Wer geht denn heute noch ins Theater?

Allgemeine Situationsanalyse und Möglichkeiten der Besucherorientierung für Theater


Hausarbeit, 2003

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die gesellschaftliche Situation
Der gesellschaftliche Wandel
Das Freizeitverhalten
Die Angebotsvielfalt

3. Die Situation der Theater
Die Krise als Chance
Das Besucherverhalten

4. Besucherorientierung - ein komplexes Vorhaben
Stellenwert des Marketing an Theatern
Das Selbstverständnis des Theaters als Leitbild
Die Analyse der eigenen Situation
Von der Besucherorientierung zur Besucherbindung
Bereichsübergreifende Methoden des Marketing

5. Fazit

6. Literatur und Quellen

7. Anhang

Einleitung

Dass der anhaltende Besucherrückgang an Theatern nur aufzuhalten ist, wenn sich das nach innen gerichtete Selbstverständnis der Theatermacher verändert, ist mehr oder weniger in alle Institutionen des Landes vorgedrungen. Einige Theater haben dem Umdenken Taten folgen lassen und können erste Erfolge verzeichnen.

Um die dringende Notwendigkeit einer bewussten Öffnung der Theater in Richtung Publikum darzustellen, werden im ersten Teil der Arbeit die gesamtgesellschaftliche Situation und die Krise der Theater selbst betrachtet.

Im zweiten Teil wird dann untersucht welche Handlungsweisen das öffentliche Interesse an der Arbeit der Theater mehren und zu neuen Formen von Besucherbindung und sogar Steigerung von Besucherzahlen führen können.

Den Betrachtungen liegen die Ansätze des allgemeinen Kulturmarketing zugrunde.

Die gesellschaftliche Situation

Der gesellschaftliche Wandel

Im westlichen Kulturkreis und ganz besonders in Deutschland definieren sich die Menschen traditionell vorrangig über die Arbeit, die sie leisten. Persönliche Wertevorstellungen wie finanzielle Absicherung und die damit verbundene individuelle Freiheit basieren auf dieser Tatsache.

Durch die verstärkte Orientierung der Wirtschaft an den weltweiten Märkten verlagern sich die Aktivitäten der westlichen Gesellschaft von der Produktion auf das Dienstleistungsgewerbe, die Bildung und die Forschung. Die Menschen werden immer älter, sind länger leistungsfähig und in einer Konsumgesellschaft aufgewachsen, die das Denken und die Ansprüche an ihr Leben lenkt.

Vereinfacht dargestellt ist ihr Dasein folglich entweder geprägt von viel Arbeit, entsprechender sozialer Stellung, verbunden mit finanzieller Sicherheit, aber wenig Freizeit und nicht selten einem Singledasein mit allen dazugehörenden Vor- und Nachteilen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes - meist aufgrund der erhöhten Anforderung an die Effizienz eines Unternehmens - und damit der finanziellen Sicherheit, aber viel Freizeit.

Interessant an der Grafik[1], die die Veränderung der Beschäftigungs-verhältnisse über einen Zeitraum von 10 Jahren darstellt, ist der Rückgang des Hausfrauendaseins auf westlicher Seite des Landes zugunsten von Angestelltenverhältnissen der Frauen und die rapide Zunahme der Arbeitslosigkeit und die Abwanderung im Osten in den ersten 10 Jahren nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Dies verdeutlicht neben dem erhöhten Ansehen wohl auch die Notwendigkeit der Arbeit für Frauen in Westdeutschland und lässt auf die finanzielle und emotionale Situation der Bevölkerung in Ostdeutschland schließen. Im Hinblick auf die Beschäftigung mit dem Besucherverhalten an Kulturinstitutionen geben diese Betrachtungen Auskunft über die vorhandenen Unsicherheiten und Existenzängste der Gesamtbevölkerung, die das in weiten Kreisen nachweislich vorhandene Interesse an Kultur im Allgemeinen überlagern.

Das Freizeitverhalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1

Die Grafik[2], die sich auf eine Befragung von 200 Personen – unabhängig von ihrer sozialen Situation – stützt, verdeutlicht, dass der größte Teil der freien Zeit mit Aktivitäten im eigenen Heim verbracht werden, die weder Bewegung noch einen direkten finanziellen Aufwand erfordern. Die Wahrnehmung von Veranstaltungsangeboten befindet sich an letzter Stelle, wobei der Gang ins Kino immer noch am häufigsten gewagt wird.

Die Betrachtung des allgemeinen Freizeitverhaltens stellt die Grundlage für eine nähere Untersuchung der Nutzer von Hochkulturangeboten dar. Hierzu werden die empirischen Erhebungen einer Studie von Bettina Isengard herangezogen, die mit ihrer Arbeit die folgendermaßen formulierten Ergebnisse der Lebensstilforschung widerlegt: „..., in den modernen Gesellschaften haben die sozio-ökonomischen Unterschiede aufgrund der langfristigen Verbesserung der materiellen Lebensumstände an Bedeutung verloren und - auch bedingt durch zunehmende Individualisierungstendenzen - eine weitgehende Entkopplung von sozialer Lage und Lebensstil bzw. Freizeitverhalten ist zu beobachten.“[3] Die Arbeit untersucht inwiefern die klassischen Schichtmerkmale, wie Einkommen und Bildung und außerdem die familiäre Situation und Gelegenheitsstrukturen[4] der Menschen ihr Freizeitverhalten beeinflussen.

