Kinder- und Jugendliteratur als neue mediale Sozialisationsform


Referat (Ausarbeitung), 2007

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische Anfänge der Kinder- und Jugendliteratur
2.1 Entstehungsbedingungen einer eigenständigen Kinderliteratur
2.2 Merkmale des Strukturwandels in der Kinder- und Jugendliteratur des 18.Jhds

3. Zielsetzung der Kinder- und Jugendliteratur im Kontext der Philosophie der Aufklärung
3.1. Erziehung im Sinne der Philosophie der Aufklärung
3.2. Das Kindheitsideal des 18.Jhds
3.3. Verstandsbildung und Geschmacksbildung

4. Beispielgeschichte als Unglücksgeschichte

5. Kritische Einschätzung der vermittelten pädagogischen Intention

6. Resumée

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Ausarbeitung thematisiert die Entstehung einer eigenständigen Literatur für Kinder und Jugendliche im 18. Jahrhundert. Die Wissenschaftler sind sich heute darüber einig, dass die Anfänge dieses Literaturzweiges nicht erst in der Aufklärung zu finden sind, sondern bis in das Zeitalter der Reformation zurück reichen. Jedoch stellt die Aufklärung einen Wendepunkt in der Kinder- und Jugendliteratur dar, dessen Auswirkungen sich noch in späteren Werken zeigen. Dieser Strukturwandel, der einhergeht mit der Verbreitung der Philosophie der Aufklärung, wird in Kapitel 2 erörtert.

Die Bedingung für eine eigenständige Kinder- und Jugendliteratur liegt in der Unterscheidung zwischen Kindern und Erwachsenen und in der Vorstellung, die eine Gesellschaft von „Kindheit“ hat. Sie ist die Vorraussetzung für die Ausrichtung der Literatur auf das kindliche Publikum, für Kindgemäßheit und Eigenständigkeit. Hier knüpft die Thematik an den übergeordneten Seminarkontext „die Entdeckung der Kindheit“ an, indem deutlich wird, dass im 18. Jahrhundert bereits die Einsicht verbreitet war, dass es sich bei der Kindheit um eine besondere Zeitspanne der Entwicklung im Leben eines Menschen handle, der besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müsse. Dies bezieht sich jedoch ausschließlich auf die Kinder des besitzenden und gebildeten Bürgertums. Wenn also in dieser Ausarbeitung von Kindern und Jugendlichen die Rede ist, so bezieht sich dies immer nur auf einen ausgewählten Teil, der für Literatur empfänglich war. In anderen Kindheiten hatte Literatur wenig Platz.

Wie das Kindheitsideal des Bürgertums im 18.Jahrhundert aussah und welche (Erziehungs-) Ziele demnach in der Literatur verfolgt wurden, wird in Kapitel 3 dargestellt. Kapitel 4 stellt exemplarisch die wichtigste Form der Kinder- und Jugendliteratur, anhand der Geschichte „Friz der Näscher“, dar. Das Exempel oder die Beispielgeschichte stellte ein wichtiges Instrument der pädagogischen Moralvermittlung dar und soll genauer auf seine Struktur und Inhalte untersucht werden. Es folgt eine kritische Würdigung der verfolgten pädagogischen Intentionen, die jedoch die Ideen und Vorstellungen der Zeit nicht außer Acht lassen darf, auch wenn aus heutiger Sicht evtl. pädagogisch bedenkliche Formen der Moralvermittlung Anwendung fanden. In dieser Ausarbeitung sollen die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichem Umbruch, der Philosophie der Aufklärung, den daraus resultierenden moralischen Ideen und der Kinder- und Jugendliteratur in ihrer Form und Zielsetzung herausgearbeitet und verdeutlicht werden.

2. Historische Anfänge der Kinder- und Jugendliteratur

2.1 Entstehungsbedingungen einer eigenständigen Kinderliteratur

Dass sich eine neue und eigenständige Kinderliteratur entwickeln konnte, ist den gesellschaftlichen Umbrüchen des 18. Jahrhunderts zu verdanken. Durch die Ausbildung einer bürgerlichen Gesellschaft entstand erstmals ein Absatzmarkt für Literatur, was zu höheren Auflagen führte. Literatur und Pädagogik übernahmen Aufgaben die vorher der Kirche zugeschrieben wurden. So auch Aufgaben der moralischen und sittlichen Erziehung.

Es entstand ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer speziellen Kinderliteratur. Als literarisches Ideal galt ein Stil der Natürlichkeit und Einfachheit. Als Inbegriff der Natürlichkeit und des Naiven galt die Fabel. Der populärste Dichter von Fabeln und Erzählungen dieser Zeit war Christian Fürchtegott Gellert (Fabeln und Erzählungen 1746/48). Auch Lyrik und Singspiele waren beliebte Gattungen der Kinderliteratur (PAPE: S.30). Als meist gewählte Form setze sich jedoch die Beispielgeschichte durch, die noch näher erläutert wird.

Die Autoren von Kinderliteratur befanden sich mit ihrer einfachen und natürlichen Schreibart im Einklang mit der Poetik der Aufklärung. So wurde es möglich kindgemäß zu schreiben, was gleichzeitig als Technik der gezielten Vermittlung von Lehren anerkannt wurde (PAPE: S.30).

