Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
1.1 Überblick
2. „Der Westen“ als Ziel
2.1 Die türkische „Westbindung“
2.1.1 Das Konzept
2.1.2 Die Westbindung der Republik Türkei
2.1.3 Die Assoziierung mit der Europäischen Gemeinschaft
2.2 „Kopenhagen“ - die Regeln für den Beitritt
3. Die Türkei - ein Europäischer Staat-
3.1 Politisches System und Demokratische Strukturen
3.1.1 Parlament und Regierung
3.1.2 Justizwesen und Korruptionsbekämpfung
3.1.3 Politischer Einfluß des Militärs
3.2 Menschenrechte und Minderheiten
3.2.1 Menschenrechtsverletzungen
3.2.2 Die Todesstrafe
3.2.3 Minderheitenprobleme und Minderheitenschutz
3.3 Zwischenergebnis: die Türkei - ein Europäischer Staat
4. Reif für den Binnenmarkt-
4.1 Warum eine Zollunion- Der theoretische Rahmen
4.2 Die Praxis türkischer Wirtschaftskraft: zwischen Estland und Polen
4.2.1 Die „gespaltene“ Volkswirtschaft
4.2.2 Der Arbeitsmarkt: wird Europa „überflutet“-
4.3 Schon integriert- Der türkische Außenhandel
4.3.1 Der Zollunionvertrag und die Zollunion
4.3.2 Gemeinsame Handelsbeziehungen in der Zo llunion
4.4 Viel Arbeit: der „Gemeinschaftsrechtliche Besitzstand“
4.4.1. Das Paket „Zollunion“
4.4.2. Das Paket „Europäische Strategie“
4.4.3. Sonstige Bereiche des GRBSt
4.5 Zwischenergebnis: nicht reif für den Binnenmarkt
5. Gefährdet Ankara die Stabilität der EU-
5.1 Die Türkei und die GASP
5.1.1 Die außenpolitische Lage der Türkei
5.1.2 Der Streit mit Griechenland I: Die Zypernfrage
5.1.3 Der Streit mit Griechenland II: Die Ägäisfrage
5.2 Weitere Fragen einer türkischen EU-Mitgliedschaft
5.2.1 Auswirkungen auf das institutionelle Gleichgewicht
5.2.2 Die Positionen der Mitgliedstaaten und der anderen Kandidaten
5.3 Zwischenergebnis:überschaubare Risiken für die EU
6. Ankara muß ins Boot. Plädoyer für eine glaubwürdige Beitrittsstrategie
Anhänge und Verzeichnisse
Verzeichnis A: Literatur
A1. Selbständig erschienene Literatur, Periodika, URL´s
A2. Unselbständig erschienene Literatur, Artikel in Periodika
A3. Dokumente und Erklä rungen
Verzeichnis B: Abbildungen und Abbildungsquellen
Verzeichnis C: Abkürzungen
Anhang A: Methodische und weitere Anmerkungen
D.1 Stand der Datenerhebung, -verarbeitung und Verfügbarkeit
D.2 Rechtschreibung und Korrekturhilfen
D.3 Nutzung dieser Arbeit
1. Einleitung.
„ Die Europäische Union hat für das dritte Jahrtausend zwei Antworten in Richtung Türkei (…) zur Auswahl: 1) Wir verrammeln die Tore Europas vor Euch, weil Euer Landökonomisch und sozial instabil ist, Menschenrechte verletzt werden und fundamentalisti- sche Strömungen stärker werden. Oder 2) Wiröffnen Euch die Tore Europas, gerade weil Ihr in Schwierigkeiten steckt, wir gliedern Euch ein, um Euch zu helfen, den Marsch nach Europa weiterzuführen. “1
Auf den ersten Blick scheint es, daß Europa wohl den zweiten Weg gehen wird, denn der Europäische Rat von Helsinki hat am 10. und 11. Dezember 1999 die Republik Türkei in den Kreis der Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union aufge nommen. Das Signal bleibt freilich deklaratorisch, denn die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ist mit diesem Beschluß zunächst nicht verbunden - und wird es auf der Grundlage des letzten EU-Kommissionsberichts auch nicht werden.2.
Kann die Europäische Union mit der Türkei auf absehbare Zeit Beitrittsverhandlun- gen beginnen, vom Beitritt selbst ganz zu schweigen- Besteht in der EU der Wille, die Türkei eines Tages aufzunehmen- Und liegt die Vollmitgliedschaftüberhaupt im Interesse der Türkei selbst- Diesen Fragen wird im Laufe der vorliege nden Arbeit nachgegangen, schwerpunktmäßig anhand der aktuellen Entwicklungen der zweiten Hälfte der 1990er Jahre.
1.1 Überblick.
„ Seriös ist der Türkeibeitrittüberhaupt erst durch die Ablehnung des türkischen Beitrittswunsches auf dem Europäischen Rat in Luxemburg 1997 geworden “3. Der Weg der türkisch-westlichen Beziehungen bis dorthin wird im Anschluß kurz nachgezeichnet.
„Luxemburg“ und seine Folgen sind dann auch der Kern des dritten Kapitels. Hierbei spielt die 1997 plötzlich neu aufgeflammte Diskussion um die Zugehörigkeit der Türkei zu Europa ebenso eine Rolle, wie die Entwicklungen, die nur zwei Jahre später zum Eingangs erwähnten Helsinki- Beschluß geführt haben.
„ Anders als alle anderen Bewerber hapert es bei der Türkei weniger bei den wirt- schaftlichen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft als bei den politischen Bedingungen
(…) : Demokratie, Minderheitenschutz, Menschenrechte und vor allem die Unterordnung des Militärs unter die zivile Macht. “4 Entsprechend spielt die türkische Situation in den Bereichen Menschenrechte, Demokratie und Einfluß des Militärs die wesentliche Rolle - innenpolitische Momente der Republik Türkei also.
Aufmerksamkeit gilt auch der Fähigkeit der Türkei, bei den wirtschaftlichen Krit e- rien nicht den Anschluß zu verlieren. Hierbei gilt das besondere Augenmerk der Situation der Türkei im Vergleich zu anderen Beitrittskandidaten, mit denen sie ja „seit Helsinki“ im wesentlichen gleich behandelt werden soll. „Marktfähigkeit“, „funk tionierender Wettbe- werb“ und die - in der Medienberichterstattung oft unterschätzte - „Fähigkeit zur Über- nahme des Gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes“ sind hier die Schlüsselindikatoren.
Auf das „Kopenhagen“-Kriterium, demzufolge Beitritte zur EU nicht die künftige Integrationsfähigkeit der Union beeinträchtigen dürfen, muß ebenfalls eingegangen werden. Neben institutionellen Fragen ist es hier die Außenpolitik der Türkei, die „Europa“ die größten Bauchschmerzen bereitet. Probleme wie die Ägäisfrage und das Zypernproblem spielen hier die Hauptrolle.
Eine Bewertung rundet die Betrachtung der EU-Türkei- Beziehungen ab. Ergänzt wird dies um pragmatische Überlegungen und Anregungen zu der Frage, wie die Türkei nicht nur verbal, sondern auch praktisch an die Vollmitgliedschaft herangeführt werden kann.
2. „Der Westen“ als Ziel.
„ Wer sich mit (…) der Türkei befaß t, wird feststellen, daß sich dieses Land schlecht in irgendwelche Schemata und Regionen einordnen l äß t, zum Beispiel in den Nahen Os- ten “5 - oder eben nach Europa. Die Diskussion um einen Beitritt der Republik Türkei zur Europäischen Union ist weder neu, noch taucht sieüberraschend auf der Agenda Europas auf. Die Ausrichtung der Türkei auf Europa und den Westen ist nämlich viel älter als der türkische Staat selbst.
