Die Figurengestaltung in Erich Kästners Fabian

Ein Vergleich von Jakob Fabian mit Stephan Labude


Hausarbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Gestaltung der Figur Jakob Fabian
2.1 Figurenkonzeption
2.2 Figurenkonstellation
2.3 Figurencharakterisierung
2.3.1 Sprache
2.3.2 Verhalten gegenüber Mitmenschen
2.3.3 Familie
2.3.4 Gewohnheiten, Umgang, Milieu
2.3.5 Weltanschauung, Lebensziel

3. Gestaltung der Figur Stephan Labude
3.1 Figurenkonzeption
3.2 Figurenkonstellation
3.3 Figurencharakterisierung
3.3.1 Sprache
3.3.2 Verhalten gegenüber den Mitmenschen
3.3.3 Familie
3.3.4 Gewohnheiten, Umgang, Milieu
3.3.5 Weltanschauung, Lebensziel

4. Schluss

Literatur

1. Einleitung

Der Roman Fabian von Erich Kästner ist in vielerlei Hinsicht ein bedeutendes Werk. Erst einmal ist er natürlich für den Autor sehr wichtig. Kästner sah in ihm zunächst eine Sammlung aller bis dahin von ihm veröffentlichten Arbeiten. Außerdem sollte der Roman sein Meisterstück werden, und damit alles Vorherige übertreffen. Er arbeitete sehr gründlich und lange daran, damit das Buch wirklich gut werden konnte.

Doch auch für die Leser der damaligen Zeit war das Buch wichtig. Vielleicht sahen es zunächst viele nicht als das an, was es war, nämlich eine gesellschaftskritische Satire, und erkannten nicht gleich den immensen ideologischen Wert des Buches – aber zumindest die Absicht war da. Kästner wollte der Gesellschaft des Berlins, ja der Weimarer Republik, einen Zerrspiegel vorhalten. Er wollte die Bevölkerung wachrütteln und darauf aufmerksam machen, dass etwas geschehen muss, dass sich etwas ändern muss.

Um das mit Hilfe eines Buches zu erreichen, muss man zunächst eine große Anzahl Leser erreichen. Dies versucht Kästner nicht nur durch das Einflechten von für jeden nachvollziehbaren Situationen des immer schwieriger werdenden Alltags, nicht nur durch das Darstellen von Figuren, die nicht der damaligen Norm entsprachen, die es aber trotzdem – und das wusste jeder – gab, sondern vor allem auch durch die Protagonisten der Geschichte.

In den Freunden Jakob Fabian und Stephen Labude konnte sich jeder Leser – oder zumindest ein Großteil der Leserschaft wiederentdecken, oder zumindest hineinversetzen. Wenn auch der Lebenswandel der beiden nicht jedermanns Stil war, so konnte man trotzdem viele Handlungen und Gefühle der Akteure nachvollziehen.

Diese Arbeit nun wird sich der Figurengestaltung im Fabian widmen. Hierzu werden im Folgenden zunächst die beiden Figuren einzeln aufs Genaueste (soweit das der Rahmen der Arbeit zulässt) untersucht und charakterisiert. Dabei wird zunächst auf die Figurenkonzeption und –konstellation Kästners eingegangen, bevor die Figuren im Detail charakterisiert werden. Zum Schluss der Arbeit soll ein Vergleich der beiden Figuren durchgeführt werden.

2. Die Gestaltung der Figur Jakob Fabian

Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Figur Jakob Fabian. Der Moralist, wie es schon im Titel heißt, versuchte, so Kästner, „vor dem Abgrund [zu] warnen, dem sich Deutschland und Europa näherten! Er wollte mit angemessenen, und das konnte in diesem Falle nur bedeuten, mit allen Mitteln in letzter Minute Gehör und Besinnung erzwingen“[1]. Diese Figur ist die wichtigste in dem Roman. Ihr gebührt deswegen auch die meiste Aufmerksamkeit – sowohl die des Lesers heute als auch die des Autors. In den folgenden drei Abschnitten wird die Gestaltung der Figur analysiert.

2.1 Figurenkonzeption

Die Figur des Jakob Fabian ist keineswegs statisch angelegt, sondern viel mehr dynamisch. Er reagiert kaum einmal so, wie man es von ihm erwarten würde – vielmehr wirkt er ständig hin- und herpendelnd. Er handelt zwar stets schnell und entschlossen, aber hat kein festes Ziel vor Augen, dem er sich dadurch annähern will.

