Shell. Ein imageorientierter "Global Player" in Nigeria - und das Volk der Ogoni


Seminararbeit, 2007

40 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Globalisierung
1.2 Wirtschaftliche Globalisierung
1.3 Ken Saro-Wiwa, MOSOP und Shell

2. Methoden

3. Aktuelle politische Lage in Nigeria

4. Geschäftstätigkeit von Shell Nigeria
4.1 Präsenz und Einnahmen
4.2 Rohölverluste durch Vorfälle in den Gemeinden
4.3 Zusammenarbeit mit den Gemeinden
4.4 Shell Nigeria und die Umwelt
5. Shell Nigeria und das Volk der Ogoni
5.1 Sichtweise von Shell Nigeria
5.2 Sichtweise der MOSOP

6. Interpretation der Ergebnisse
6.1 Geschäftstätigkeit von Shell Nigeria
6.2 Shell Nigeria und das Volk der Ogoni

7. Conclusio

8. Verzeichnis der Abbildungen

9. Verzeichnis der Abkürzungen

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Globalisierung

Laut einem Vortrag des Politologen[1] Anton Pelinka vom 10.7.2007 „findet Globalisierung statt“ (Pelinka 2007). Das bedeutet eine Herabsetzung der Bedeutung des einzelnen Nationalstaates gegenüber einer Welt, die immer weniger Grenzen kennt. Früher wurden diese Grenzen u.a. durch Zölle, Passkontrollen, Belastungen im Warenverkehr, Kommunikationseinschränkungen und dem Festhalten an der nationalen Identität, sei sie durch kulturelle Heterogenität noch so verschieden, aufrechterhalten. Besonders die Teilung Europas in Ost und West verschärfte die Grenzziehung, mit teilweise tödlichen Auswirkungen. Durch den Fall des Eisernen Vorhanges und den darauf folgenden Entwicklungen, trat eine Beschleunigung des Globalisierungsprozesses ein. Gerade in Europa verlief die Entwicklung rasant, wenn die EU- Erweiterungen in den Jahren 1995, 2005 und 2007 betrachtet werden, bei denen aus 12 Staaten ein Bündnis von 27 gemacht wurde. Parallel dazu und durch den Fall der Barrieren intendiert, setzte sich das kapitalistische Wirtschaftssystem immer mehr durch. Anton Pelinka teilte die Globalisierung in eine politische, kulturelle und wirtschaftliche ein. Während der politische Bereich am wenigsten fortgeschritten ist, wie durch das Entstehen globaler Organisationen, z. B. die Weltbank, die UNO und die EU ist dies im kulturellen Sektor weiter gediehen. Fernsehmedien präsentieren dem Konsumenten im Wohnzimmer nicht nur Nachrichten aus aller Welt, sondern bieten wie der Musiksender MTV oder der Nachrichtensender CNN dasselbe Format in den verschiedensten Länder der Welt an bzw. sind an sehr vielen Orten mittlerweile empfangbar. Zudem gelangen durch das Internet die teilhabenden Personen in einen kulturellen Austausch. Die größtmögliche Globalisierung hat der wirtschaftliche Sektor erreicht. Auf diesen wird im nächsten Kapitel eingegangen (vgl. Pelinka 2007, Leggewie 2005, S.25ff).

1.2 Wirtschaftliche Globalisierung

Konzerne haben von den Aufhebungen der Barrieren wie Zölle, freier Warenverkehr, sinkende Transportkosten, wirtschaftsfreundliche Gesetze, Währungsharmonisierung usw. sehr stark profitiert. Es haben sich im Laufe der letzten Jahre supranationale, auf mehreren Kontinenten der Erde agierende Konzerne gebildet, die durch das Internet eine hervorragende Kommunikationsebene zwischen den einzelnen Standorten zur Verfügung haben. Die Entwicklung dieser über die nationalstaatlichen „Global Players“ hat bei vielen Menschen zu Beunruhigungen geführt (vgl. Leggewie 2005, S.26ff).

