Über das Angst- und Schmerzerleben von Patienten in zahnärztlichen Behandlungen gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen. Die meisten empirischen Arbeiten befassen sich mit dem Angstniveau der Probanden und dessen Veränderung über die Zeit (siehe Überblick bei Sergl & Müller-Fahlbusch, 1989 oder Jöhren & Sartory, 2002). Auch Schmerzerleben und Schmerzverarbeitung dieser Personengruppe wurden vielfach untersucht (u.a. Klepac, Dowling, Hauge, & McDonald, 1980b; Lindsay & Woolgrove, 1982; Klepac, Dowling & Hauge, 1982; Brumme, 2000). Jedoch gibt es nur sehr wenige und z.T. widersprüchliche Studien, die sich mit dem Gedächtnis für Angst oder Schmerz bei Patienten in zahnärztlichen Behandlungen befassen (Klepac, McDonald & Hauge, 1980a; Kent, 1985; Urban, 1997). Noch weniger ist bisher über den Einfluss der Zeit oder anderer Faktoren auf das Angst- und Schmerzgedächtnis besonders bei Patienten mit Zahnbehandlungsangst bekannt. Diese Forschungslücke soll durch die vorliegende Diplomarbeit gefüllt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in diesem Zusammenhang bei vielen Untersuchungen bisher vernachlässigt worden ist, ist die Zusammenarbeit zwischen Theoretikern und Praktikern. Daher ist es ein Anliegen dieser Arbeit, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Die Untersuchung basiert auf einer Kooperation mit einer Zahnarztpraxis, die schon seit vielen Jahren Angstpatienten mit Hypnosetechniken behandelt.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, durch Befragung von Patienten einer zahnärztlichen Praxis Aussagen über ihr Angst- und Schmerzerleben zu erhalten. Dabei bilden die rekonstruktiven Effekte des Gedächtnisses für Angst und Schmerz bei dieser Patientengruppe einen besonderen Schwerpunkt. Weiterhin wird untersucht, welche Faktoren bei der Erinnerung von Angst und Schmerz eine Rolle spielen. Besonders die Bedeutung des Faktors „Zeit zwischen Erstbesuch und Interviewtermin“ wird erörtert. Diese Diplomarbeit ist als Ergänzung zu bisherigen Forschungsarbeiten zu sehen, da sie sowohl die Aspekte des Angst- und Schmerzgedächtnisses einbezieht als auch Verbindungen zwischen beiden betrachtet. Dabei steht vor allem der Nachweis von Zusammenhängen zwischen Zahnbehandlungsangst und Schmerz im Vordergrund.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINFÜHRUNG
- 2. THEORETISCHER UND EMPIRISCHER HINTERGRUND
- 2.1 Gedächtnis und Erinnerungen
- 2.1.1 Definition Gedächtnis und Erinnerung
- 2.1.2 Zwei-Komponenten-Theorie des Gedächtnisses (Atkinson & Shiffrin, 1968)
- 2.1.3 Ansätze zur Differenzierung des Langzeitgedächtnisses
- 2.1.4 Theorie der Verarbeitungstiefe (Craik & Lockhardt, 1972).
- 2.1.5 Aktueller Stand der Forschung zum Gedächtnis
- 2.1.6 Autobiografisches Gedächtnis (ABG)
- 2.1.6.1 Definition des autobiografischen Gedächtnisses
- 2.1.6.2 Abgrenzung autobiografisches (Brewer) vs. episodisches Gedächtnis (Tulving)
- 2.1.6.3 Aktueller Stand der Forschung zum autobiografischen Gedächtnis: Das bio-psycho-soziale Entwicklungsmodell des autobiografischen Gedächtnisses (Markowitsch & Welzer, 2006).
