Der politische Widerstand gegen das NS-Regime

Widerstand im katholischen und bürgerlichen Lager


Seminararbeit, 2006

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung
Widerstand – Eine Begriffsbestimmung
Probleme und Besonderheiten des Widerstands in Österreich

Der Widerstand des katholisch, bürgerlichen Lagers
Vorraussetzungen
Die drei großen Freiheitsbewegungen
Gruppe um Roman Scholz
Gruppe um Dr. Karl Lederer
Gruppe um Dr. Jakob Kastelic
Die Zerschlagung der drei großen Widerstandsgruppen
Andere Bewegungen des katholisch, bürgerlichen Lagers
Die Gruppe Kühnl – Meithner
Die Gruppe um Anselm Grand

Der Widerstand der Legitimisten
Legitimistische Widerstandsgruppen
Die Gruppe „Burian“
Die Gruppe „Hebra“
Die Gruppe „Zemljak“
Die Gruppe „Müller-Thanner“
Gruppe „Freiheit Österreich“
Die Gruppe um Leopold Mahr
Die „Illegale Österreichische Kaisertreue Front“:
Die „Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreich“

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Vorwort

„Auch in Österreich hört man immer wieder den Wunsch nach Vergessen und Verdrängen. Beide Aufforderungen sind falsch: Nur Menschen mit einem schlechten Gewissen, die Angst vor der Verantwortung haben, suchen das Verdrängen und solche, die nicht bereit sind, aus der Vergangenheit zu lernen, rufen unentwegt nach dem Vergessen.“ (Vranitzky 1995).

Dieses Zitat stammt aus dem Vorwort des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Frantz Vranitzky, zum Buch „Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen“ von Hans Maršálek. Mit diesem Satz habe ich schon in meiner Fachbereichsarbeit zum Thema „Das Konzentrationslager Mauthausen und seine Nebenlager Melk und Großraming“ versucht meine Motivation, zu diesem Thema zu arbeiten, darzulegen.

Auch bei dieser Arbeit war ein wichtiger Aspekt für mich, zu einem Thema zu arbeiten, dass in Österreich in der breiten Öffentlichkeit wenig Beachtung findet, obwohl es doch ein ganz zentraler Bestandteil der österreichischen Geschichte ist. Und gerade im Anschluss an ein Gedankenjahr (2005), indem die „Österreicher“ zwar aller möglichen Dinge gedenken, wo aber viel mehr Dinge doch unbedacht bleiben, war es eine Motivation mich mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu beschäftigen.

In der näheren Auseinandersetzung mit dem Thema bin ich dann zum Schluss gekommen, dass ich mich auf den rechten Widerstand, also auf den katholisch-konservativ-bürgerlichen Widerstand spezialisieren möchte, um das so umfangreiche Thema einzuschränken. Der Grund warum ich mich näher mit dem rechten Widerstand auseinandergesetzt habe, war der, dass mein Wissenstand (im Gegensatz zum linken Widerstand) eher gering war, und ich deshalb mehr zu diesem Thema erfahren wollte.

Bevor ich nun mit der eigentlichen Arbeit beginne, möchte ich noch anmerken, dass die von mir behandelten Widerstandsgruppen lediglich eine Auswahl darstellen, und die Arbeit keinesfalls als erschöpfende Aufzählung derselben verstanden werden darf. Bei der Auswahl der Widerstandsgruppen habe ich versucht, die größten und von ihrer Bedeutung her einflussreichsten Gruppen aus der verwendeten Literatur herauszugreifen. Aufgrund des Umfangs der Arbeit konnte ich auch nicht mehr speziell auf den „überparteilichen“ Widerstand, der sich gegen Ende des NS-Regimes herausgebildet hat, eingehen. Dazu möchte ich aber doch bemerken, dass viele aus dem katholisch-bürgerlichen Lager, oftmals auch nach dem sie aus Konzentrationslagern oder Haft entlassen wurden, Mitglieder dieser späteren Widerstandsgruppen waren und auch führende Positionen einnahmen. Die bekannteste dieser Gruppen ist wohl jene mit dem Kürzel 05.

