Die Soziale Marktwirtschaft ist seit Mitte dieses Jahrhunderts das ordnungspolitische Leitbild, an dem sich die deutsche Wirtschaftspolitik orientiert. Sie ist nach Alfred Müller-Armack eine ordnungspolitische Idee, die darauf zielt, „auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden“. Vergleicht man jedoch die heutige wirtschaftspolitische Situation in Deutschland mit der ursprünglichen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft, so werden häufig gravierende Unterschiede festgestellt. Im Laufe der Jahrzehnte wurde das maßgeblich von Ludwig Erhard eingeführte Konzept der Sozialen Marktwirtschaft nicht weiterentwickelt. Vielmehr wurde nach und nach von dem ursprünglichen Konzept abgewichen und eher ein Sozial- bzw. ein Wohlfahrtsstaat aufgebaut, der momentan anscheinend nur noch schwer finanzierbar ist.
Ziel dieser Arbeit ist es, einen kurzen Überblick über die theoretische Konzeption und die Entstehung des Begriffes „Soziale Marktwirtschaft“ zu geben, und die Umsetzung sowie die weiteren Entwicklungslinien der Sozialen Marktwirtschaft in der Praxis darzustellen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf der Betrachtung der praktischen Umsetzung dieser wirtschaftlichen Konzeption und ihrer weiteren Entwicklung. Parallel dazu wird die historische, politische und wirtschaftliche Situation, in der die Soziale Marktwirtschaft eingeführt wurde, ausführlich erläutert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zur theoretischen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft
2.1 Überblick über die ordnungstheoretischen Grundlagen
2.2 Die Säulen der Sozialen Marktwirtschaft
2.3 Abgrenzung Sozialstaat zum Wohlfahrtsstaat
2.4 Die Gründungsväter der Sozialen Marktwirtschaft
2.4.1 Alfred Müller Armack
2.4.2 Ludwig Erhard
3 Entwicklungslinien der Sozialen Marktwirtschaft
3.1 Der historische und politische Hintergrund nach
3.2 Grundsatzentscheidungen auf dem Weg zur Sozialen Marktwirtschaft
3.2.1 Die Währungsreform von
3.2.2 Das Leitsätzegesetz von
3.3 Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz
3.4 Die Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft
3.4.1 Wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands bis
3.4.2 Die Sozialgesetzgebung
3.4.3 Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
3.5 Die Krise des Wirtschaftswunders und die Neuordnung
3.6 Regierungswechsel 1982 und Rückkehr zur Sozialen Marktwirtschaft
4 Schlussbemerkung
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Soziale Marktwirtschaft ist seit Mitte dieses Jahrhunderts das ordnungspolitische Leitbild, an dem sich die deutsche Wirtschaftspolitik orientiert. Sie ist nach Alfred Müller-Armack eine ordnungspolitische Idee, die darauf zielt, „auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden“[1]. Vergleicht man jedoch die heutige wirtschaftspolitische Situation in Deutschland mit der ursprünglichen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft, so werden häufig gravierende Unterschiede festgestellt. Im Laufe der Jahrzehnte wurde das maßgeblich von Ludwig Erhard eingeführte Konzept der Sozialen Marktwirtschaft nicht weiterentwickelt. Vielmehr wurde nach und nach von dem ursprünglichen Konzept abgewichen und eher ein Sozial- bzw. ein Wohlfahrtsstaat aufgebaut, der momentan anscheinend nur noch schwer finanzierbar ist.[2]
Ziel dieser Arbeit ist es, einen kurzen Überblick über die theoretische Konzeption und die Entstehung des Begriffes „Soziale Marktwirtschaft“ zu geben, und die Umsetzung sowie die weiteren Entwicklungslinien der Sozialen Marktwirtschaft in der Praxis darzustellen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf der Betrachtung der praktischen Umsetzung dieser wirtschaftlichen Konzeption und ihrer weiteren Entwicklung. Parallel dazu wird die historische, politische und wirtschaftliche Situation, in der die Soziale Marktwirtschaft eingeführt wurde, ausführlich erläutert.
