Dem Begriff der Person begegnet man in unserer westlichen Welt überall: In der alltäglichen Umgangssprache, in Gesetzestexten und in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. "Person" ist so geläufig und unmissverständlich, dass es im allgemeinen Sprachgebrauch keine Anstrengung von uns abverlangt, den Begriff zu definieren. Wir verwenden ihn, als Platzhalter für „man“, „den Einzelnen“, „das Individuum“ oder „Mensch“ und glauben einer universellen Logik zu folgen. Auch in vielen wissenschaftlichen Denkrichtungen ist die Idee von Person eine Auseinandersetzung um das „Menschsein“. Es ist ein Konzept, welches das Eigentümliche, das Wesenhafte des Menschen in Abgrenzung zu anderen Konzeptionen zu umschreiben versucht. Ethnographische Studien über Person und Personsein haben hingegen dargelegt, dass das Konzept von Person nicht mit dem Menschen als biologisches Individuum gleichgesetzt werden kann, sondern ein kulturelles Konzept der Inklusion und Exklusion darstellt, das in das jeweilige kulturelle Bedeutungssystem eingebunden ist (Morris 1994:11). Beispielhaft sind hier die Beobachtungen von namhaften Ethnologen, dass sowohl Geistwesen oder personifizierte Tiere (Fortes 1987) in den Kreis der sozialen Personen miteinbezogen werden können, als auch Mitglieder anderer Ethnien oder Sklaven aus dem Kreis der sozialen Personen ausgegrenzt werden können (Morris 1994:12). In der Literatur aufgezeigte kulturelle Variationen, wer oder was als Person und als „Nicht-Person“ in einer Kultur definiert wird, sind zahlreich und entfernen sich zum Teil erheblich vom westlichen Selbstverständnis. Darüber hinaus ist der Personenstatus einer Person von einem Zeitpunkt abhängig, ab dem einem Menschen oder einer Wesenheit, in einer Kultur der Personenstatus anerkannt bzw. aberkannt wird.In meiner Seminararbeit werde ich es mir zur Aufgabe machen die Personenkonzeption der Desia in Koraput zu skizzieren. Angelehnt an Marcel Mauss Personenkategorien will ich der Frage nachgehen, was genau eine Person in der Desia Gesellschaft ausmacht, und aufzeigen von welchen sozialen und rituellen Prozessen der Personenstatus abhängig ist. Der erste Teil soll die in der Arbeit verwendeten Begrifflichkeiten erklären und den Leser mit den theoretischen Grundlagen vertraut machen. Hierzu werde ich den sozi-kulturellen und geographischen Rahmen der Desia Kultur kurz umreißen und Marcel Mauss theoretisches Konzept vorstellen. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Frage aus welchen Komponenten sich eine lebende Desia Person zusammensetzt und inwieweit sie in ihrer Existenz teilbar ist. Der dritte Teil beschreibt die Entwicklung einer sozialen Person als rituellen Prozess und zeigt, von welchen Kriterien der Personenstatus in der Desia Gesellschaft abhängig gemacht wird. Nach einer kurzen Zusammenfassung der ethnographischen Beispiele werde ich die in der Einleitung gestellten Fragen nochmals aufgreifen und die Desia Person im Gegensatz zum westlichen Individuum konzeptionalisieren.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- 1. Grundlegendes
- 1.1. Der Untersuchungsgegenstand: die Desia von Koraput
- 1.1.1. Orissa und Koraput
- 1.1.2. Adivasi, Tribe oder Desia?
- 1.1.3. Desia Kultur
- 1.2. Theorie
- 2. Allgemein
- 1. Grundlegendes
- III. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit verfolgt das Ziel, die Personenkonzeption der Desia in Koraput, Orissa, zu beschreiben und zu analysieren. Sie untersucht, wie der Personenstatus in dieser Gesellschaft sozial und rituell konstruiert wird und welche Komponenten eine Desia-Person ausmachen. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Desia-Perspektiven mit dem westlichen Verständnis von Person.
- Kulturelle Konstruktion von Person bei den Desia
- Soziale und rituelle Prozesse im Zusammenhang mit dem Personenstatus
- Zusammensetzung einer Desia-Person und ihre Teilbarkeit
- Entwicklung einer sozialen Person als ritueller Prozess
- Vergleich der Desia-Personenkonzeption mit dem westlichen Individuum
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der kulturellen Konstruktion von Person ein und stellt die Forschungsfrage nach der Personenkonzeption der Desia in Koraput. Sie vergleicht das westliche Verständnis von Person mit ethnographischen Beobachtungen, die zeigen, dass das Konzept der Person kulturell variabel ist und nicht mit dem biologischen Individuum gleichgesetzt werden kann. Die Arbeit skizziert den Aufbau, wobei der erste Teil Begrifflichkeiten klärt und theoretische Grundlagen (inkl. Marcel Mauss) vorstellt, der zweite Teil die Zusammensetzung einer Desia-Person beschreibt, und der dritte Teil die Entwicklung des Personenstatus als rituellen Prozess darstellt.
