Begriff und Erscheinung der Korruption


Seminararbeit, 1997

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkung

2. "Der" Begriff der Korruption

3. Geltungsbedingungen der Korruptionsbegriffe

4. Systematik der Formen und Ursachen von Korruption

5. Darstellungskriterien der Korruption

6. Folgen der Korruption und Korruptionsbekämpfung

7. Schlußbemerkung

8. Literaturverzeichnis

"Korruption? Wieso - jeder Mensch hat doch seinen Preis."

Anke Klockow

1. Vorbemerkung

Zum Thema "Korruption" begegnen dem interessierten Leser allein in der deutschsprachigen Literatur Unmengen verschiedener Meinungen, Blickwinkel und mit ihr befaßter Wissenschaftsdisziplinen. Juristen, Soziologen, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler, sogar Theologen finden sich unter den Autoren. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich im Folgenden vor allem auf die sozialwissen­schaftliche "Blickrichtung". Gezeigt werden soll, wie schwer es ist, "Korruption" als Begriff - und damit als Vorgang - klar einzugrenzen. Dazu wird zunächst die Bandbreite der Versuche zur Begriffsbestimmung dargestellt, ergänzt um einen Blick auf die Prämissen solcher Definitionsversuche. Es folgt eine kurze Übersicht der Erscheinungsformen und Ursachen von Korruption. Auch auf die für den modernen Staat durchaus problematischen Folgen der Korruption sollen beleuchtet werden. Hierzu werden die Erklärungs- und Darstellungsansätze den Wirkungen von Korruption zugeordnet. Den Abschluß bildet das sich aus den Folgen der Korruption ergebende Problembild sowie diverse Anregungen zur Korruptionsbekämpfung.

2. "Der" Begriff der Korruption

Die Schwierigkeit, einen fest umrissenen Korruptionsbegriff zu finden, "eint" die Autoren. Eine allgemein verbindliche Definition des Begriffs der Korruption gibt es nämlich offensichtlich nicht. "Im allgemeinen Sprachgebrauch", so stellt Christian Brünner fest, werde "mit dem Begriff 'Korruption' vielerlei bezeichnet, so z.B. Ausbeutung, Betrug, Bestechlichkeit, Käuflichkeit der Gesinnung, Protektion, Schwarzarbeit, Sittenverfall, Unmoral"1 und dergleichen mehr. Die Autoren, die sich mit dem Thema "Korruption" befassen, sind deshalb auf - z.T. inhaltlich unterschiedliche - Arbeitsdefinitionen angewiesen. Bei der Lektüre stößt man auf viele Begriffsbestimmungen; aus Platzgründen stelle werden im Folgenden nur vier der markantesten hiervon dargestellt.

Eindeutig ist hiernach allein die strafrechtliche Definition - jedenfalls in der Formulierung. Die vom Gesetz mit Strafe bedrohten Korruptionshandlungen finden sich in den Paragraphen 108e und 331-334 des Strafgesetzbuchs sowie im §12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb2.

Im Vergleich recht eng gefaßt erscheint die hierauf bezogene Begriffset­zung durch Werner Vahlenkamp3, nach der folgende Merkmale die Korruption kennzeichnen:

"- Mißbrauch einer amtlichen Funktion, einer vergleichbaren Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandats;
- auf Veranlassung oder eigeninitiativ;
- Erlangung bzw. Anstreben eines persönlichen Vorteils;
- Eintritt eines unmittelbaren oder mittelbaren Schadens oder Nachteils für die Allgemeinheit (in amtlicher oder politischer Funktion) oder für ein Unternehmen (in wirtschaftlicher Funktion)
- Geheimhaltung bzw. Verschleierung dieser Machenschaften"4.

Doch sogar Vahlenkamp stellt fest, daß diese Definition nicht ausreicht: "Daneben gibt es eine Vielzahl von Usancen und Praktiken, die zwar nicht pönalisiert werden, jedoch als sozialethisch verwerflich gelten oder disziplinarrechtlich sanktionierbar sind"5.

Formulierungen der soeben erwähnten Art hält auch der Münchner Politologe Paul Noack für zu kurz gegriffen; seinen Ansatzpunkt bildet die Suche im "Oxford English Dictionary". Die dortige Unterscheidung in "physische Korruption" (Fäulnis), "moralische Verschlechterung, Verfall, Verworfenheit" und "Perversion einer Sache, die sich von einem ursprünglichen Stand der Reinheit weg entwickelt" befriedigt ihn nicht. Sie sei nicht hinreichend, da er sich nicht mit Körpern oder Moral befassen wolle, sondern "mit den Zersetzungsvorgängen in Gesellschaften und Staaten"6. Ungeachtet dessen sieht er in den meisten Korruptionsdefinitionen Verallgemeinerungen strafrechtlichen Bestimmungen in Deutschland7.