2 Zur theoretischen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft
2.1 Überblick über die ordnungstheoretischen Grundlagen
Die Soziale Marktwirtschaft ist zu verstehen als ein Leitbild der Wirtschaftspolitik. Das theoretische Fundament dieser ordnungspolitischen Konzeption setzt sich aus verschiedenen Ordnungsideen zusammen. Zu den ideengeschichtlichen Wurzeln der Sozialen Marktwirtschaft gehören der Liberalismus, der Ordoliberalismus und die christliche Sozialethik.
Der Grundstein für die Entstehung der Sozialen Marktwirtschaft wurde durch die ökonomischen Arbeiten des klassischen Liberalismus gelegt. Dabei bildete Adam Smiths „Wohlstand der Nationen“ den eigentlichen Ursprung des Liberalismus. Bei Smith findet sich ebenso wie bei den anderen klassischen Liberalen das Prinzip der Arbeitsteilung zwischen Staat und Wirtschaft.[3]
Bei den Überlegungen zur Sozialen Marktwirtschaft wurden jedoch nicht nur die ursprünglichen Theorien des klassischen Liberalismus und die daraus abgeleiteten Ordnungsvorstellungen berücksichtigt. Vielmehr bekam die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft wesentliche Impulse durch die Arbeiten einer Gruppe von Nationalökonomen (z.B. Walter Eucken, Franz Böhm) der Freiburger Schule. Die von diesen Wissenschaftlern entwickelten Ansichten werden von der Literatur meist unter dem Begriff des Neoliberalismus bzw. des Ordoliberalismus zusammengefasst.[4]
Im Konzept des Ordoliberalismus geht es vorwiegend darum, die Machtkonzentration beim Staat zu verhindern und gleichzeitig eine funktionsfähige Wettbewerbsordnung zu schaffen. Die Konstituierung der Wettbewerbsordnung sowie die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Systems durch marktkonforme Eingriffe ist in diesem Konzept die Aufgabe des Staates. Hierin unterscheidet sich die neoliberalistische Konzeption deutlich vom Konzept des klassischen Liberalismus.[5]
Die dritte ideengeschichtliche Wurzel der Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft ist die Christliche Sozialethik, unabhängig davon, ob man die evangelische oder katholischer Denkrichtung betrachtet. Wesentlicher Vertreter dieser christlichen Sozialethik war Alfred Müller-Armack (s. 2.4.1). Er konzipierte erstmals den Begriff „Sozialen Marktwirtschaft“. Als Mitstreiter Erhards trug er der Entwicklung des Konzeptes der Sozialen Marktwirtschaft mit seinen Ansichten wesentlich zur Erweiterung und Ergänzung der bisherigen Überlegungen bei.[6]
2.2 Die Säulen der Sozialen Marktwirtschaft
Das Funktionieren des Marktmechanismus mit einem sozialem Ausgleich zu kombinieren ist die zentrale Idee der Sozialen Marktwirtschaft. Diese Idee ist in erster Linie durch die Gestaltung einer entsprechenden staatlichen Wirtschaftsordnung zu verwirklichen. Diese Wirtschaftsordnung sollte auf einer funktionierenden Wettbewerbswirtschaft beruhen, da nur so gleichzeitig die wirtschaftliche Freiheit und die zur sozialen Sicherung notwendigen Leistungen gegeben sind.[7] Die Gewährleistung des Wettbewerbs auf den Märkten ist als Aufgabe des Staates anzusehen. Er soll das Marktgeschehen durch eine aktive Wettbewerbspolitik ordnen und regeln. Dabei bilden die von Walter Eucken genannten konstituierenden und regulierenden Prinzipien die Rahmenbedingungen für das staatliche Handeln. Zu den konstituierenden Prinzipien gehören u.a. Vertragsfreiheit, Haftungsregelungen, Privat eigentum und freie Preisbildung auf offenen Märkten. Die regulierenden Prinzipien beinhalten z.B. eine staatliche Monopolkontrolle oder Mindestpreisregelungen.