Gegen Ende der 80er Jahre des 20. Jh. veränderte sich die Wirtschaftswelt, in dem bei der Übernahme von Kraft durch Philipp Morris nicht der tatsächliche Wert bezahlt wurde, sondern das Sechsfache des Firmenwertes. Dadurch wurde ein fiktiver Preis für eine „Marke“ dargebracht. Die Welt der Marken war somit geboren. Zunächst war von Seiten der Kunden die Suche nach preisgünstigen Produkten vorherrschend. Der Konzern Philipp Morris reagierte daraufhin mit einer Preisreduktion seiner Produkte zu Beginn der 90er Jahre des vorigen Jhs.. Dies wirkte sich auf einen Kurssturz am so genannten „Marlboro Friday“ aus. An der Wall Street kam es zu einem Kursverfall des Konzerns, wobei andere Großunternehmen das gleiche Schicksal traf. Für viele Analysten kam dies einem Ende der Markenpolitik gleich (vgl. Klein 2005, S.26ff).

Vielmehr trat das Gegenteil ein. Jene Konzerne, die trotz dieses Rückschlages weiterhin auf ein gezieltes Marketing und Imagepflege setzten, gewannen im Laufe der Jahre dazu und konnten sich etablieren. Um die Menschen zum Kauf ihrer Produkte zu bewegen, wurde mit Hilfe der Werbung eine Bindung zur Marke vollzogen. Dem Kunden sollte ein bestimmter Lifestyle vermittelt werden und dadurch zu einer Identifikation mit der Marke führen. Sogar „No Name“ Produkte wurden in Marken umgewandelt. Was der Kunde kaufte war egal, Hauptsache die Prägung war vorhanden. Die Pflege des Konzernimages ging so weit, dass die Konzerne begannen ihre Produktion auszulagern und an Subunternehmen zu vergeben, da es im modernen Managementwesen als negativ galt über eigenes Produktionspersonal zu verfügen. Mittelsmänner dienten als Vermittler zwischen dem Konzern und der beauftragten Produktionsfabrik. Gerade an der Börse wurde und wird die Vernichtung von Arbeitsplätzen durch Verlagerung in andere Länder oder Kündigungswellen, mit einer vollständigen Vernichtung am weltweiten Arbeitsmarkt, weiterhin mit Kurszuwächsen belohnt. Der Konzern, der durch Fusionen wuchs, entledigte sich dadurch immer mehr seiner Verantwortung als Arbeitgeber. Er vergab die Aufträge an Fabriken, die in Freihandelszonen der ehemaligen Dritten Welt billig ihre Produkte fertigten. Es war nicht mehr wichtig, „wo“ sondern „wie‘ (Klein 2005, S.211) gefertigt wurde (vgl. Klein 2005, S.36ff, 160ff, 205ff).

In jenen Produktionsstätten werden für mehrere Konzerne gleichzeitig gefertigt. Logos und Firmennamen sind an den Wänden der Fabriken nicht zu erkennen. Die Arbeiter haben oft keine Ahnung, für welche Firma sie produzieren bzw. was ihre hergestellten Produkte kosten. Abhängigkeiten von den Auftraggebern entstehen durch Lohndumping – mehrere Angebote werden weltweit eingeholt, es herrscht kein direktes Arbeitsverhältnis zum Konzern, keine Sozial- und Gesundheitsleistungen, Unterdrückung von Gewerkschaften, hohe Überstundenleistungen, schlechtes und gesundheitsschädigendes Arbeitsklima usw.. Die Hoffnung, dass durch die Gewährung von Steuerfreiheiten Nachhaltigkeiten für die „Dritte Welt Länder“ entstehen, werden zumeist enttäuscht, da bei der Änderung der Bedingungen die Konzerne in ein anderes Land weiterziehen bzw. dies durch Androhung unterbinden (vgl. Klein 2005, S.213ff, 226ff, 239ff).

Um die Marke in das Leben vollständig zu integrieren, werden Superstores gebaut, die dem Kunden eine wunderschöne, z. T. spirituelle Welt vermitteln sollen. Das Erlebnis, einen Tempel der präferierten Marke zu besuchen und Produkte einzukaufen, wird durch entsprechende Freizeitangebote gekoppelt. Neben diesen fixen Tempeln werden Stars gezielt zu Marketingzwecken angeworben, die dadurch zu Superstars werden. Sponsoring findet nicht nur mittels Prominenter statt, sondern auch durch gezielte Förderung von Kulturveranstaltungen, wo der Künstler zumeist nur noch im Hintergrund steht. Eine weitere wichtige Marketingquelle bieten Bildungseinrichtungen. Gerade in Schulen haben Konzerne Geld in Neue Medien investiert und als Gegenleistung Schulfernsehen implementiert, dass zwei Minuten Werbung für ihre Produkte bietet. An Universitäten werden Sportmannschaften mit dem entsprechenden Equipment ausgestattet und zudem die Kritik am Sponsor mit entsprechenden Verträgen ausgeschlossen (vgl. Klein 2005, S.106ff, 112ff, 163ff, 206).

