Der Einfluss konsumentengerichteter Verkaufsförderung auf die Supply Chain


Diplomarbeit, 2007

75 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen
2.1 Begriff der Supply Chain
2.2 Supply Chain Management
2.3 Verkaufsförderung
2.3.1 Begriffsbestimmung
2.3.2 Ebenen der Verkaufsförderung
2.3.3 Instrumente der konsumentengerichteten Verkaufsförderung
2.3.4 Ziele konsumentengerichteter Verkaufsförderung

3 Die Wirkung konsumentengerichteter Verkaufsförderung auf die Supply Chain
3.1 Gründe für die Anwendung konsumentengerichteter Verkaufsförderung
3.2 Empirische Befunde zu den Wirkungen auf Konsumenten
3.3 Empirische Befunde zu den Wirkungen auf den Handel
3.3.1 Kurzfristige Absatzwirkungen
3.3.2 Langfristige Absatzwirkungen
3.3.3 Profitabilität
3.4 Empirische Befunde zu den Wirkungen auf die Industrie
3.4.1 Kurzfristige Absatzwirkungen
3.4.2 Langfristige Absatzwirkungen
3.4.3 Profitabilität
3.5 Effekte der Absatzwirkungen auf die Supply Chain
3.6 EDLP vs. HILO - Keine Promotion, kein Bullwhip, keine Kunden?

4 Maßnahmen und Instrumente zur Verbesserung der Supply Chain Performance

5 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Langfristige Umsatzentwicklung des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland

Abb. 2:Supply Chain in schematischer Darstellung

Abb. 3: Aufschaukeln der Nachfrage (Bullwhip-Effekt)

Abb. 4: Bausteine des Supply Chain Management

Abb. 5: Ebenen der Verkaufsförderung

Abb. 6: Instrumente der konsumentengerichteten Verkaufsförderung

Abb. 7: Nutzenkonzeption von Chandon et al. (2000)

Abb. 8: Konzept zur Quantifizierung des Effektes der Kaufakzeleration auf den Hersteller

Abb. 9: Zerlegung des kurzfristigen Nachfrageeffekts nach Ailawadi et al. (2007)

Abb. 10: Steigende Variabilität von Bestellungen entlang der Supply Chain

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Definitionen der Verkaufsförderung

Tab. 2: Verkaufsförderungsziele für Handel und Industrie

Tab. 3: Beispiel zur Berechnung der Profitabilität einer Verkaufsförderungsaktion für die Industrie

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Geiz ist geil!“ Dieser Slogan ist nicht nur für Elektronikfachmärkte relevant, sondern scheint auch im Konsumgütersektor seit Jahren das führende Motto zu sein. Trotz insgesamt stagnierendem Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel können Discounter wie Aldi, Lidl oder Plus Jahr für Jahr Umsatz und Marktanteile ausbauen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Langfristige Umsatzentwicklung des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland;

Quelle: A.C. Nielsen GmbH (2007), S. 20.

Große Unternehmen wie Walmart oder Procter & Gamble in den USA haben es vorgemacht: Der Wechsel zur Strategie der „Everyday Low Prices (EDLP)“, also einer Dauerniedrigpreisstrategie, bei der Sonderangebote gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang angeboten werden, soll dank enormer Kosteneinsparungen zu neuen Profiten verhelfen.

Doch auch die „kleinen Preise“ sind auf Hilfe angewiesen. Discounter bieten entgegen ihrer eigentlichen Strategie immer häufiger Aktionssortimente und Sonderangebote an. Ein weitläufiger Wechsel deutscher Unternehmen von einer Sonderangebots- zu einer Dauerniedrigpreisstrategie ist bisher nicht zu beobachten. Der Anteil der Ausgaben für Verkaufsförderung am Kommunikationsbudget blieb in den letzten Jahren weitgehend unverändert1. Und auch der Versuch Walmarts, sich mit seiner Strategie am deutschen Markt zu etablieren, verlief erfolglos.

