Inhaltsangabe zur Dissertation:
Weisheit ist weiblich- Zeugnisse spätantiker Gnosis -
vorgelegt von Bettina Küpper Latusek -
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Gnosis, einer zu ihrer Zeit ( 2. und 3. Jhd.n.Chr.) einflussreichen und im östlichen Mittelmeerraum bis hin nach Vorderasien verbreiteten Weltanschauung. Zielsetzung der Untersuchung ist die Darstellung der Geschlechterproblematik und der anthropologisch wichtigen Frage der Geschlechterdifferenz. Grundlage hierfür sind Berichte der Kirchenväter und ausgewählte original gnostische Texte, die fast alle aus dem Papyri-Fund im oberägyptischen Nag-Hammadi (1945) stammen.
Die gnostische Kosmogonie basiert auf paarweise angeordneten, männlichen und weiblichen Hypostasen, die sich in ihren Qualitäten ergänzen. Die weiblichen Hypostasen zeichnen sich durch Stärke, Selbständigkeit und Macht aus und sind den männlichen in keiner Weise untergeordnet. Eine der wichtigsten und interessantesten weiblichen Hypostasen ist die der Weisheit, Sophia. Sie spielt eine Schlüsselrolle in der gnostischen Kosmogonie und ist Protagonistin eines Dramas, das in letzter Konsequenz zur Entstehung der materiellen Welt führt. Als die Hypostase, die an letzter Stelle der Entstehung steht und deren Paargenosse keine erwähnenswerte Rolle spielt, steht sie dem Schöpfungsbeginn, Bythos, näher als die anderen Hypostasen und scheint alle vorher personifizierten göttlichen Qualitäten zu bündeln. Sie sehnt sich nach Erkenntnis, nach dem Wissen über ihre Herkunft und nach der Verschmelzung mit ihrem Ursprung. Sie möchte, durch die Erkenntnis, zurück in die Einheit gelangen. Im Versuch, diese Sehnsucht zu erfüllen, scheitert sie und es entsteht, quasi als Nebenprodukt, der Demiurg, der die materielle Welt erschafft. Damit steht Sophia an der Schnittstelle zwischen Pleroma und der materiellen Welt und wird nun als Helferin für die vom Demiurgen geschaffenen Menschen tätig. Es läge nun nahe, zu vermuten, daß die Gnosis den Erkenntnisdrang als negativ und den Irrtum als typisch weiblich betrachtet und so die gesamte Weiblichkeit verurteilt. Aber dafür lassen sich in den Texten keine Belege finden.
Inhaltsverzeichnis
- 1.0 Was ist Gnosis?
- 1.1 Weiblichkeit in gnostischen Texten
- 1.2 Zu Methode und Forschungsstand
- 2.0 Zu den Quellen
- 3.0 Weiblichkeit im Kosmos
- 3.1 Männlich und weiblich: Konträr oder komplementär?
- 3.2 Weibliche Schöpfer und Schöpfungsmittler
- 3.3 Die planende Weiblichkeit
- 4.0 Göttliche Weisheit
- 4.1 Die neugierige und die gefallene Sophia
- 4.2 Gerettete und rettende Sophia
- 4.3 Achamoth oder die „untere Sophia“
- 5.0 Irdische Weisheit: Eva und Norea
- 5.1 Eva und Norea im „,Wesen der Archonten❝
- 5.2 Eva in,,die Apokalypse Adams“
- 5.3 Eva in der Schlangengnosis: Ophiten und Naassener
- 6.0 Schlußbemerkung: Die Gnosis und die Frauen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Dissertation befasst sich mit der Rolle der Weiblichkeit in spätantiken gnostischen Texten. Sie analysiert verschiedene Quellen, um zu verstehen, wie Gnostikerinnen und Gnostiker das weibliche Prinzip im Kosmos, in der Schöpfung und in der menschlichen Existenz verstanden haben.
- Die Bedeutung der Weiblichkeit in der gnostischen Kosmologie
- Weibliche Schöpferfiguren und ihre Rolle in der Schöpfung
- Die Figur der Sophia als göttliche Weisheit und ihr Verhältnis zum männlichen Prinzip
- Die Rolle von Eva und Norea in verschiedenen gnostischen Texten
- Die Gnosis als eine Bewegung, die alternative Perspektiven auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft bot
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik der Gnosis ein und beleuchtet die vielschichtigen Strömungen innerhalb dieser spirituellen Tradition. Es stellt die Frage, was Gnosis ist und wie sie sich von anderen zeitgenössischen Strömungen wie Neuplatonismus und dem frühen Christentum abhebt. Das zweite Kapitel erläutert die Quellen, auf die sich die Dissertation stützt, während das dritte Kapitel die Frage nach dem Verhältnis von Männlichkeit und Weiblichkeit im gnostischen Kosmos untersucht. Es werden weibliche Schöpfer und Schöpfungsmittler analysiert und die Rolle der „planenden Weiblichkeit“ in der gnostischen Kosmologie beleuchtet. Das vierte Kapitel befasst sich mit der göttlichen Weisheit, der Sophia. Hier werden verschiedene Facetten des weiblichen Prinzips analysiert, von der „neugierigen und gefallenen Sophia“ bis hin zur „geretteten und rettenden Sophia“. Das fünfte Kapitel untersucht die Figuren Eva und Norea und analysiert ihre Darstellung in verschiedenen gnostischen Texten. Es wird die Rolle der Frauen in der Gnosis aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Schlüsselwörter
Gnosis, Spätantike, Weiblichkeit, Kosmologie, Schöpfung, Sophia, Eva, Norea, Archonten, Apokalypse Adams, Ophiten, Naassener, Gnostische Theologie, Geschlechterrollen, Spiritualität, Christentum, Neuplatonismus, Quellenkritik, Exegese
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- Dr., M.A. Bettina Küpper Latusek (Autor:in), 2001, Weisheit ist weiblich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86719