Feindbild Islam

Eine Analyse des Begriffes Feindbild anhand eines Beispieles der Darstellung des Islams anlässlich der Karikaturdebatte von 2006


Hausarbeit, 2006

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Der sozialpsychologische Terminus Feindbild..
1.1 Definition des Terminus Feindbild
1.2 Zur Entstehung eines Feindbildes
1.2.1 Voraussetzungen zur Entstehung eines Feindbildes
1.2.1.1 Der Terminus Kategorie in der Sozialpsychologie
1.2.1.2 Der Terminus Stereotyp in der Sozialpsychologie
1.2.1.3 Der Terminus Vorurteil in der Sozialpsychologie
1.2.1.4 Der Terminus Gruppe in der Sozialpsychologie
1.2.2 Die Entstehung eines Feindbildes

2. Feindbild Islam in Deutschland?..
2.1 Voraussetzungen
2.2 Feindbild Islam

3. Darstellung des Islam in deutschen Zeitungen anlässlich der Karikaturendebatte im Januar
3.1 Die Karikaturendebatte im Januar
3.2 Darstellung in deutschen Printmedien
3.2.1 Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 09.02.2006
3.2.2 Wochenzeitung „Stern“ vom 09.02.2006

4. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang

0. Einleitung

Die Reaktionen der sogenannten islamischen Welt auf die Mohammed-Karikaturen der dänischen Tageszeitung „Jyllands-Posten“, die im Herbst letzten Jahres veröffentlicht wurden, gehörten in den ersten Wochen diesen Jahres zu den wichtigsten Themen der deutschen Zeitungen. Fotos von brennenden Flaggen und Puppen, wutentbrannte Gesichter, Beschreibungen von terroristischen islamischen Gruppierungen und Umfragen mit Titeln wie „Jeder Dritte hat Angst vor dem Islam“ wurden dem Leser präsentiert. Das Resultat solcher Darstellungen sind Skepsis, Ablehnung, Vorurteile bis hin zur Entstehung beziehungsweise Verstärkung von Feindbildern.

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich in erster Linie mit dem sozialpsychologischen Terminus Feindbild. So beinhaltet der erste Teil der Arbeit eine ausführliche Grundlagenklärung des Begriffes. Dabei werden neben einer Definition, die Voraussetzungen zur Entstehung von Feindbildern und somit auch die sozialpsychologischen Termini Stereotype und Vorurteile dargestellt.

Anschließend wird in Ansätzen skizziert, ob und inwieweit in den letzten Jahren in Deutschland vom Islam als Feindbild gesprochen wurde. Der letzte Teil der Hausarbeit beschäftigt sich mit der Darstellung des Islams anlässlich der Karikaturendebatte in den deutschen Printmedien. Für diese Untersuchung wird jeweils ein Beitrag aus den überregionalen Wochenzeitungen „Die Zeit“ und „Stern“ verwendet. Die Auswahl dieser Zeitungen beruht auf dem unterschiedlichen Leserpublikum („Boulevardzeitung“ vs. „seriöse Zeitung“, illustrierende Zeitung vs. textorientierte Zeitung, unterschiedliche politische Ausrichtung, etc.). Bei der Analyse werden die Darstellungsformen der Problematik unter Einbeziehung der oben genannten theoretischen Grundlagen untersucht.

Ziel der Untersuchung ist es, herauszufinden, ob bei der Darstellung in den aktuellen deutschen Medien tatsächlich von einem Feindbild Islam gesprochen werden kann. Die Printmedien haben im Zeitalter des Fernsehens und des Internets einen entscheidenden Einfluss auf die Herausbildung und Vertiefung von Meinungen, Denkweisen und den daraus resultierenden Vorurteilen und Stereotypen bis eben hin zu Feindbildern, welche in einer modernen globalisierten Welt abgebaut und nicht vertieft werden sollten.

1. Der sozialpsychologische Terminus Feindbild

1.1 Definition des Terminus Feindbild

Gerade in den Medien, in der Politik, aber auch im alltäglichen Miteinander von Menschen sind Handeln und Bewusstsein zwischen einzelnen Parteien, Gruppen oder Personen von einem „Feind-Freund-Denken“[1] durchzogen. Auf diese Weise entstehen Bilder zwischen den Agierenden, zu welchen u.a. auch Feindbilder gehören. Doch bevor die Entstehung dieser Feindbilder näher erläutert wird, soll zunächst der Versuch einer Definition des Terminus Feindbild gegeben werden.

