Der erst vor etwas mehr als sieben Jahren zu Fall gebrachte „eiserne Vorhang“ stellt nicht den ersten Versuch auf deutschem Boden dar, durch eine Grenzbefestigung einen Teil des Landes vom Einfluß des anderen Teiles unabhängig zu machen.
Als oft angeschnittener, kniehoher Damm am Rande der Autobahn oder Landstraße fallen die Reste des fast zweitausend Jahre alten römischen Limes oft eher ins Auge als die sich im Allgemeinen gut ins Landschaftsbild einfügende Schneise, die vom kommunistischen, innerdeutschen „Eisernen Vorhang“ noch übrig ist.
Wenn sich der Reisende die Mühe macht, eines der zahlreichen römischen Museen oder eine rekonstruierte römische Anlage zu besichtigen, dann wird er beeindruckt sein, wie stark der Einfluß des fernen Italien auf den dieseits des Limes gelegenen Teil Deutschlands gewesen war - und wie er noch heute nachwirkt.
Ohne den Limes wäre diese Einbeziehung Südwestdeutschlands ins und mit ihr die zivilisatorische Leistung des römischen Reiches nicht in dieser Weise möglich gewesen; denn germanische Stämme aus dem nicht unterworfenen „barbarischen“ Nordosten hätten das Land immer wieder heimgesucht und verwüstet - bildlich gesprochen, hätte man alle fünf Jahre alles wieder neu aufbauen müssen.
Aber- war er überhaupt ein militärischer Schutzwall wie die chinesische Mauer, oder diente er nicht eher der Grenzkontrolle und -überwachung in unübersichtlichem Terrain wie die österreichische Militärgrenze? Und wenn er denn ein militärischer Schutzwall gewesen ist, warum wurde er dann immer wieder von germanischen Stammeskriegern überrannt, bevor er schon Mitte des dritten Jahrhunderts endgültig verlorengeht? War er so unprofessionell konstruiert? Oder personell so schlecht ausgestattet?
Diese Fragen haben sich mir ob der schieren Größe des Limes im Gesamten wie auch der Akkuratesse seiner Ausführung im Einzelnen gestellt.
Es liegt auf der Hand, daß die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration Raetiens und Obergermaniens ins römische Reich mit der Fähigkeit seines Militärs, die Raubzüge und Einfälle der Allemannen, Chatten und Awaren noch vor einem wesentlichen Eindringen in römisches Gebiet zu vereiteln, steht und fällt .
Inhaltsverzeichnis
A. Fragestellungen zum Limes
B 1. Was dem Bau des Limes vorausging - die römische Eroberung Südwestgermaniens
2. Die Ausrüstung, Ausbildung, Organisation und Unterbringung des römischen Heeres
3. Die Erbauung und bauliche Anlage des Limes
4. Vorschläge zu einer Verbesserung der militärischen Tauglichkeit des Limes
C. Die militärische Tauglichkeit der Limesanlagen und offenbleibende Fragen des Imperiums
D. Literaturverzeichnis
1. Fragestellungen zum Limes
Der erst vor etwas mehr als sieben Jahren zu Fall gebrachte „eiserne Vorhang“ stellt nicht den ersten Versuch auf deutschem Boden dar, durch eine Grenzbefestigung einen Teil des Landes vom Einfluß des anderen Teiles unabhängig zu machen.
Als oft angeschnittener, kniehoher Damm am Rande der Autobahn oder Landstraße fallen die Reste des fast zweitausend Jahre alten römischen Limes oft eher ins Auge als die sich im Allgemeinen gut ins Landschaftsbild einfügende Schneise, die vom kommunistischen, innerdeutschen „Eisernen Vorhang“ noch übrig ist.
Wenn sich der Reisende die Mühe macht, eines der zahlreichen römischen Museen oder eine rekonstruierte römische Anlage zu besichtigen, dann wird er beeindruckt sein, wie stark der Einfluß des fernen Italien auf den dieseits des Limes gelegenen Teil Deutschlands gewesen war - und wie er noch heute nachwirkt.