[8] Dabei ist im Falle staatlicher Interventionen die Marktkonformität als ein weiterer Grundsatz der Sozialen Marktwirtschaft zu beachten. Dies bedeutet, die Eingriffe des Staates zur Korrektur unerwünschter Marktergebnisse dürfen den Marktmechanismus nicht behindern oder ausschalten.[9]
Die Soziale Marktwirtschaft ist jedoch nicht nur wirtschaftspolitisch fundiert sondern auch sozialpolitisch. Dabei wird von den Vertreteren der Sozialen Marktwirtschaft zum Teil die Meinung vertreten, dass die Marktwirtschaft für sich genommen schon sozial sei, da über den Wettbewerb der soziale Fortschritt gefördert würde und die Einkommensumverteilung gegeben sei. Dieser Auffassung war auch Ludwig Erhard (s. 2.4.2). Allerdings hielt er eine zusätzliche Sozialversicherung für notwendig, da sonst der Einzelne einem zu großen Risiko ausgesetzt sei. Diese zusätzliche Sozialversicherung, z.B. im Bereich der Arbeitslosen- oder Krankenversicherung, muss nach dem Prinzip der Subsidiarität ausgestaltet sein, d.h. die Eigenvorsorge steht im Vordergrund, der Staat bestimmt nur den groben Rahmen.[10] Er soll nicht zu viel Verantwortung übernehmen, sondern soll den Menschen Anreize zum eigenverantwortlichen Handeln und hoher Selbständigkeit geben.[11]
Bei der Gestaltung der Sozialpolitik wurde nicht nur der Aspekt der eigenverantwortlichen Vorsorge in den Vordergrund gestellt, es galt auch, den Vorrang des wirtschaftlichen Wachstums vor der Umverteilung zu beachten. Dadurch konnten immer mehr Individuen eigenständig Vermögen aufbauen und so eine Unabhängigkeit von staatlichen Sozialleistungen erreichen.[12]
2.3 Abgrenzung Sozialstaat zum Wohlfahrtsstaat
Durch den verstärkten Ausbau der Sozialversicherung nicht nur in den letzten Jahren wurde die ursprüngliche Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft vernachlässigt. Der Sozialstaat wuchs beträchtlich und entwickelte sich mehr und mehr hin zu einem Wohlfahrtsstaat. Der Unterschied zwischen beiden Begriffen soll im Folgenden kurz erläutert werden.
Der Sozialstaat ist zu verstehen als ein historisch gewachsenes Grundmodell der Sozialpolitik in der Sozialen Marktwirtschaft. Zentrale Elemente dieser Sozialpolitik sind die Eigenständigkeit und die Selbstverantwortung der Menschen. Durch bereits erbrachte Leistungsbeiträge hat der Mensch einen Anspruch auf den Lebensstandard sichernde Sozialpolitische Leistungen des Staates. Aufgabe des Staates ist hierbei in erster Linie die Schaffung und Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit. Jedoch hat er bei der Gestaltung der sozialen Sicherung einen weiten Spielraum, ohne dass präzise Verpflichtungen erkennbar oder ableitbar sind.[13]
Der Begriff des Wohlfahrtsstaates ist ebenfalls ein Grundmodell der Sozialpolitik. Im Gegensatz zum Sozialstaat wird hier die Verantwortung eines Staates für die Gewährleistung grundlegender Menschenrechte und für die Daseinsvorsorge seiner Einwohner bei der Gestaltung der Sozialpolitik hervorgehoben. Die individuelle Eigenversorgung und Selbstverantwortung wird dagegen vernachlässigt. Das hat zur Folge, dass sich staatliche Umverteilungsmaßnahmen ausweiten und sich infolgedessen auch Staatsausgaben sowie Steuer- und Sozialabgaben erhöhen und die Dynamik des Marktmechanismus weitgehend gehemmt wird.[14]