Erst als er Cornelia kennen lernt, denkt er über eine Änderung in seinem Leben und in seiner Lebensweise nach. Diese Änderung (eventuell zu einer beständigeren Lebensart) kommt jedoch nie zu Stande, da er vorher die Arbeit, die frisch gewonnene Cornelia, kurz darauf den Freund Labude und schließlich sein eigenes Leben verliert.

Weiterhin ist die Figur auf den ersten Blick sehr einfach gestaltet. Fabian scheint relativ leicht zu durchschauen, wenngleich seine Handlungen keineswegs den Erwartungen des Lesers entsprechen. Er ist einfach zu verstehen, handelt immer sofort und möglichst unkompliziert. Diese Eigenschaft macht ihn auch für den Rezipienten sofort sympathisch. Trotzdem ist das Innere der Figur ganz anders. Seine Handlungen sind oft unverständlich für den Leser, und als er von Cornelia verlassen wird, sogar gänzlich ohne Verstand. Diese inneren Regungen sind jedoch auf den ersten Blick nicht ersichtlich, weshalb man ihn durchaus als einfache Figur bezeichnen kann. Da man die Gefühlsregungen nicht sofort sieht (man könnte fast meinen, die Figur verstecke sie absichtlich auch vor dem Publikum) ist die Figur auch als geschlossen zu bezeichnen.

2.2 Figurenkonstellation

Fabian spielt, wie schon eingangs erwähnt, in dem Roman die Hauptrolle. Auf Grund der personalen Erzählweise wird das ganze Geschehen aus der Sicht der Hauptfigur, also Fabians, geschildert. Der Anteil der Figur an dem Text ist also erheblich – er kommt praktisch in jeder Szene vor – wenn auch in manchen Szenen, zum Beispiel in der Weinstube mit den Journalisten, nur passiv; hier wird keine Äußerung Fabians beschrieben.[2]

Da Fabian in dem Text diese besondere Rolle spielt, sind auch die Beziehungen zu den anderen Figuren sehr wichtig. Dabei ragen vor allem drei Verhältnisse heraus. Erstens die Beziehung zum Freund, zu Labude. Sie ist sehr wichtig für Fabian, der ohne Labude eigentlich keinen Grund mehr hätte in Berlin zu bleiben. Labude ist die einzige Person, außer der Mutter, der er seine tiefsten Ängste und Gefühle anvertrauen kann. Wobei wir bei der zweiten Bezugsperson wären: die Mutter. Sie spielt, wie in den meisten Kästner-Romanen auch hier eine bedeutende Rolle. Für die Mutter tut Fabian praktisch alles, und er spricht mit ihr über alles, was ihn bedrückt, oder was ihn freut. Die dritte im Bunde ist die Freundin, Cornelia. Sie spielt zwar auch eine sehr wichtige Rolle in Fabians Leben, doch ist die Beziehung noch jung, und besitzt deshalb nicht den gleichen Stellenwert wie die beiden anderen.

Alle weiteren vorkommenden Personen haben weit weniger wichtige Funktionen. Die Vermieterin, Frau Hohlfeld, sieht Fabian zwar jeden Tag, ihr gegenüber ist er jedoch genauso verschlossen, wie seinem Arbeitskollegen oder den Mädchen gegenüber, die er nachts in diversen Bars, Kneipen und sonstigen Etablissements kennen lernt. Wer noch zu erwähnen wäre: Frau Moll. Fabian ist ihr zwar nicht sonderlich zugetan, aber sie laufen sich immer wieder über den Weg – und jedes Mal wird das Angebot ihrerseits zwar abstruser, aber auch deutlicher und – wenn man das Geld bedenkt – lukrativer. Dass Fabian dennoch nie darauf eingeht, deutet sehr stark auf seine moralischen Werte hin.

2.3 Figurencharakterisierung

Die Charakterisierung Fabians erfolgt sowohl direkt durch den Autor (allerdings im kleineren Maße), als auch in großen Teilen des Textes indirekt. So erfährt der Leser nebenbei über ihn, was er studiert hat, wie das Thema seiner Doktorarbeit lautete, oder wie er aussieht. All zu viel über das Erscheinungsbild lässt Kästner allerdings nicht durchblicken; er ermöglicht damit dem Leser eine leichtere Identifikation mit dem Protagonisten, was der Absicht des Autors, nämlich durch die Hauptfigur den Leser wachzurütteln und auf die Missstände der Gesellschaft hinzuweisen, natürlich nur unterstützt.