Fakt ist jedoch: Der Wettbewerb im Handel war noch nie so groß wie heute. Einzelhändler sehen sich dazu gezwungen, verkaufsfördernde Maßnahmen einzusetzen, um sich gegenüber ihren Konkurrenten abzusetzen.2 Hersteller haben mit einer wahren Flut von Konkurrenzprodukten zu kämpfen, die sich oft nur noch namentlich voneinander unterscheiden. Studien zeigen, dass sich Konsumenten oft nur noch anhand des Preises für oder gegen ein Produkt entscheiden3. Zudem kommt es durch die steigende Konzentration im Handel zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten der Einzelhändler.4 Handelsmarken besetzen die sowieso schon hart umkämpften Regalplätze.5 Eine Differenzierung über die Produkte ist kaum noch möglich. Rabattaktionen scheinen die einzige Möglichkeit, um Kundenanzahl, -frequenz oder Umsatz zu halten bzw. zu erhöhen.

Auch der Wettbewerb verlagert sich. Längst findet er nicht mehr zwischen einzelnen Unternehmen statt. Ganze Wettbewerbsketten stehen untereinander in Konkurrenz.6 Kunden erwarten heutzutage, dass Unternehmen alle Prozesse auf ihre Bedürfnisse ausrichten. Nicht nur das Produkt dient als Vergleichsmaßstab, sondern zusätzlich die komplette Auftragsabwicklung von der Bestellung über Lieferzeiten, Distribution, Service, kurz, die komplette Versorgungskette des Unternehmens. Effiziente Supply Chains werden so zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren.7

1.1 Ziel der Arbeit

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, auf Basis der vorliegenden Literatur den Einfluss konsumentengerichteter Verkaufsförderung auf die Supply Chain aufzuzeigen und hieraus Implikationen für das Supply Chain Management abzuleiten. Die zentrale Frage wäre eigentlich, wie sich Verkaufsförderungsaktionen auf die Performance einer Supply Chain auswirken und ob ihre Durchführung insgesamt gesehen profitabel ist oder nicht.

Trotz der enormen Relevanz der Thematik haben sich bisherige Untersuchungen jedoch entweder nur mit handelsgerichteter Promotion oder mit den Absatzwirkungen von konsumentengerichteter Promotion befasst. Studien zu den Wirkungen oder gar Quantifizierungen der Effekte auf die Supply Chain liegen so gut wie gar nicht vor. Es können daher auf Basis des vorliegenden Materials in dieser Literaturzusammenfassung keine konkreten empirischen Befunde zum Thema vorgestellt werden. Die Antwort auf die zentrale Frage wird daher anhand des folgenden Fragenkataloges erarbeitet:

Was sind die generellen Gründe für das Verfolgen einer Sonderangebotsstrategie (High-Low-Pricing/HILO)? Wie wirkt sich diese Strategie auf die einzelnen Teilnehmer der Supply Chain aus? Welchen Einfluss haben die vorgestellten Effekte auf die gesamte Supply Chain? Wie profitabel ist eine HILO- im Vergleich zu einer EDLP-Strategie? Unter welchen Umständen ist eine HILO-Strategie vorteilhafter als eine EDLP-Strategie und umgekehrt? Und schließlich: Welche Maßnahmen können zu einer Steigerung der Profitabilität der Supply Chain unter einer Sonderangebotsstrategie beitragen?

1.2 Aufbau der Arbeit

In Kapitel zwei werden zunächst die grundlegenden Begriffe der Supply Chain, des Supply Chain Managements und der konsumentengerichteten Verkaufsförderung erläutert.

In Kapitel drei werden ökonomische Theorien zur Anwendung von Verkaufsförderung vorgestellt. Anschließend werden die Effekte konsumentengerichteter Verkaufsförderung sowie deren Vor- und Nachteile für die Teilnehmer der Supply Chain (hier: Konsumenten, Handel und Industrie) diskutiert. Hier liegt der Fokus insbesondere auf den kurzfristigen Absatzwirkungen, um anschließend zu zeigen, wie sich starke, kurzfristige Nachfrageschwankungen und Ineffizienzen auf die gesamte Supply Chain auswirken können. Durch den Vergleich mit einer Dauerniedrigpreisstrategie (EDLP), soll anschließend geprüft werden, ob und vor allem wann eine HILO- Strategie profitabel sein kann.