2.1 Die türkische „ Westbindung “ .
2.1.1 Das Konzept.
Die Rede ist in diesem Zu- sammenhang fast immer von der „Westbindung“ der Tür kei. Der Be- griff der Westbindung wird zwar in der Literatur nicht explizit erläutert. Doch implizit enthält der Begriff bei allen Autoren zwei Kernkomponen- ten. Denn erstens verstehen hierunter alle Autoren die außenpolitische Ori- entierung der Türkei (und ihrer Vor- gängerinnen, des Türkischen und des Osmanischen Reiches, Abb. 1 und 2). Zweitens hat der Be griff aller- dings auch noch eine inhaltliche Komponente, und zwar in Gestalt von innenpolitischen und ge-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 : Westbindung des Osman. Reiches.
sellschaftlichen Entwicklungen, die das Land „verwestlichen“ - es in seiner Entwicklung also den politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Systemen des - jeweils in seiner Zeit verhafteten - Westens annä hern. Deutlich wird im Laufe der türkisch-osmanischen Geschichte auch des öfteren, daß beide Komponenten in einem gewissen Maße durchaus unabhängig voneinander auftauchen können. Interessanterweise ist es nur in sehr nachge- ordnetem Maße die räumlich-geographische Ausdehnung osmanischer oder türkischer Ter- ritorien, die mit dem Begriff „Westbindung“ in Verbindung gebracht wird.
Anhand dieser, allgemein ge haltenen Definition der Westbindung der Türkei lassen sich bereits vorab zwei Dinge fest- stellen: Wer sich an andere noch „binden“ muß, gehört offensichtlich (noch) nicht dazu. Gerade für die Republik Türkei läßt sich allerdings feststellen, daß der feste Wille zum „dazugehören“, sowie die Anstren- gungen des „Bindungs- “ (also Auf- hol-)prozesses nicht zuübersehen sind. Zweitens ist die „Westbindung“ eine außenpolitische Konstante, die sich mindestens in ihrer inhaltlichen Komponente mit nur kurzen Unter- brechungen bis zum Beginn der „Tanzimat“-Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen läßt.6
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Westbindung des „Türkischen Reiches“.
2.1.2 Die Westbindung der Republik Türkei.
Für die Republik Türkei war die Westbindung von Anfang an Grundpfeiler ihre Ausrichtung - wobei Westbindung mit Europäisierung gleichgesetzt wurde. Im innenpoliti- schen Bereich wurde diese beispielsweise durch die Einführung des lateinischen Alphabe- tes, die Gleichberechtigung der Frau, die Durchsetzung der modernen türkischen Sprache, reformierte Kleidungsvorschriften oder die Auflösung des Religionsministeriums umge- setzt.7
ATATÜRK8, als Begründer des „Kemalismus“9 maßgeblich auch für die außenpoliti- sche Aus richtung seines Landes - sowie seine Nachfolger Ende des Weltkrieges - hielten das Land zwar bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges nach Möglichkeit auf eher neutra- lem Kurs. Dochüber die Notwendigkeit einer westlich-europäischen Ausrichtung gab es weder bei ihm noch in den Eliten der Republik Zweifel: „ Zivilisation bedeutet europäische Zivilisation, und sie muß eingeführt werden - mit ihren Rosen und ihren Dornen “10.
Die außenpolitische Westbindung wurde erst nach dem Tod ATATÜRKS 1938 und dem Ende des 2. Weltkriegs zum offiziellen Leitmotiv der Republik. Diese trat - vor allem auch aus Angst vor Stalins Sowjetunion im Norden - allen wesentlichen westlichen und internationalen Bündnissen bei. Auch der sogenannten „Bewegung der Blockfreien“ stand die Regierung in Ankara ablehnend gegenüber. Das internationale Engagement der Türkei, zunächst vor allem an der Seite der USA, ist beachtlich, meist gehört sie zu den Gründe- rinnen Internationaler Organisationen: 1945 trat sie der UNO bei, 1947 dem Marshallplan, 1948 der OEEC. Beitritte zu Europarat (1949) und NATO (1952) folgten. Nicht zuletzt im Golfkrieg Anfang der 1990er Jahre erwies sich die Türkei - trotz hohem sicherheitspoliti- schem Risiko und einer anschließend einsetzenden kurdischen Flüchtlingswelle aus dem Nordirak - als zuverlässiger Partner des Westens in der NATO.11
2.1.3 Die Assoziierung mit der Europäischen Gemeinschaft.
Maßgeblich - und in Entscheidungssituationen immer wieder ausschlaggebend - für die Bindung der Türkei an ihre westeuropäischen Partner ist die ständige Rivalität zu Grie- chenland.12 Diese war es, die die türkische Regierung bereits am 31. Juli 1959 maßgeblich dazu veranlaßte, einen ersten Aufnahmeantrag an die zwei Jahre junge „Europäische Wir t- schaftsgemeinschaft“ EWG zu richten, nachdem die Athener Regierung 14 Tage zuvor einen entsprechenden Antrag eingereicht hatte. Vielfachüberliefert ist in diesem Zusam- menhang die Antwort des damaligen türkischen Ministerpräsidenten ADMAN M ENDERES auf die Frage, aufgrund welcher Interessen die Türkei dieses Beitrittsgesuch stelle: „ Was kann Griechenland, was die Türkei nicht kann- “13 In Folge des Beitrittsgesuchs kam es am 12. September 1963 zum sogenannten „Ankara-Vertrag“. Dieses Assoziierungsabkommen zwischen EWG und Türkei trat am 1. Januar 1964 in Kraft14, es bildete für 32 Jahre den institutionellen, ökonomischen und politischen Kern der EWG/ EG/ EU-Türkei-Bezieh- ungen.
Der auf der Basis von Artikel 238 EWGV entstandene Vertrag hatte zum Ziel, „ durch einen beschleunigten wirtschaftlichen Fortschritt und durch eine harmonische Erweiterung des Handelsverkehrs die stetige Besserung der Lebensbedingungen in der Tür kei und innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu sichern sowie den Abstand zwischen der türkischen Wirtschaft und der Wirtschaft der Mitgliedsstaaten der Gemein schaft zu verringern “.15 Das formulierte Ziel einer Zollunion mit Beitrittsperspektive16 (ÆAbb. 3) sollte in drei Phasen erreicht werden:
- Die fünfjährige Vorbereitungsphase sollte der ökonomischen Festigung der Türkei
dienen. In der Praxis bedeutete dies die Einführung von EU-Importkontingenten für einige Agrarerzeugnisse.
- Die auf zwölf Jahre konzipierte Übergangsphase war dafür gedacht, die Zollunion
schrittweise einzuführen und die türkische Wirtschaftspolitik schrittweise der der EWG anzunähern.
- Die Endphase des Assoziierungsprozesses sollte der Herstellung einer vollständigen Zollunion dienen, und zwar gemäß Artikel 5 im Rahmen „ einer verstärkten Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Vertragsparteien “.17
Für alle drei Assoziierungsphasen waren Finanzhilfen der EU vorgesehen, ein Institutionensystem18 rundete das Werk ab. Als sich im Laufe der Assoziierung, vor allem in der Übergangsphase, abzeichnete, daß beide Partner nicht alle Vertragsbestimmungen würden einhalten können, wurde der Ankara-Vertrag verschiedene Male geändert und ergänzt. Details und Hintergründe hierzu waren damals erheblich, sind es für die Analyse des heutigen EU- Türkei-Verhältnisses jedoch nicht mehr.19
In der Praxis „hakte“ die Um- setzung des Ankara-Vertrages und seiner Ergänzungsregelungen immer wieder. So konnte die Übergangs- phase 1970 erst mit einem Jahr Ver- spätung beginnen. Und auch diese Übergangs phase bedurfte diverser Anpassungen (ÆAnm. 19). Nament-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3: „Ankara -Vertrag“, Art. 28
lich das am 01. Januar 1973 in Kraft getretene Zusatz- und Finanzprotokoll bedeutete allerdings nicht nur „handwerkliche“ Reparaturen am Vertrags werk und Krisenmanagement, sondern auch eine Präzisierung des türkischen Assoziationsweges. Hier wurde festgelegt, daß innerhalb von 22 Jahren bis 1995 die Zollunion verwirklicht sein sollte.20
Im Gefolge der Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen nach der türkischen Besetzung Nordzyperns beschloß die Regierung ECEVIT in Ankara 1978 ein „Einfrie ren“ der Beziehungen für fünf Jahre. Auch die Gemeinschaft führte in dieser Zeit ihre Kontakte zu Ankara auf ein Mindestmaß zurück, insbesondere nach dem türkischen Militärputsch vom 12. September 1980.