2.4 Die Gründungsväter der Sozialen Marktwirtschaft
2.4.1 Alfred Müller Armack
Alfred Müller-Armack wurde am 28. Juni 1901 in Essen als Sohn eines Betriebsleiters der Firma Krupp geboren. Er studierte Nationalökonomie in Gießen, Freiburg, München und Köln. Im Anschluss daran promovierte er 1923 in Köln und bereits 1926 habilitierte er dort.[15] Im weiteren Verlauf ist er als Privatdozent tätig, 1934 bis 1940 war er außerordentlicher Professor an der Kölner Universität. Im Jahre 1938 wurde er Professor für Nationalökonomie und Kultursoziologie in Münster. Zwölf Jahre später zog es ihn jedoch wieder nach Köln, wo er als Professor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften tätig war. Von 1952 bis 1958 leitete er die Abteilung für Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft. Daran anschließend wurde er 1958 von Erhard zum Staatssekretär für europäische Angelegenheiten im Bundesministerium für Wirtschaft berufen. 1963 verabschiedete er sich nach dem Rücktritt Erhards aus dem Bundesdienst und kehrte er zurück an die Kölner Universität. 1977 wird er zum Vorsitzenden der Ludwig-Erhard-Stiftung gewählt. Am 16. März 1978 stirbt Alfred Müller Armack in Köln.[16]
Alfred Müller Armack gilt als einer der geistigen Väter der Sozialen Marktwirtschaft. Er definierte sie als irenische Formel bzw. als irenische ordnungspolitische Idee, „deren Ziel es ist, auf Basis der Wettbewerbsfähigkeit die freie Initiative mit einem gerade durch die marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden.“[17] Das Interesse Müller-Armacks richtete sich in erster Linie auf Fragen der Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsordnung. 1946 veröffentlichte er sein Werk „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“. Darin ging es u.a. um eine neue Wirtschaftspolitik, die eine positive Verbindung zwischen Marktwirtschaft und Wirtschaftslenkung schaffen sollte, die „Soziale Marktwirtschaft“.[18]
[...]
[1] Alfred Müller-Armack [1966] S. 245.
[2] Vgl. Cassel/Rauhut [1998] S. 6.
[3] Vgl. Schlecht [1990] S. 1f.
[4] Vgl. Thieme [1994] S. 16.
[5] Vgl. Thieme [1994] S. 21.
[6] Vgl. Schlecht [1990] S. 12f.
[7] Vgl. Cassel/Rauhut [1998] S. 7f.
[8] Vgl. Schlecht [1998] S. 38 und Thieme [1994] S. 18ff.
[9] Vgl. Grosser [1993] S. 15.
[10] Vgl. Cassel/Rauhut [1998] S. 9f. und Grosser [1993] S. 14f.
[11] Vgl. Online-Verbindung vom 5.1.2002 [2002] BMWI.
[12] Vgl. Grosser [1993] S. 16f.
[13] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon [1997] „Sozialstaat“
[14] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon [1997] „Wohlfahrtsstaat“
[15] Vgl. Online-Verbindung vom 2.1.2002 [2002] Konrad-Adenauer-Stiftung.
[16] Vgl. Online-Verbindung vom 2.1.2002 [2002] Konrad-Adenauer-Stiftung und Online-Verbindung vom 4.2.2002 [2002] Biographie: Alfred Müller-Armack.
[17] Vgl. Müller-Armack [1956] S. 390.
[18] Vgl. Online-Verbindung vom 2.1.2002 [2002] Konrad-Adenauer-Stiftung.
- Arbeit zitieren
- Kathrin Löwen (Autor:in), 2002, Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard: Das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8610
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