Folgen Wechselkurse einem Random Walk?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einführung

2. Beschreibung der Modelle
2.1 Die strukturellen Modelle
2.2 Zeitreihenmodelle
2.3 Das Random Walk-Modell

3. Ergebnisse der empirischen Untersuchung
3.1 Vorstellung der zugrunde liegenden Daten
3.2 Methodische Vorgehensweise
3.3 Untersuchungsergebnisse
3.4 Mögliche Ursachen der schlechten Güte der strukturellen Modelle

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Verlauf eines Random Walks im Vergleich zur Entwicklung des Dollar/DM-Wechselkurses.

Abb. 2: Wurzel der mittleren quadrierten Fehler aus Meese und Rogoff (1983a)

1. Einführung

In den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten hat sich das Volumen im Devisenhandel weltweit dramatisch erhöht, da mit zunehmend international orientiertem Handel die Bedeutung ausländischer Märkte für die heimische Wirtschaft stark gestiegen ist. Nahezu alle Unternehmen produzieren heutzutage nicht mehr nur für das Inland, sondern auch für den ausländischen Absatzmarkt. Außerdem sind oft auch einige Lieferanten in einem anderen Währungsraum beheimatet, so dass hier sehr schnell die Abhängigkeit der Firmen vom Wechselkurs erkennbar wird.

Sowohl für Banken, die an ausländische Unternehmen oder auch Regierungen Kredite vergeben, als auch für Privatpersonen spielt das Verhältnis der nationalen Währung zu anderen eine wichtige Rolle. Eine Kernaussage der Portfoliotheorie besagt, dass durch Diversifikation des investierten Vermögens Risiko verringert werden kann. Mittels einer regionalen Streuung ist es möglich, die Folgen eines Schocks für ein einzelnes Land abzumildern. Werden Investitionen im Ausland getätigt, ist für die Gesamtrendite jedoch auch die Entwicklung des Wechselkurses von entscheidender Bedeutung. Begeben Regierungen oder Unternehmen am Kapitalmarkt Anleihen, die in fremder Währung notieren, so sind sie natürlich ebenso von Veränderungen des Währungswertes betroffen.

Dies stellt nur eine kurz Übersicht über einige Akteure dar, die täglich mit Wechselkursschwankungen konfrontiert sind. Ihnen allen ist das Interesse an der zukünftigen Entwicklung gemeinsam, so dass hier Bedarf an Prognosen für künftige Kurse vorhanden ist. Lässt sich aber diese Nachfrage überhaupt so einfach befriedigen? Sind Wechselkursverläufe vorhersagbar?

Die in dieser Arbeit präsentierten Ergebnisse basieren auf einer empirischen Studie von Meese und Rogoff (1983a). Dort untersuchen die beiden, ob sich der Dollar/DM, Dollar/Pfund, Dollar/Yen und ein aus zehn Währungen gewichteter Wechselkurs mit bestimmten Modellen vorhersagen lassen. Dazu stellen sie in ihrer Arbeit verschiedene Methoden in Konkurrenz zu einander und überprüfen, welche am besten Kursvoraussagen ermöglicht. Zum einem verwenden sie dabei Modelle basierend auf makroökonomischen Variablen, um Entwicklungen abschätzen zu können. Diese Varianten, die zum Teil Kaufkraftparität oder Zinsparität unterstellen, versuchen also mit fundamentalen Daten wie Inflationsratenunterschiede, Zinsdifferenzen usw. Wechselkurse zu beschreiben. Hier, wie auch in anderen Arbeiten[1], gelangt man jedoch zur Schlussfolgerung, dass die Güte der Vorhersagen sehr zu wünschen lässt. Daher verwendet man oft auch eine andere Methode, die versucht, aus dem zeitlichen Verlauf Rückschlüsse auf das zukünftige Verhalten zu ziehen, was hier unter dem Stichwort Zeitreihenmodelle aufgeführt ist. Doch auch hier zeigt sich wie in anderen Arbeiten, dass die Präzision der Prognose nicht besonders hoch ist. Daher gehen Meese und Rogoff noch einen Schritt weiter und untersuchen, ob sich die Wechselkurse überhaupt vorhersagen lassen. Würde die Schätzung mittels eines Random Walk-Modells eine adäquate Güte haben, so spräche dies dafür, dass die Kurse nicht voraussagbar sind. Man kann sich leicht die Bedeutung dieses Resultats vorstellen, da es den Nutzen von Chart- und Fundamentalanalyse zur Erklärung der Kursentwicklung in Frage stellt und somit die zum Teil sehr hohen Gehälter von Finanzanalysten nicht unbedingt rechtfertigen würde.

Da alle Modelle mit denselben Daten untersucht werden, lassen sie sich sehr schön mit einander vergleichen. Als Fazit sei hier schon vorweggenommen, dass keine der Varianten besser abschneidet als das Random Walk-Modell. Doch auch dieses erbringt keine befriedigenden Resultate.