Christian Brünner verlangt aus ähnlichen Gründen von der "Korruption" als "Typusbegriff" drei Merkmale: "1. Ein Amt, das innerhalb einer Gruppe (Gemeinschaft) anvertraut worden ist, wird dadurch mißbraucht, daß der Amtsträger Handlungen (Unterlassungen) tätigt, durch die jene Normen [...] verletzt werden, mit deren Hilfe das Allgemeininteresse (Allgemeinwohl), das Interesse (Wohl) aller Gruppenmitglieder gesichert werden soll und dessen Hüter der Amtsträger ist [...] . 2. Der Amtsträger erlangt durch den Normenverstoß einen unmittelbaren Vorteil für sich, er setzt mit Hilfe seines Amtes seine privaten Interessen durch. Korruption liegt aber auch vor, wenn der unmittelbare Vorteil Dritten verschafft wird, weil diese ihre privaten Interessen durchgesetzt erhalten, und dadurch lediglich mittelbar die privaten Interessen des Amtsträgers gefördert werden [...] . 3. Sowohl der Amtsträger als auch der Dritte, dem der Vorteil verschafft werden soll, haben ein Interesse daran und entfalten Aktivitäten dahingehend, daß nichtbeteiligte Gruppenmitglieder von den korrupten Handlungen (Unterlassungen) nichts erfahren [...]"8. Der Unterschied zur Vahlenkamp'schen Definition liegt hierbei vor allem im weiter gefaßten Gruppen­begriff.

Christian Fleck und Helmut Kuzmics fällt zur Korruption zunächst sehr treffend ein, daß "damit in aller Regel mehr als nur die Bezeichnung eines Sachverhalts [ausgedrückt wird]: Zur Benennung einer in Frage stehenden Eigenschaft gesellt sich deren moralische Qualifikation, die immer eine mit negativem Vorzeichen"9 sei. Sie bemühen sich allerdings sogleich, diese (negativ) wertende Sichtweise ein wenig zu relativieren: "Im Allgemeinen ist es in den Sozialwissenschaften wenig strittig zu behaupten, jedes soziale Verhalten sei historisch und soziokulturell geprägt, man variiert höchstens beim jeweiligen Grad"10. Korruption sei deshalb ein "nicht immer abweichendes Verhalten; gleiches Handeln wird unterschiedlich wahrgenommen - einmal gebilligt, ein anderes Mal toleriert und ein drittes Mal verfolgt"11. Übernommen wird deswegen, wie auch bei Noack, die nahezu wertfreie Definition von J. S. Nye. Nach dieser ist ein Verhalten "korrupt" zu nennen, "das von den formalen Pflichten einer öffentlichen Rolle (in die man gewählt oder zu der man ernannt wurde) abweicht, um sich privat orientierte (persönliche, familiäre, einer privaten Clique zugute kommende) finanzielle Vorteile oder Statusgewinne zu verschaffen; oder das Regeln gegen bestimmte Arten der privat orientierten Einflußnahme verletzt"12. Der Aspekt der Geheimhaltung entfällt hier allerdings merkwürdigerweise.

Man sieht: der Kernpunkt des Normenverstoßes wird zwar bei allen Autoren betont, in der Konkretisierung - und das wird auch später noch deutlicher - gibt es aber teilweise deutliche Differenzen unter den Autoren.

[...]


1 Brünner, Christian, Korruption und Kontrolle. Verlagsanstalt Tyrolia, Graz 1985, S. 678. Die Studie wurde bereits 1981 abgeschlossen.

2 "§331 StGB (Vorteilsannahme), §332 StGB (Bestechlichkeit), §333 StGB (Vorteilsgewährung), §334 StGB (Bestechung), §108e StGB (Abgeordnetenbestechung im Zusammenhang mit dem sogenannten Stimmenkauf), [...] § 12 UWG (Angestelltenbestechlichkeit und -bestechung in der Wirtschaft)", Vahlenkamp, Werner/ Knauß, Ina, Korruption - hinnehmen oder handeln?. BKA-Forschungsreihe, Bundeskriminalamt, Wiesbaden 1995, S. 20 ? vgl. beiliegendes Thesenpapier zum Referat

3 Mitglied der kriminalistisch-kriminologischen Forschungsgruppe des Bundeskriminalamts

4 ebd., S. 20

5 ebd., S. 21

6 vgl. Noack, Paul, Korruption: Die andere Seite der Macht. Kindler Verlag, München 1985, S. 15 f

7 vgl. ebd., S. 16

8 Brünner, Christian (Anm. 1), S. 678 f

9 Fleck, Christian/ Kuzmics, Helmut, Korruption: Zur Soziologie nicht immer abweichenden Verhaltens. Athenäum-Verlag, Königsstein/ Taunus 1985, S. 7

10 ebd., S. 12

11 ebd., S. 7

12 hier zit. nach ebd., S. 13; verkürzt zu finden bei Noack, Paul (Anm. 6), S. 16

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Begriff und Erscheinung der Korruption
Hochschule
Universität Leipzig  (Fak. f. Sozialwissenschaften und Philosopihe - Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
PS Verwaltung und Interessen
Note
1,0
Autor
Jahr
1997
Seiten
17
Katalognummer
V8560
ISBN (eBook)
9783638154987
Dateigröße
563 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Korruption Verwaltung
Arbeit zitieren
Malte Priesmeyer (Autor:in), 1997, Begriff und Erscheinung der Korruption, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8560

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