Zur Entnazifizierung der Lehrerschaft in der Französischen und Britischen Besatzungszone im Nachkriegsdeutschland


Seminararbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsbeschreibung „Entnazifizierung“

3. Die Entnazifizierung der Lehrerschaft in der Französischen Besatzungszone

4. Die Entnazifizierung der Lehrerschaft in der Britischen Besatzungszone

5. Zusammenfassung

Verwendete Literatur

1. Einleitung

In dieser Seminararbeit[1] soll es hauptsächlich darum gehen, die unterschiedlichen Vorgänge und Ergebnisse bei der Entnazifizierung der Lehrerschaft sowohl in der Französischen als auch in der Britischen Besatzungszone zu beschreiben und zu erklären. Unter dem Begriff der Entnazifizierung versteht man insbesondere die Entfernung von Nationalsozialisten aus wichtigen Ämtern in Wirtschaft, Verwaltung oder Erziehungswesen durch die alliierten Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Entnazifizierung erstreckte sich über die Jahre 1945-1949, danach galt sie in der Regel als abgeschlossen.

Folgende erkenntnisleitende Fragestellungen sollen primär beantwortet werden: Wie wurde die Entnazifizierung in den beiden genannten Besatzungszonen umgesetzt? Wie ist diese Praxis zu bewerten? Wurde hierbei einheitlich verfahren und alle aktiven Nazis entfernt? Oder gab es sogar Fälle, in denen „alte“ Nazis ihre Arbeit wieder aufnehmen durften und wenn dem so war, was waren die Gründe dafür?

Zunächst wird im Rahmen dieser Arbeit der Frage nachgegangen, was man genau unter der Entnazifierung versteht, aus welchen ideologischen Motiven sie entstand und in welchen Phasen sie verlief. Danach wird anhand der Französischen Besatzungszone untersucht, inwiefern die „Säuberung“ von nationalsozialistischen Lehrern umgesetzt wurde und welche kontrovers zu wertenden Fälle dabei auftraten. Entsprechend wird mit dem britisch besetzten Teil Deutschlands verfahren. Auch hier wird untersucht, ob die Entnazifizierung rigoros durchgeführt wurde. Schließlich werden die Ergebnisse zusammengefasst. Aus Kapazitätsgründen und wegen der Aufteilung im Referat des dazugehörigen Seminars[2] werden die Sowjetische und die Amerikanische Zone außen vor gelassen.

Die Literaturlage zu dieser Thematik ist leider nicht sehr ergiebig. Es fehlt insbesondere an einem Gesamtwerk über den Bereich des Erziehungswesens und besonders der Lehrerschaft in allen vier Besatzungszonen. Hier besteht dringender Bedarf an einem Überblickswerk. Einen guten Beitrag zur Geschichte der Entnazifizierung allgemein liefert Sybille Deffner. Danach spezialisiert sie sich jedoch auf die amerikanische Zone und wurde für diese Arbeit leider „unbrauchbar“. Reinhard Grohnert und Rainer Möhler liefern kurze Beiträge zu einzelnen Landkreisen in der Französischen Zone, Clemens Vollnhals bietet wenige, aber dafür hochwertige Schriftquellen zur Problematik der Lehrerschaft an. Schließlich liefern uns Günter Pakschies und Maria Halbritter einige wichtige Informationen über die Britische Zone.

2. Begriffsbeschreibung „Entnazifizierung“

Zunächst soll es darum gehen, den so rigoros klingenden Begriff der „Entnazifizierung“ zu bestimmen sowie seine Hintergründe und Anwendungsgebiete zu klären.

Nachdem Diplomaten der USA, der Sowjetunion und Großbritanniens am 25.07.1944 in einem Entwurf der Kapitulationsurkunde für das vor dem Ende stehende Hitler-Deutschland festlegten, dass „[…] alle deutschen Behörden und das deutsche Volk bedingungslos die Anweisungen der Alliierten Vertreter ausführen und […] sich vollkommen den Proklamationen, Befehlen, Verordnungen und Anweisungen unterwerfen [sollen]“[3]. Wenig später wurde bestimmt, dass die Oberkommandierenden der jeweiligen Besatzungsmacht auch die höchste Autorität hatten; die gemeinsamen Ziele wurden erst in der Potsdamer Konferenz vom 17.07.-02.08.1945 genau formuliert. Zusammen mit der vierten Besatzungsmacht, dem besiegten Frankreich, welches aber hierhin keinen Vertreter geschickt hatte, einigte man sich auf eine mehr oder weniger konsequente Entmilitarisierung und Entnazifizierung, um damit die Umgestaltung des deutschen politischen Lebens auf demokratischer Grundlage und die eventuelle friedliche Teilnahme Deutschlands am internationalen politischen Leben vorzubereiten. Gerade im Bereich des Erziehungswesens sollte dafür gesorgt werden, dass nazistische und militaristische Lehren ausgerottet und stattdessen demokratische Vorstellungen in den Köpfen der Deutschen verankert werden.[4] Der genaue Wortlaut für die Entfernung der belasteten öffentlichen Dienststellen war: „Alle Mitglieder der nazistischen Partei, welche mehr als nominell an ihrer Tätigkeit teilgenommen haben, und alle anderen Personen, die den alliierten Zielen feindlich gegenüberstehen, sind aus den öffentlichen und halböffentlichen Ämtern und von den verantwortlichen Posten in wichtigen Privatunternehmungen zu entfernen. Diese Personen müssen durch Personen ersetzt werden, welche nach ihren politischen und moralischen Eigenschaften fähig erscheinen, an der Entwicklung wahrhaft demokratischer Einrichtungen in Deutschland mitzuwirken.“[5]

