Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ gehört zweifelsohne zu den wenigen großen komödiantischen Stücken der deutschen Literatur. Doch trotz des komödiantischen Charakters war das Lustspiel von Anfang an starker literarischer Kritik ausgesetzt.
Ziel der Hausarbeit soll es sein, ansatzweise herauszuarbeiten inwieweit die Figur der Eve als Element des Tragischen auf das Lustspiel einwirkt und somit die Konstitution des Stückes verändert. Dabei soll auf der Grundlage literaturwissenschaftlicher Typologien der tragische Gehalt der Figur bestimmt werden um somit Bezüge zu der bestehenden Gattungsbestimmungsproblematik herstellen zu können, um schlussendlich näherungsweise die Frage zu beantworten, ob die Figur der Eve als das tragende Element des Tragischen in Heinrich v. Kleist „Der zerbrochne Krug“ zu verstehen ist und wie sich dies auf das Stück auswirkt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Eve- die tragische Figur in Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“
2.1. Typologie einer tragischen Figur
2.2. Charakterisierung Eves
2.2.1. Ausgangssituation und Motive
2.2.2. Verhalten und Sprache
2.3. Eves tragisches Potential
2.4. Die Figur Eve und deren Einfluss auf die Konstitution des Stückes
3. Fazit
4. Bibliographie
1. Einleitung
Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ gehört zweifelsohne zu den wenigen großen komödiantischen Stücken der deutschen Literatur. Doch trotz des komödiantischen Charakters war das Lustspiel von Anfang an starker literarischer Kritik ausgesetzt.[1]
Als problematisch erweist sich vor allem die Gattungsbestimmung, da Kleist in „Der zerbrochne Krug“ zwar typische Merkmale der Komödie verarbeitete, jedoch auch tragische Elemente einfließen ließ, sodass man die Bezeichnung Lustspiel, wie es zu Kleists Zeiten üblich war, hier nicht als Synonym für Komödie verstehen kann, sondern stärker differenzieren muss.[2]
Dieser Konflikt der Vermischung komischer und tragischer Elemente[3] wird vornehmlich an der Hauptfigur des Lustspiels, dem Dorfrichter Adam, festgemacht. Dieser gerät in die missliche Lage über seine eigene Tat richten zu müssen und versucht das Aufdecken seiner Schuld mit Witz und List, Sprachgewirr und dreister Lügerei zu verschleiern. Die Komik des Lustspiels manifestiert sich somit vor allem durch das Agieren von Adam sowie das Interagieren Adams mit den anderen Figuren.[4]
Doch wie wird das Tragische in Kleists Lustspiel hervorgerufen? Augenscheinlich scheint die strukturelle Verwandtschaft zu Sophokles „Ödipus“, also das Verhandeln der eigenen Schuld, als das tragische Element zu fungieren,[5] so ist es zumindest dem Großteil der literaturwissenschaftlichen Arbeiten zu entnehmen. Anscheinend von marginalem Interesse ist dagegen die oft herausgearbeitete, jedoch weniger detailliert untersuchte Problematik der Situation Eves.
Eve, welche zwischen den streitenden Parteien steht und prinzipiell den Schlüssel zur Auflösung der verworrenen Gerichtsverhandlung in sich trägt, ihn aber nicht zu nutzen vermag,[6] nimmt im Kontext der Analyse tragischer Elemente in „Der zerbrochne Krug“ möglicherweise eine gewichtigere Rolle ein, als ihr zumeist zugeschrieben wird.
Ziel der Hausarbeit soll es daher sein, ansatzweise herauszuarbeiten inwieweit die Figur der Eve als Element des Tragischen auf das Lustspiel einwirkt und somit die Konstitution des Stückes verändert. Dabei soll auf der Grundlage literaturwissenschaftlicher Typologien der tragische Gehalt der Figur bestimmt werden um somit Bezüge zu der bestehenden Gattungsbestimmungsproblematik herstellen zu können, um schlussendlich näherungsweise die Frage zu beantworten, ob die Figur der Eve als das tragende Element des Tragischen in Heinrich v. Kleist „Der zerbrochne Krug“ zu verstehen ist und wie sich dies auf das Stück auswirkt.