In Kapitel vier werden abschließend Maßnahmen vorgestellt, die die Performance der Supply Chain auch unter einer Sonderangebotsstrategie verbessern können. Kapitel fünf dient schließlich der Zusammenfassung der Ergebnisse und liefert einen Ausblick auf zukünftig mögliche Forschungsschwerpunkte.

2 Grundlagen

Nachfolgend werden zunächst Begriff, Ziele und Funktionen sowie Profitabilität einer Supply Chain erläutert. Darauf aufbauend wird das Konzept des Supply Chain Managements vorgestellt. Den Abschluss des Kapitels bilden die Grundlagen zum Thema konsumentengerichtete Verkaufsförderung.

2.1 Begriff der Supply Chain

Den Ausgangspunkt der Supply Chain oder auch Versorgungs- oder Lieferkette bildet - wie oben schon erwähnt - eine konsequente Kundenorientierung. Ein wesentliches Steuerungselement sind Informationen über den Verbrauch. In der Literatur wird daher auch vorgeschlagen, von einer „chain of customers“ oder einer „demand chain“ zu sprechen.8

„Die Supply Chain umfasst formal alle Flüsse von Waren und Informationen, vom Gewinnen der Rohstoffe über Herstellung und Verkauf bis hin zum Nutzen eines Produkts durch den Endverbraucher - und in die Gegenrichtung.“9 Chopra und Meindl (2004) definieren den Begriff „Supply Chain“ dementsprechend wie folgt: „A supply chain consists of all parties involved, directly or indirectly, in fulfilling a customer request.“10

Eine Supply Chain beinhaltet eine Vielzahl von Stufen. Typischerweise gehören dazu Endverbraucher, Einzelhändler, Großhändler, Hersteller und Zulieferer.11 Die folgende Abbildung zeigt eine klassische Supply Chain:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Supply Chain in schematischer Darstellung; Quelle: in Anlehnung an Christopher (2005), S. 15.

Der Unterschied zur einfachen „Logistikkette“ oder dem Prinzip der „Wertschöpfungskette“ nach Porter (2000)12 besteht darin, dass die Teilnehmer nicht mehr isoliert nach eigenem Entscheidungskalkül handeln. Es wird vielmehr über die Unternehmensgrenzen hinweg geschaut und die Kette als unternehmensübergreifende Wertschöpfungskette betrachtet.13 Man könnte auch von einem „Wertschöpfungsverbund“ mit verschiedenen Partnern sprechen.14

Ziel ist die Maximierung der Wertschöpfung der kompletten Supply Chain. Diese errechnet sich aus der Differenz des Wertes des Produkts für den Kunden und den entstandenen Aufwendungen der gesamten Kette zur Erfüllung der Anfrage. Bei den meisten privatwirtschaftlichen Supply Chains entspricht die Wertschöpfung auch der Profitabilität, also dem erzielten Gewinn der Versorgungskette. Hierbei gilt: Je höher die Profitabilität, desto erfolgreicher die Supply Chain.15

Jedes Unternehmen muss hierzu seine Wettbewerbsstrategie konsistent an der Strategie der gesamten Supply Chain ausrichten. Alle Strategien sollten sich stetig an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Es gilt, eine Balance zwischen Flexibilität und Produktivität zu finden. Investitionen in technische Anlagen, höhere Lagerbestände und schnellere Transportwege steigern zwar die Flexibilität, mindern jedoch die Produktivität.16

Der Supply Chain kommen demnach zwei Funktionen zu. Fisher (1997) nennt diese „Physical Function“ und „Market Mediation Function“, was übersetzt soviel bedeutet wie materielle und am Markt vermittelnde Funktion. Unter der materiellen Funktion versteht er die Konvertierung von Rohmaterial in Teile, Komponenten oder sogar fertige Produkte und deren Transport von einem Punkt in der Kette zum nächsten. Die „Market Mediation Function“ soll hingegen sicherstellen, dass die Produkte, die in den Handel kommen auch wirklich den Kundenbedürfnissen entsprechen.17

Zum Schluss muss allerdings angemerkt werden, dass ein Unternehmen zum einen meist nicht nur Bestandteil einer Supply Chain ist. Durch die Herstellung mehrerer Produkte oder die Kooperation mit mehreren Partnern wäre die Darstellung einer realen Supply Chain weitaus komplexer als oben dargestellt und eher mit einem „Unternehmensnetzwerk“ vergleichbar.18 Zum anderen muss nicht jede Supply Chain alle oben aufgeführten Stufen enthalten. So fehlen zum Beispiel in Supply Chains von Produzenten wie Dell, die ihre Produkte im Direktvertrieb an ihre Kunden verkaufen, die Stufen Groß- und Einzelhandel. Bei Procter & Gamble müsste die Darstellung hingegen durch tausende von Zulieferern, Groß- und Einzelhändlern ergänzt werden.