Ohne den Limes wäre diese Einbeziehung Südwestdeutschlands ins und mit ihr die zivilisatorische Leistung des römischen Reiches nicht in dieser Weise möglich gewesen; denn germanische Stämme aus dem nicht unterworfenen „barbarischen“ Nordosten hätten das Land immer wieder heimgesucht und verwüstet - bildlich gesprochen, hätte man alle fünf Jahre alles wieder neu aufbauen müssen.
Aber- war er überhaupt ein militärischer Schutzwall wie die chinesische Mauer, oder diente er nicht eher der Grenzkontrolle und -überwachung in unübersichtlichem Terrain wie die österreichische Militärgrenze? Und wenn er denn ein militärischer Schutzwall gewesen ist, warum wurde er dann immer wieder von germanischen Stammeskriegern überrannt, bevor er schon Mitte des dritten Jahrhunderts endgültig verlorengeht? War er so unprofessionell konstruiert? Oder personell so schlecht ausgestattet?
Diese Fragen haben sich mir ob der schieren Größe des Limes im Gesamten wie auch der Akkuratesse seiner Ausführung im Einzelnen gestellt.
Es liegt auf der Hand, daß die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration Raetiens und Obergermaniens ins römische Reich mit der Fähigkeit seines Militärs, die Raubzüge und Einfälle der Allemannen, Chatten und Awaren noch vor einem wesentlichen Eindringen in römisches Gebiet zu vereiteln, steht und fällt .
Solange dies der Fall war, blühte das Leben in den römischen Provinzen Südwestgermaniens. Wenn nicht, mußten Rückschläge hingenommen werden, bis in der Völkerwanderungszeit dann das ganze römische Germanien zu Fall gebracht wurde. Eine funktionierende Grenzkontrolle und -verteidigung ist die Basis, das kleinste gemeinsame Vielfache für das reichhaltige Spektrum an Wirtschaft und Kultur, das die Römer mit über die Alpen brachten, und das im erstaunlich fruchtbaren Boden Raetiens und Obergermaniens schnell Wurzeln zu schlagen begann.
B 1. Was dem Bau des Limes vorausging - die römische Eroberung Südwestgermaniens
„Als die Römer frech geworden, zogen sie gen Deutschlands Norden “ beginnt ein deutsches Volkslied, das das römische Engangement in Germanien treffend beschreibt: nachdem 15 v. Chr. Augustus´ Steifsönhe, Drusus und Tiberius, die Grenzen des römischen Reiches bis an Rhein und die Donau vorgeschoben hatten,1 war es Augustus´ weiterführender Plan, Germanien bis zur Elbe zu unterwerfen2. Zu diesem Zweck wurden von 12 v. Chr. Bis 16 n. Chr. über ein Dutzend Feldzüge, zu Land als auch zu Wasser - über die Nordsee - unternommen3 ; ihre schiere Zahl spricht schon für die hohe Intensität dieser Bemühungen. Letzten Endes sind sie aber sämtlich gescheitert; als katastrophalste und totale Niederlage unter diesen Feldzügen ist die sog. „Schlacht im Teutoburger Wald“ 9 n. Chr. zu nennen, wo unter der Führung von Quintilius Varus allein auf römischer Seite 30 bis 40´000 Mann fielen4 „Man erzählt“ - so heißt es in Suetons Kaisergeschichte - „daß der Kaiser derartig bestürzt gewesen sei, daß er monatelang Haar und Bart wachsen lies und zuweilen seinen Kopf gegen die Tür geschlagen habe, indem er ausrief: Varus, gib mir meine Legionen wieder! Auch berichtet man, wie viele Jahre er den Tag der Niederlage als Tag der Trauer und des Unheils begangen habe.“ Die aufgeriebenen Legionen wurden nie wieder aufgestellt; die 17., 18. und 19. Verschwanden von da an für immer aus der römischen Militärgeschichte.5
Die Varusschlacht in der Reihe der vergeblichen Eroberungsversuche war für die Römer zu ihrem Stalingrad geworden, und noch in der „Germania“ des 50 n. Chr. geborenen Tacitus schwingt eine fast mystische Bewunderung und Furcht vor der Kampfkraft und Verwegenheit dieses Volkes mit. Mit dem Regierungsantritt des neuen Kaisers Vespasian im Jahre 14 ändert sich die Politik im Bezug auf Germanien; satt der Absicht der Unterwerfung, so hat es den Anschein, hat man nun von diesem Land zwischen Rhein und Donau ein für alle Mal genug, man begnügt sich und möchte in Ruhe gelassen werden.6
Das ändert sich noch einmal zur Zeit der flavischen Kaiser. Der strategisch ungünstige Grenzverlauf im Zwickel zwischen Rhein und Donau, wo feindliches Land wie ein Keil in römisches Gebiet hineinragt, der einerseits die Absicherung einer sehr langen Grenze zwischen den beiden Flüssen nötig macht und andererseits Truppenbewegungen durch den nötigen Umweg zwischen Rhein- und Donaugebiet langsamer macht bzw. erschwert, hatte dazu geführt, daß in den Jahren 73/74 der Legat der in Straßburg stationierten Legion, Cn. Pinarius Cornelius Clemens, diesen Landstrich, das sog. Dekumatenland, unterwarf.
