Die Auseinandersetzung Kafkas mit der Gesellschaft, Religion und seiner Existenz brachten der Welt ein einmaliges Schaffen hervor. Die Helden seines Werks sind nicht wie die klassischen Helden, Wilhelm Meister in den Lehrjahren Goethes zum Beispiel, denen nur daran gelegen ist, etwas in ihrer Gesellschaft zu erreichen. Die Integration in die Gesellschaft und die Harmonie mit ihr galt jenen als höchstes Ziel. Die Protagonisten Kafkas Werk hingegen sind schlechthin das Gegenteil: Josef K. in „Der Prozeß“, K. in „Das Schloß“ oder Karl Roßmann in „Der Verschollene“, sie haben es schwer, das Leben zu verstehen und deshalb gelingt ihnen die Integration nicht. Oder sie hinterfragen sie Gesellschaft, finden sie hässlich und wollen sich daher nicht in sie einfügen. Sie sind Menschen, die ihrem Milieu und dem Leser verschlossen bleiben. Der Leser wird gezwungen, sich immer wieder mit ihnen auseinanderzusetzen, um sie, wenn nicht zu verstehen, dann mindestens ihre Funktion in den Texten nachvollziehen zu können. Jenen Autoren gelingt es also, eine Fremdheit zwischen Leser und der Geschichte und ihren Figuren zu schaffen.
Fremdsein und Fremdheit in Kafkas Roman „Das Schloß“ stellt die Thematik dieser Hausarbeit dar.
Im Soziologie-Lexikon von Gerd Reinhold finden wir unter dem Lemma Fremder folgendes: „1. eine Person, die bislang unbekannt war, weshalb über ihre soziale Herkunft, ihre Eigenschaften nichts bekannt ist, was das Verhalten ihr gegenüber erschwert, weil nur die Rolle des Fremden bekannt ist. Die Rolle ist symmetrisch, weil beide sich fremd sind; 2. eine Person, die zwar als solche schon relativ bekannt ist, die aber Eigenschaften und Verhaltensweisen zeigt, die in dem sozialen Gefüge als unüblich (oder gar abweichend) gelten und deshalb fremd sind. Deshalb wird dessen Integration in die soziale Gruppe erschwert sein.“ Für Georg Simmel ist der Fremde, derjenige, „der heute kommt und morgen bleibt.“ . Seine Position in einer Gesellschaft ist wesentlich dadurch bestimmt, „dass er nicht von vornherein in sie gehört, dass er jedoch Qualitäten, die aus ihm nicht stammen und stammen können, in ihn hineinträgt.“ Er ist auch kein „Bodenbesitzer“, wobei Boden nicht nur räumlich, sondern auch im übertragenen Sinne „einer Lebenssubstanz“ verstanden wird
Ausgehend von diesem soziologischen Ansatz, wird an dem Text anhand der Beziehungen K.s zum Dorf und zum Schloss untersucht, wie die beiden Polen „Individuum“ und „Kollektiv“ miteinander zusammenhängen. Was macht K. zu einem Fremden? Wie wird er in der neuen Gesellschaft aufgenommen und was macht er, um den Zustand des Fremdseins zu überwinden?
Es wird ein hermeneutischer Interpretationsversuch unternommen, was die strukturalistische Methode dieser Arbeit fortsetzt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- K. und das Dorf
- K. und das Schloss
- Textinterpretation
- Schluss
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht das Fremdsein in Franz Kafkas Roman "Das Schloß" und beleuchtet, wie die Beziehung zwischen K., dem Protagonisten, und dem Dorf sowie dem Schloss die Thematik des Fremdseins aufzeigt.
- Das Fremdsein des Protagonisten K. im Dorf und gegenüber den Dorfbewohnern
- Die Rolle des Schlosses als Ort der Macht und als Quelle der Fremdheit
- Die Beziehung zwischen Individuum und Kollektiv im Kontext des Fremdseins
- Kafkas Darstellung der gesellschaftlichen Strukturen und Hierarchien durch die Beziehung zwischen K. und dem Dorf
- Die Bedeutung der Sprachlosigkeit und der Kommunikationsschwierigkeiten für das Verständnis des Fremdseins
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt das Thema der Hausarbeit vor und erläutert den Kontext von Kafkas Werken, insbesondere die Konflikte zwischen den Protagonisten und der Gesellschaft. Sie führt den Leser in die Thematik des Fremdseins ein und stellt die soziologischen Ansätze von Gerd Reinhold und Georg Simmel vor, die als Grundlage für die Analyse dienen.
K. und das Dorf
Dieses Kapitel beleuchtet K.s Ankunft im Dorf und seine ersten Begegnungen mit den Dorfbewohnern. Es analysiert die Rolle des Dorfes als Fremde Umgebung für K. und die Gründe für seine Ablehnung durch die Dorfbewohner.
- Citation du texte
- Said Elmtouni (Auteur), 2007, Das Fremdsein in Kafkas Roman "Das Schloß", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86088