Versöhnung wird als ein zentraler Begriff in der Dichtung und im Leben der Nelly Sachs gesehen. Nelly Sachs wird der Versuch zu Versöhnen von unterschiedlichen Seiten unterstellt. Es ist schwer zu sagen, inwieweit sie selbst die Rolle als Versöhner zwischen Deutschem und Jüdischem anstrebte. Schwierig ist die Deutung der Person und des Werkes als ‚Symbol der Versöhnung’ auch deshalb, weil dies nicht frei vom Anschein einer Instrumentalisierung der Dichterin durch die deutsche Politik und Gesellschaft zur Beruhigung schlechter Gewissen und zur Verbesserung der deutsch-jüdischen Beziehungen ist.
Ziel dieser Arbeit ist es in einem ersten Schritt, sich ein allgemeines Verständnis von ‚Schuld’ und ‚Versöhnung’ zu verschaffen, um sich mit diesem Grundwissen an die Bedeutung der Begriffe im Leben und in der Dichtung der Nelly Sachs vorzutasten. Dabei wird zu beachten sein, dass Nelly Sachs mit Angaben zu ihrer eigenen Person und zur Entstehung ihrer Dichtung immer recht sparsam umgegangen ist oder aber widersprüchliche Angaben machte, was zur Folge hatte, dass Interpreten und Biographen zum Teil Wissenslücken mit Spekulationen ersetzten. Solchen anscheinend in voller Überzeugung als Fakten präsentierten Halbwahrheiten wird kritisch zu begegnen sein, was angesichts der übersichtlichen Forschungslage nicht immer einfach sein wird.
Relevant für diese Arbeit wird erst ihr Schaffen nach 1943 sein, da Nelly Sachs selbst jegliche Dichtung davor für ungültig erklärt hat und weil ja das Thema dieser Arbeit ‚Schuld und Versöhnung’ ist, wobei eben der Holocaust die schon angesprochene unermessliche Schuld darstellt. Dies macht auch eine weitere Einschränkung notwendig. So wird die späte Dichtung, welche nicht mehr so stark vom Holocaust geprägt ist, weniger intensiv betrachtet werden müssen. Im Zentrum der Betrachtung stehen also die Gedichtbände ‚In den Wohnungen des Todes’ und teilweise ‚Sternverdunkelung’ sowie der dramatische Erstling ‚Eli. Ein Mysterienspiel vom Leiden Israels’. Nach der Betrachtung der Dichtung selbst wird dann mit Blick auf die dafür verliehenen Preise ein Teil der Reaktion der Öffentlichkeit ins Auge gefasst. Abschließend wird dann vielleicht festzustellen sein, inwieweit Sachs mit ihrer Dichtung versöhnt oder warum sie dies eben nicht tut.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitende Bemerkungen
- Schuld und Versöhnung
- Schuld und Versöhnung bei Nelly Sachs
- Dichtung ohne Anklage?
- Das Mysterienspiel Eli und die Eli-Oper
- Sachs als Symbol der Versöhnung
- Abschließende Bemerkungen...
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit erforscht die Bedeutung von "Schuld" und "Versöhnung" im Leben und Werk von Nelly Sachs. Sie befasst sich mit der Frage, inwieweit die Dichterin die Rolle einer Versöhnerin zwischen Deutscher und Jüdischer Kultur einnahm, und analysiert ihre Werke im Kontext des Holocaust und der Nachkriegszeit.
- Schuld und Versöhnung als zentrale Begriffe in der Dichtung von Nelly Sachs
- Die Bedeutung des Holocaust im Werk Nelly Sachs
- Die Rolle der Dichterin als potentielles "Symbol der Versöhnung"
- Die Reaktion der Öffentlichkeit auf die Werke Nelly Sachs
- Die Frage der Instrumentalisierung der Dichterin für politische und gesellschaftliche Ziele
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit bietet einen Überblick über die Konzepte von "Schuld" und "Versöhnung" und analysiert die unterschiedlichen Formen, die Schuld annehmen kann. Das Kapitel "Schuld und Versöhnung bei Nelly Sachs" untersucht die Rolle der Dichterin im Kontext des Holocaust und ihrer literarischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Der Fokus liegt dabei auf ihren Gedichtbänden "In den Wohnungen des Todes" und "Sternverdunkelung" sowie dem Drama "Eli. Ein Mysterienspiel vom Leiden Israels". Die Arbeit beleuchtet auch die öffentliche Reaktion auf Sachs' Werk und die Frage, ob und inwiefern die Dichterin mit ihrer Dichtung Versöhnung anstrebt.
Schlüsselwörter
Schuld, Versöhnung, Nelly Sachs, Holocaust, Holocaustliteratur, Dichtung, "In den Wohnungen des Todes", "Sternverdunkelung", "Eli", deutsche Literatur, deutsche Geschichte, deutsch-jüdische Beziehungen, Symbol, Instrumentalisierung, Mysterienspiel, Nachkriegsliteratur.
- Arbeit zitieren
- Stefan Grzesikowski (Autor:in), 2007, Schuld und Versöhnung bei Nelly Sachs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85610