- 2.1.7 Erinnerbarkeit von Ereignissen
- 2.1.7.1 Partiell-rekonstruktivistische Position (Brewer, 1986)
- 2.1.7.2 Rekonstruktivistische Position (Barclay, 1986)
- 2.1.7.3 Aktueller Stand der Forschung zur Erinnerbarkeit von Ereignissen
- 2.2 Schmerz
- 2.2.1 Definition von Schmerz
- 2.2.2 Schmerz und Gedächtnis
- 2.3 Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsphobie
- 2.3.1 Definitionen
- 2.3.2 Prävalenzen
- 2.3.3 Korrelate
- 2.3.4 Ätiologie
- 2.3.5 Aktueller Stand der Forschung zur Zahnbehandlungsangst
- 2.3.6 Angst und Gedächtnis
- 2.4 Zusammenhang zwischen Angst und Schmerz im zahnärztlichen Setting
- 3. FRAGESTELLUNGEN UND HYPOTHESEN
- 3.1 Zusammenhang zwischen erinnertem Angstniveau und berichtetem Angstausmaß zum Zeitpunkt des Erstbesuchs
- 3.2 Vorhersagbarkeit von erinnerter Art der Behandlung, erinnertem Schmerzniveau und erinnertem Angstniveau durch die Zeit zwischen Erstbesuch und Interview
- 3.3 Zusammenhang zwischen Angstniveau und Schmerzniveau
- 3.4 Explorative Fragestellungen
- 4. BESCHREIBUNG DER METHODE
- 4.1 Versuchsdesign und Rekrutierung der Probanden
- 4.2 Erhebungsinstrumente
- 4.2.1 Telefonisches Interview
- 4.2.1.1 Grundlagen
- 4.2.1.2 Konstruktion des Interviews
- 4.2.2 Anamnesebogen
- 4.2.3 DMFT-Index
- 4.3 Beschreibung der angewandten statistischen Verfahren
- 4.3.1 Vergleich der in die Studie aufgenommenen vs. der aus der Studie ausgeschlossenen Probanden
- 4.3.2 Auswertungsdesign für die erste Forschungshypothese
- 4.3.3 Auswertungsdesign für die zweite Forschungshypothese
- 4.3.4 Auswertungsdesign für die dritte Forschungshypothese
- 4.3.5 Auswertungsdesign für die vierte Forschungshypothese
- 4.3.6 Auswertungsdesign für die fünfte Forschungshypothese
- 4.4 Zusätzliche erklärende Variablen
- 4.5 Umgang mit Störfaktoren während des Interviews
- 5. ERGEBNISSE
- 5.1 Stichprobenbeschreibung
- 5.2 Vergleich der Teilnehmer und Nichtteilnehmer der Untersuchung
- 5.3 Deskriptive Befunde
- 5.3.1 Gründe für Nichtbesuch des Zahnarztes
- 5.3.2 Ursachen für Zahnbehandlungsangst
- 5.3.3 Angstauslösende Faktoren
- 5.4 Prüfung der einzelnen Forschungshypothesen
- 5.4.1 Prüfung der ersten Forschungshypothese
- 5.4.2 Prüfung der zweiten Forschungshypothese
- 5.4.3 Prüfung der dritten Forschungshypothese
- 5.4.4 Prüfung der vierten Forschungshypothese
- 5.4.5 Prüfung der fünften Forschungshypothese
- Die Rolle des Gedächtnisses bei der Verarbeitung von Angst- und Schmerzerfahrungen in zahnärztlichen Situationen
- Der Einfluss von Zahnbehandlungsangst und Zahnbehandlungsphobie auf die Erinnerungen an Behandlungen
- Der Zusammenhang zwischen Angst und Schmerzempfindung während zahnärztlicher Behandlungen
- Die Bedeutung von Erinnerungen und Vorerfahrungen für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Zahnbehandlungsangst
- Die Rolle von individuellen Faktoren wie Persönlichkeit, Coping-Strategien und früheren Erfahrungen bei der Reaktion auf Angst und Schmerz.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht das Angst- und Schmerzerleben von Patienten bei zahnärztlichen Behandlungen. Die Arbeit zielt darauf ab, die subjektiven Erfahrungen von Patienten mit Angst und Schmerz während zahnärztlicher Behandlungen zu verstehen und die Faktoren zu analysieren, die diese Erfahrungen beeinflussen.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einführung stellt das Thema der Diplomarbeit vor und erläutert die Relevanz des Themas im Kontext der zahnmedizinischen Versorgung.
Kapitel 2: Theoretischer und empirischer Hintergrund liefert eine umfassende Darstellung der relevanten Theorien und empirischen Befunde zu Gedächtnis, Schmerz und Zahnbehandlungsangst. Es werden unterschiedliche Modelle und Ansätze vorgestellt, die die Verarbeitung von Erinnerungen, die Entstehung von Schmerz und die Entwicklung von Zahnbehandlungsangst erklären.
Kapitel 3: Fragestellungen und Hypothesen formuliert die zentralen Forschungsfragen der Studie und leitet die Hypothesen ab, die im weiteren Verlauf der Arbeit untersucht werden.
Kapitel 4: Beschreibung der Methode beschreibt das Studiendesign, die eingesetzten Erhebungsinstrumente und die angewandten statistischen Verfahren.
Kapitel 5: Ergebnisse präsentiert die Ergebnisse der durchgeführten Studie, analysiert die Daten und prüft die zuvor aufgestellten Hypothesen.
Schlüsselwörter
Zahnbehandlungsangst, Zahnbehandlungsphobie, Gedächtnis, Erinnerung, Schmerz, Angst, subjektive Erfahrungen, zahnärztliche Behandlung, Telefonisches Interview, empirische Forschung.
- Quote paper
- Diplom-Psychologin (Dipl.-Psych.) Sabine Lechner (Author), 2007, Angst- und Schmerzerleben bei zahnärztlichen Behandlungen aus Sicht der Patienten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86940