Die Konzerne haben erkannt, dass Fusionen alleine nicht ausreichen, um die Marke voranzutreiben, sondern sie suchten nach Synergien, um die Marke in anderen Produktsektoren zu prolongieren. Gezielte Kettenbildungen führen dazu, die Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Der Markt wird für die Kunden dadurch homogenisiert, er kann nicht mehr zwischen verschiedenen Anbietern wählen (vgl. Klein 2005, S.133, 152ff).

Jene Konzerne, die am stärksten kritisiert wurden haben ihre Werbung und ihr Marketing intensiviert und v. a. ihr Handlungsfeld sehr stark in die Schulen verlagert. Antiwerbungen, die als Reaktion auf das Marketing der Multis entstanden sind, wurden wiederum von den Konzernen in ihre Werbekonzepte integriert (vgl. Klein 2005, S.284, 307f).

Konzerne bestimmen immer mehr die Politik in demokratisch gewählten Ländern und verhalten sich selbst undemokratisch. Das Prosperieren des Wirtschaftsmarktes erfährt gegenüber den Menschenrechten eine Präferierung. Durch die Fusionierungen haben die Multis nicht nur Synergieeffekte erzielt, sondern können sich eines riesigen Budgets erfreuen.

„Konzerne sind die herrschenden politischen Körperschaften und bestimmen das Programm der Globalisierung“ (Klein 2005, S.350). Sie haben die Welt in „Hersteller und Verbraucher“ (Klein 2005, S.356) aufgeteilt (vgl. Klein 2005, S.349ff).

Gegen Ende der 90er Jahre des vorigen Jhs. kam es zu einer Formierung mehrerer Protestbewegungen, v. a. gegen die wirtschaftliche Globalisierung. Die Aussage „freie Märkte schaffen freie Menschen“ (Klein 2003, S.77) wird von Gegnern der marktorientierten, neoliberalen Konzernpolitik vehement kritisiert. Vielmehr wird ihnen vorgeworfen mit totalitären, undemokratischen Regimen zusammenzuarbeiten, um ein Maximum an Gewinnen zu erreichen.

Besonders Ölkonzerne sind hinsichtlich der Herabsenkung von „sozialen und ökologischen Normen“ (Klein 2005, S.390) bekannt, wenn sie in wirtschaftlich schwachen Ländern Öl fördern. Shell wurde in diesem Zusammenhang bereits vorgeworfen, mit dem Apartheid Regime zusammengearbeitet zu haben bzw. in virulente Auseinandersetzungen mit einem Volk im Gebiet des peruanischen Amazonas verwickelt worden zu sein.

Im Schwarzbuch Markenfirmen, das eine kritische Auseinandersetzung mit den global agierenden Konzernen betreibt, wird explizit auf die Verbindung zwischen dem Protest der Ogoni und der Hinrichtung des Schriftstellers Ken Saro-Wiwa mit dem niederländischen/britischen Ölkonzern Royal Dutch/Shell[2] hingewiesen. Dieser Konflikt wird im nächsten Kapitel dargestellt (vgl. Klein 2003, S.34ff, 77f, Klein 2005, S.390, Werner/Weiss 2006, S.354f).

1.3 Ken Saro-Wiwa, MOSOP und Shell

Der Konzern Shell ist einer der weltweit führenden Konzerne im Ölgeschäft und verfügt über ein sehr hohes Budget, das bei weitem jenes der meisten Staaten der Erde übertrifft. Das Engagement dieses Multis zeigt sich zudem in Afrika, v.a. in Nigeria, der der größte Erdöllieferant dieses Kontinents ist. Seit 1958 wird auf dem Land der Ogoni Öl von Shell gefördert. Dieses seit mehr als 500 Jahren von diesem Volk bewohnte Gebiet befindet sich im Südosten des Niger Deltas im Bundesstaat Rivers State. Obwohl es nur 1000 km² groß ist, beherbergt es mehr als 500 000 Menschen in insgesamt sechs Königreichen, die ihr Leben mit Fischerei und Landwirtschaft fristen (vgl. Klein 2005, S. 388f, MOSOP 2007a, Werner/Weiss 2006, S.354).