Dass hier nun aber bei den Besatzungsmächten unterschiedliche Vorstellungen über wichtige Leitbegriffe vorherrschten, verdeutlicht die Aussage des langjährigen Berater der amerikanischen Botschaft in Moskau, George F. Kennan: „Ich kann mich an kein politisches Dokument erinnern, das mich je so deprimiert hätte. ...die unpräzise Ausdrucksweise, die Verwendung so dehnbarer Begriffe wie `demokratisch`, `friedlich`, `gerecht` in einem Abkommen mit den Russen lief allem direkt zuwider, was 17 Jahre Russlanderfahrung mich über die Technik des Verhandelns mit der sowjetischen Regierung gelehrt hatten. Die Behauptung z. B., wir würden zusammen mit den Russen das deutsche Erziehungswesen `nach demokratischen Richtlinien` umformen, ließ Rückschlüsse zu, die nach allem, was wir von der Geisteshaltung der sowjetischen Führer und den damaligen russischen Erziehungsgrundsätzen wussten, völlig ungerechtfertigt waren.“[6]

Der Aufforderung, bei der Entnazifizierung auch humanitäre Gesichtspunkte zu fokussieren, spiegelt sich besonders in der Direktive JCS 1067 wider. Dieses Dokument, am 10. Mai 1945 veröffentlicht, war die amerikanische Grundlage für die Bildungspolitik bei den Konferenzen von Jalta und Potsdam. Es muss wohl nur ansatzweise erwähnt werden, dass sich die westlichen Regierungen in Paris und London in vielen Punkten auch an diese Direktive hielten. Obwohl das Dokument in der Realität nur verhältnismäßig kurz wirksam war (14. Juli – 2. August 1945), fand es in den Bestimmungen der Potsdamer Konferenz große Bedeutung, da es fast wörtlich übernommen wurde. So hieß es hier beispielsweise: „Alle Mitglieder der Nazipartei, die nicht nur nominell in der Partei tätig waren, alle, die den Nazismus oder Militarismus aktiv unterstützt haben, und alle anderen Personen, die den alliierten Zielen feindlich gegenüberstehen, sollen entfernt und ausgeschlossen werden aus öffentlichen Ämtern […]. Als Personen, die nicht nur nominell in der Partei tätig waren […] sind diejenigen zu behandeln, die […] der Nazipartei oder Nazifunktionären oder Naziführern freiwillig beträchtliche moralische oder materielle Hilfe oder politische Unterstützung irgendwelcher Art geleistet haben. Keine dieser Personen darf in irgendeiner der oben angeführten Beschäftigungsarten aus Gründen der verwaltungstechnischen Notwendigkeit, Bequemlichkeit oder Zweckdienlichkeit beibehalten werden.“[7] Die wichtigste Aussage war, dass vor der Eröffnung allgemeinbildender Schulen neben den Lehrplänen und den Lehrbüchern auch das Lehrpersonal entnazifiziert werden sollte.[8]

[...]


[1] Zitate wurden hierbei den Regeln der Neuen Rechtschreibung angepasst.

[2] Martin Wagener stellte die Amerikanische und Daniel Sosna die Sowjetische Besatzungszone vor.

[3] Deffner, Sybille, Die Nachkriegswirren im bayerischen Volksschulwesen 1945-1954 unter besonderer Berücksichtigung der amerikanischen Re-educationsbemühungen. Dargestellt anhand konkreter Verhältnisse und Geschehnisse bevorzugt im bayerischen Franken, URL: http://www.opus.ub.uni-erlangen.de/opus/volltexte/2004/4/, Dissertation 2001, S. 19, zitiert nach: Foreign Relations of the United States, The Conferences of Malta and Yalta 1945, Washington 1955, S. 110 f.

[4] Vgl. ebd.

[5] Amtsblatt des Kontrollrates, Erg.bl. Nr. 1 vom 30.04.1946, S. 15.

[6] Deffner, a.a.O., S. 20, zit. nach: Theodor Eschenburg: Jahre der Besatzung. 1945-1949. In: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in 5 Bänden. Herausgegeben von Karl Dietrich Bracher, Theodor Eschenburg, Joachim C. Fest, Eberhard Jäckel. Band 1. Stuttgart 1983, S. 51.

[7] Aus: Cornides, Wilhelm /Volle, Herrmann (Hrsg.), Um den Frieden mit Deutschland, Oberursel 1948, S. 61.

[8] Vgl. Deffner, a.a.O., S. 21 f.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Zur Entnazifizierung der Lehrerschaft in der Französischen und Britischen Besatzungszone im Nachkriegsdeutschland
Hochschule
Universität Potsdam  (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Von der Reeducation zur Curriculumreform. Staatsbildung, gesellschaftliche Wandlungen und Bildungsreformen im Nachkriegsdeutschland
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V85178
ISBN (eBook)
9783638006071
Dateigröße
447 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entnazifizierung, Lehrerschaft, Französischen, Britischen, Besatzungszone, Nachkriegsdeutschland, Reeducation, Curriculumreform, Staatsbildung, Wandlungen, Bildungsreformen, Nachkriegsdeutschland
Arbeit zitieren
Andreas Leinert (Autor:in), 2007, Zur Entnazifizierung der Lehrerschaft in der Französischen und Britischen Besatzungszone im Nachkriegsdeutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85178

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