Im weiteren Verlauf der Arbeit soll aus Vereinfachungsgründen auf die Stufen „Zulieferer“ und „Großhändler“ verzichtet werden. Die Ausführungen orientieren sich daher überwiegend an einer dreistufigen Supply Chain mit jeweils einem Hersteller, einem Händler und mehreren Endkonsumenten.

2.2 Supply Chain Management

Das Supply Chain Management (SCM) knüpft an die ganzheitliche Betrachtung der Lieferkette an. Während der Begriff „Supply Chain“ lediglich die Struktur der Beziehungen der Teilnehmer der Kette aufzeigt, beschäftigt sich das Supply Chain Management mit der Integration der Teilnehmer19 und dem erfolgreichen Management der Lieferkette. Ausgangspunkt der Überlegungen ist der sogenannte Bullwhip- oder Peitschenschlageffekt, der erstmalig von Forrester (1961) beschrieben wurde.20 Er beschreibt die Nachteile eines nicht integrierten bzw. verzögerten Informationsaustausches in Supply Chains. Bei diesem Phänomen schaukeln sich leichte Nachfrageschwankungen am POS teilweise auf das Zehnfache ihres Ursprungswertes auf, je weiter man sich aufwärts der Lieferkette in Richtung Rohstoff bewegt.21

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Aufschaukeln der Nachfrage (Bullwhip-Effekt); Quelle: In Anlehnung an Corsten und Gabriel (2003), S. 9.

Koordinations- und Planungsprobleme sowie enorme Kosten sind die Folge. Zentrale Ursache ist eine Verzerrung von Nachfrageinformationen aufgrund ungenauer oder falscher Prognosen, die sich über jede Stufe der Supply Chain verstärken.22 Dieser Effekt wird im Rahmen der Wirkungen von konsumentengerichteter Verkaufsförderung auf die Supply Chain in Abschnitt 3.5 weitergehend erläutert.

Dieses Beispiel zeigt jedoch, dass der Supply Chain durch mangelnde Koordination enorme Optimierungsverluste entstehen können. Fehlende Informationen und voneinander unabhängig getroffene Entscheidungen führen zu schlecht abgestimmten Einsätzen von Ressourcen, unnötig hohen Beständen entlang der Lieferkette und resultieren schließlich in einer unflexiblen Reaktion auf Kundenwünsche.23 Dies soll durch das Supply Chain Management verhindert werden.

Ziel ist demnach das Schaffen einer wettbewerbsfähigen Wertschöpfungskette. Behrenbeck et al. (2003) definieren den Begriff „Supply Chain Management“ daher wie folgt: „Supply Chain Management schließt folglich alle Aktivitäten ein, diese Schritte zu gestalten und abzuwickeln - sowohl auf strategischer als auch auf taktischer und operativer Ebene. Dabei geht es insbesondere darum, die Lieferkette funktions- und unternehmensübergreifend zu optimieren.“24

Christopher (2005) legt bei seiner Definition größeren Wert auf den Kundenfokus: „The management of upstream and downstream relationships with suppliers and customers to deliver superior customer value at less cost to the supply chain as a whole.“25

Um die Wettbewerbsfähigkeit einer Supply Chain zu erreichen oder zu erhalten, müssen gewisse Ansprüche erfüllt sein. Christopher (2005) fasst diese Ansprüche in vier Prinzipien zusammen, die er die ,4Rs‘ nennt: Responsiveness, Reliability, Resilience und Relationships. Diese vier Prinzipien gelten als Leitfaden für die Koordination einer Supply Chain. Die wesentlichen Maßnahmen und Strategien sollten sich an den folgenden Punkten orientieren:

Responsiveness, zu Deutsch Reaktionsbereitschaft, beinhaltet die strikte Orientierung an der Nachfrage. Eine Supply Chain muss demnach in der Lage sein, schnell und flexibel auf Kundenwünsche zu reagieren.

