen Gesetze reichen nicht aus um zu foltern.
- Menschenwürde als Tabu.....
- Die Absolutheit des Folterverbotes
- Die Folgen der Legitimierung von Folter
- Zusammenfassung.
- Literaturverzeichnis....
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert die Debatte um die „Rettungsfolter“ in Deutschland, die im Dezember 2004 durch den Fall des Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner entbrannte. Er beleuchtet die Argumentationslinien sowohl der Befürworter als auch der Gegner einer Lockerung des absoluten Folterverbots und setzt diese in einen historischen und philosophischen Kontext.
- Das Folterverbot und seine Ausnahmen
- Die Rolle des Opferschutzes im Verhältnis zum Täterrecht
- Die ethischen und rechtlichen Implikationen der „Rettungsfolter“
- Die Folgen der Legitimierung von Folter für den Rechtsstaat
- Der Einfluss des „ticking-bomb“-Szenarios auf die Debatte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema „Rettungsfolter“ ein und erläutert den Hintergrund der Debatte anhand des Daschner Falls. Kapitel 2 definiert die Begriffe „Folter“ und „Rettungsfolter“. Kapitel 3 beleuchtet die Argumentationen für eine Lockerung des Folterverbots, beginnend mit dem Film „Dirty Harry“ und der Entwicklung vom Täter- zum Opferschutz. Anschließend werden die Positionen von Ernst Abrecht, Niklas Luhmann und Winfried Brugger zu diesem Thema vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter des Textes sind Folter, Rettungsfolter, Menschenrechte, Menschenwürde, Rechtsstaat, „ticking-bomb“-Szenario, Daschner Fall, Opferschutz, Täterrecht, Staatsphilosophie, ethische Implikationen.
- Arbeit zitieren
- Martin Schultze (Autor:in), 2007, Die „Rettungsfolterdiskussion“ in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84599