Im folgenden Abschnitt werden zuerst einige der verwendeten Modelle vorgestellt. Anschließend gibt der dritte Teil der Arbeit einen Überblick über die Ergebnisse der empirischen Untersuchung, wobei hier die Vorgehensweise und mögliche Ursachen für die schlechte Güte der fundamental orientierten Modelle näher betrachtet werden. In der Zusammenfassung wird noch kurz auf neuere Arbeiten eingegangen, die sich mit dem Phänomen beschäftigen, dass Wechselkurse auf der einen Seite sehr volatil sind, auf der anderen Seite sich nach Schocks nur sehr langsam – mit einer Dauer von bis zu über sechs Jahren – anpassen[2].

2. Beschreibung der Modelle

In diesem Abschnitt werden die statistischen Grundlagen sowie die Spezifikationen der unterschiedlichen konkurrierenden Modelle vorgestellt. In der Ökonometrie wird zwischen zwei grundlegend verschiedenen Modellarten unterschieden: strukturelle und zeitreihenorientierte Modelle. Erstere sind dadurch gekennzeichnet, dass die zu erklärende Variable – z. B. der Wechselkurs – von exogen vorgegebenen erklärenden Variablen abhängig modelliert wird – z. B. Zinssatz, Geldangebot usw. Man versucht also, die endogene Variable mit fundamentalen, makroökonomischen Variablen zu beschreiben. Demgegenüber stehen Zeitreihenmodelle, die das Verhalten der abhängigen Variablen durch das eigene Verhalten in der Vergangenheit modellieren. Untersuchungen in den 50er und 60er Jahren zeigten, dass einfache Zeitreihenmodelle oft bessere Vorhersagen ermöglichten als sehr umfangreiche makroökonomische Mehrgleichungsmodelle mit zum Teil Hunderten von Gleichungen (Greene 2000, S. 748). Als graphische Variante dieser Methode lässt sich die Chartanalyse interpretieren, die versucht, aus der Gestalt der vergangenen Kurskurve zukünftige Entwicklungen abzuleiten und somit impliziert, dass der Kursverlauf über die Zeit hin eine ähnliche Charakteristik aufweist. Oft werden auch Modelle formuliert, die sowohl strukturelle als auch zeitreihenorientierte Elemente aufweisen, wie z. B. vektorautoregressive Modelle.

Die dargestellten Varianten werden in den Abschnitten 2.1 und 2.2 näher beschrieben. Im Anschluss daran werden im Gliederungspunkt 2.3 die wesentlichen statistisch-öko-nomischen Implikationen und formalen Grundlagen des Random Walk-Modells erläutert.

2.1 Die strukturellen Modelle

Als repräsentative strukturelle Modelle werden hier das Frenkel-Bilson, das Dornbusch-Frankel und das Hooper-Morton Modell herangezogen. Die folgenden Darstellungen lehnen sich an Meese und Rogoff (1983a) an.

Ersteres zeichnet sich dadurch aus, dass es Kaufkraftparität unterstellt und flexible Preise zulässt. Das bedeutet, dass bei gegebenem Geldangebot der Geldmarkt durch Preisänderungen ins Gleichgewicht gebracht wird. Unterstellt man weiterhin, dass das ausländische Preisniveau als gegeben erachtet wird, so muss unter Gültigkeit der Kaufkraftparität der Wechselkurs die Güterpreise in Einklang bringen.[3]

Das Dornbusch-Frankel Modell (Dornbusch 1976) versucht Wechselkursveränderungen auf eine etwas andere Art zu erklären. Im Gegensatz zur vorherigen Variante wird hier das Preisniveau als kurzfristig rigide und nur langfristig variabel angenommen. Tritt ein externer Schock z. B. in Form einer Erhöhung des Geldangebots auf, so werden sich die Zinsen und aufgrund von veränderten Erwartungen somit auch der Wechselkurs relativ schnell zu einem neuen kurzfristigen Gleichgewicht hin verändern. Da nun jedoch die Kaufkraftparität nicht mehr gültig ist, findet ein längerfristiger Anpassungsprozess statt, der dafür sorgt, dass sowohl der Wechselkurs als auch das Preisniveau wieder auf ein langfristiges Gleichgewicht geführt werden. Dieser Effekt, dass Wechselkurse auf äußere Schocks mit relativ heftigen Kursbewegungen reagieren, wird auch als „Überschießen“ bezeichnet und kann empirisch durch eine ausgeprägte Volatilität beobachtet werden. [Siehe z. B. Frenkel (1981) oder Engel und Kim (1996).]

