Betrachtet man die letzten Regierungschefs von Großbritannien und Deutschland, Tony Blair und Gerhard Schröder, so haben beide einiges miteinander gemeinsam:
beide sind als Kandidaten einer sozialdemokratischen Partei ins Amt gekommen, nachdem zuvor lange eine konservative Partei regiert hatte. Gemeinsam hatten sie sich aufgemacht, die europäische Sozialdemokratie zu reformieren und sie in der neuen Mitte gefunden1. Außerdem sind beide als Regierungschef eines parlamentarischen Regierungssystems durch ihre Amtsführung aufgefallen. Tony Blairs dominanter Regierungsstil und die unter ihm durchgeführte Umstrukturierung der Regierungsbürokratie war nicht nur Thema in der britischen Presse, die ihn für "more of a president than a prime minister2" hielt, sondern sein "präsidialer Regierungsstil3" wurde auch in Deutschland bemerkt. Auch Gerhard Schröders Regierungsstil wurde von manchen als Anzeichen einer präsidentialisierten Kanzlerschaft gesehen, vor allem aufgrund seiner Medienpräsenz und seiner Vorliebe für Kommissionen und außerparlamentarische Bündnisse4. Doch kann man in Großbritannien und Deutschland tatsächlich von einer Präsidentialisierung des Amts des Regierungschefs sprechen, oder schöpften Blair und Schröder nur die ihnen zur Verfügung stehenden Machtressourcen als Regierungschefs voll aus? Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst einmal geklärt werden, was der Begriff der Präsidentialisierung genau meint, um danach feststellen zu können, welche Kennzeichen davon in den Regierungssystemen Großbritanniens und Deutschlands und im Handeln der dortigen Regierungschefs zu finden sind. Dies soll durch die Betrachtung der Machtressourcen die den jeweiligen Regierungschefs zur Gestaltung ihres Handelns zur Verfügung stehen, geschehen. Unterschieden wird dabei zwischen den Ressourcen, die aus der Beziehung zwischen Parlament und Regierungschef und denjenigen, die aus der Beziehung zwischen Regierung und Regierungschef hervorgehen. Doch zunächst einmal soll das Konzept der Präsidentialisierung genauer erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DAS KONZEPT DER PRÄSIDENTIALISIERUNG
- Kennzeichen präsidentiellen Regierungshandelns
- Ursachen der Präsidentialisierung
- DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN REGIERUNGSCHEF UND PARLAMENT
- Der Britische Premierminister und sein Parlament
- Der deutsche Bundeskanzler und sein Parlament
- DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN REGIERUNGSCHEF UND EXEKUTIVE
- Her Majesty's Government
- Die Bundesregierung
- HELLO MR. PRESIDENT?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Frage, ob es in parlamentarischen Regierungssystemen wie Großbritannien und Deutschland zur Präsidentialisierung des Amtes des Regierungschefs kommt. Sie analysiert die Entwicklungen im Regierungshandeln von Tony Blair und Gerhard Schröder und untersucht, inwieweit deren Führungsstil Anzeichen für eine Machtkonzentration zu Gunsten des Regierungschefs aufweisen.
- Das Konzept der Präsidentialisierung und seine Kennzeichen
- Die Rolle des Parlaments im Verhältnis zum Regierungschef
- Die Machtressourcen des Regierungschefs innerhalb der Exekutive
- Einflussfaktoren auf die Präsidentialisierung, wie z.B. Internationalisierung, Komplexität der Verwaltung und Medienpräsenz
- Vergleich der Entwicklungen in Großbritannien und Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
- EINLEITUNG: Die Arbeit stellt die Forschungsfrage nach der Präsidentialisierung des Amts des Regierungschefs in Großbritannien und Deutschland und beleuchtet die Gemeinsamkeiten von Tony Blair und Gerhard Schröder.
- DAS KONZEPT DER PRÄSIDENTIALISIERUNG: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Präsidentialisierung und erklärt die Kennzeichen präsidentiellen Regierungshandelns im Vergleich zu parlamentarischen Systemen. Es werden zudem strukturelle Ursachen der Präsidentialisierung diskutiert.
- DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN REGIERUNGSCHEF UND PARLAMENT: Dieses Kapitel analysiert die Beziehung zwischen dem britischen Premierminister und seinem Parlament sowie dem deutschen Bundeskanzler und seinem Parlament. Es untersucht, inwieweit das Parlament die Macht des Regierungschefs einschränkt oder unterstützt.
- DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN REGIERUNGSCHEF UND EXEKUTIVE: Dieses Kapitel untersucht die Macht des Regierungschefs innerhalb der Exekutive in beiden Ländern. Es analysiert die Rolle des Regierungschefs in Bezug auf die Organisation und Leitung der Regierung.
Schlüsselwörter
Präsidentialisierung, parlamentarische Regierungssysteme, Regierungschef, Machtressourcen, Exekutive, Parlament, Tony Blair, Gerhard Schröder, Großbritannien, Deutschland, Medienpräsenz, Internationalisierung, Verwaltungskomplexität.
- Arbeit zitieren
- Eva-Maria Griese (Autor:in), 2007, Kommt es in parlamentarischen Regierungssystemen zur Präsidentialisierung des Amtes des Regierungschefs?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86183