Grundsätzlich ist der Begriff in die Sozialpsychologie, dem Teilgebiet der Psychologie, welcher sich mit Verhaltensweisen von Individuen beziehungsweise Gruppen unter bestimmten gesellschaftlichen Faktoren befasst, einzuordnen. So stützt sich die unter Punkt 1.2 „Die Entstehung eines Feindbildes“ beschriebene Entwicklung auf eine sozialpsychologische Sichtweise. Dennoch findet man im „Sozialpsychologie-Lexikon“[2] von Günter Wiswede keine Erklärung des Terminus Feindbild. Eckhard Jesse beschreibt in seiner Arbeit „Funktionen und Strukturen von Feindbildern im politischen Extremismus“ eine „schlechte Erforschung der nicht in eine spezifische Wissenschaftsdisziplin fallenden Thematik“.[3] Für ihn zählt der Terminus Feindbild, der seiner Meinung nach bisher noch zu wenig erforscht wurde, somit nicht ausschließlich zur Sozialpsychologie. Er unterstreicht, dass sich in der deutschsprachigen Literatur vor allem Historiker mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Auf Grund dieser Aussagen kann auch in der vorliegenden Arbeit nur von einem Versuch einer Definition gesprochen werden, die sich ausschließlich auf den Terminus Feindbild aus sozialpsychologischer Sicht bezieht.

Natürlich existieren bereits verschiedene Ansätze zur Begriffserklärung von Wissenschaftlern, die sich mit der Problematik Feindbild auseinandergesetzt haben. Doch stellen sie tatsächlich oft nur Ansätze dar. Eine sehr kurze Definition gibt Alexander Solschenizyn: „Die Menschen vergaßen Gott, daher kommt alles“.[4] Diese Aussage ist sehr allgemein und religiös gehalten und trägt somit weniger zum vollständigen Verständnis des Terminus Feindbild bei.

Eine weitere, detailliertere Definition stammt von Hans Dieckmann:

„Unter Feindbild verstehen wir nicht den Feind oder den Gegner selbst, sondern etwas Drittes, das sich zwischen ihn und uns selbst schiebt, ein Bild, das sich wie alle Bilder aus einer ganzen Anzahl von Komponenten zusammensetzt, die mit dem eigentlichen Objekt oft sehr wenig oder kaum etwas zu tun haben.“[5]

Diese Erklärung beschreibt den Terminus treffender als die erst genannte. Zunächst werden in ihr die mindestens zwei Individuen beziehungsweise Gruppen („wir“ versus „die Fremdgruppe“ beziehungsweise „der Feind“), welche notwendige Voraussetzung für die Existenz von Feindbildern sind, genannt. Ohne das Vorhandensein von mindestens zwei sozialer Gruppen[6] und das daraus resultierende Intergruppenverhalten, „das [] Verhalten der Mitglieder einer Gruppe gegenüber den Mitgliedern einer anderen Gruppe“[7], kann kein Feindbild bestehen. Des weiteren wird ein Fakt beschrieben, welchen fast alle Wissenschaftler anführen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Ein Feindbild setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Diese unterschiedlichen Elemente resultieren aus der Entstehung des Feindbildes, welche im folgenden Punkt näher beschrieben wird. Da „Feindbilder eine Untergruppe von Vorurteilen“[8] sind, basieren sie auch auf Stereotypen und Kategorien. So hängt die Begriffserklärung des Feindbildes von der Definition dieser Termini ab. Aber auch hier ergeben sich Probleme, weil Vorurteile und Stereotype aus der subjektiven Realität übernommen werden. Sie „sind daher auch nicht absolut zu definieren, beziehen sich vielmehr auf ein bestehendes Wertesystem.“[9]

Auch Kurt Spillmann bietet eine detaillierte Definition an. Er sieht ein Feindbild als

„pathologisches Extrem der zum Überleben im Menschen ausgebildeten Fähigkeit zur Abgrenzung, Kategorisierung und Unterscheidung. Pathologisch deshalb, weil die Wahrnehmung des anderen auf die primitive Gut-Böse (Freund-Feind)-Spaltung reduziert wird. Dieses Feindbild hat mit der Realität, mit der tatsächlichen Beschaffenheit des anderen nichts zu tun.“[10]

Mit dieser Definition wird noch einmal die enge Verbindung zwischen Vorurteil beziehungsweise Kategorisierung und Feindbild unterstrichen. Die Umwelt wird für das Individuum durch Einteilung von Informationen und Erlebten erträglich und verarbeitbar gemacht. Das Feindbild zeichnet sich für ihn allerdings dadurch aus, dass die Einteilung bei einer genauen, mit seinen Worten krankhaften („pathologischen“) und einfachen („primitiven“) Unterscheidung von lediglich „gut“ und „böse“ beziehungsweise „Freund“ und „Feind“ bleibt. Somit differenziert er das Feindbild von Vorurteilen, Stereotypen beziehungsweise Kategorien, setzt es in eine einseitig gehaltene Position und stellt es als Extrem dar. Spillmann betont des weiteren, dass Feindbilder durch ihre Eigenart und Funktion, keine reellen Tatsachen widerspiegeln.