Nach der Re-Demokratisierung der Staatsspitze 1983 sorgte Ministerpräsident TURGUT ÖZAL21 für eine erneute Annäherung an die EG und die Wiederaufna hme des Assoziierungsprozesses. Seine Bemühungen erlitten einen schweren Rückschlag, als die EG am 17. Dezember 1989 ÖZALS gut zwei Jahre zuvor gestellten Aufnahmeantrag bis auf weiteres „zurückstellte“, also de facto vorerst ablehnte (ÆAbb. 4). Allerdings erfolgte die Antragstellung auch ohne aus reichen- de Prüfung der Aufnahmewilligkeit der EG durch die türkische Regierung - war doch zu diesem Zeitpunkt zum Beispiel noch nicht einmal die im Assoziierungsprozeß eigentlich für 1985 angestrebte ge- genseitige Freizügigkeit für Arbeit- nehmer erreicht22. Auf Grundlage des Kommissions berichts von 1989 ver- schob die EG damals die Aufnahme „ Angesichts der wirtschaftlichen und politi- schen Situation (…) ist die Kommission nicht davonüberzeugt, daß die Anpassungsprobleme, denen sich die Türkei im Falle eines Beitritts gegenübergestellt sähe, mittelfristig bewältigt werden könnten. “ Moniert werden ferner „ fehlender Pluralismus, ungenügende Beachtung der Men- schenrechte der Minderheiten, die noch immer bestehenden Meinungsverschiedenheiten mit einem Mitgliedstaat und das nach wie vor unge- löste Zypernproblem. “
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.4: Aus dem Kommissionsbericht von 1989.
weiterer Mitglieder generell auf die Zeit nach 1993.
Dieser Mißerfolg türkischer Außenpolitik sowie die Anfang der 1990er Jahre im Gefolge des Ostblock-Zusammenbruchs einsetzende „Lawine“ von Aufnahmeanträgen sorgten dafür, daß die Türkeifrage innerhalb der EG/ EU in den Folgejahren praktisch keine Beachtung mehr fand.
2.2 „ Kopenhagen “ - die Regeln für den Beitritt.
Um die sich abzeichnende Osterweiterung in geordnete Bahnen zu lenken, stellte der Europäischen Rat auf seiner Sitzung am 21./ 22. Juni 1993 in der dänischen Hauptstadt die sogenannten „Kopenhagener Kriterien“ auf, deren Erfüllung Grundvoraussetzung für einen Beitritt ist. Dies sind im Einzelnen
- „ institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ord- nung, für die Wahrung der Menschenrechte, sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten,
- eine funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten “ sowie
- „ daß die einzelnen Beitrittskandidaten die aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungenübernehmen und sich auch die Ziele der politischen Union sowie der sowie der Wirtschafts- und Währungsunion zu eigen machen können “.
Einen wichtigen Gesichtspunkt stellt darüber hinaus „ die Fähigkeit der Union, neue Mitglieder aufzunehmen, dabei jedoch die Stoß kraft der Europäischen Integration zu erhalten “23 dar.24 Daß diese Kriterien - zusammen mit der schon in den Römischen Verträgen verankerten Anforderung, ein „europäischer Staat“ zu sein - Meßlatte auch für die Türkei sein müssen, versteht sich von selbst.
Es soll an dieser Stelle zumindest nicht unerwähnt bleiben, daß die Vereinbarungüber die Zollunion zwischen Europäischer Union und Türkei, die am 01. Januar 1996 in Kraft trat, einen bis dahin (zumindest proklamatorischen) Höhepunkt der EU-Türkei- Beziehungen darstellte. Auf diese Zollunion und ihre Auswirkungen wird im Rahmen der Prüfung des Marktfähigkeitskriteriums sowie des Kriteriums der Fähigkeit zur Übernahme des Gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes näher eingegangen.
3. Die Türkei - ein Europäischer Staat?
„ Der Streit zwischen der Türkei und der EU spitzt sich zu. Gestern erklärte Regierungschef MESUT YILMAZ , daß sein Land nicht an der für März geplanten Europakonfe renz teilnehmen wird. ‚ Es wird keinen politischen Dialog mehr zwischen der Türkei und der Europäischen Union geben ’ , sagte er. Auß erdem drohte YILMAZ mit der ‚ Integration ’ des bisher von der Türkei besetzten Nordzypern. “25
Was war passiert- Zwei Tage zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union beschlossen, „ einen Beitrittsprozeß einzuleiten, der die zehn mittel- und osteuropäischen Bewerberstaaten sowie Zypern umfaß t. “26 Die türkische Bewerbung von 1986 wurde damit nach wie vor ignoriert.27 Stattdessen wollte der Rat eine „Europa- konferenz“ einrichten, bestehend aus den EU-Staaten, den Bewerberländern und der Tür- kei28. In der Folge kam in der innenpolitischen Debatte der Türkei daraufhin erneut Frust aufüber den „christlichen Club EU“, der die Türkei einfach aussperre.29 Die lauten Töne - vor allem auch zwischen Bonn und Ankara - welche dem Luxemburger Gipfel von 1997 folgten30, zeigen ebenfalls deutlich die Schwierigkeiten, die bei einigen in der EU beste- hen, die Türkei als „europäisch“ zu akzeptieren.31
In diesem Zusammenhang muß auch darauf hingewiesen werden, daß die EU kon- sequent die Politik verfolgt, keine Aufnahmeverhandlungen mit Staaten aufzunehmen, die das erste Kopenhagen-Kriterium noch nicht erfüllen. Dies hat sie in der Vergangenheit - vermutlich auch im Hinblick auf die Türkei - am Beispiel der Slowakischen Republik vo r- exerziert. „ Die Verhandlungen können (…) eröffnet werden, wenn die politischen Kriterien erfüllt sind. “32
Artikel 237 EWGV bestimmt: „ Jeder europäische Staat kann beantragen, Mitglied der Gemeinschaft zu werden. “ Es gibt Stimmen, die fordern, „ die EU sollte ihre geografi- Legenden der Wissenschaft: Das MARTENS-Papier.
Immer wieder berichtet die wissenschaftliche Literaturaüber das „MARTENS -“ oder „EVP-Papier“ vom März 1997. Ein solches Papier existiert allerdings offenbar gar nicht. Weder das EVP-Parteibüro noch die EVP-Fraktion in Brüssel wissen etwas von seiner Existenz. EVP-Pressesprecher EDWARD STEEN zeigte sich am Telefonüber- rascht, daß Wissenschaftler Literaturüber „nicht existierende Papiere“ publizierten.
Es habe, so STEEN wiederholt, „ rather ad hoc remarks to a big crowd of journa lists “b des ehemaligen belgischen Premierministers und EVP-Präsidenten WILFRIED MARTENS am Rande des Treffens der EVP-Parteivorsitzenden am 04. März 1997 in Brüssel gegeben. Auch die in der von REUTERS am 05. März 1997 veröffentlichte Meldung zitierte und in der Presseübernommene Aussagekombination „ We are crea ting a European Union. That is a European project “; eine Mitarbeit der Türkei daran sei „ not acceptable “, hat es nach Angaben STEENS nie gegeben.