Das Hooper-Morton Modell geht noch weiter als das Dornbusch-Frankel Modell, da es auch Änderungen des langfristigen realen Wechselkurses erlaubt. Es wird unterstellt, dass solche Veränderungen in direktem Zusammenhang zu unerwarteten Schocks auf die Handelsbilanz stehen und diese daher Erklärungsgehalt besitzt.

Die folgende allgemeine Spezifikation (1) ist für alle hier dargestellten Modelle gültig, wobei jedes andere Implikationen aufweist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten(1)

wobei s dem logarithmierten[4] Dollarpreis der ausländischen Währung, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendem logarithmierten Verhältnis des amerikanischen Geldangebots zu dem des Auslands, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendem logarithmierten Verhältnis des amerikanischen zum ausländischen realen Einkommen, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendem kurzfristigen Zinsunterschied und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender langfristigen erwarteten Differenz der Inflationsraten entspricht. Des Weiteren stellen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie kumulierten Handelsbilanzen der USA und des Auslandes dar. Der Störterm u kann seriell korreliert sein, was bedeutet, dass die Störvariable zum Zeitpunkt t mit sich selbst zu einem vorhergegangenen Zeitpunkt t-i eine Korrelation aufweisen kann. Daraus ergeben sich unter Umständen später bei der Verwendung bestimmter Schätzmethoden Probleme, da die Nichtberücksichtigung serieller Korrelation des Störterms zu falschen Schätzergebnissen führen kann.

Die einzelnen Modelle stellen, wie bereits angedeutet, an die allgemeine Spezifikation (1) gewisse ökonomische, aus der Theorie stammende, Implikationen. So setzen alle voraus, dass der Koeffizient Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenergibt. Das Frenkel-Bilson Modell, das Kaufkraftparität annimmt, erwartet darüber hinaus Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Für das Dornbusch-Frankel Modell sollten hingegen nur Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltensein, da Abweichungen von der Kaufkraftparität zulässig sind und Preisanpassungen langsam erfolgen, so dass die Differenz der langfristigen Inflationsraten einen Erklärungsgehalt für Wechselkursänderungen bietet. Das Hooper-Morton Modell stellt in der Spezifikation (1) an keinen der Koeffizienten die Bedingung, dass er null sein soll. Alle unterstellen, dass das In- und Ausland jeweils gleiche Geldnachfrage- und identische Preisanpassungsgleichungen aufweisen, so dass deren Differenzen je null ergeben und somit in (1) keine Rolle spielen.

Meese und Rogoff schätzen die Modelle mit verschiedenen Ansätzen: einfache Kleinst-Quadrate-Methode (OLS = ordinary least squares), verallgemeinerte Kleinst-Quadrate-Methode (GLS = generalized least squares) und Instrumentvariablen-Methode. Das Kleinst-Quadrate-Verfahren ist relativ einfach zu handhaben – wieso also die anderen beiden Methoden hier? Die OLS-Schätzung führt dann zu großen Problemen, wenn der Störterm tatsächlich serielle Korrelation aufweist. Da bei dieser Methode die Werte der Inferenzstatistiken wie z. B. t-Test, F-Test oder auch das Bestimmtheitsmaß in Standardsoftwarepaketen wie EViews, Limdep, Rats etc. nicht mit der richtigen Formel berechnet werden, sind ohne weiteres keine korrekten Aussagen darüber möglich, ob einzelne Variablen einen Erklärungsgehalt zur Beschreibung des Wechselkurses bieten oder ob die gesamte Spezifikation überhaupt sinnvoll ist. Eine Möglichkeit, diesen Nachteil zu überwinden, bietet das GLS-Verfahren, mit dem Autokorrelation im Störterm berücksichtigt und so das beschriebene Problem umgangen werden kann.

[...]


[1] Es seien hier die Arbeiten von Cornell (1977) und Frenkel (1981) stellvertretend für viele andere erwähnt.

[2] Dieses Phänomen wurde von Rogoff (1996) als „Purchasing Power Parity Puzzle“ bezeichnet.

[3] Näheres dazu bei Frenkel (1976), insbesondere S. 218f.

[4] Hier und an allen anderen Stellen sei jeweils der natürliche Logarithmus gemeint.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Folgen Wechselkurse einem Random Walk?
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (VWL - Wirtschaftstheorie)
Veranstaltung
Bestimmungsgründe des Wechselkurses: Erklärungsversuche und Puzzles
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
22
Katalognummer
V8702
ISBN (eBook)
9783638156080
ISBN (Buch)
9783638697538
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Prognosefähigkeit verschiedener Wechselkursvorhersagemodelle: u.a. Kaufkraftparitäten-, Zinsparitätentheorie und Overshooting.
Schlagworte
Kaufkraftparität, Zinsparität, Overshooting; Prognose, Wechselkurse, Exchange rates
Arbeit zitieren
Dipl. Kaufmann Heiko Wößner (Autor:in), 2001, Folgen Wechselkurse einem Random Walk?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8702

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