Das Prinzip der Reliability (Zuverlässigkeit) beruht auf der zunehmenden Unsicherheit am Markt. Diese kann beispielsweise bezüglich der Prognosegenauigkeit der Nachfrage oder der Lieferzuverlässigkeit eines Zulieferers bestehen. Die Folge sind hohe Sicherheitsbestände in der gesamten Lieferkette. Um die Lieferzuverlässigkeit der Supply Chain zu erhöhen ist es daher wichtig, Informationen aller Stufen für alle Mitglieder der Kette sichtbar zu machen.

Mit Resilience ist die Stabilität der Supply Chain gemeint. Heutige Märkte sind durch hohe Volatilität und häufige Störungen gekennzeichnet. Eine Lieferkette muss so gestaltet sein, dass sie diese unerwarteten Störungen bewältigen kann, ohne dass das Weiterführen der Geschäftsprozesse beeinträchtigt wird.

Relationships definiert die Art der Beziehungen in Lieferketten. Erfolgreiche Supply Chains basieren auf der ständigen Suche nach Win-Win-Situationen. Beziehungen sind gekennzeichnet durch Gegenseitigkeit und Vertrauen.26

Aus diesen Prinzipien lassen sich die eng miteinander verbundenen Kernelemente des SCM ableiten. In der Literatur werden je nach Quelle unterschiedliche Elemente genannt. Drei Elemente sind in dieser oder ähnlicher Form jedoch bei einer Mehrzahl der Autoren zu finden27:

(1)Betrachtung der gesamten Material- und Informationsflüsse aller Teilnehmer und deren Wirkungen auf die Lieferkette
(2) Koordination durch Aufbau einer funktions- und unternehmensübergreifenden Planung und Gestaltung der Gesamtprozesse
(3) Integration aller Partner der Lieferkette durch vertrauensvolle Beziehungen und Abbau von Informationsbarrieren

Allerdings kann es sein, dass durch die Koordination von Supply Chains einzelne Mitglieder insgesamt schlechter gestellt werden als dies bei lokaler Optimierung der Fall gewesen wäre, denn die Summe lokaler Optima muss kein globales Optimum ergeben.28

Ein wichtiger Baustein ist daher neben einer integrierten Logistikkonzeption und gemeinsamer Planung mit Hilfe von Advanced Planning Systemen ein umfassendes Beziehungsmanagement mit Hilfe von vertrauensbildenden Maßnahmen und vertraglichen Regelungen.29 Abbildung vier zeigt die einzelnen Bausteine des SCM und wie diese miteinander in Beziehung stehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Bausteine des Supply Chain Management; Quelle: In Anlehnung an Zäpfel (2000),

Supply Chain Management ist nicht zu verwechseln mit „vertikaler Integration“. Diese beinhaltet das Eigentum an vor- und nachgelagerten Unternehmen. Dies ist beim SCM aber gerade nicht der Fall.30 Auch der Begriff „integratives Logistikmanagement“ ist hier unangebracht. Der Unterschied wird insbesondere in der stärkeren Betonung des Integrationsgedankens und der konsequenten Ausrichtung am Endverbraucher gesehen.31 Somit werden die Vorgaben für Produktionsmengen nicht aus den gegebenen Kapazitäten abgeleitet, sondern aus Informationen über den Verbrauch des Nachfragers.32

Eine internationale Initiative zwischen Konsumgüterindustrie und Lebensmitteleinzelhandel, die auf den Prinzipien des SCM aufbaut, ist das sogenannte „Efficient Consumer Response (ECR)“. Ziel ist eine gemeinsame Optimierung der Supply Chain zur Maximierung des Konsumentennutzens zu minimalen Kosten.33 So lautet das Motto der ECR-Europe: „To serve the consumer better, faster and at lower cost.“34 ECR setzt sich aus vier Basis­Strategien zusammen.