Als Belegübersandte STEEN eine durch ihn erstellte Abschrift des REUTERSTonbandes vom 04. März 1997, die REUTERS-Meldung vom Tag darauf, sowie den am 07. März 1997 erschienenen Artikel im „The Guardian“.c Aussagen und Belege Steens sind hinreichendüberzeugend: das mysteriöse „MARTENS-Papier“ hat es nie gegeben. Auf welche Weise renommierte Wissenschaftler wie STEINBACH es fertigbringen, trotzdem darüber zu publizieren, bleibt offen.
a zB: Steinbach in: Öst. JB z. int. Sicherheitspolitik 1997, S. 576f.
b E-Mail vom 28 Juni 2000 und Telefonat am 03. Juli 2000
c Clayton, Jonathan, EU snub could undermine West´s Role in Turkey. REUTERS, Brussel, March 05th, 1997 / Traynor, Ian/ Nuttal, Chris, Kohl tries to cool row with Ankara. in: The Guardian. London, March 07th, 1997, p. 6
sche Ausdehnung an gemeinsamen Wertvorstellungen und geschichtlichen Erfahrungen ausrichten. Die geografische Ausdehnung darf die Integrationskraft Europas nichtüber- fordern. “33 Gemeint ist: Die Türkei gehört nicht zu Europa. Übersehen wird hierbei ver- schiedenes, beispielsweise daß eigentlich der Europa-Begriff weder streng geographisch verstanden werden darf noch von der EU so verstanden wird. Schließlich liegen auch zahl- reiche EU-Gebiete geographisch gesehen außerhalb des alten Kontinents.34 Auch der Hin- weis auf die „gemeinsame geschichtliche Erfahrung“ hält als Ausgrenzungs argument ge- genüber der Türkei der Überprüfung nicht stand. Schließlich gehörte ein Viertel des Kont i- nents jahr hundertelang zum osmanischen Reich. ATAKLI belegt, daß „ das Osmanische Reich (…) erst recht in den letzten beiden Jahrhunderten ein Teil Europas gewesen [ist] .
Schon H EINRICH IV. von Frankreich (1553-1610) sah in dem von ihm projizierten europäischen Rat auch einen Sitz für den türkischen Sultan vor. “35 Und zu guter Letzt werden durch die EU seit dem 01. März 1998 Beitrittsverhandlungen mit der Re publik Zypern geführt, die vom „geographischen Europa“ aus ge sehen sogar noch jenseits der Türkei liegt. Und so kann auch die Türkei nicht zum asiatischen Land erklärt werden, bloß weil nur drei Prozent der Staatsfläche geographisch in Europa liegen.36
Ein anderer Versuch, die Türkei aus Europa herauszudefinieren, ist das im Positionspapier der CDU/ CSU (ÆAnm. 33) unter „gemeinsamen Wertvorstellungen“ subsummierte sogenannte „Christenclub-Argument“. Diesem zufolge kann die Türkei kein europäischer Staat sein, da die europäischen Gesellschaften „auf den Grundlagen des christlichen Abendlandes aufgebaut“37 seien. Die Türkei hingegen sei ein muslimischer Staat und könne somit am Projekt der europäischen Einigung nicht teilhaben.38
Bei näherem Hinsehen erweist sich diese „Argumentations linie“ als Mischung aus Halbwahr heiten und Vorurteilen. Denn wenn etwasüberhaupt nicht „muslimisch“ ist, dann ist es der türkische Staat, dessen bis heute gültige Gründ ungs ideologie des Kemalismus auf dem Säkularismus/ Laizismus als einer von sechs Ideologie-„Säulen“ aufbaut.39 Die Reli- gion als politischer, auf den Staat einflußnehmender Faktor wurde seit Gründung der Re- publik systematisch, oft aggressiv, zurückgedrängt. Darüber hinaus ist die türkische Ge- sellschaft keineswegs eine rein „muslimische“. Nur wenn man die alewitische Religions- gruppe40 komplett dem Islam zurechnet, ergibt sich ein muslimischer Bevölkerungsanteil von 99 Prozent, neben dem allerdings auch christliche (beispielsweise armenische, griechi- sche oder bulgarische) Minoritäten existieren. Auch käme wohl niemand auf die Idee, Al- banien oder Bosnien das Attribut „europäisch“ zu verweigern, weil sich ihre Einwohner größtenteils zum islamischen Glauben bekennen - warum also der Türkei- Der niederlän- dische Journalist FRANK KOOLS stellte in derüberregionalen Tageszeitung Trouw im Rückblick auf den Luxemburger Gipfel 1997 zu Recht fest: „ Es nicht sinnvoll, die Türkei wegen des Islam auszugrenzen, so wie es die deutsche CDU (…) getan hat. Das heutige Europa kennt sehr wohl Muslime. Es wäre unsinnig, sie als Nicht-Europäer zu brandmar- ken. “41 Und nicht von ungefähr ist die CDU mit ihrer Einstellung selbst innerhalb der EVP, die sie noch vor zwei Jahren hinter sich wußte42, weitgehend isoliert.43 Mit einem Schuß Polemik kann man das Christenklub-Argument auch anhand religiöser Symbole erfolg- reich diskreditieren: „ Istanbuls ( … ) Hagia Sophia, seit 1453 Moschee, 1934 aber zum Mu- seum säkularisiert, ist entgegen aller Forderungen der Islamisten, sie in eine Moschee zurückzuverwandeln, immer noch Museum. Der Kölner Dom hingegen wird Museum wohl nie werden. Vorbildliche Türkei! “44
Faszinierend und sicher nicht frei von politischer Taktik ist auch die Tatsache, daß die deutschen (und luxemburgischen) Christdemokraten kulturelle Unterschiede und auch Mängel bei Demokratie und Menschenrechten auf der politischen Agenda erst in den Vor- dergrund rückten, als die für die EU profitable Zollunion 1996 unter Dach und Fach war, wie die ehemalige grüne Europaabgeordnete Claudia Roth recht treffend bemerkt hat.45
Die EU folgt in ihrem Vorgehen - nach dem Gipfel von Helsinki auch praktisch - der Definition des Europarates, der „europäische Staaten“ als solche beschreibt, „ die vom gleichen Geiste beseelt sind und ein gemeinsames Erbe an geistigen Gütern, politischen Überlieferungen, Achtung der Freiheit und Vorherrschaft des Gesetzes besitzen. “46 Mit anderen Worten: „ membership requires that the candidate country has achieved stability of institutions, guaranteeing democracy, the rule of law, human rights and respect for and protection of minorities “,47 wobei gerade bei der Prüfung des Demokratiekriteriums die institutionelle Stabilität mit eine Schlüsselrolle spielt. Eher akademischer Natur ist dabei die Feststellung, daß die Grundvoraussetzung „europäisch“ zu sein, die zur Antragstellung nach den Kopenhagener Kriterien berechtigt, damit für den Sonderfall Türkei gleichzeitig eines der Kriterien für die Aufnahme darstellt. Politisch-praktische Auswirkungen hat die- se Feststellung nämlich nicht, am Ende des Prüfungsprozesses steht so oder so die Frage, ob eine EU-Mitgliedschaft an sich in Frage kommt.
3.1 Politisches System und Demokratische Strukturen.
3.1.1 Parlament und Regierung.
Das heutige Verfassungssystem der Türkei ist in der nach dem Militärputsch von 1980 erarbeiteten, 1982 nach Volksentscheid in Kraft ge- tretenen Verfassung fixiert. Im Vergleich zu den Verfas- sungen der EU-Mitgliedstaa- ten hat die türkische Militär- führung (vor allemüber den Nationalen Sicherheitsrat) ei-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Wahlergebnisse zur TGNA in den 1990er Jahren.
Bereits in der „Agenda 2000“ stellte die Europäische Kommission fest: „ Turkey has a Government and Parliament resulting from multi-party democratic elections “48.