Greift man die Ergebnisse bezüglich der Nutzung von Kulturangeboten heraus und unterscheidet da nach Unterhaltungskultur - wie Kino, Popkonzerte und Diskotheken - und Hochkultur, zu der Besuche von Theater, Oper, klassischer Konzerte und Ausstellungen gehören, dann stellt sich folgendes Bild dar.

Die Wahrnehmung der Angebote der Hochkultur wird vor allem von der Gelegenheitsstruktur (Stadt-Land-Gefälle), dem Einkommen und der familiären Situation (Familie mit kleinen Kindern), aber am deutlichsten von der Bildung der Besucher beeinflusst. Bei Angeboten der Unterhaltungskultur spielen Gelegenheitsstrukturen und Bildung eine geringere Rolle, hier ist das Einkommen ausschlaggebend.[5]

Betrachtet man diese Faktoren nach Ablauf von zehn Jahren wiederholt, so ist im Bereich Hochkultur feststellbar, das sich der Einfluss der Bildung verringert und der des Einkommens erhöht.[6] Dass „hochkulturelles Kapital weiterhin in starkem Maße intergenerational weitergegeben wird“[7], ist also keine Garantie für ein anhaltendes Interesse in diesem Bereich und andererseits begleiten heute Persönlichkeiten mit Hochschulabschlüssen aus Elternhäusern ohne höhere Bildung wichtige gesellschaftliche Positionen, sodass der traditionelle Stellenwert von Hochkultur beim heutigen Bildungsbürgertum keine besondere Rolle mehr spielt. Entscheidend scheint im Allgemeinen die finanzielle Situation der Menschen zu sein. In unsicheren Lebenssituationen konzentriert sich der Kulturkonsum häufig auf den unterhaltenden Bereich, der Ablenkung schafft.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2

Die Grafik[8] zeigt deutlich eine Abnahme von ausgabenintensiven Aktivitäten wie Reisen und die Zunahme von sozialen Kontakten zu Familie und Freunden und ehrenamtlichem Engagement. Bei eigenen Betätigungen werden sportliche Aktivitäten den künstlerischen Tätigkeiten wie musizieren und malen vermehrt vorgezogen. Im Bereich der Veranstaltung ist eine deutliche Abnahme der Besuche von Sportveranstaltungen zu erkennen. Interessant ist, dass nahezu 50% der Menschen weder Veranstaltungen aus der Unterhaltungs- noch aus dem Bereich der Hochkultur nutzen. Der Großteil der Besucher geht zwar häufig ins Kino, aber nur selten ins Theater.

Allgemein ist festzuhalten, dass die derzeitigen Lebensbedingungen den überwiegenden Teil der Menschen in ihrer Freizeit vor allem zueinander führt und zu einem auf Erlebnis und Genuss ausgerichteten Konsum neigen lässt.

[...]


[1] Siehe Statistisches Bundesamt Deutschland unter www.destatis.de

[2] erstellt auf Grundlage der Abb.1 in Martin, Uta: Typologisierung des Theaterpublikums: Das Erkenntnispotential der verhaltensorientierten Marktsegmentierung für das Marketing öffentlich-rechtlicher Theater, Dissertation an der TU Dresden, 1998, S. 3

[3] Isengard, Bettina: Unterschiede im Freizeitverhalten: Ausdruck sozialer Ungleichstrukturen oder Ergebnis

individualisierter Lebensführung?, Discussion Papers 466, German Institute for Economic Research, Berlin

2005, S.1.

[4] Gelegenheitsstrukturen bezeichnen hier die vom Wohnort und der Region abhängigen Möglichkeiten und

Angebote

[5] vgl. Isengard,Bettina, S. 14 und S.16

[6] ebd. S.22

[7] ebd S.4 und vgl. Diewald, Martin, Jürgen Schupp (2004): Soziale Herkunft, Beziehung zu de Eltern und das

kulturelle und soziale Kapital von Jugendlichen. S. 104-127 in: Marc Szydlik (Hg.), Generation und Un-

gleichheit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften

[8] Datenquelle zu Abb.2 im Anhang dieser Arbeit

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Wer geht denn heute noch ins Theater?
Untertitel
Allgemeine Situationsanalyse und Möglichkeiten der Besucherorientierung für Theater
Hochschule
Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar  (Kulturmanagement)
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
22
Katalognummer
V85161
ISBN (eBook)
9783638006002
Dateigröße
524 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theater
Arbeit zitieren
Anne Schmid (Autor:in), 2003, Wer geht denn heute noch ins Theater?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85161

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