Zur Gliederung der Arbeit ist zu sagen, dass ich in der Einleitung, einerseits den Begriff Widerstand, theoretisch herzuleiten versuche, und andererseits auf die Besonderheiten und auch auf die Probleme des österreichischen Widerstands eingehe.

Im zweiten Kapitel beschäftige ich mich mit Widerstandsgruppen aus dem katholisch-bürgerlichen Lager, wobei ich ein spezielles Augenmerk auf die drei großen Freiheitsbewegungen rund um Scholz, Lederer und Kastelic lege.

Im dritten und letzten Kapitel beschäftige ich mich schließlich mit den sehr zahlreichen Widerstandsgruppen der Legitimisten beziehungsweise Monarchisten.

Einleitung

Widerstand – Eine Begriffsbestimmung

Bevor ich auf die einzelnen Widerstandgruppen und deren Kampf gegen das Nationalsozialistische Regime eingehen kann, ist es notwendig den Begriff des Widerstands näher unter die Lupe zu nehmen.

Ich möchte als Einführung in die Thematik mit einer allgemeinen Definition, aus einem Politiklexikon beginnen. Bei dieser Definition aus dem Lexikon von Dr. Everhard Holtmann (2000, 775f) handelt es sich wie bereits erwähnt, um eine allgemeine Begriffsdefinition, daher wird noch kein direkter Zusammenhang zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus hergestellt. Dieser Definition nach ist Widerstand:

„Abwehr einer Bedrohung durch gewaltsame oder gewaltlose Gegenwehr. In den Bereich des Politischen übertragen meint W.[iderstand; lk] die Auflehnung gegen bzw. die Bekämpfung von staatlicher Tyrannei, Willkür- und Unrechtsherrschaft, welche die Grundrechte und Grundfreiheiten eines demokratischen Verfassungsstaates mißachten. Wird das staatliche Gewaltmonopol offenkundig zugunsten eines Unrechtsregimes instrumentalisiert, erhält W.[iderstand; lk] gegen Staatsmacht moralische Legitimation.“

Ausgehend von dieser allgemeinen Definition möchte ich nun auf Begriffsbestimmungen eingehen, die sich mit Widerstand gegen den Nationalsozialismus auseinandersetzen.

In Österreich kam es zum ersten Mal im Jahr 1946 zu einer Beschäftigung mit dem Thema Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Nachdem in der Moskauer Deklaration aus dem Jahr 1943, Österreich zwar als „erstes Opfer“ des Nationalsozialismus bezeichnet, und gleichzeitig aber auch die Verantwortung der Teilnahme am Krieg betont wurde, war zunächst die provisorische und dann auch die erste Bundesregierung der Zweiten Republik bemüht die Opferthese weiter zu stärken. Zu diesem Zweck wurde das „Rot-Weiß-Rot-Buch" unter dem Titel „Gerechtigkeit für Österreich“ herausgebracht.

„Durch Dokumente sollte untermauert werden, wie engagiert der österreichische Widerstand war. Diese nachhaltige Postulierung der Opferrolle Österreichs bedingte, ich möchte das so formulieren, daß der tatsächlich geleistete Widerstand der Österreicherinnen und Österreicher zur Reinwaschung von der Schuld der Täter und Mitläufer mißbraucht wurde.“ (Quatember 1998).

Auch Wolfgang Neugebauer betont, dass es so kurz nach dem Krieg noch keine ordentliche Aufarbeitung des Themas Widerstands gab, „weil das politisch-gesellschaftliche Leben im Nachkriegsösterreich nicht von den WiderstandskämpferInnen und NS-Opfern dominiert wurde, sondern von der Generation der Kriegsteilnehmer und ehemaligen Nationalsozialisten, die für den Widerstand nie Verständnis aufbringen konnten.“ (Neugebauer 2000, 187).

Erst nach der Gründung des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW) im Jahr 1963 durch ehemalige WiderstandskämpferInnen und „engagierte“ WissenschafterInnen kam es zu einer breiter angelegten Widerstandsforschung in Österreich (www.doew.at; Vgl. Neugebauer 2000, 187).

