Der deutsche Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel. Dies spiegelt sich unter anderem in Öffnungsklauseln in Tarifverträgen, weiterhin zunehmender Tertiärisierung, technologischem Wandel, unsteten Erwerbsbiographien oder einer steigenden Frauenerwerbsquote wider. Ebenso spielt die abnehmende Bedeutung vom Normalarbeitsverhältnis eine Rolle. Durch die tendenzielle Abkehr von der unbefristeten Vollzeitarbeitsstelle mit üblichen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzvorschriften und der Zunahme von atypischen Beschäftigungsverhältnissen wird die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern auf arbeitsvertraglicher Grundlage und Selbstständigen auf Basis des Dienstleistungsvertrages immer schwieriger, was vor allem darauf zurück zu führen ist, dass es bis heute keine Legaldefinition des Arbeitnehmerbegriffs gibt. Etwaige Rechtsformverfehlungen führen immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragsparteien. Spätestens dann, wenn es zu einer Vertragsaufhebung des Auftraggebers kommt, ist dies der klassische Fall, welcher zu einer gerichtlichen Überprüfung des Rechtscharakters führt. Ob ein Vertrag als Arbeits- oder Dienstvertrag zu qualifizieren ist, richtet sich jedoch nicht nach den Wünschen und Vorstellungen der Vertragspartner, sondern danach, wie die Ver-tragsgestaltung nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist; denn durch Parteivereinbarungen kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abgedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzsrechtes nicht eingeschränkt werden. Große Bedeutung gewann die Feststellung des Status aber auch in der Diskussion um die Scheinselbstständigkeit. Bei Scheinselbstständigen handelt es sich um Mitarbeiter, die arbeitsrechtlich, steuerrechtlich und/ oder sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind, die aber als Selbstständige auftreten und von Arbeitgeberseite auch als solche behandelt werden. Auch hier spielt eine Rechtsformverfehlung eine große Rolle, da ein Statuswechsel als Ergebnis eines Statusverfahrens zur Folge hat, dass das Rechtsverhältnis dem gesamten Arbeitsrecht unterstellt wird und dies nicht nur enorme Auswirkungen aus arbeitsrechtlicher Sicht, sondern auch aus sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Sicht hat. In Anbetracht des Umfanges dieser Arbeit soll dieser Bereich jedoch im Folgenden nur zum Verständnis angeschnitten, nicht jedoch genauer erörtert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Pro/Contra Abschluss eines Arbeitsvertrages aus unternehmerischer Sicht
- Motive des Unternehmens für den Abschluss eines Arbeitsverhältnisses
- Motive des Unternehmens für ein freies Mitarbeiterverhältnis
- Kündigungsschutz
- Haftungsfrage
- Beachtung des Nachweisgesetzes
- Tarifbindung
- Entgelt ohne Arbeit
- Mitbestimmung
- Der Arbeitnehmerbegriff in der Rechtsprechung
- Arbeitnehmerbegriff in der Rechtsprechung des EuGH
- Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
- Tragende Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs
- Persönliche Abhängigkeit
- Zeitliche Weisungsabhängigkeit
- Örtliche Weisungsabhängigkeit
- Sachlich-Organisatorische Weisungsgebundenheit
- Einsatz der gesamten Arbeitskraft durch Dienstverpflichtung
- Parteiwille und tatsächliche Durchführung
- Wirtschaftliche Abhängigkeit
- Indizien
- Zeitliche Terminierung
- Bezahlter Erholungsurlaub
- Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall
- Art der Entlohnung
- Persönliche Leistungserbringung
- Einsatz eigener Betriebsmittel
- Äußeres Erscheinungsbild der Tätigkeit
- Anmeldung eines Gewerbes
- sozialversicherungsrechtlicher Aspekt
- Altregelung § 7 IV SGB IV
- Neuregelung § 7 IV SGB IV
- Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Beurteilungskriterien der Rechtsprechung zur Abgrenzung des Arbeitnehmers gegenüber dem Selbstständigen / freien Mitarbeiter zu geben. Es soll verständlich werden, dass es keinen pauschalen Kriterienkatalog zur Statusfeststellung gibt, sondern dass es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt.
- Der Wandel des deutschen Arbeitsmarktes und die zunehmende Bedeutung atypischer Beschäftigungsverhältnisse.
- Die fehlende Legaldefinition des Arbeitnehmerbegriffs und die daraus resultierenden Rechtsstreitigkeiten.
- Die Abgrenzung des Arbeitnehmerbegriffs in der Rechtsprechung, insbesondere die Bedeutung der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit.
- Die Unterscheidungskriterien zwischen Arbeitnehmer und Selbstständigem aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht.
- Die Bedeutung des Arbeitnehmerbegriffs in der Diskussion um die Scheinselbstständigkeit.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Wandel des deutschen Arbeitsmarktes und die zunehmende Bedeutung atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Sie stellt die Problematik der fehlenden Legaldefinition des Arbeitnehmerbegriffs dar und erläutert die Relevanz der Statusbestimmung in Rechtsstreitigkeiten und im Zusammenhang mit Scheinselbstständigkeit.
Kapitel zwei analysiert die Motive von Unternehmen für den Abschluss eines Arbeits- oder Dienstvertrages. Dabei werden die Vorteile und Nachteile beider Vertragsformen aus unternehmerischer Sicht beleuchtet.
Kapitel drei widmet sich der Rechtsprechung zur Abgrenzung des Arbeitnehmerbegriffs. Es werden die tragenden Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs, insbesondere die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit, sowie die relevanten Indizien für die Statusfeststellung näher betrachtet.
Kapitel vier behandelt den sozialversicherungsrechtlichen Aspekt der Statusbestimmung. Es werden die Regelungen des SGB IV zur Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen dargestellt.
Schlüsselwörter
Arbeitnehmerbegriff, Selbstständigkeit, Rechtsprechung, Abgrenzung, Kriterien, Statusfeststellung, Arbeitsvertrag, Dienstvertrag, Scheinselbstständigkeit, Sozialversicherungsrecht, SGB IV, Direktionsrecht, Persönliche Abhängigkeit, Wirtschaftliche Abhängigkeit, Indizien.
- Arbeit zitieren
- B.A. Anita Rückert (Autor:in), 2007, Der Arbeitnehmer in der Kontroverse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85101