„Das rhetorische Prunkstück der Pferdebeschreibung (7286-7766) übertrifft die Vorlage (Chrét. 5316-5351) um das annähernd Vierzehnfache.“ 1
Hartmann von Aue weitet die Beschreibung Enites Zelters, wie von Ruh festgestellt, im Gegensatz zu seiner Hauptquelle enorm aus. Diese Tatsache führt zu verschiedenen Fragen wie beispielsweise nach der Art und dem Grund dieser detaillierten Ausführungen.
Die Digressio ist geschickt in die Handlung eingesetzt und rhetorisch deutlich abgegrenzt. Vers 7264 und 7765 haben den gleichen Wortlaut, nämlich Arme vrouwe Eniten!2 Sowohl Erec, der bereits zwei Wochen auf seine Weiterreise von der Burg Penefrec warten musste, als auch der Rezipient müssen ungefähr noch eine halbe Stunde innehalten – denn etwa so lange dauert es, bis der Erzähler seine Ausführung vorgetragen hat, egal, ob mündlich vor einem Publikum oder schriftlich.3
Chrétien de Troyes beschreibt ebenfalls die Abreiseszene von Penefrec, allerdings setzt er seine Akzente ganz anders: Er stellt den Abschied sehr genau dar, Enites neues Pferd hingegen nur kurz. Hartmann von Aue geht nur am Rande auf den eigentlichen Abschied ein, stattdessen redet er lieber insgesamt 502 Verse über den Zelter und sein Sattelzeug.
Die Forschung beschäftigt sich mit dieser Eigenart erst seit den sechziger Jahren, obwohl der „Erec“ schon viel länger für die Literaturwissenschaftler interessant war.
Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit hauptsächlich Sekundärliteratur von den Siebzigern bis Heute verwendet. Die Ausführungen von Haiko Wandhoff zu der Zelterepisode sind sehr detailliert und deutlich dargestellt, können hier aber nicht verwendet werden, da sie nicht den Erzähler, sondern den Kosmos in den Mittelpunkt stellen.
Diese Arbeit konzentriert sich im Wesentlichen auf Erzählerbemerkungen und Erzählerkommentare. Sie legt außerdem den Fokus auf die Funktion eben dieser und auf die Länge der Digressio. Warum Hartmann aber die Geschichte von Troja und andere Verweise auf Literatur einfügt, wird allerdings nicht geklärt, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Verschiedene Arten der Erzählerbemerkungen und ihre Funktion
- II.1 Beglaubigende Bemerkungen
- II.1.1 Beglaubigende Bemerkungen
- II.1.2 Gliedernde Bemerkungen
- II.1.3 Erläuternde Bemerkungen zum erzählerischen Verhalten
- II.2 Kommentierende Bemerkungen
- II.3 Erzähler und Publikum
- II.4 Einordnung in den Gesamtkontext und Funktion
- II.1 Beglaubigende Bemerkungen
- III. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Funktion der Erzählerbemerkungen und -kommentare in der Zelterepisode von Hartmanns von Aue „Erec“ (Verse 7264 bis 7766). Sie konzentriert sich auf die Art und Weise, wie der Erzähler in diese detailreiche Beschreibung eingreift und seine eigene Rolle und die des Publikums in der Erzählung gestaltet.
- Analyse der verschiedenen Formen und Funktionen der Erzählerbemerkungen
- Bedeutung von beglaubigenden, kommentierenden und erklärenden Bemerkungen
- Die Beziehung zwischen Erzähler und Publikum
- Einordnung der Zelterepisode in den Gesamtkontext des Werks
- Funktion der Länge der Digressio
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung stellt den Kontext der Zelterepisode dar und betont die umfangreiche Beschreibung des Zelters im Vergleich zur Quelle. Sie führt die wichtigsten Forschungsfragen ein, die in der Arbeit behandelt werden, darunter die Funktion der detaillierten Ausführungen und die Rolle des Erzählers.
II. Verschiedene Arten der Erzählerbemerkungen und ihre Funktion
Dieses Kapitel analysiert verschiedene Formen von Erzählerbemerkungen, einschließlich beglaubigender, kommentierender und erklärender Bemerkungen. Es untersucht die Funktion dieser Bemerkungen in Bezug auf die Glaubwürdigkeit des Erzählten, die Gestaltung der Beziehung zwischen Erzähler und Publikum sowie die Einordnung der Erzählung in einen größeren Kontext.
II.1.1 Beglaubigende Bemerkungen
Dieser Abschnitt konzentriert sich auf beglaubigende Bemerkungen, die den Anspruch des Erzählers auf Wahrheit und Zuverlässigkeit stärken sollen. Es wird zwischen Quellenberufungen und Wahrheitsbeteuerungen unterschieden und diskutiert, wie diese Mittel verwendet werden, um die Glaubwürdigkeit des Erzählten zu erhöhen.
II.1.2 Gliedernde Bemerkungen
Dieser Abschnitt behandelt gliedernde Bemerkungen, die dem Leser helfen, den Aufbau und die Logik der Erzählung zu verstehen. Es wird untersucht, wie diese Bemerkungen die Aufmerksamkeit des Lesers auf wichtige Punkte lenken und die Erzählstruktur hervorheben.
II.1.3 Erläuternde Bemerkungen zum erzählerischen Verhalten
Dieser Abschnitt untersucht erklärende Bemerkungen, die den Erzähler in seinen Funktionen als Vermittler und Interpret der Geschichte hervorheben. Es werden verschiedene Arten von Erklärungen analysiert, die der Erzähler für sein erzählerisches Verhalten liefert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Erzählerbemerkungen, Erzählerkommentare, Zelterepisode, „Erec“, Hartmann von Aue, Beglaubigung, Quellenberufung, Wahrheitsbeteuerung, Digressio, Erzählstruktur, Publikumsbezug.
- Quote paper
- Bachelor of Arts Isabelle Strohkamp (Author), 2005, Der Erzähler in Hartmanns von Aue ‚Erec’: Formen und Funktionen der Erzählerbemerkungen und Erzählerkommentare in der Zelterepisode von Vers 7264 bis 7766., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85486