Bei ihrer Forschung und ihren Tätigkeiten stützt sich das Dokumentationsarchiv auf einen Widerstandsbegriff von Karl. R. Stadler aus dem Jahr 1966:

„ ‚Angesichts des totalen Gehorsamkeitsanspruchs der Machthaber und aller für seine Verletzung drohenden Sanktionen muß jegliche Opposition im Dritten Reich als Widerstandshandlung gewertet werden, auch wenn es sich um einen vereinzelten Versuch handelt, ‚anständig zu bleiben’.’“ (zit. nach Neugebauer 2000, 188).

Diese Definition von Karl R. Stadler beschreibt einen sehr breiten Widerstandbegriff, der möglichst alle oppositionellen Handlungen als Widerstand bewertet haben will. Somit fällt unter diesen Begriff des Widerstands, das Abhören von „Feindsendern“, oder regimekritische Äußerungen genauso, wie die konspirative Tätigkeit einer organisierten politischen Widerstandsgruppe.

Der nächste wichtige Definitionsvorschlag stammt vom Zeithistoriker Gerhard Botz, der in der ersten Hälfte der 1980er Jahre, in Anlehnung an die Definition des deutschen Politikwissenschafters Richard Löwenthal, eine Gliederung des Begriffs vornahm. So unterscheidet Botz zwischen, politischem Widerstand, zweitens sozialem Protest und drittens abweichendem Verhalten. Neben dieser dreigliedrigen Einteilung unterscheidet Botz auch noch acht Unterfelder, darunter findet man Putsch genauso wie „Schwarzschlachten“, das Hören von „Feindsendern“ und auch Desertion. (Weinzierl 1988, 161).

Gerhard Botz übernimmt damit zwar die Breite des Widerstandsbegriffs von Karl R. Stadler, versucht aber dem Begriff durch die Unterteilung einen spezifischeren Charakter zu verleihen.

Nun möchte ich eine weitere Definition des Begriffs Widerstand vorstellen, welche auch als Grundlage, beziehungsweise als theoretischer Background für diese Arbeit dienen soll. Radomir Luža, der selbst im tschechischen Widerstand aktiv war, und dann als Historiker in den USA arbeitete, hat 1988 ein bis heute anerkanntes Buch über den Österreichischen Widerstand mit dem Titel „Der Widerstand in Österreich 1938-1945“ verfasst (Vgl. Neugebauer 2000, 188). Als Grundlage für sein Buch wählte Luža einen deutlich engeren Widerstandsbegriff als jene, die ich weiter oben vorgestellt habe, also die Definitionen von Stadler und Botz.

Grundsätzlich unterscheidet Radomir Luža zwischen Opposition und Widerstand. Als Opposition bezeichnet er „[...] ein Verhalten geistiger und emotionaler Unzufriedenheit mit dem Regime.“ (Luža 1985, 25). Darunter fallen, demnach auch Unmutsäußerungen, das Abhören von Feindsendern und ähnliche individuelle Aktionen, die bei Stadler als Widerstand gewertet werden.

Seine genaue Definition für Widerstand lautet folgendermaßen:

„Als Widerstand ist also jede politisch bewusste, vornehmlich konspirative organisierte Aktivität zu verstehen, die von den nationalsozialistischen und faschistischen Regierungen als feindlich empfunden und für illegal erklärt wurde.“ (Luža 1985, 26).

Wie bereits erwähnt stützte ich mich in dieser Arbeit auf den Widerstandsbegriff von Radomir Luža. Der Grund dafür ist, dass sich für das Thema meiner Arbeit, nämlich der politische Widerstand aus dem katholisch-konservativen-bürgerlichen Lager, der engere Widerstandsbegriff besser eignet. Dazu möchte ich allerdings auch betonen, dass ich außerhalb dieser Arbeit sehr wohl den breiten Widerstandsbegriff von Karl R. Stadler, auf den sich auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes stütz, präferiere.

Probleme und Besonderheiten des Widerstands in Österreich

Nach dem „Anschluss“ vom 12. März 1938 sah sich der potentielle Widerstand einer ganzen Reihe von Problemen gegenüber.

Eine erste Demoralisierung bedeutete der kampflose Untergang Österreichs, die Passivität der Westmächte und die totale Machtergreifung der Nationalsozialisten (Neugebauer 2005).