Als Folge der eher aus einer scheinbaren Bedrohung durch diesen Stamm als aus Eroberungsabsicht römischerseits vom Zaun gebrochenen Chattenkriege Domitians 83 - 89 erfolgte noch einmal eine Erweiterung des römischen Herrschaftsgebietes an Main, Neckar und Donau; und Mitte des zweiten Jahrhunderts läßt Antoninus Pius die Grenze an Odenwald und Neckar 30 km vorverlegen; in der Folge entsteht der „äußere Limes“, der sich über 80 km schnurgerade hinzieht.7
Damit ist die größte Ausdehnung von Roms Herrschaft in Germanien erreicht; in der Folgezeit verschiebt sich das militärische Kräfteverhältnis immer mehr zu Ungunsten der Römer; neben dem zahlenmäßig immer schlechteren Verhältnis schwindet auch im Lauf der Jahrhunderte die Moral der Truppe, die bald fast nur noch aus gedungenen „Barbaren“ aus allen Teilen des Imperiums und nicht mehr aus den heimatlichen Idealen und Wertvorstellungen verpflichteten römischen Wehrpflichtigen bestand, bis Ende des fünften Jahrhunderts Roms Herrschaft in Germanien endgültig zu Ende geht.8
2. Die Ausrüstung, Ausbildung, Organisation und Unterbringung des römischen Heeres
Das Heer der frühen und mittleren Kaiserzeit gliederte sich neben der zum Schutze des Kaisers in Rom stationierten Praetorianergarde9 in zwei verschiedene Heereskategorien, die Legionen und Hilfstruppen (auxiliae). Am Limes waren ausnahmlos Hilfstruppen stationiert; diese setzten sich - im Gegensatz zu den besser ausgerüsteten, in den großen Legionslagern an Rhein und Main liegenden Legionen,10 die mehrheitlich aus römischen Bürgern bestanden11 - ausnahmslos aus Nichtbürgern zusammen. Deren Motivation, sich auf 25 Jahre dem Kaiser zu verpflichten, bestand oft neben der Erlangung dieses Bürgerrechtes für die ganze Familie des Soldaten12 und in verschiednenen Vergünstigungen, wie Befreiung von Abgaben und Diensten.13 Die Legionäre hatten daneben noch ein Anrecht auf Altersversorgung in Form einer Abfindung bei ihrer Entlassung.14 Folgende Einheiten und Untereinheiten waren üblich:
Eine Legion bestand aus 5000 - 6120 Mann; davon waren 120 Reiter (equites legionis), gegeliedert in vier turmae zu je 40 Mann, und 5 - 6000 Fußsoldaten; sie waren in 10 Kohorten zu je 500 - 600 Mann gegliedert. Eine Kohorte bestand aus jeweils drei Manipeln zu je etwa 200 Mann; ein Manipel gliederte sich in zwei Centurien zu je etwa 100 Mann; eine Centurie bestand aus zehn Zeltgemeinschaften (contubernia) zu je etwa 10 Mann. Das contubernium war der kleinste militärische Baustein; die Soldaten eines contubernium teilten sich einen Raum bzw. Ein Zelt; sie kochten zusammen und marschierten zusammen; dieser kleinste Baustein des Heeres war so etwas wie eine militärische Familie15
Die Hilfstruppen unterschieden sich erheblich von den Legionen: Während die Legionen weit hinter den Grenzen, zusammengefaßt in Legionslagern für einen etwaigen Kampfeinsatz bereitstanden, hatten die Auxiliar- oder Hilfstruppen flächendeckenden Dienst in kleinen Abteilungen zu leisten; dabei handelte es sich häufig um Grenzkontroll- und -sicherungsaufgaben; in eigentlichen Kampfeinsätzen bzw. Feldzügen ergänzten und unterstützen sie die Legionen lediglich. Drei militärische Grundtypen der Auxiliartruppen existierten: Ausschließlich aus Kavallerie bestand die Ala, ausschließlich aus Infantrie die Kohorte; zu drei Vierteln aus Infantrie und einem Viertel aus Kavallerie bestand die berittene Kohorte (cohors equitata). Die Stärke dieser Einheiten wurde durch eine nach der Einheitsart stehende Zahlenbezeichnung definiert; es gab Einheiten zu fünfhundert Mann (quingenariae) und zu tausend Mann (millariae); so sprach man z. B. von einer Ala millaria.