2. Eve - die tragische Figur in Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“
Grundlegend kann man sagen, dass der zentrale thematische Aspekt des Lustspiels die Handlung um den Dorfrichter Adam und seinen Versuch der Tatvertuschung ist. Jedoch berührt „Der zerbrochne Krug“ neben der „(...) juristisch- kriminologische(n) Spannung“[7] auch andere thematische Aspekte. Zentral für die Analyse der Figur Eves ist dabei die Frage nach dem Problem des Vertrauens.[8]
Innerhalb dieser Thematik, der Frage nach Vertrauen, soll die Figur Eves und die Frage nach ihrem tragischen Gehalt untersucht werden. Indikatoren welche zur Untersuchung herangezogen werden, sind die Ausgangssituation Eves, die Motive, welche ihr Handeln bestimmen sowie ihr Verhalten gegenüber den anderen Figuren und ihre Sprache. Um jedoch die Frage beantworten zu können, inwieweit Eve als tragische Figur auftritt, muss zuerst eine Typologie einer tragischen Figur definiert werden um somit vergleichend den tragischen Gehalt der Figur Eves feststellen zu können.
2.1. Typologie einer tragischen Figur
Eine umfassende Typologie zur Konstitution einer tragischen Figur ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu leisten, sodass hier nur markante Eckpunkte genannt werden, welche für die weiteren Untersuchungen Eves von Belangen sind bzw. sein könnten.
Eine Figur kann als tragisch bezeichnet werden, wenn sich in einer Situation befindet, welche sich dadurch auszeichnet keine adäquate Lösung zu einer bestimmten Problematik zu ermöglichen.
„Gegenstand der Dichtung ist die Tragik, die entsteht, wenn der Mensch in einen unlösbaren Konflikt (…) verwickelt wird (…). Es kann sich um die Kollision von zwei weltlichen Mächten oder einer weltlichen und einer überweltlichen handeln, es können zwei gleichberechtigte ethische Normen aufeinanderprallen(…). Am Ende unterliegt der Held; er muss nicht sterben, er kann auch seelisch zusammenbrechen(…).[9]
[...]
[1] Kanzog, Klaus: Kommunikative Varianten des Komischen und der Komödie. Zur Gattungsbestimmung der Lustspiele H.v. Kleists. In: Hans Joachim Kreutzer (Hrsg.): Kleist- Jahrbuch 1981/82. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1983, S. 225.
[2] Ebd., S. 224.
[3] Fülleborn, Ullrich: Nach Kleists gescheiterter Tragödie das Gelingen der Komödien. In: Günter Blamberger, Ingo Breuer, Sabine Doering und Klaus Müller- Salget (Hrsg.): Kleist- Jahrbuch 2004. Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler 2004, S. 90-92.
[4] Sowinski, Bernhard: Heinrich von Kleist, Der zerbrochne Krug: Interpretation/ von Bernhard Sowinski. München: Oldenbourg 1994, S. 46-51.
[5] Müller-Salget, Klaus: Heinrich von Kleist. Um Recht und Gerechtigkeit- Der zerbrochne Krug. Stuttgart: Reclam 2002, S. 188.
[6] Ebd., S. 189.
[7] Sowinski, Bernhard: Heinrich von Kleist, Der zerbrochne Krug: Interpretation/ von Bernhard Sowinski. München: Oldenbourg 1994, S. 59.
[8] Ebd., S.59.
[9] Van Rinsum, Annemarie: Literarische Gattungen. In: Herman Stadler (Hrsg.): Fischer Abiturwissen. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2004, S. 431.
- Arbeit zitieren
- Torben Fischer (Autor:in), 2006, Das Problem des Vertrauens - Die tragische Situation der Eve in Heinrich von Kleists "Der zerbrochne Krug" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85369
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