Alleiniger Gesetzgeber ist die „Türkische Große Nationalversammlung“49, ein auf fünf Jahre direkt gewähltes Ein-Kammer-Parlament mit 550 Abgeordneten. Nach EU-An- gaben kam es bei den Wahlen zur TGNA seit 1982 zu keinen größeren Unregelmäßigkei- ten. Ungewöhnlich ist die für westliche Demokratien einmalig hohe Sperrklausel von 10 Prozent, durch die beispielsweise bei den Wahlen 1999 fünf von 31 Millionen abgegebe- nen Stimmen wertlos wurden50. Die TGNA ist alleiniger Gesetzgeber, außerdem wählt sie den Ministerrat und den Präsidenten. Gesetzesinitiativen können aus Parlament oder Re- gierung eingebracht werden, verabschiedete Gesetze werden innerhalb von 15 Tagen durch den Präsidenten verkündet.
Die Regierungsmehrheit stellt seit den Wahlen von 1999 (ÆAbb. 5) eine Koalition aus DSP, MHP und ANAP unter Ministerpräsident BÜLENT ECEVIT (DSP).51 Das Partei- ensystem der Türkei sieht auf den ersten Blick ausgesprochen fragil und wechselhaft aus. Immer wieder tauchen neue Parteien auf undüberspringen die Zehn-Prozent-Hürde, wäh- rend große Parteien plötzlich klein werden und/ oder verschwinden. Auch das aktuelle Par- teiensystem ist - mit Ausnahme der AnaP - im wesentlichen erst im Jahr 1987 „eingerich- tet“ worden.52 Auf den zweiten Blick allerdings handelt es sich bei den Veränderungen zu einem großen Teil um reine Namensänderungen oder Wahlbündnisse aus mehreren Partei- en. Darüber hinaus bürgen in den Führungsetagen der maßgeblichen türkischen Parteien von der Mitte der 1960er bis in die 1990er Jahre hinein Namen wie SÜLEYMAN D EMIREL, NECMETTIN ERBAKAN, TURGUT ÖZAL oder BÜLENT ECEVIT für eine personelle Stabili- tät, die teilweiseüber die Le bensdauer der von ihnen geführten Parteien weit hinausgeht.53
Als „duale Struktur“ beschreibt die Europäische Kommission die türkische Exeku- tive. Die eine Seite bildet dabei der Präsident, die andere der Ministerrat. Der Präsident wird dabei von der TGNA mit Zweidrittelmehrheit auf sieben Jahre gewählt, eine Wieder- wahl ist ausgeschlossen. Als Staatsoberhaupt repräsentiert er die Türkei nach außen. Amts- inhaber ist seit dem 18. Mai 2000 AHMET N ECDET SEZER, im Gegensatz zu seinen Vor- gängern „ nicht ein altgedienter Politiker oder Militär, sondern ein anerkannter Jurist, der sich klar zum Rechtsstaat bekennt “54 - SEZER war vorher Vorsitzender Richter des Verfas- sungsgerichts.
Der Präsident ernennt ein Parlamentsmitglied zum Ministerpräsidenten sowie auf dessen Vorschlag die 32 Minister. Eine administrative Schlüsselrolle mit hoher politischer Bedeutung nimmt das seit 1997 bestehende Krisenmanagementzentrum ein, das wesentli- che Krisenmanagementfunktionen des Ministerpräsidenten bündelt. Zumindest ungewöhn- lich ist, daß der Leiter des Generalstabs dem Verteidigungsminister formal nicht unterstellt ist: „ The Chief of the General Staff (…) is nominated by the Supreme Military Council and appointed by the Prime Minister”.55
Im Rahmen ihrer Prüfung der institutionellen Stabilität hat die Kommission auch hinsichtlich der Fähigkeiten des öffentlichen Dienstes zur Umsetzung auf politischer Ebene beschlossener Maßnahmen keine Bedenken: „ To sum up, the organization of public autho- rities in Turkey has most of the basic features. “56 Die Kommission weist allerdings darauf hin, daß die Stabilität der Verwaltung auf Zentralebene sowie in den 84 Provinzen, den Kreisen und Gemeinden durch eine im Vergleich zu europäischen Staaten hohe Korruption gefährdet sei. Ursachen hierfür sieht sie im „ low public sector pay caused by a lack of state budget funds. In the case of corrupted officials, corruption is partly caused by the absence of public funding for political parties.”57
3.1.2 Justizwesen und Korruptionsbekämpfung.
Während Parlament und Regierung der Kommission keine größeren Bauc hschmer- zen verursachen, sieht sie dagegen bei der Funktionsfähigkeit der Justiz schwere Mängel. So ist die grundsätzliche Unabhängigkeit des türkischen Justizwesens zwar in Artikel 138 geregelt, findet ihre engen Grenzen allerdings in „budgetary difficulties“58, die beispiels- weise 1998 dafür sorgten, daß 2.000 der 9.000 Richterstellen nicht besetzt waren, während Gerichts- und Anwaltsvereinigung nach EU-Angaben von einem Bedarf von 15.000 Richterstellen ausgehen, um eine ordnungsgemäße Justiz gewähr leisten zu können.59 Auch die Geschwindigkeit der Verfahren leidet hierunter. Im Jahr 2000 konnte die Zahl derRichter immerhin auf etwa 10.350 erhöht werden.60 Schlechte Arbeitsbedingungen, „ including low salaries, are not conducive to the impartial administration of justice. There are many cases of corruption.”61
Organisatorisch-konzeptuell ist die türkische Gerichtsbarkeit westlichen Justizsystemen vergleichbar. Dabei werden die Richter - mit Ausnahme jener des Verfassungsgerichts - vom Obersten Rat der Richter und Staatsanwälte gewählt. Die Verfassungsrichter dagegen werden durch den Präsidenten auf Basis einer durch die Obersten Gerichte erstellten Kandidatenliste auf lediglich vier Jahre ernannt.62
Eindeutig nicht den westlichen Standards entsprechen jedoch die Staatssicherheits- gerichte, die 1984 ihre Arbeit aufnahmen.63 Sie waren und sind zur Terroris- musbekämpfung gedacht, also in allererster Linie zur juristischen Behandlung der kurdi- schen Arbeiterpartei PKK. Die Kommission stellt fest, daß „ these courts deal with overtly political crimes. (…) There are reasons to believe, that by there very nature these courts do not offer defendants a fair trial.”64 Verhandlungen vor diesen Gerichten finden grund- sätzlich nichtöffentlich statt, die Ausführungen der Verteidiger werden nicht protokolliert. Bis zur am 22. September 1999 verabschiedeten Justizreform65 war einer der drei Richter grundsätzlich Militärrichter - nach EU-Angaben waren die türkischen Sicherheitsgerichte damit die einzigen in Europa, in denen Zivilisten von Militärs abgeurteilt wur den.66
Eine der unmittelbaren und am stärksten publikumswirksamen Folgen dieser Re- form war die Entfernung des Militärrichters aus dem Prozeß gegen den Vorsitzenden der kurdischen Arbeiterpartei PKK, ABDULLAH ÖCALAN, am darauffolgenden Tag. Allerdings konnte auch diese Reform erst durchgesetzt werden, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Juli 1999 zahlreiche Urteile türkischer Gerichte für unrechtmäßig erklärt hatte - unter anderem, gerade weil sie von Staatssicherheitsgerichten gefällt worden waren.67 Immer wieder gibt es auch Berichte, nach denen völkerrechtswidrig Kinder durch die Staatssicherheitsgerichte abgeurteilt werden, 1999 waren dies nach Angaben der An- waltskammer von Diya rbakir allein am dortigen Staatsicherheitsgericht 222 Fälle.68
Das türkische Justizwesen steht in der Zukunft vor tiefgreifenden Reformen, die sich derzeit im parlamentarischen Prozeß befinden. Die besondere Unterstützung der „task force Turkey“ in der Europäischen Kommission finden dabei vor allem drei Projekte: „- der Entwurf eines Strafgesetzbuches, mit dem insbesondere die Todesstrafe aufge- hoben wird;
- ein Gesetzentwurf (…) ‚über die Strafverfolgung von Beamten und anderenöffentli- chen Bediensteten ’ , das die Strafverfolgung deröffentlichen Bediensteten erleich- tert;
- ein Gesetzentwurf zur Ä nderung der Strafprozeß ordnung, der neue Bestimmungen über den Schutz von Zeugen, die Zahlung von Entschädigungen an Zeugen, körper liche Untersuchungen und genetische Analysen enthält. “69
Das Problem der Korruption im öffentlichen Sektor wurde bereits mehrfach angesprochen. Ein effizientes Korruptionsbekämpfungssystem fehlt in der Türkei bisher, wie man aus den Äußerungen der Europäischen Kommission schließen kann. Zwar sie ht das türkische Strafrecht bis zu 10 Jahren Gefängnis für Bestechung vor, und Beamte, „ die der Bestechung für schuldig befunden werden, [werden] unverzüglich und unwiderruflich aus demöffentlichen Dienst entlassen, und zwar unabhängig davon, ob die Strafe aufgescho ben oder umgewandelt wird. “70 Auch berichtet der Kommissionsbericht von rund 400 Beamten, die 1997 und 1998 aufgrund von Korruptionsfällen aus dem Dienst entfernt wurden. Doch aufgrund der genannten Mängel im Justizwesen ist davon auszugehen, daß nur ein Bruc hteil der Korruptionsfälle juristisch erfaßt werden kann.