Die Untergliederung dieser Hilfseinheiten erfolgte bei der Infantrie nach demselben Schema wie die der Legionen; lediglich die Kavallerie existierten als einzige Untereinheit die turmi, von denen eine Einheit, egal welcher Größe, 16 - 24 aufzuweisen hatte.16 Zu Beginn des zweiten Jahrhunderts kamen dazu noch kleinere Wach- und Aufklärungseinheiten, deren Stärke 100 bis 200 Mann betrug. In Ansehen und Besoldung standen die Reiter höher als die Fußtruppen, und diese wiederum als die Wach - und Aufklärunmgstruppen. Befehligt wurden die Truppen von Offizieren, die immer römische Bürger waren.17
Nicht zuletzt Ausrüstung und Bewaffnung waren es, die das römische Heer - zumindest in offener Feldschlacht - allen anderen Armeen seiner Zeit überlegen machte. Sie kann als erste Uniform gelten, denn sie war sowohl bei den Legionen als auch bei den Auxiliartruppen erstaunlich einheitlich; auch mit fortschreitender Zeit erfuhr sie jahrhundertelang kaum eine Verämderung, blieb aber trotzdem aktuell.
Der Infanterist wurde geschützt durch einen eisernen Helm und Brustpanzer sowie ein länglicher, etwas gewölbter Schild, der eine Körperhälfte von Kopf bis Knie bedeckte; an der Koppel trug er links ein Schwert und rechts, gewissermaßen als Nahkampfwaffe, einen Dolch. Weiterhin wurde seine Ausrüstung ergänzt durch das „Maschinengewehr der Antike“, den Speer. Wurde eine Schlacht eröffnet, so geschah dies gewöhnlich durch einen Speerhagel aus 10 - 15 m Entfernung. Dazu kamen im Marschgepäck noch einmal bis zu 50 kg Gewicht, das aus Schlafmatte und - decke, Proviant und auf die einzelnen Sodaten verteilte Ausrüstungsgegenstände der Truppe, wie z. B. Zeltteile oder Nahrungsmittel, bestand.18 Die Kavalleristen trugen zu ihrem Schutz wie die Infanterie Helm, Schild und Panzer; der Schild war kleiner und leichter als der der Infantrie, denn durch die erhöhte Sitzposition zu Pferd war er von Haus aus besser geschützt. Um einen größeren Aktionsradius zu haben, war das Schwert des Kavalleristen länger als das der Infantrie. Ab dem 3. Jahrhundert kommen Panzerreiter auf; hierbei ist auch das Pferd durch Schuppenpanzer und Augenschutzplatten geschützt. Diese Art der Kavallerie, die „cataphractarii“, wurden, wie die Bezeichnung schon andeutet, von den Persern übernommen; bei zahreichen an mittelalterliche Turniere errinernden Reiterfestspielen stellten sie ihre Leistungsfähugkeit zur Schau.19
Greift die Reiterei an, so geschieht dies wie bei der Infanterie anfänglich mit einem Speerhagel, auf den dann kurze Wurfspieße folgen; drei bis vier von ihnen führt der Kavallerist mit sich. Erst dann trat das Schwert in Aktion.