II. Hauptteil - 1. Grundlegendes: Dieser Abschnitt legt den sozio-kulturellen und geographischen Kontext der Studie fest. Er beschreibt Orissa und Koraput, beleuchtet die unterschiedlichen Bezeichnungen (Adivasi, Tribe, Desia) und ihre soziale Konnotation, und führt in die Desia-Kultur ein. Die Diskussion um die Bezeichnungen "Adivasi" und deren unterschiedlichen Interpretationen wird angesprochen. Der Abschnitt bietet somit ein wichtiges Fundament, um die nachfolgenden Analysen der Desia-Personenkonzeption zu verstehen. Die erwähnte soziale Kluft zwischen den Oriyas und den Desia wird als Ausgangspunkt der kulturellen Konstruktion der Person verstanden.
II. Hauptteil - 2. Allgemein: Dieser Teil der Arbeit befasst sich eingehend mit der Frage der Zusammensetzung einer lebendigen Desia Person und der Teilbarkeit ihrer Existenz. Es wird untersucht, aus welchen Komponenten sich eine Person zusammensetzt und inwieweit diese in ihrer Existenz teilbar ist. Dieser Abschnitt legt den Fokus auf die konkrete Zusammensetzung der Person in der Desia-Kultur, bereitet den Leser so auf die folgende detaillierte Analyse der Entstehung des Personenstatus vor.
Schlüsselwörter
Desia, Koraput, Orissa, Personenkonzeption, kulturelle Konstruktion, Rituale, soziale Person, Marcel Mauss, Adivasi, Identität, Entwicklungsprozess, Indiens, Ethnologie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Personenkonzeption der Desia in Koraput
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit beschreibt und analysiert die Personenkonzeption der Desia in Koraput, Orissa. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Desia-Perspektiven mit dem westlichen Verständnis von Person und untersucht, wie der Personenstatus sozial und rituell konstruiert wird.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die kulturelle Konstruktion von Person bei den Desia, soziale und rituelle Prozesse im Zusammenhang mit dem Personenstatus, die Zusammensetzung einer Desia-Person und ihre Teilbarkeit, die Entwicklung einer sozialen Person als ritueller Prozess und den Vergleich der Desia-Personenkonzeption mit dem westlichen Individuum.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in drei Teile: Einleitung, Hauptteil und Schluss. Der Hauptteil ist wiederum unterteilt in „Grundlegendes“ (Beschreibung des sozio-kulturellen und geographischen Kontextes, Klärung der Begrifflichkeiten und Vorstellung theoretischer Grundlagen) und einen allgemeinen Teil, der sich mit der Zusammensetzung und Teilbarkeit der Desia-Person befasst.
Was wird in der Einleitung erläutert?
Die Einleitung führt in die Thematik der kulturellen Konstruktion von Person ein, stellt die Forschungsfrage und vergleicht das westliche Verständnis von Person mit ethnographischen Beobachtungen. Sie skizziert den Aufbau der Arbeit und stellt die theoretischen Grundlagen (u.a. Marcel Mauss) vor.
Was wird im Hauptteil – Grundlegendes – behandelt?
Dieser Abschnitt beschreibt den sozio-kulturellen und geographischen Kontext der Studie (Orissa und Koraput), beleuchtet die unterschiedlichen Bezeichnungen (Adivasi, Tribe, Desia) und ihre soziale Konnotation und führt in die Desia-Kultur ein. Die soziale Kluft zwischen den Oriyas und den Desia wird als Ausgangspunkt der kulturellen Konstruktion der Person verstanden.
Worüber handelt der Hauptteil – Allgemein?
Dieser Teil befasst sich mit der Zusammensetzung einer Desia-Person und der Teilbarkeit ihrer Existenz. Es wird untersucht, aus welchen Komponenten sich eine Person zusammensetzt und inwieweit diese in ihrer Existenz teilbar ist. Dieser Abschnitt bereitet den Leser auf die Analyse der Entstehung des Personenstatus vor.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Die relevanten Schlüsselwörter sind: Desia, Koraput, Orissa, Personenkonzeption, kulturelle Konstruktion, Rituale, soziale Person, Marcel Mauss, Adivasi, Identität, Entwicklungsprozess, Indien, Ethnologie.
Welche theoretischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich unter anderem auf die Theorien von Marcel Mauss.
Welche Forschungsfrage wird gestellt?
Die zentrale Forschungsfrage ist: Wie gestaltet sich die Personenkonzeption der Desia in Koraput?
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für ein akademisches Publikum gedacht, das sich für die Ethnologie, insbesondere die kulturelle Konstruktion von Person, interessiert.
- Quote paper
- Dipl. Soz. Tobias Lohmann (Author), 2006, Die kulturelle Konstruktion und Konzeption von Person bei den Desia von Koraput, Orissa , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84704