Auch auf politischer Ebene werden immer wieder Korruptionsvorwürfe laut - kein Wunder, wenn einzelne Abgeordnete bis zu siebenmal(!) in einer Legislaturperiode Frak- tion und Partei wechseln. Die ehemaligen Premierminister MESUT YILMAZ und TANSU ÇILLER sehen sich immer wieder Korruptionsverdächtigungen ausgesetzt.71 Inzwischen steht sogar der ehemalige Staatspräsident SÜLEYMAN DEMIREL unter dem Vorwurf des Verrats von Amtsgeheimnissen zugunsten seines Neffen.72 Es verwundert nicht, daß das von der Türkei mit unterzeichnete und international Anfang 1999 in Kraft getretene „O- ECD-Übereinkommenüber die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internatio nalen Geschäftsverkehr“73 erst im Februar 2000 ratifiziert wurde und somit in Kraft treten konnte.74
3.1.3 Politischer Einfluß des Militärs.
„ In der Türkei muß man stets zwischen Worten und Taten unterscheiden. Erstere sind wohlfeile, doch wertlose Münze der Politiker. Handeln aber tun immer noch die Ge- neräle. “75
Als absolutes Unikum in westlichen Staaten - und mit den Standards moderner Demokratien unvereinbar - kann der Einfluß des „Nationalen Sicherheitsrats“ gelten. Zwar ist er formal weitgehend ein Beratungsorgan, doch in der politischen Praxis spielt er eine Schlüsselrolle bei „ formulation and implementation of national security policy and also covers a wide range of political matters “.76 Er „ ist das eigentliche Machtzentrum der Tür- kei. Die ,Empfehlungen ’ des faktisch vom Militär dominierten Rats sind für jedes türkische Kabinett Befehle, denen sofort Folge zu leisten ist. “77 Eingerichtet wurde der Nationale Sicherheitsrat durch die Verfassung von 1961, vor allem, um der Militärführung eine weit- reichende Kontrolle des politischen Systems zu ermöglichen. Seitdem hat diese Institution alle Verfassungsreformenüberlebt - schon die öffentliche Diskussionüber das Gremium war bis vor kurzem praktisch unmöglich.
Das unter Vorsitz des Präsidenten nichtöffentlich tagende Gremium besteht neben diesem noch aus dem Ministerpräsidenten, dem Generalstabschef, den Ministern für Verteid igung, Inneres und Außenpolitik, den Kommandeuren der drei Teilstreitkräfte sowie dem Chef der Gendarmerie.78 Formal besteht der Nationale Sicherheitsrat somit zur Hälfte aus Militärs, obwohl er in weite Bereiche zivilen Lebens hineinwirkt. Wenig diplomatisch und ungewohnt deutlich kritisiert die Kommission: „ The existence of this body shows that, despite a basic democratic structure, the Turkish constitution allows the Army to play a civil role and to intervene in every area of political life.”79 Besonders kritisch ist dabei, daß der Generalsekretär des Sicherheitsrates de facto als “eine Art zweiter Ministerpräsident” fungiert, der einer nicht legitimierten Parallelregierung vorsitzt.80
So ist mit westlichen Standards ebenfalls unvereinbar, daß sich das türkische Mili- tär, wo es dies für opportun hält, vollständig der zivilen Kontrolle entzieht. Militärische Aktionen im eigenen oder in Nachbarländern, wie sie immer wieder vorkommen, sind der wohl öffentlichkeitswirksamste Ausdruck dieser Problematik. Zu Recht sieht die EU in der starken Stellung der Militärs ein Beitrittshindernis: Die Armee nimmt Einfluß auch und gerade auf die öffentliche Verwaltung81, die damit als Institution geschwächt, sowie in der Implementation neuer Politiken fehlgelenkt und behindert werden kann - was auch ge- schieht.82 Die erwähnte Entfernung der in die Kommandostruktur eingebundenen Militär- richter aus den Sicherheitsgerichten stellt in diesem Kontext nur einen relativ geringfügi- gen Machtverlust des Militärs dar.
Der Einfluß des Militärs im allgemeinen und der Nationale Sicherheitsrat in seiner heutigen Zusammensetzung und mit seinen heutigen Kompetenzen im besonderen stehen einer EU-Mitgliedschaft oder auch nur Beitrittsverhandlungen also massiv im Wege. Unter diesem Aspekt bleibt unverständlich, weshalb Reformen in diesem Bereich offensichtlich ein so großes Tabu sind, daß ihre Einforderung den Minister für Menschenrechte und Eu- ropäische Union Anfang Mai 2000 sein Amt kostete. „ De facto hat sich (…) seit Helsinki nichts bewegt “.83 Aktuell gibt es in der Türkei zwar eine Reformdebatte, in deren Verlauf Generalstabschef HÜSEYIN KIVRIKOGLU anbot, dem Sicherheitsrat könnten „bis zu 100 Zivilisten“ angehören.84 Doch ungewollt demonstriert KIVRIKOGLU damit lediglich, wo im Nationalen Sicherheitsrat die eigentliche Macht liegt: Zu der vom türkischen Men- schenrecht samt geforderten Besetzung der Stelle des Generalsekretärs des Sicherheitsrates mit einem Zivilisten85 äußerte er sich nämlich gar nicht.86 Vor diesem Hintergrund schätzt der Korrespondent der Tageszeitung Die WELT wohl ganz richtig ein, daß das Militär „ mit Blick auf die EU-Hoffnungen der Türkei bestenfalls zu kosmetischen Ä nderungen bereit wäre.“87
3.2 Menschenrechte und Minderheiten.
Die Europäische Union verfolgt konsequent eine Linie, nach der keine Beitrittsve r- handlungen mit Staaten aufgenommen werden, die die politischen „Kopenhagen“-Kriterien nicht erfüllen. Waren es im Fall der Slowakei „nur“ ernsthafte Mängel in der Funktion des demokratischen Institutionensystems und im Bereich der Ausübung bürgerlicher Rechte88, die die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen verhinderten, so kommen diese im Falle der Türkei zwar auc h vor. Die von der EU und anderen geäußerte Kritik an den Verhältnissen in der Türkei bezieht sich allerdings in deutlich stärkerem Maße auf massive Verletzungen der Menschen- und Minderheitenrechte im Lande - und dies seit Jahrzehnten.