RICHTER bezeichnet die Zeit der Aufklärung auch als „bürgerliches Zeitalter“, das sich über eine neue „mediale“ Sozialisationsform auszeichne. D.h. dass sich die Erziehung und die Sozialisation des Kindes nicht mehr primär über die unmittelbare Anschauung und die Ausführung der Tätigkeiten der Erwachsenen vollzieht, sondern über das Lernen durch Rede, Gespräch und pädagogisch aufbereitete Erzählungen (RICHTER: S.49). Außerdem brauchten Eltern und Erzieher ein Medium um Normen und Werte zu vermitteln, da die körperliche Züchtigung von Kindern immer mehr verpönt war. Die Philanthropen lehnten die Prügelstrafe als Erziehungsprinzip ab. An die Stelle der autoritären Bestrafung sollte die „natürliche Strafe“ treten, was bedeutet, dass das Kind Einsicht bekommt in die „Ordnung der Natur“. Mit Hilfe des literarischen Beispiels bediente man sich also der Natur als Strafinstanz (RICHTER: S.53). Letztlich bleibt festzustellen, dass die Entwicklung der Kinderliteratur durch die angeführten Aspekte begünstigt wurde, sowie durch die Tatsache, dass eine zunehmende Distanz zwischen Erwachsenen und Kindern entstand, die zu einer pädagogischen Haltung führte und Kindern ein gewisses Maß an Schonung gewährte (RICHTER: S.54).

2.2 Merkmale des Strukturwandels in der Kinder- und Jugendliteratur des 18.Jhds.

Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts macht die Kinder- und Jugendliteratur einen tief greifenden Strukturwandel durch, den Dagmar Grenz in vier Merkmale unterteilt:

I. Eine stärkere Ausrichtung auf das kindliche und jugendliche Publikum. Es wird Wert gelegt auf eine Adaption an den kindlichen und jugendlichen Adressaten, was zu einer größeren Eigenständigkeit führt.
II. Die zunehmende Bedeutung der belletristischen Literatur. Sie soll kindgemäß unterhalten und greift daher auf Formen wie Beispielgeschichte, Fabel, Lied, Gedicht, Dialog und Schauspiel zurück. Nichtfiktionale Schriften, wie religiöse, sachliche oder moralisch belehrende Literatur rücken an den Rand der Kinder- und Jugendliteratur.
III. Die Ausweitung der kinderliterarischen Produktion. Diese ist Teil der allgemeinen Expansion des literarischen Marktes, durch die das Buch für eine größere Zahl von Lesern erreichbar wurde. Sie zeigt auch die große Bedeutung, die der Kinderliteratur im erzieherischen Prozess von der neu aufkommenden Erziehungswissenschaft und den pädagogisch interessierten Eltern zugemessen wurde.
IV. Die tief greifenden Veränderungen der bürgerlichen Gesellschaft, insbesondere der Strukturwandel der bürgerlichen Familie und die daraus resultierenden bürgerlichen Normen und Verhaltensstandards. Dazu gehören unter anderem die Auflösung des ganzen Hauses durch die Herauslagerung der Arbeit des Mannes aus dem Raum der Familie, das Aufwachsen des bürgerlichen Kindes in einem von dem Berufsalltag der Erwachsenen abgetrennten Bereich, in dem Erziehung veranstaltet wird, um das Kind auf seine Rolle als Erwachsener vorzubereiten, die Intimisierung und Emotionalisierung des Binnenraums der Familie, die zur geforderten und geglaubten Norm erhoben wird und schließlich die besondere Aufmerksamkeit, die der Erziehung des bürgerlichen Kindes gewidmet wird, mit dem Ziel das Kind durch die Vermittlung von Tugenden und Verhaltensweisen zu einem vernünftigen und tugendhaften Erwachsenen zu erziehen. (GRENZ: S.7-9)

Die Kinderbuchautoren des 18. Jahrhunderts vermitteln in ihren Schriften diese Werte und Normen offen. Sie begründen sich aus der Philosophie der Aufklärung. Wie diese konkret aussehen und welche Vorstellungen vom Menschen, oder konkreter vom Kind sich dahinter verbergen, soll im Folgenden konkretisiert werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Kinder- und Jugendliteratur als neue mediale Sozialisationsform
Hochschule
Universität Lüneburg  (Pädagogik und Sozialpädagogik )
Veranstaltung
Die "Entdeckung" der Kindheit (Seminar)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V84961
ISBN (eBook)
9783638013666
ISBN (Buch)
9783656525042
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beinhaltet einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Kinderliteratur in der Aufklärung und der entsprechenden Erziehungsziele, sowie eine kritisch würdigende Stellungnahme zur pädagogischen Intention.
Schlagworte
Kinder-, Jugendliteratur, Sozialisationsform, Entdeckung, Kindheit
Arbeit zitieren
Sandra Schmechel (Autor:in), 2007, Kinder- und Jugendliteratur als neue mediale Sozialisationsform, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84961

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