Auch eine Vorläuferin der Artillerie existierte bereits: eine Legion führte 65 Geschütze mit sich; davon waren 55 sogenannte „carroballisti“; maultierbespannte Schleuderapparate, die eisenbewehrte Pfeile verschossen. Diese wurden ergänzt durch zehn ochsenbespannte „onagri“20, die den Gegner mit Steinkugeln mit maximal bis zu 80 kg und normalerweise etwa 500g bis 4,5 kg Gewicht bewarfen und insbesondere bei Belagerungen zum Einsatz kamen.21
Ohne Übung wäre aber alle Ausrüstung vergeblich; aus dem Wort „üben“, das im zivilen Leben einen durchaus positiven Geschmack haben mag, wird in der militärischen Realität jedoch schnell „schleifen“, denn nur so ist ein so tiefes Eindringen des Gelernten in den Menschen möglich, damit auch und gerade in lebendsbedrohlichen Situationen lebensrettendes Wissen und Können parat ist. So übt der römische Soldat täglich mit Weidenschild oder hölzernen Waffen, die doppelt so schwer sind wie die regulären; als „Pappkamerad“ mußte ein Holzpfahl dienen. Außer dem Speerwurf und dem Schwertgefecht wurde auch das Schleudern schwerer Steine geübt; bei Übungsmärschen mit 30 Kilo Gepäck mußten 30 Kilometer in fünf Stunden durchlaufen werden.
Diese immer wieder von den Soldaten geforderte Leistung war erheblich; aus meiner eigenen Wehrdienstzeit ist mir bekannt, daß die heutige deutsche Bundeswehr bei ihren Leistungsmärschen bei 30 km Distanz lediglich 10kg Gepäck vorschreibt - und schon dabei bleiben nicht wenige Soldaten im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke.
Das Ziel dieser römischen Ausbildung war es, daß sich die Formationen auf dem Schlachtfeld genauso wie auf dem Kasernenhof entfalteten und siegreich in Aktion traten.
Wer glaubt, daß sich der Soldat beim Essen dagegen erholen könnte, irrt: Das eintönige Mahl bestand aus täglich etwa 1 kg Getreide, das selbst gemahlen und zubereitet werden mußte; Fleisch scheint es nur in Ausnahmefällen gegeben zu haben; zu trinken gab es umsonst nur Wasser; alles andere mußte vom Wehrsold bezahlt werden, der auf heutige Verhältnisse umgerechnet beim einfachen Soldaten etwa fünf Mark täglich betrug.
So sehr sich der römische Soldat aber auch anstrengte, Karriere konnte er in der römischen Armee nur sehr begrenzt machen; weiter als bis zum Feldwebelgrad konnte es der gemeine Mann nicht bringen; die Offizierslaufbahn war römischen Bürgern vorbehalten, Stabsoffiziersstellen gehörten zur prokuratorischen Laufbahn und waren das Privileg niederiger römischer Adliger, und die Generalität gar entstammte durchgehend dem Senatorenstand. Im Tornister der Mannschaften war damals der Marschallstab noch nicht mit enthalten. Um z. B. nur Centurio, also Hauptmann werden zu können, mußte man eine Fremdsprache beherrschen und in den Zivilbehörden tätig gewesen sein.
Man sah also bei der Auswahl der höheren Dienstgrade zuerst auf Herkunft und Bildung und dann erst auf das militärische Können, was sich mitunter - so in der Schlacht im Teutoburger Wald - bitter rächte. Das Offizierskorps führte ein Eigenleben, das dem allergrößten Teil der Truppe verschlossen war; es stand gewissermaßen über den Gemeinen, war losgelöst: absolut.