Jahrzehntelang, auch bis in die 1990er Jahre hinein, war der allgemein gehaltene Hinweis auf eben diese Menschenrechtsverletzungen ein (durchaus willkommener) Anlaß für die E(W)G/ EU, der Türkei die Mitgliedschaft oder finanzielle Beihilfen im Rahmen des Assoziierungsprozesses zu verweigern. Beispielsweise sperrte das Europäische Parla- ment unter Hinweis auf die Menschenrechtslage in der Tür kei am 22. Januar 1982 die 600 Mio. ECU Struk turhilfen, die im 4. Finanzprotokoll zum Ankara-Vertrag vom 19.
[...]
1 Weithmann, Michael W., Atatürks Erben auf dem Weg nach Westen. Die Türkei im Spannungsfeld zwischen Nahost und Europa. Heyne, München 1997, S. 452
2 Europäische Kommission, Regelmäßiger Bericht 2000 der Kommissionüber die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt. Brüssel, 08. November 2000
3 Edward Steen, EVP-Pressesprecher, dem Autor gegenüber telefonisch am 03. Juli 2000
4 Koydl, Wolfgang, Querschüsse gegen Europa. in: Süddeutsche Zeitung Nr. 234 vom 11. Oktober 2000, S. 13
5 Meral, André, Die Türkei in die EU- in: http://www.e-politik.de, abgerufen am 03. August 2000
6 Die türkisch-osmanische Historie wird hier nur so weit herangezogen, wie es zur Darstellung und Erläuterung des Verhältnisses zu Europa und „dem Westen“ notwendig erscheint. Eine ausführliche Zeittafel zur türkischen Geschichte findet sich bei Steinbach, Udo Die Türkei im 20. Jahrhundert. Schwieriger Partner Europas. Verlag Gustav Lübbe, Bergisch Gladbach 1996, S. 452-458
7 Vgl. Steinbach, Udo, (Anm. 6), S. 93-145
8 Mustafa Kemal Pascha, Gründer der ersten türkischen Republik. 1934 erkannte ihm die „Große Nationalversammlung“ den Ehrentitel „Atatürk“ (Vater aller Türken) zu.
9 Als Ideologie aufbauend auf den sechs „Pfeilern“ Nationalismus, Laizismus (Säkularismus), Republikanismus, Populismus („Mobili- sierung des Volkes“), Revolutionsismus und Etatismus. Eine kompakte Darstellung des Kemalismus bei Steinbach, Udo (Anm. 6), S. 142 ff.
10 Das Zitat stammt vom türkischen Schrifsteller ABDULLAH CEVDET, wird aber oft als Leitsatz KEMAL ATATÜRKS zitiert. Vgl. Wild, Dieter, Rosen und Dornen. in: Der SPIEGEL Nr. 40 vom 02. Oktober 2000, S. 176 f. oder Rustow, Dankwart A.: Kemalism. in: Grothusen, Klaus-Detlef, Türkei. Südosteuropa -Handbuch. Bd. IV, Vandenhoeck und Rupprecht, Göttingen 1985, S. 245. op.cit Steinbach, Udo (Anm. 6), S. 126
11 Vgl. Aslan, Yusuf, Die Türkei: von der West-Integration zur Ost-Wendung- Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 1998, S. 136
12 Vgl. Aslan, Yusuf (Anm. 11), S. 142-149
13 Vgl. Weithmann, Michael W. (Anm. 1), S. 215 f.
14 Vgl. Aslan, Yusuf (Anm. 11), S. 137
15 Präambel des „Ankara-Vertrages“ [DOK 264A1229(01) - Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Türkei], Amtsblatt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Nr. 217 vom 29. Dezember 1964, S. 3687-3700, hier: S. 3687
16 Nach offiziell-türkischer Lesart handelt es sich um ein völkerrechtlich bindendes Beitrittsversprechen, diese Lesart ist aber weder nach Auffassung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten, noch durch den (deutschsprachigen) Text gedeckt.
17 Vgl. und Aslan, Yusuf (Anm. 11), S. 138 f.
18 Assoziationsrat, Assoziationsausschuß, Sekretariat und Parlamentarische Versammlung
19 Es handelt sich um das Zusatz- und Finanzprotokoll vom 23. November 1970, das Ergänzungsprotokoll vom 30. Juni 1973, das Interimsabkommen (in Kraft seit 1. Januar 1974) sowie die Beschlüsse 1/ 80, 2/ 80 und 3/ 80 des Assoziationsrates vom 30. Juni 1980. Vgl. Aslan, Yusuf (Anm. 11), S. 139
20 Vgl. Atakli, Ibrahim, Diskussion vor verschlossener Tür. Auseinandersetzungen zur Europa-Ideologie in der Türkei im Zusammenhang mit dem Antrag auf Beitritt zur EG 1986-1987. Dissertation, Universität Bremen 1997, S. 16 f.
21 später Präsident; näheres zu Özal bei Steinbach, Udo (Anm. 6), S. 207-213.
22 „ Artikel 48 [des Ankara-Vertrags] will spätestens bis zum Ende der Übergangszeit die Freizügigkeit der Arbeitnehmer herstellen. “ Atakli, Ibrahim (Anm. 20), S. 19. Dies wäre 1985 gewesen - die Freizügigkeit für Arbeitnehmer ist bis heute nicht erreicht.
23 Vgl. und Schlußfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates am 21. und 22. Juni 1993 in Kopenhagen. in: Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang (Hg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 1993/ 94. Bonn 1994, S. 420
24 Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Kriterien kurz mit „Demokratie“, „Rechtsstaatlichkeit“, „Marktfähigkeit“, „Fähigkeit zur Übernahme des Gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes“ und „Erweit erungsfähigkeit“ betitelt.
25 Türkei bricht politischen Dialog mit EU ab. in: Die WELT vom 15. Dezember 1997, op.cit. www.welt.de
26 Europäischer Rat von Luxemburg am 12. und 13. Dezember 1997, Schlußfolgerungen des Vorsitzes. Punkt 10., Luxemburg 1997
27 Europäischer Rat von Luxemburg am 12. und 13. Dezember 1997 (Anm. 26): In den „Schlußfolgerungen“ ist von einer Prüfung der „gegenwärtigen Lage in jedem der elf Bewerberstaaten“ durch Ratsvorsitz und Kommission die Rede.
28 Europäischer Rat von Luxemburg am 12. und 13. Dezember 1997 (Anm. 26), Punkt 4 bis 9. - Es handelt sich um eine Veranstaltung ohne jede politische Kompetenz, installiert lediglich zur Enstpannung der diplomatischen Beziehungen zur Türkei.
29 Vgl. und Antonardos, Evangelos, EU-Absage wie eine kalte Dusche. in: Die WELT vom 16. Dezember 1997, op. cit. www.welt.de
30 Dokumentiert beispielsweise in der Berichterstattung der Tageszeitung Die WELT: EUübt scharfe Kritik an Türkei, Türkischer Spagat (beide 13. Dezember 1997), Türkei brischt politischen Dialog mit Europa ab (15. Dezember 1997), Harte Reaktion der Türkei löst Besorgnis aus, EU-Absage wie eine kalte Dusche (beide 16. Dezember 1997), Türkei und EU steuern auf politische Eiszeit zu (17. Dezember 1997), Türkei verschärft den Ton gegen die EU weiter (18. Dezember 1997), Yilmaz-Attacken empören Bonn, Türkei und EU auf Tiefpunkt (beide 20. Dezember 1997)
31 s. auch die einleitenden Bemerkungen zur Westbindungspolitik der Republik Türkei in Kapitel 2.1.
