- Überarbeitete Fassung einer Magisterarbeit -
Was macht ein Einzelding einzig?
Der Ausdruck „Monadologie“ im Titel bezieht sich nicht nur auf die gleichnamige Spätschrift von Leibniz, sondern auf die unter anderem durch jenen Text vertretene Lehre von den „Monaden“, wie er die Individuen in seinem System nennt.
Jedes Individuum erweist sich als durch seinen ganzen Seinsgehalt individuiert, wobei dieser in einer Folge von Zuständen besteht.
Deswegen spielt das Konzept dieser Zustände, die Leibniz als Perzeptionen bezeichnet, eine zentrale Rolle in seinem philosophischen System und insbesondere für das Thema der vorliegenden Arbeit. Es ist im Rahmen der verschiedenen Bereiche der Logik, der Ontologie und der Psychologie relevant. Dementsprechend hat der Begriff der Perzeption verschiedene spezifische Bedeutungen, je nachdem, auf welchen Bereich er angewandt wird. Um den jeweiligen Verengungen seiner Bedeutung sprachlich gerecht zu werden, stehen die Synonyme „Ausdruck“, „Repräsentation“, „Darstellung“, „Wahrnehmung“, „Empfindung“ und „Erkenntnis“ bisweilen für den Begriff der Perzeption.
Dem hier vertretenen Verständnis von Leibniz´ Lehre als rationalistisch fundiertem, panlogistischem System liegen insbesondere die Interpretationen von Aron Gurwitsch und Klaus Erich Kaehler zugrunde. Leibniz, das letzte sogenannte Universalgenie fügt die Begriffe der Substanz, der Kraft und der Logik einfach, aber auf geniale Weise in ein transzendentalphilosophisches, metaphysisches, erkenntnistheoretisches und naturwissen-schaftliches System, das in verblüffender Stimmigkeit ständig auf sich selbst als Maßstab und Rechfertigung verweist.
Die innige Art und Weise, auf die das Individuum mit dem Ganzen verbunden ist, erfordert, dass die Erörterung der Individuation der Monaden im Hinblick auf das ganze metaphysische System geschieht. Eine Monade bloß an sich betrachtet, entspricht, wie sich zeigen wird, bloß einem Spiegel in der Dunkelheit.
Im Schlussteil gebe ich außer der Zusammenfassung des Hauptarguments dieser Arbeit eine Beschreibung der systematischen Position von Leibniz´ Philosophie in der Geschichte des Idealismus, aus der ersichtlich wird, warum sie mit dem Titel „Harmonischer Idealismus“ treffend bezeichnet ist.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- II.1. Grundlagen der Interpretation
- 1. Rationalität
- 2. Logik
- 3. Begriffe
- 4. Grund und Struktur der Wirklichkeit
- 5. Vollkommenheit
- 6. Compossibilität
- 7. Der Panlogismus und seine Prämissen
- 8. Die Logik als immanenter Maßstab zur Beurteilung des Systems
- 9. Weitere interpretative Ansätze
- II.2. Die Substanz an sich
- 1. Von der Vielheit zu vielen Einfachen
- 2. Die geschlossene Substanz „Monade“
- 3. Die in ihren Eigenschaften veränderliche Monade
- 4. Veränderung, Kontinuität und Perzeption
- 5. Perzeption und Appetition als Momente der permanenten Tätigkeit der Monade
- 6. Die Monade als Prinzip ihrer eigenen Individuation
- 7. Verschiedene Zugangsweisen zum Konzept der Monade
- 1. Die Monade als Begriff
- 2. Die Monade als Kraftsubjekt
- 3. Die Monade als Geist
- II.3. Die logisch-ontologische Ebene
- 1. Von der Metaphysik zu den Phänomenen
- 1. Die Ordnung des Universums auf zwei Ebenen
- 2. Die Schöpfung
- a) Creatio continuata
- b) Die Schöpfung als Paradoxie?
- 3. Perzeptionen als Repräsentation des Universums
- a) Der konkrete Gehalt der Perzeptionen und die Individuation der Monaden
- b) Definition des Begriffs „Perzeption“ nach Gurwitsch
- 2. Eine mathematische Metapher zur Illustration der formalen Verhältnisse, die zwischen den Monaden und Gott bestehen
- 3. Die Monade als System
- 1. Perzeptionen als vereinzelte Eigenschaften der tätigen Substanz
- 2. Die Monade als Einheit ihrer finalkausal determinierten Perzeptionen
- 4. Das System der Monaden
- 1. Universelle und prästabilierte Harmonie
- 2. Die systematische Einheit einer Welt und die substantielle Einheit einer Monade
- 3. Die einzelnen Monaden und ihre Körper
- 4. Unendlichkeit
- 5. Kontingente und notwendige Wahrheit
- II.4. Das lebendige Universum
- 1. Lebewesen
- 2. Typologie der Monaden
- 3. Perzeptionen
- 1. Hierarchie der Perzeptionen
- 2. Der Irrtum als Paradoxie?
- 4. Hierarchie der Monaden
- 5. Handeln und Leiden der Monaden
- 1. Monadeninternes Handeln und Leiden
- 2. Interaktion der Monaden Handeln und Leiden als relative Begriffe
- 3. Handeln als Ausdruck von Vollkommenheit
- 6. Gott als Urmonade
- II.1. Grundlagen der Interpretation
- III. Schluss
- 1. Die Individuation der Monade
- 2. Leibniz und die Geschichte des Idealismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit verfolgt das Ziel, die These des jungen Leibniz, dass jedes Individuum sich durch seinen ganzen Seinsgehalt individuiert, für die reife Lehre des Philosophen zu bestätigen. Im Zentrum steht dabei die Analyse des Begriffs der Monade und deren Individuation im Rahmen der Monadologie.
- Das Individuationsprinzip in Leibniz' Monadologie
- Die Rolle der Perzeptionen als Zustände der Monade
- Die logisch-ontologische Ebene des Systems
- Das lebendige Universum als System von Monaden
- Die Rolle Gottes als Urmonade
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Fragestellung der Arbeit ein und verdeutlicht die zentrale Bedeutung des Begriffs der Perzeption für Leibniz' Philosophie. Das erste Kapitel behandelt die Grundlagen der Interpretation von Leibniz' Monadologie, wobei der Fokus auf Rationalität, Logik, Begrifflichkeit, Struktur der Wirklichkeit und Vollkommenheit liegt. Das zweite Kapitel widmet sich der Substanz an sich und analysiert die Monade als geschlossene, sich in ihren Eigenschaften verändernde Einheit. Das dritte Kapitel betrachtet die logisch-ontologische Ebene des Systems, mit besonderem Augenmerk auf die Schöpfung, die Perzeptionen als Repräsentation des Universums, die Monade als System und das System der Monaden mit seinen Prinzipien der Harmonie und der prästabilierten Harmonie. Das vierte Kapitel befasst sich mit dem lebendigen Universum, analysiert die Typologie der Monaden, die Hierarchie der Perzeptionen und die Frage nach dem Handeln und Leiden der Monaden.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Individuation, Monade, Perzeption, Substanz, Vollkommenheit, Logik, Ontologie, Psychologie, Schöpfung, Harmonie, prästabilierte Harmonie, Universum, Lebewesen, Handeln, Leiden, Gott.
- Arbeit zitieren
- MA Michael Schlierf (Autor:in), 2007, Harmonischer Idealismus - Die Individuation der Substanz in Leibniz´ Monadologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84982