Trotz dieser eingeschränkten Beföderungsmöglichkeiten mußte kein römischer Soldat befürchten, jahrelang auf einer Planstelle sitzen zu müssen, obwohl er ihr schon längst überdrüssig war; vom Gefreiten, dem „immunis“ ,bis zum stellvertretenden Kopmanieführer gab es fast 80 verschiedene Planstellen; über den Ausbildungsunteroffizier und die Verwaltungsposten von Arrestlokal bis Waffenkammer bis zu Kommandos in den Stab oder der Ernennung zum Verantwortlichen für einen Wachturm oder ein Kleinkastell reichte die Palette. Während seiner 20 Jahre Dienstzeit wird ein römischer Legionär also unausgesetzt befördert, wird immer wieder ein paar Kupfermünzen mehr an Sold erhalten - und dennoch nie auf Posten kommandiert werden, denen er mit seiner Ausbildung und Bildung nicht gewachsen ist.22
Diese Planung und Ordnung des Kommisbetriebes spiegelt sich auch in den römischen Befestigungen und Kasernen wieder. Sowohl feste Lager (castra) als auch Winter- und Marschlager waren rechteckig und mit Wall und Graben umgeben und so leicht zu verteidigen; in ihrer Mitte lag die Unterkunft der Führer, die „Principia“, alles andere war darum angeordnet.23 Bei länger belegten Standlagern gab es entsprechend der Gliederung des römischen Heeres Alen- , Kohorten- und Numeruskastelle; ihr Vorbild und ihre größte Ausführung sind die Legionslager. Die größte und wichtigste Einheit, die Legion, benötigte 18 - 25 ha Raum; eine 1000 Mann starke Reitereinheit der in der Provinz stationierten „ara millaria“ benötigte 5 bis 6 ha Raum; eine Infanterieeinheit von 500 Mann 1,5 bis 3ha. Oft wurde in den Lagern auch lager- und manufakturähnliche Produktions- und Nachschubgebäude errichtet. Die kleinsten Kastelle unter 0,5 ha Fläche sind die sog. Kleinstkastelle, die nahe am Limes stehen und ausschließlich der Grenzüberwachung und -sicherung dienen. Bei diesen festen Lagern kommen zu den oben genannten, baulichen Merkmalen noch eine zinnenbewehrte Wehrmauer, sofern die Holzpalisade durch diese dauerhaftere Konstruktion abgelöst worden war; vier Tore durchbrachen diese Mauer. Zwei überhöhte Türme flankierten die ein- oder mehrspurige, mit einem Tor verschlossene Durchfahrt; auch Eck- und Zwischentürme waren vorhanden. Die Innengliederung richtete sich nach den Hauptstraßen aus, die durch die Tore führten; die oft kürzere Querachse verband beide Seitentore miteinander; die längere Längsachse war durch das Stabsgebäude (“Principia“), in dem Recht gesprochen, die Götter einschließlich des Kaisers verehrt in einer Fahnenhalle die Einheitsehre und -tradition hochgehalten und im Keller die Kasse sich befand, durchbrochen. Weiterhin gehören zur Standardbebauung das Wohnhaus des Kommandanten, ein Lazarett, ein oder mehrere Speicher und ein Werkstattgebäude, bei Reitereinheiten Ställe. All diese Spezialbauten liegen in einer Zeile um das Stabsgebäude. Den viel größeren Teil davor und dahinter nehmen die Mannschaftsbaracken ein. Außerdem durfte - in der späteren Kaiserzeit erst recht - ein Bad nicht fehlen24 ; nach Dienstschluß ließen die römischen Soldaten wohl wie die aller Länder und Epochen ihren Kaiser einen guten Mann sein und begaben sich, wie ausgegrabene Lagervorstädte beweisen, wohl allzuoft in Bacchus´ Arme - „Dienst ist Dienst und
[...]
1 Hubensteiner, S. 12 f.
2, S. 176
3 Putzger, S. 39 f.
4 Pörtner, S.21
5 Pörtner, S. 21
6, S. 176
7, S. 177 - 178
8 Hubensteiner, S. 15 f.
9 Filtzinger, S. 58
10 Ulbert, S. 29
11 Pörtner, S. 63 f.
12 Ulbert, S. 29
13 Junkelmann, S. 102
14 Pörtner, S. 63 f.
15 Junkelmann, S. 92 f.
16 Junkelmann, S. 101 ff.
17 Ulbert, S. 29 f.
18 Pörtner, S. 65
19 Ulbert, S. 33
20 Pörtner, S.65
21 Junkelmann, S. 194ff.
22 Pörtner, S. 65 ff.
23 Planck, S. 29ff.
24 Ulbert, S. 42 ff.
- Arbeit zitieren
- Robert Kopp (Autor:in), 1998, War der obergermanisch-rätische Limes seinen Aufgaben gewachsen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8690
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