Um den Charakter einer Person, bzw. einer Figur erklären und bestimmen zu können, ist die Beleuchtung mehrerer Aspekte notwendig. Der Charakter einer Figur wird, wie der eines Menschen, aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt – er ist nicht einfach ein Zustand, sondern wird definiert durch viele verschiedene Handlungen, Eigenschaften und natürlich durch die Umgebung der Figur. So wird sich die Arbeit im Folgenden auf vier Teilbereiche des menschlichen Charakters beziehen.

Da der Charakter Fabians überwiegend im Text, durch sein Verhalten, seine Aktionen und Reaktionen beschrieben wird, beziehen sich die folgenden Punkte ebenfalls auf das im Text Dargestellte.

2.3.1 Sprache

Zunächst lässt sich feststellen, dass die Sprache der verschiedenen Charaktere in dem Buch sehr ähnlich ist. Wenn man nun die Sprache jeder einzelnen Figur analysiert, kommt dabei heraus, dass, egal wer gerade spricht, meist nur ein Werkzeug Kästners darstellt, das er benutzt, um seine eigenen Ideen an den Leser weiterzugeben, zu vermitteln. So sind längere Ausführungen und wichtige gesprochene Textpassagen meist in einem ähnlichen Stil geschrieben. Unterschiede in der Sprache der Figuren sind hier praktisch nicht zu erkennen.[3]

Davon abgesehen, macht die Sprache Fabians einen durchaus gebildeten Eindruck. Angesichts der Tatsache, dass er einen Doktortitel in Germanistik besitzt, und als Reklamefachmann arbeitet, eigentlich kein Wunder. Umgangssprache oder Dialekt sind bei Fabian in keinem einzigen Satz zu finden; er spricht förmlich wie ein Buch.

Die Sätze sind meist kurz, und er bringt den Kern jeder Aussage direkt auf den Punkt. Dabei ist Fabian äußerst schlagfertig – beinahe zu schlagfertig. Das heißt, einige Handlungen wirken fast nicht mehr natürlich, allein durch den Umstand, dass Fabian jederzeit und überall mit allem zu Rechnen scheint und darauf vorbereitet ist.

Die einzigen Situationen, in denen er praktisch sprachlos erscheint, sind der Verlust der Freundin, und der des besten Freundes Labude.

2.3.2 Verhalten gegenüber Mitmenschen

Fabian ist gegenüber allen Mitmenschen stets höflich und aufgeschlossen. Er verhält sich tadellos, ist mit allen Umgangsformen vertraut und weiß sich in der Öffentlichkeit richtig zu verhalten. Selbst wenn er mit einigen Menschen nicht sonderlich gut auskommt, kann er sich meist zurückhalten. Er greift dann höchstens verbal an – Ausnahmen bilden lediglich die „Notwehrsituation“ in der Müllerstraße, als er dem gehörnten Ehemann seiner Rummelbekanntschaft mit der Faust ins Gesicht schlägt[4], und der Angriff auf Weckherlin, dessen Witz den Freund Labude in den Tod getrieben hatte[5].

Wie bereits beschrieben ist Fabian eine sehr verschlossene Figur. Seine Gefühle und Gedanken gibt er nur sehr wenigen Menschen (der Mutter, Labude und Cornelia) preis. Äußerlich, oder besser körperlich, dagegen, scheut er keinerlei Bekanntschaften zu machen. Er besucht Etablissements, in denen er beispielsweise Frau Moll kennen lernt. Auch als er auf dem Rummelplatz Frau Hetzer trifft, und als Ablenkung von Cornelia ‚nutzt’, kommt er sofort mit zu ihr nach Hause und bleibt sogar, als er von deren Ehemann erfährt bis zum blutigen Ende (dem Faustschlag ins Gesicht des Ehemanns).[6]

[...]


[1] Kästner S. 9f

[2] Kästner S. 34-39

[3] vgl. Neumann S. 290 oben

[4] Kästner, S. 81

[5] Kästner, S. 205 ff

[6] vgl. Kästner S. 170 und 181

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Figurengestaltung in Erich Kästners Fabian
Untertitel
Ein Vergleich von Jakob Fabian mit Stephan Labude
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V86218
ISBN (eBook)
9783638016568
ISBN (Buch)
9783640612673
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Figurengestaltung, Erich, Kästners, Fabian
Arbeit zitieren
Dipl. Germ. Univ. Nikolai Sokoliuk (Autor:in), 2003, Die Figurengestaltung in Erich Kästners Fabian, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86218

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