In Abbildung 1 wird die Lage des Landes der Ogoni wiedergegeben

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Land der Ogoni

Obwohl die Quellen für Shell sehr lukrativ waren und mit der Förderung deutliche Gewinne erzielt wurden, floss aus diesen Geschäften nichts in die Infrastruktur und die Verbesserung der Lebensqualität der Ogoni bzw. in die Restaurierung der Umwelt, die in Folge von Ölaustritten durch veraltete Förderanlagen und Unfälle stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ken Saro-Wiwa war ein Schriftsteller, einstmaliger Regierungsbeamter, Universitätslehrer und Bürgerrechtler und gründete die MOSOP (Movement for the Survival of the Ogoni People) im Jahr 1990 bzw. verfasste die „Ogoni Bill of Rights“ (OBR). Sein Bestreben war einen gemeinsamen friedlichen Kampf, auf Basis der OBR, gegen die Militärregierung und die Ölkonzerne, v. a. gegen Shell, zu führen. Eine wesentliche Grundlage für die Proteste war, dass die Ogoni mehr Gerechtigkeit bzgl. der Umwelt, im sozialen und wirtschaftlichen Bereich erhalten wollten. Gleichzeitig sollte laut MOSOP das nigerianische Volk mit seinen knapp 137 Millionen Einwohnern und über 400 verschiedenen Ethnien, das seit dem 1.10.1960 von den Briten die Unabhängigkeit erlangt hatte, alleine über die Einnahmen der Bodenschätze verfügen können (vgl. Klein 2005, S.388ff, Wikipedia 2007a, Salzburger Landesregierung 2005, S.1ff, MOSOP 2007a, Albrecht 2005, S.338).

Treffend beschreibt der hingerichtete Autor in seinem Buch „Lemonas Geschichte“ die Korruption von Beamten, nigerianischen und westlichen Führungskräften, das Gefälle zwischen Arm und Reich und die Prostitution und Ausnutzung von Frauen. Diese kritischen Äußerungen und die seit dem 4.1.1993 stattfindenden friedlichen Demonstrationen waren dem Militärregime unter General Abacha ein Dorn im Auge. Da bis heute die Ölförderung fast ausschließlich die Exporteinnahmen von Nigeria darstellen, reagierte das diktatorische Regime vehement gegen diese Kundgebungen und Meinungsäußerungen. Mit Hilfe des Militärs wurden die Ogoni schikaniert, verhaftet und gefoltert. 1993 zog sich Shell für ein Jahr aus der Ölförderung im Gebiet der Ogoni zurück. Je stärker die MOSOP agierte, desto massiver wurde der Druck des Regimes, um die Ölförderungen und die Einnahmen zu sichern. Gleichzeitig kam der Vorwurf von dieser Bürgerrechtsbewegung, dass das Militär als Privatpolizei des Ölkonzerns Shell agieren würde. Innerhalb der Ogoni entstanden Diskussionen, ob der eingeschlagene Weg der Autonomie mit friedlichen Mitteln nach Ken Saro-Wiwa oder radikalen Mitteln weitergeführt werden sollte (vgl. Klein 2005, S.388ff, Saro-Wiwa 2004, S. 5-217, MOSOP 2007a, Chilli.cc 2006, Wikipedia 2007a, Internationaler Menschenrechtsverein Bremen e.v.).

Im Mai 1994 wurden vier, zur MOSOP oppositionelle, Führer der Ogoni von Jugendlichen ermordet. Ken Saro-Wiwa und weitere acht Führer der MOSOP wurden verhaftet und in einem Schauprozess zum Tode verurteilt. Trotz massiver Proteste von einigen Regierungen, Literaten und der Weltöffentlichkeit wurde das Urteil am 10.11.1995 vollstreckt. Dies führte zu jahrelangen massiven Protesten gegen den Ölkonzern, v. a. wurde die Anschuldigung laut, dass Shell zu wenig bis gar nichts getan hatte, um dies zu verhindern. Öffentliche Proteste, die Hinrichtungen in Verknüpfung mit dem „Shell – Logo“ nachamten, und der Boykott von Shell-Tankstellen folgte. Zudem setzten sich die „Kritischen Aktionäre“ für die Anliegen der Ogoni ein, indem sie an drei aufeinander folgenden Aktionärshauptversammlungen die Thematik auf die Tagesordnung setzen ließen (MOSOP 2007a, Klein 2005, S.388ff, 403ff, Chilli.cc 2006, Wikipedia 2007a, Wikipedia 2007b, Internationaler Menschenrechtsverein Bremen e.v.).

