Die Forschungsdiskussion über die Deutschlandpolitik der Sowjetunion zwischen 1949 und 1952 soll unter dem Aspekt der Sowjetisierung betrachtet werden.
Der Begriff „Sowjetisierung“ kann auf zwei verschiedenen Art und Weisen interpretiert werden. Die grundlegende Definition findet sich in dem Buch „Einheit oder Sozialismus“ von Michael Lemke: Es handelt sich um die „Übertragung bzw. Übernahme des sowjetischen Modells auf die Verhältnisse von staatlich organisierten nationalen Gesellschaften anderer Länder [und sie] beabsichtigte deren Angleichung an das sowjetische Vorbild.“
Die Zeit nach der Gründung der DDR 1949 bis 1952 ist von einem Spannungsverhältnis zwischen den nationalen Zielen der SED und den deutschlandpolitischen Zielen Stalins bzw. der Moskauer Regierung gekennzeichnet. Der Konflikt zwischen den beiden „Parteien“ lässt sich am ehesten unter dem Stichwort „Sowjetisierung“ untersuchen, da es die (möglichen) Absichten am besten in sich vereint.
Inwieweit sich Wechselverhältnisse und Prozesse der Sowjetisierung auf eine mögliche Einheit Deutschlands bis 1952 auswirkten bzw. ob diese von Moskau angestrebt wurde, ist umstritten.
Dieser Konflikt wird schon in der Definition Lemkes deutlich, da er seiner grundlegenden Definition der Sowjetisierung eine zweifache Bestimmung der Sowjetisierung voraussetzt: Zum einen wurde das sowjetische Modell von außen auferlegt, also von Moskau übertragen zum anderen von der SED freiwillig übernommen.
In den folgenden drei Kapiteln sollen die wichtigsten und konträrsten Forschungsstandpunkte dargestellt werden. Zum einen Gerhard Wettigs These, dass Stalin ein kommunistisches Deutschland plante und bewusst darauf zu arbeitete. Zum anderen wird anhand des Buches „Stalins ungeliebtes Kind – warum Moskau die DDR nicht wollte“ der Standpunkt Wilfried Loths thematisiert, der Stalin jegliches Interesse an einer Sowjetisierung der DDR abspricht. Als letztes wird die Sichtweise von Michael Lemke vorgestellt, dessen Position eher zwischen diesen beiden Extremen liegt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Kapitel: Gerhard Wettig – Sowjetisierung statt Einheit.
- 2. Kapitel: Wilfried Loth – Sicherheit und Einheit statt Sowjetisierung...
- 3. Kapitel: Michael Lemke: Einheit statt Westintegration und Wiederbewaffnung.....
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der Forschungsdiskussion über die Deutschlandpolitik der Sowjetunion in den Jahren 1949 bis 1952. Er analysiert den Einfluss des Konzepts der „Sowjetisierung“ auf die sowjetische Deutschlandpolitik und die möglichen Auswirkungen auf die deutsche Einheit. Der Text beleuchtet die verschiedenen Perspektiven auf die sowjetische Deutschlandpolitik, die zwischen den Zielen Moskaus und den Interessen der SED in der DDR entstanden sind.
- Das Konzept der „Sowjetisierung“ als dominierendes Element in der sowjetischen Deutschlandpolitik
- Die Spannungen zwischen den Zielen Moskaus und den nationalen Zielen der SED
- Der Einfluss der „Sowjetisierung“ auf die mögliche deutsche Einheit
- Die Rolle der Propaganda und des „Friedens“ im sowjetischen Kampf um die deutsche Einheit
- Die Bedeutung der „Sowjetisierung“ für die Entwicklung der DDR
Zusammenfassung der Kapitel
1. Kapitel: Gerhard Wettig – Sowjetisierung statt Einheit
Gerhard Wettig argumentiert, dass Stalin bewusst ein kommunistisches Deutschland anstrebte und die Verhandlungen über die deutsche Einheit bewusst ablehnte. Wettig stützt seine Argumentation auf umfangreiche Quellen aus Archiven der UdSSR und der DDR. Er betont die gezielten Propagandakampagnen Moskaus, die darauf abzielten, die westdeutsche Öffentlichkeit für die sowjetischen Ziele zu gewinnen.
2. Kapitel: Wilfried Loth – Sicherheit und Einheit statt Sowjetisierung...
Wilfried Loth hingegen argumentiert, dass Stalin kein Interesse an einer Sowjetisierung der DDR hatte. Er betont stattdessen die Bedeutung der Sicherheitsinteressen der Sowjetunion und die Rolle der deutschen Einheit als strategisches Ziel Moskaus. Loth stellt die These auf, dass die sowjetische Deutschlandpolitik primär von der Suche nach Sicherheit und Stabilität in Europa geleitet war.
3. Kapitel: Michael Lemke: Einheit statt Westintegration und Wiederbewaffnung.....
Michael Lemke präsentiert eine Sichtweise, die zwischen den Extremen von Wettig und Loth liegt. Er betont die Bedeutung der „Sowjetisierung“ als politisches Instrument der Sowjetunion, das jedoch nicht als alleiniges Ziel der sowjetischen Deutschlandpolitik verstanden werden sollte. Lemke analysiert die Spannungen zwischen den Zielen Moskaus und den Interessen der SED in der DDR und zeigt, wie die „Sowjetisierung“ als Mittel eingesetzt wurde, um die deutsche Einheit zu beeinflussen.
Schlüsselwörter
Sowjetisierung, Deutschlandpolitik, Sowjetunion, SED, DDR, Einheit, Propaganda, Friedenspolitik, Westintegration, Wiederbewaffnung, Sicherheitsinteressen, strategische Ziele, Spannungsverhältnis, Quellenforschung, Archivmaterial
- Arbeit zitieren
- Anni Neumann (Autor:in), 2005, Deutschlandpolitk der Sowjetunion im Zeitraum von 1949 bis 1952, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84682