Efficient Replenishment verfolgt das Ziel einer effizienten Warenversorgung. Für alle Stufen der Supply Chain wird ein abgestimmter Bestellprozess eingeführt, der sich ausschließlich an der Endkonsumentennachfrage orientiert. Efficient Store Assortments umfasst die effiziente Sortimentsgestaltung im Handel auf Basis eines optimalen Space und Category Managements. Efficient Product Introduction richtet sich an die Entwicklung und Einführung neuer Produkte. Hier liegt der Fokus vor allem auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel.35 Efficient Promotion umfasst schließlich die Bereiche Werbung und Verkaufsförderung. Durch eine gemeinsame Koordination durch Industrie und Handel sollen Planung und Wirksamkeit verbessert sowie Ineffizienzen durch starke Mengenschwankungen entlang der Supply Chain vermieden werden. Ziel ist eine Entwicklung vom Push- zum Pull- Prinzip.36

2.3 Verkaufsförderung

Marketingmaßnahmen sind nicht nur im Rahmen des Beziehungsmanagements des SCM relevant. Sie unterstützen zusätzlich alle Aktivitäten eines Unternehmens zur Erfüllung der Kundenwünsche. Deshalb dürfen Supply Chain Management und Marketing nicht separat betrachtet werden. Die Ausrichtung an den Bedürfnissen des Konsumenten setzt auch die Integration des Marketings in die Prozesse der Supply Chain voraus.

2.3.1 Begriffsbestimmung

Obwohl Verkaufsförderungsinstrumente schon lange in der Praxis genutzt werden, existiert bis heute keine einheitliche Definition des Begriffs „Verkaufsförderung“. Die folgende Auflistung soll einen Überblick geben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Definitionen der Verkaufsförderung

Diese Liste ließe sich noch problemlos weiter fortsetzen. Den meisten Definitionen ist jedoch gemeinsam, dass Verkaufsförderungsmaßnahmen einen Aktionscharakter aufweisen, direkt auf das Verhalten einwirken und von zeitlich begrenzter Dauer sind. Zielgruppe sind die nachgelagerten Stufen, also Handel oder Endverbraucher, wobei auch der eigene Außendienst das Ziel von Verkaufsförderungsmaßnahmen sein kann.37 Dieses wird im Folgenden allerdings nicht weiter aufgegriffen.

Meist wird von der Erreichung kurzfristiger Ziele gesprochen. Gedenk (2002) merkt hierzu allerdings an, dass Verkaufsförderungsmaßnahmen - z.B. Imagepromotions - auch im Hinblick auf die Erreichung langfristiger Ziele wie Marken- oder Geschäftstreue durchgeführt werden können. Zudem sind die Maßnahmen nicht nur auf den POS beschränkt.38

Der zentrale Unterschied zur Werbung besteht darin, dass Werbung einem Interessenten Gründe für den Kauf eines bestimmten Produkts oder einer Marke liefert, während Verkaufsförderung einen Anreiz bietet, den Kauf direkt durchzuführen.39

Die Verkaufsförderung wird im Rahmen des Marketing-Mix40 klassischerweise der Kommunikationspolitik zugeordnet. Sie erfüllt allerdings auch Aufgaben aus anderen Funktionsbereichen. Sinnvoller wäre es daher, Verkaufsförderung als Querschnittsmaßnahme zu betrachten.41

2.3.2 Ebenen der Verkaufsförderung

Verkaufsförderung kann sowohl von Handelsunternehmen als auch von Herstellern als Instrument eingesetzt werden. Hieraus ergeben sich insgesamt drei Ebenen der Verkaufsförderung. Unter handelsgerichteter Verkaufsförderung, auch Trade Promotions genannt, versteht man die Maßnahmen, die sich vom Hersteller an den Handel richten.

Konsumentengerichtete Verkaufsförderung kann vom Handel, aber ebenso vom Hersteller ausgehen und richtet sich an den Endverbraucher. Blattberg und Neslin (1990) sowie Gedenk (2002) unterscheiden daher weiter in Verbraucher-Promotions, die vom Hersteller, und Händler-Promotions, die vom Handel eingesetzt werden.42 Allerdings bestehen hier viele Überschneidungen, so dass beide Ebenen im weiteren Verlauf der Arbeit unter dem Begriff „konsumentengerichtete Verkaufsförderung“ bzw. „Consumer Promotions“ oder kurz „Promotions“ subsumiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Ebenen der Verkaufsförderung; Quelle: In Anlehnung an Blattberg und Neslin

(1990), S. 4.