In den beiden folgenden Abbildungen werden die Proteste gegen den Ölkonzern wiedergegeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 und 3: Proteste gegen die Hinrichtung der Ogoni Führer vor der Shell Zentrale in Bombay 1997

Das Volk der Ogoni forderte nach dem Tod des Gründers der MOSOP sehr deutliche Verbesserungen im wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bereich. Es kam zu Investitionen von Shell in Nigeria, doch klaffte die Darstellung des Konzerns mit jener der erlebten Wirklichkeit der nigerianischen Minderheit auseinander. Gleichzeitig versuchten die Manager ihr angegriffenes Selbstwertgefühl in aktiven, gruppendynamischen Freizeiterfahrungen wiederzufinden. Trotz aller Bemühungen war die Weltöffentlichkeit gegenüber dem Konzern, der neue Managementbegriffe einbrachte, sehr skeptisch und hatte massive Zweifel. Dies zeigte sich z. T. in Diskussionen hinsichtlich der Annahme von Sponsoringbeträgen bzw. in der Ausführung einer gerichtlichen Klage von Seiten des Centers of Constitutionals Rights gegen Shell. In dieser juristischen Angelegenheit, wurde Shell konspirative Zusammenarbeit mit der nigerianischen Diktatur vorgeworfen.

Die anhaltenden Proteste von Bewegungen, die im Januar 1999 in der Besetzung des Hauptstammsitzes in London gipfelten, veranlassten den Konzern Simon May als Internet-Manager anzustellen. Seine Aufgabe war alle Artikel über Shell im Internet zu sammeln bzw. das Online-Diskussionsforum „Social-Concerns“ ins Leben zu rufen. Die anhaltende Missstimmung führte zudem dazu, dass die Stadt Vancouver die Betankung ihrer Gemeindefahrzeuge an einen Konkurrenten von Shell vergab. In der Konzentration auf den Shell Konzern wurden die Missetaten der anderen Ölkonzerne, besonders dieses Konkurrenten, vernachlässigt (vgl. Klein 2005, S.393ff, 401ff, X, Chilli.cc. 2006).

Shell bemühte sich das angeschlagene Image durch „Grundsatzerklärungen, ethische Kodizes und verständnisvolle Denkschriften“ (Klein 2005, S.441) aufzupolieren. Die mit einem hohen Ethos verfassten Schriften wurden nicht von externen Gruppen, sondern von eigenen Mitarbeitern überprüft. Außerdem besteht in diesem Zusammenhang die Problematik, dass diese einseitigen Erklärungen nicht einklagbar sind, da sie in kein rechtliches Vertragswerk mit den Betroffenen eingebettet sind (vgl. Klein 2005, S.430ff, 441).

Der ethische Kodex „Profits and Principles“ war bei seiner Erscheinung nur auf Englisch und Niederländisch verfügbar. Durch Übersetzungen von NGOs konnten die betroffenen Völker dieses Dokument in ihrer Muttersprache lesen. Zudem wurde 1999 ein Werbefeldzug mit einem Etat von 32 Millionen Dollar gestartet. Kritiker meinen, dass nur eine Verschleierung der Tatsachen stattgefunden habe, die Situation zudem nicht verbessert wurde. Deshalb wird von Kritikern der Verdacht geäußert, dass dies bewusst geschah, um eine Täuschung gegenüber den Kunden durchzuführen (vgl. Klein 2005, S.441ff).

Nach den weltweiten medialen Berichten ist es hinsichtlich der Darstellung der aktuellen Ereignisse im Niger Delta sehr ruhig geworden. Für den Autor wäre es deshalb sehr interessant, wie im Moment die Beziehungen zwischen den Ogoni und Shell bzw. der Regierung sind. Zusätzlich wäre es von großem Interesse zu erfahren, wie und ob Shell Nigeria auf das angeschlagene Image reagiert hat. Daraus ergeben sich folgende Fragestellungen:

- Wie ist aktuell die Position von Shell Nigeria bzgl. der ihr angelasteten Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen bzw. welche Maßnahmen hat das Unternehmen gesetzt, um Aufbauhilfe für das Land zu tätigen?
- In welchem Stadium befindet sich die Beziehung zwischen dem Volk der Ogoni und dem Konzern Shell bzw. der Regierung?

Vor der Darstellung der Fragestellungen werden im nächsten Kapitel die Methoden erläutert.

2. Methoden

Beide Fragestellungen werden mit Hilfe hermeneutischer Verfahren beantwortet.