Ein ganz entscheidendes Problem für die Organisierung von Widerstandsgruppen, waren aber die breit angelegten und mit einer unglaublichen Schnelligkeit und Präzision durchgeführten Verhaftungswellen, mit welchen schon in den ersten Tagen nach dem „Anschluss“ begonnen wurde. Von den ersten Verhaftungswellen waren hauptsächlich führende politische Personen aller Parteinen (natürlich auch die, der schon im Austrofaschismus verbotenen Sozialdemokratie und der kommunistischen Partei) aber besonders auch die Vertreter des untergegangenen Regimes: „Landespolitiker, Bürgermeister, Funktionäre der Vaterländischen Front, der Einheitsgewerkschaft und anderer Organisationen, hohe Beamte, wie Bezirkshauptleute, sowie Polizei- und Gendarmeriebeamte“ (Neugebauer 1979, 83).

Um diese schnellen Verhaftungen besser zu veranschaulichen, möchte ich einige Beispiele aus dem Bundesland Oberösterreich anführen. Dort wurden bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem „Anschluss“ Mitglieder der Landesregierung darunter der damalige Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner, der Landesstatthalter Heinrich Wenninger, die Landesräte Felix Kern und Peter Friedrich Graf Revertera in Konzentrationslager eingeliefert, oder sonst wie für längere Zeit festgehalten. Auch andere Spitzenfunktionäre wie der Leitende Sekretär der Linzer Arbeiterkammer Dr. Alfred Maleta aber auch Mitglieder der Polizeidirektion Linz sowie der Strafanstalt waren Opfer dieser ersten Verhaftungswelle in Oberösterreich (Slapnicka 1982, 211).

Insgesamt, so lautet eine Schätzung wurden in den ersten sechs Wochen rund 70.000 Österreicher festgenommen (Neugebauer 1979, 83). Rechnet man zu diesen Verhafteten Personen noch jene hinzu, welche vor dem nationalsozialistischen Regime ins Ausland geflüchtet waren, so kann man sich vorstellen, dass es den potentiellen Widerstandsgruppen ganz einfach auch an der nötigen menschlichen Basis fehlte (Neugebauer 2000, 190).

Ein weiteres Problem, dass die Bildung von Widerstandsgruppen erschwerte, war die feindlich gesinnte Bevölkerung. Während der Widerstand in anderen Ländern eine Angelegenheit war, bei der nationale Kräfte zusammenarbeiteten, mussten die WiderstandskämpferInnen in Österreich in einer Gesellschaft agieren, die ihr zum Teil feindlich gegenüberstand und die von Denunzianten und Regimeanhängern durchzogen war (Neugebauer 2005). Neugebauer geht sogar so weit, dass er von einem Charakter eines „Bürgerkriegs Österreicher gegen Österreicher“ spricht (Neugebauer 2000, 190).

Auch die tiefe parteipolitische Spaltung, welche in Österreich vorherrschend war, stellt eine Besonderheit des österreichischen Widerstands dar. Grundsätzlich kann man dabei zwei Gruppen oder Lager, aus denen Widerstand gegen den Nationalsozialismus hervorging, unterscheiden. Auf der einen Seite gab es den rechten Widerstand, also den Widerstand aus dem konservativ-katholisch-bürgerlichen Lager, und auf der anderen Seite, den linken Widerstand der Sozialisten und Kommunisten. „Eine gemeinsame nationale Wurzel des Widerstandes, die – für die anderen von Hitlerdeutschland besetzten Länder charakteristisch war, bestand auf Grund der besonderen ‚nationalen’ Situation Österreichs lange Zeit nicht;“ (Neugebauer 2000, 190).

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Der politische Widerstand gegen das NS-Regime
Untertitel
Widerstand im katholischen und bürgerlichen Lager
Hochschule
Universität Wien
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
31
Katalognummer
V85124
ISBN (eBook)
9783638005913
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Widerstand, NS-Regime
Arbeit zitieren
Leonhard Kern (Autor:in), 2006, Der politische Widerstand gegen das NS-Regime, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85124

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