2.3.3 Instrumente der konsumentengerichteten Verkaufsförderung

Die Instrumente der konsumentengerichteten Verkaufsförderung lassen sich weiter in Preis- und Nicht-Preis-Promotions unterscheiden. Preis-Promotions sind durch eine zeitweise Senkung des Preises eines Produkts gekennzeichnet.43 Dies muss nicht unbedingt durch ein Sonderangebot, das heißt, eine zeitlich begrenzte Preissenkung geschehen. Sonderpackungen mit größerem Inhalt, die zum regulären Preis angeboten werden, senken den Grundpreis des Produkts ebenfalls. Coupons in Zeitungen oder anderen Medien, die der Kunde im Geschäft gegen eine Rabattierung einlösen kann oder Treuerabatte gehören ebenfalls zum Typ der Preis-Promotions. Eine in den USA weit verbreitete Form von Preis-Promotions sind die sogenannten „Rebates“. Der Kunde muss hierfür den Kaufbeleg des entsprechenden Produktes beim Hersteller einschicken und erhält nach einigen Wochen eine eilweise Rückerstattung des Kaufpreises.44 Diese Form der Promotion hat sich in Deutschland - wahrscheinlich auch wegen des früheren Rabattgesetzes - bisher allerdings weniger durchsetzen können.45

Nicht-Preis-Promotions zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass hier keine preisbezogenen Elemente im Vordergrund stehen. Hierzu gehören insbesondere Gewinnspiele, Warenproben oder Produktzugaben, aber auch unterstützende Maßnahmen von Preis-Promotions wie Zweitplatzierungen, Displays oder Aktionsverpackungen. Je nachdem, ob die Maßnahme nur eine Preis-Promotion unterstützt oder ein anderes Ziel verfolgt, unterscheidet man „unechte“ und „echte“ Nicht-Preis-Promotions.46

Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht der verschiedenen Instrumente:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Instrumente der konsumentengerichteten Verkaufsförderung; Quelle: Gedenk

(2002), S. 19.

In Kapitel drei beziehen sich die meisten der vorgestellten Studien auf Preis- Promotions. In der Praxis kann eine genaue Abgrenzung der Instrumente jedoch mitunter schwierig sein. Je nach Ansicht des Autors können beispielsweise Produktzugaben oder Warenproben auch eine extreme Form der Preispromotion darstellen.47 Schließlich reduzieren sie den Preis des abgegebenen Produkts auf Null. Hier soll allerdings danach entschieden werden, ob Preisaspekte im Vordergrund stehen oder nicht.

2.3.4 Ziele konsumentengerichteter Verkaufsförderung

Industrie und Handel sind natürlich zunächst bestrebt, ihren Gewinn zu maximieren. Verkaufsförderungsziele können daher z.B. die Gewinnung von Neukunden, ein höherer Bekanntheitsgrad, ein verbessertes Image oder auch der Ausbau des Marktanteils sein.

Allerdings kann eine bestimmte Wirkung zwar für den Händler vorteilhaft, für den Hersteller jedoch nachteilig sein oder umgekehrt. Hier entstehen Zielkonflikte. So kann ein Neukundengewinn für den Händler von großem Vorteil sein, da der Umsatz gesteigert wird. Kaufen die neu gewonnenen Kunden allerdings nicht die Marke eines bestimmten Herstellers, so wirkt sich dies negativ auf dessen Marktanteil aus. Auf der anderen Seite ist ein Markenwechsel aufgrund eines Sonderangebotes zwar für den Hersteller vorteilhaft, für den Händler kann dies aufgrund der reduzierten Marge des Produkts nachteilig sein.48 Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Promotionsziele für Handel und Industrie:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Verkaufsförderungsziele für Handel und Industrie; Quelle: Euro Handelsinstitut (EHI) (1999), S. 5.

[...]