Die erste Fragestellung soll mit dem aktuellen Jahresbericht „People and Environment“ vom 8.5.2007, betreffend das Geschäftsjahr 2006, beantwortet werden. Dieser Bericht ist sowohl als Dokument abrufbar bzw. in einer verkürzten Version online auf der Webseite von Shell Nigeria verfügbar. Bei der Beantwortung wird ein besonderes Augenmerk auf die verwendeten Bilder, Grafiken und Statistiken gelegt.

Für die Beantwortung der zweiten Fragestellung wird die Darstellung des aktuellen Status bzgl. der Beziehungen zu den Ogoni dem Jahresbericht von Shell Nigeria entnommen. Die Position der Ogoni gegenüber der Regierung und dem Konzern wird mit Hilfe einiger Presseaussendungen, Berichte und Bildern von der Webseite der MOSOP bzw. http://www.remembersarowiwa aufgezeigt.

Um dem Leser dieser Arbeit das Verständnis der Thematik zu erleichtern soll im nächsten Kapitel kurz die Veränderung der politischen Lage in Nigeria erläutert werden.

3. Aktuelle politische Lage in Nigeria

Das nach der Unabhängigkeit von mehreren Wechseln zwischen Demokratieversuchen und Militärregimen geprägte Land geriet durch den Vorfall rund um Ken Saro-Wiwa in einen Prozess der weltweiten Isolation. Höhepunkt war die Suspendierung von der Mitgliedschaft im Commonwealth (1994-1999) und die Verurteilung durch die UN Generalversammlung während des diktatorischen Regimes unter General Abacha (1993-1998). General Abubakar veranlasste als interimistischer Staatspräsident demokratische Wahlen, aus denen 1999 der ehemalige General Obasanjo hervorging. Eine Wiederwahl erfolgte im Jahr 2004.

Das Land ist trotz dieser Veränderungen weiterhin von zahlreichen Konflikten geprägt. Einerseits sind dies Rebellenmilizen im Nigerdelta, die auf gewaltsamen Weg versuchen ihr Recht auf einer Beteiligung an den Erdölgeschäften durchzusetzen. Gegen Ende des Jahres 2005 kam es zu größeren Auseinandersetzungen, v. a. im westlichen Teil des Niger Deltas, die sich im darauffolgenden Jahr fortsetzten. Die Ölförderung, die insgesamt in etwa 2,5 Millionen Barrel Öl pro Tag betrug, wurde dadurch um bis zu 800 000 Barrel vermindert. Eine Senkung des Wirtschaftswachstums war die Folge. Trotzdem konnten die Auslandsschulden weiterhin dezimiert werden.

Anderseits treten immer wieder interkonfessionelle Dispute zwischen dem mehrheitlich muslimischen Norden und christlichen Süden auf. Verstärkt werden diese religiösen Konflikte durch die Gegensätze der Sunniten und Shiiten, sowie des Zulassens der verbotenen muslimischen Gerichtsbarkeit, der Scharia.

Die Antwort der Bundesregierung auf diese Vorfälle sind militärischen Charakters bzw. Bemühungen Verhandlungen mit den Gegnern zu führen. Ein hohes Ziel von Obasanjo ist die Bekämpfung der Korruption (vgl. Bundesrepublik Deutschland 2007, Albrecht 2005, 338ff, Meyers Lexikonredaktion 1999, S.30f, Shell Nigeria 2007, S.7).

Im nächsten Kapitel wird auf die Geschäftstätigkeit von Shell Nigeria eingegangen.

[...]


[1] Um die Lesbarkeit dieser Arbeit zu vereinfachen, wird nur die männliche Form verwendet. In der Mehrzahl werden beide Geschlechter angesprochen.

[2] In der Folge wird der Konzern Royal Dutch/Shell mit Shell wiedergegeben.

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Shell. Ein imageorientierter "Global Player" in Nigeria - und das Volk der Ogoni
Hochschule
Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung
Note
1.0
Autor
Jahr
2007
Seiten
40
Katalognummer
V86166
ISBN (eBook)
9783638020527
ISBN (Buch)
9783638920803
Dateigröße
1308 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Shell, Global, Player, Nigeria, Volk, Ogoni
Arbeit zitieren
M.Ed. Michael Kopetzky-Tutschek (Autor:in), 2007, Shell. Ein imageorientierter "Global Player" in Nigeria - und das Volk der Ogoni, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86166

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