Eine letzte Definition soll an dieser Stelle eingefügt werden. Sie stammt von Gert Sommer und ist an sich verständlich und übersichtlich:

„Nach unserer Definition sind Feindbilder Deutungsmuster für gesellschaftlich-politisches Geschehen; sie sind negative, hoch emotionale, schwer veränderbare Vorurteile, die reichen können bis hin zur fantasierten oder gar realen Vernichtung des Gegners. Feindbilder können sich richten gegen einzelne Menschen, Gruppen, Völker, Staaten oder Ideologien.“[11]

Auch hier wird das Feindbild als extremere, eindeutig negativ besetzte Form des Vorurteils beschrieben. Wie extrem ein Feindbild sein kann, wird deutlich, wenn Sommer betont, dass der Wunsch nach Vernichtung des Gegners nicht ausgeschlossen ist. Außerdem wird die wichtigste Voraussetzung genannt, welche auch die anderen Wissenschaftler in ihren Definitionen aufgezählt haben, nämlich das Vorhandensein von mindestens zwei Individuen beziehungsweise Gruppen.

Fasst man die verschiedenen Definitionen der einzelnen Wissenschaftler zusammen, bleiben diese letzt genannten Punkte als Konsens.

Die enge beziehungsweise unmittelbare Verbindung zu den Termini Vorurteil, Stereotyp und Kategorisierung, zählt zu den wichtigsten Merkmalen des Feindbildes. Aus diesem Grund wird es zu einem vielschichtigen und schwer zu fassenden Begriff. Bei der Definition dieser sozialpsychologischen Termini müssen stets eine Vielzahl an individuellen beziehungsweise anderen sozialen Bedingungen berücksichtigt werden.

Ein Feindbild zeichnet sich durch seinen extremen und vor allem negativ besetzten Charakter aus. Auch das Vorhandensein von mindestens zwei sozialen Gruppen gehört zu seinem Kennzeichen. Des weiteren lässt sich das Vorkommen von Feindbildern nicht auf das „gesellschaftlich-politische Geschehen“[12] beschränken, sondern kann in jedem sozialen Handeln zwischen mindestens zwei Individuen erwartet werden.

[...]


[1] Voit, Hartmut (1992): Geschichte ohne Feindbild? Perpektiven für das historische Lernen in Deutschland nach dem 9. November 1989. Erlangen, S. 13.

[2] Wiswede, Günter (2004): Sozialpsychologie-Lexikon. München, Wien: R. Oldenbourg.

[3] Jesse, Eckhard (o.J.): In: Bundesministerium des Inneren (Hrsg.; 2005): Feindbilder und Radikalisierungsprozesse. Elemente und Instrumente im politischen Extremismus. Berlin, S. 6.

[4] Solschenizyn, Alexander: In: Wagenlehner, Günther (Hrsg.; 1989): Feindbild. Geschichte – Dokumentation – Problematik. Frankfurt am Main, S. 6.

[5] Dieckmann, Hans: In: Wagenlehner, Günther (Hrsg.; 1989): Feindbild. Geschichte – Dokumentation – Problematik. Frankfurt am Main, S. 6.

[6] Eine genauere Definition des Terminus Gruppe wird unter Punkt 1.2.1.4 „Der Terminus Gruppe in der Sozialpsychologie“ gegeben.

[7] Brown, R.: Beziehungen zwischen Gruppen. In: Stroebe, Wolfgang; Hewstone, Miles; Stephenson, Geoffrey M. (1992): Sozialpsychologie. Eine Einführung. Berlin, Heidelberg, New York, S. 400.

[8] Sommer, Gert: Zur Psychologie von Feindbildern. In: Voit, Hartmut (1992): Geschichte ohne Feindbild? Perpektiven für das historische Lernen in Deutschland nach dem 9. November 1989. Erlangen, S. 13.

[9] Bernhardt, Hans-Michael: Voraussetzungen, Struktur und Funktion von Feindbildern. In: Jahr, Christoph; Mai, Uwe; Roller, Kathrin (Hrsg.; 1994): Feindbilder in der deutschen Geschichte. Berlin, S. 12.

[10] Wagenlehner, Günther (Hrsg.; 1989): Feindbild. Geschichte – Dokumentation – Problematik. Frankfurt am Main, S. 7.

[11] Sommer, Gert: Zur Psychologie von Feindbildern. Erlangen, S. 15f.

[12] Sommer, Gert: Zur Psychologie von Feindbildern. Erlangen, S. 15.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Feindbild Islam
Untertitel
Eine Analyse des Begriffes Feindbild anhand eines Beispieles der Darstellung des Islams anlässlich der Karikaturdebatte von 2006
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Werte und Ziele
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V85796
ISBN (eBook)
9783638008372
ISBN (Buch)
9783638914246
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Feindbild, Islam, Werte, Ziele, Kampf der Kulturen, Kulturen, Stereotype, Kategorien, Feindbilder, Vorurteil, Vorurteile, Hausarbeit, Essay, wissenschaftliche Arbeit, Psychologie
Arbeit zitieren
Michael Dathe (Autor:in), 2006, Feindbild Islam, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85796

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