32 Europäische Kommission, Gesamtdokument. Berichtüber die Fortschritte jedes Bewerberlandes auf dem Weg zum Beitritt. DOK 01A-1999-00400-01-00-DE-TRA-00 (EN), Luxemburg, 13. Oktober 1999, S. 36
33 CDU/ CSU, Europa 2010. Gemeinsame Thesen von CDU und CSU zur künftigen Architektur Europas. München und Berlin,
18. September 2000, These 2 „Ziele und Grenzen der Europäischen Union bestimmen.“
34 Das sind: die französischen Übersee-Departements sowie Ceuta, Melilla und die Kanaren (spanisch, in Nordafrika), die Azoren und Madeira (portugiesisch, im Atlantik vor Afrika). Bis zum Austritt am 01. Februar 1985 gehörte auch Grönland (dänisch, in Nordame- rika) zu dieser Gruppe.
35 Atakli, Ibrahim (Anm. 20), S. 8
36 Vgl. Wild, Dieter (Anm. 10)
37 Helmut Kohl am 06. März 1998 auf dem Landesparteitag der CDU Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Diese Linie wurde zuletzt auf dem Strategietreffen der Unionsparteien am 19. September 2000 bestätigt.
38 Vgl. Clayton, Jonathan, EU snub could undermine West´s Role in Turkey. REUTERS, Brussel, March 05th, 1997. Obwohl dieser Artikel offensichtlich (s. Textbox „Legenden der Wissenschaft“) auf einer plumpen Fälschung beruht und/ oder Teil dieser ist, gibt er die „Christenclub“ -Argumentationslinie doch recht treffend wieder.
39 Vgl. Steinbach, Udo (Anm. 6), S. 142 ff
40 eine Mischreligion islamisch-schiitischer, gnostischer und christlicher Einflüsse, die laut Steinbach bis zu 20 Prozent der türkischen Bevölkerung ausmacht. Näheres s. Steinbach, Udo (Anm. 6), S. 373-383. Die Alewiten schlicht dem Islam zuzuordnen, wie es bei Gümrükçü, Harun, Türkischer EG -Beitritt - pro und kontra. in: IzpB 223 (Anm. 52), S. 39, und anderen geschieht, die den islamischen Bevölkerunganteil der Türkei bei 98-99 Prozent sehen, ist vor diesem Hintergrund fragwürdig.
41 Kools, Frank, Commentaar: Een Europees Turkije. in: Dagblad Trouw. Rotterdam, 11 december 1997. http://www.trouw.nl. Ori- ginaltext: “Evenmin is het zinnig Turkije af te wijzen vanwege de islam, zoals de Duitse CDU van Kohl in het verleden heeft gedaan. Het huidige Europa telt inmiddels heel wat moslims. Het zou onzin zijn hen als Niet-Europeaan te brandmerken. “
42 Hausmann, Hartmut, Von der Umkehrung der Argumente. in: Europäische Zeitung Nr. 11/ 99, S.4
43 Steen, Edward (Anm. 3)
44 Wild, Dieter (Anm. 10), hier S. 177
45 Vgl. Roth, Claudia, Bärendienst an der Türkei. in: Europäische Zeitung Nr. 1-2/ 98, S. 4
46 Präambel der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Absatz 5.
47 Europäischer Rat von Kopenhagen 1993, Schlußfolgerungen des Vorsitzes, op.cit. Europäische Kommission, Regular Report from the Commission on Progress towards Accession: Turkey (November 4, 1998). Brüssel 1998, Kapitel B.1
48 Europäische Kommission, For a Stronger and Wider Union - Agenda 2000, Vol. 1. DOC 97/ 6, Straßburg, 15. Juli 1997, op.cit. Europäische Kommission (Anm. 47), B.1.1 „Democracy and the Rule of Law“
49 im folgenden: TGNA, Turkish Great National Assembly; Angaben zum Parlament: Vgl. Europäische Kommission (Anm. 47), B1.1: „Parliament.“
50 Dies ist ein struktureller, kein einmalig auftretender Mangel: 1995 waren es vier von 28 Millionen abgegebenen Stimmen. Vgl. Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
51 Vgl. http://www-public.rz.uni-duesseldorf.de/~nordsiew/indexd.html, aufgerufen am 31. August 2000
52 Vgl. Steinbach, Udo, Das politische System. in: Informationen zur Politischen Bildung: Die Türkei. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1989, S. 33-36, hier: S. 35
53 Vgl. Steinbach, Udo (Anm. 7), S. 179 ff. Zum Parteiensystem im Allgemeinen s. Steinbach, Udo (Anm. 52), S. 35 f.
54 Lüders, Michael, Auf nach Europa. in: Die ZEIT Nr. 21 vom 18. Mai 2000, Hamburg 2000, S. 12
55 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
56 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1. Im Jahresbericht 2000 (vgl. Anm. 2, S. 36 f. und 77 ff.) wird dieser Aspekt unter dem Kriterium der „Fähigkeit zur Übernahme des Gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes“ analysiert, das Ergebnis ist allerdings unver- ändert.
57 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
58 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
59 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
60 Vgl. Europäische Kommission (Anm. 2), S. 14. Zahlenangaben inklusive Anwärterstellen. 1999 waren 9.947 Richterstellen besetzt.
61 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
62 Vgl. Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
63 Ihre Arbeit geschieht aufgrund Artikel 143 der 1982 vom Militär erlassenen Verfassung.
64 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
65 Vgl. Europäische Kommission, Regelmäßiger Bericht 1999 der Kommissionüber die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitrtt. First Draft, Brüssel, 28. September 1999, S. 10
66 Vgl. Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
67 Vgl. Europäische Kommission (Anm. 65), S. 10
68 afp/ dpa, Straßburg verurteilt Türkei wegen Folter. in: Frankfurter Rundschau vom 12. Juli 2000. op.cit. www.frankfurter- rundschau.de
69 Vgl. und Europäische Kommission (Anm. 65), S. 11. Das parlamentarische Verfahren ist noch immer nicht abgeschlossen. (Stand:
30. September 2000, Vgl. Europäische Kommission (Anm. 2), S. 14 f.)
70 Europäische Kommission (Anm. 65), S. 11
71 Vgl. dpa/ AP, Anklage gegen Yilmaz unterbleibt. in: Süddeutsche Zeitung vom 1./2. Juli 2000, S. 8
72 Vgl. Koydl, Wolfgang, Der Präsident, der zu sehr Onkel war. in: Süddeutsche Zeitung Nr. 228 vom 04. Oktober 2000, S. 8
73 Vgl. Europäische Kommission (Anm. 65), S. 11
74 Vgl. Europäische Kommission (Anm. 2), S. 15
75 Koydl, Wolfgang, Der Groll der Generäle. in: Süddeutsche Zeitung Nr. 245 vom 24. Oktober 2000, S. 4
76 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
77 Koydl, Wolfgang, Die Schattenregierung kommt ans Licht. in: Süddeutsche Zeitung Nr. 146 vom 28. Juni 2000, S. 7
78 Vgl. Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
79 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
80 Vgl. und Koydl, Wolfgang (Anm. 77)
81 Europäische Kommission (Anm. 47), Kapitel B 1.1
82 Dies bedeutet eine klare Nichterfüllung der „Kopenhagen“-Kriterien „Demokratie“, „Rechtsstaat“ und „Fähigkeit zur Übernahme des Gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes“, Vgl. Kapitel 2.4. Ein Beispiel: Koydl, Wolfgang, Querschüsse gegen Europa. in: Süddeutsche Zeitung Nr. 234, Mittwoch, 11. Oktober 2000, S. 13
83 Vgl. und Lüders, Michael (Anm. 54).
84 Vgl. und dpa, Armee zeigt sich zu Reform des Sicherheitsrates bereit. in: Frankfurter Rundschau vom 26. Juli 2000, op.cit www.frankfurter-rundschau.de
85 Vgl. Koydl, Wolfgang (Anm. 77)
86 Vgl. Antonaros, Evangelos, Türkei debattiert erstmalsüber die Macht ihrer Armee. in: Die WELT vom 27. Juli 2000, op.cit www.welt.de
87 Antonaros, Evangelos (Anm. 86)
88 vor allem Meinungsfreiheit, verstanden im Sinne eines fairen Zugangs der slowakischen Opposition zu den Medien