1 Vgl. GfK/Wirtschaftswoche (2006), S.17f.

2 Vgl. Belch und Belch (2004), S. 515ff.

3 Vgl. A. C. Nielsen GmbH (2007).

4 Vgl. Müller-Hagedorn (1998), S. 75ff.

5 Vgl. Hardie (1996), S. 1; Belch und Belch (2004), S. 515ff.

6 Vgl. Christopher (2005), S. 18; Keller (2004), S. 14; Zäpfel (2000), S. 2.

7 Vgl. Corsten und Gabriel (2003), S. 3.

8 Vgl. Corsten und Gössinger (2001), S. 85f.

9 Behrenbeck et al. (2003), S. 42.

10 Chopra und Meindl (2004), S. 4.

11 Vgl. Chopra und Meindl (2004), S. 5.

12 Vgl. Porter (2000), S. 67ff.

13 Vgl. Cooper et al. (1997), S. 1f.

14 Vgl. Zäpfel (2000), S. 2.

15 Vgl. Chopra und Meindl (2004), S. 6.

16 Vgl. Chopra und Meindl (2004), S. 66f.

17 Vgl. Fisher (1997), S. 107.

18 Vgl. Christopher (2005), S. 17.

19 Vgl. Keller (2004), S. 9.

20 Vgl. Forrester (1961).

21 Vgl. Corsten und Gabriel (2003), S. 9f.

22 Vgl. Lee et al. (1997a) und Lee et al. (1997b).

23 Vgl. Zäpfel (2000), S. 6.

24 Behrenbeck et al. (2003), S. 42.

25 Christopher (2005), S. 5.

26 Vgl. Christopher (2005), S. 38-40.

27 Vgl. z.B. Cooper et al. (1997), S. 4; Corsten und Gabriel (2003), S. 11; Zäpfel (2000), S. 4-5.

28 Vgl. Corsten und Gössinger (2001), S. 85.

29 Vgl. Zäpfel (2000), S. 6ff.

30 Vgl. Christopher (2005), S. 17.

31 Vgl. Cooper et al. (1997), S. 1-2.

32 Vgl. Kortus-Schultes und Ferfer (2005), S. 27.

33 Vgl. Kurt Salmon Associates (1993), S. 1; Behrenbeck et al. (2003), S. 42.

34 ECR Europe (2007).

35 Vgl. Kurt Salmon Associates (1993), S. 29; Fuchs und Unger (2003), S. 20ff.

36 Vgl. Kurt Salmon Associates (1993), S. 29; von der Heydt (1997), S. 102; Mau (2003), S. 36.

37 Vgl. Blattberg und Neslin (1990), S. 1ff.

38 Vgl. Gedenk (2002), S. 12.

39 Vgl. Kotler und Bliemel (2006), S. 985; Kotler et al. (2006), S. 932.

40 Unter „Marketing-Mix" versteht man im Allgemeinen die strategieadäquate Kombination von Marketing-Instrumenten, die das Unternehmen zur Erreichung seiner Marketingziele einsetzt. Es werden vereinfachend vier Instrumentalbereiche unterschieden: Produktpolitik, Preispolitik, Distributionspolitik sowie Kommunikationspolitik. (Vgl. Kotler und Bliemel (2006), S. 140ff.)

41 Vgl. Gedenk (2002), S. 12.

42 Vgl. Gedenk (2002), S.13; Blattberg und Neslin (1990), S. 4.

43 Vgl. Gedenk (2002), S. 18.

44 Vgl. Gedenk (2002), S. 21-23.

45 Vgl. Kotler et al. (2006), S. 938.

46 Vgl. Gedenk (2002), S. 18.

47 Vgl. Gedenk (2002), S. 19.

48 Vgl. Gedenk (2002), S. 2.

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss konsumentengerichteter Verkaufsförderung auf die Supply Chain
Hochschule
Universität zu Köln
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
75
Katalognummer
V87121
ISBN (eBook)
9783638009355
ISBN (Buch)
9783638914833
Dateigröße
1173 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einfluss, Verkaufsförderung, Supply, Chain
Arbeit zitieren
Cathrin Voß (Autor:in), 2007, Der Einfluss konsumentengerichteter Verkaufsförderung auf die Supply Chain, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87121

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der Einfluss konsumentengerichteter Verkaufsförderung auf die Supply Chain



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden