I. Einleitung
Als der Friedensnobelpreis des Jahres 1992 an die indigene Menschenrechtlerin Rigoberta Menchú vom Stamm der Quiché vergeben wurde, rückte mit ihrem Heimatland Guatemala ein Land in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, welches in besonderer Weise durch interethnische Konflikte und eine lange Geschichte der nationalen Identitätssuche gekennzeichnet ist. Der Genozid der 1980er Jahre an der indianischen Bevölkerung war dabei das drastischste Symptom einer in sich tief gespaltenen Gesellschaft.
Die vorliegende Arbeit wird versuchen, die zentralen geschichtlichen Entwicklungen im 20. Jahrhunderts nachzuzeichnen, die in einem der blutigsten Bürgerkriege der lateinamerikanischen Geschichte gipfelten. Von Interesse wird dabei insbesondere die ethnische Komponente sein, sowie die sich nach der Unabhängigkeit auftuenden inneren Widersprüche des Konzeptes der „Nation“.
Um im Zuge der Arbeit zu Aussagen im Sinne der zu Grunde liegenden Fragestellungen zu gelangen, erscheint zunächst ein grober Abriss über die den ethnischen Grenzziehungen im Lande zu Grunde liegenden Fakten und Kausalzusammenhänge sinnvoll. Im Anschluss wird versucht werden, die einzelnen historischen Etappen in einer chronologischen Vorgehensweise nochmals einzeln nachzuzeichnen, und hierbei jeweils die politische mit der kulturell-ethnischen Entwicklung zu verbinden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Bevölkerungsstruktur und ethnische Grenzziehungen
- III. Historische Entwicklung bis zum Bürgerkrieg
- III.1 Die Situation vor 1900
- III.2 Der Liberale Nationalstaat (1871 – 1944)
- III.2.1 Politische Entwicklung
- III.2.2 Ladinisierung und ethnische Grenzen
- III.3 Der „10-jährige Frühling“ (1944 – 1954) und die Zeit danach
- IV. Die Mobilisierung der indianischen Bevölkerung
- IV.1 Grundlegendes
- IV.2 Destruktive Tendenzen und Handlungszwang
- IV.3 Gezielte Förderungen: Die Acción Católica
- IV.4 Institutionelle Organisierung der indigenen Bauernschaft
- IV.5 Redefinition der ethnischen Grenze
- V. Der Bürgerkrieg (1962 – 1996)
- V.1 Guerilla-Bewegungen und die Antwort des Staates
- V.2 Der Genozid der 1980er Jahre
- VI. Die neue Ethnogenese der „Maya“ – Grundstein einer multiethnischen Nation?
- VII. Aktuelle Entwicklungen
- VIII. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der politischen und sozialen Entwicklung Guatemalas im 20. Jahrhundert, insbesondere im Kontext des Bürgerkriegs und der multikulturellen Herausforderungen, die sich aus der ethnischen Zusammensetzung des Landes ergeben. Sie verfolgt die Zielsetzung, die zentralen historischen Prozesse und den Einfluss der ethnischen Komponente auf die nationale Identitätssuche Guatemalas aufzuzeigen.
- Die ethnische Zusammensetzung Guatemalas und die Herausforderungen der ethnischen Grenzziehungen.
- Die Entwicklung des Landes im 20. Jahrhundert, insbesondere die politische und soziale Entwicklung im Kontext der liberalen Revolution und des Bürgerkriegs.
- Die Rolle der indigenen Bevölkerung in der guatemaltekischen Gesellschaft und die Veränderungen in ihrem Selbstverständnis und ihrer politischen Teilhabe.
- Die Auswirkungen des Genozids der 1980er Jahre auf die indigene Bevölkerung.
- Die Herausforderungen und Chancen für eine multiethnische Nation in Guatemala.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und beleuchtet den Hintergrund der interethnischen Konflikte in Guatemala. Sie stellt die Bedeutung des Bürgerkriegs und die Problematik der nationalen Identitätssuche im Land dar. Die Arbeit befasst sich mit der ethnischen Grenzziehung zwischen Indígenas und Ladinos und verfolgt deren Entwicklung im Laufe der Geschichte.
Kapitel II beschreibt die Bevölkerungsstruktur Guatemalas, die durch den hohen Anteil an indigener Bevölkerung geprägt ist. Es werden die verschiedenen indigenen Gruppen, ihre Sprachen und ihre Verteilung im Land erläutert. Zudem wird die besondere Bedeutung des Begriffs „Ladino“ in Guatemala untersucht und die Schwierigkeit, ihn rein biologisch zu definieren, herausgestellt.
Kapitel III befasst sich mit der historischen Entwicklung Guatemalas bis zum Bürgerkrieg. Es behandelt zunächst die Situation vor 1900, die durch das konservative Regime und die politische Ordnung der Kolonialzeit geprägt war. Anschließend werden die Entwicklungen unter der Herrschaft der Liberalen im Zeitraum von 1871 bis 1944, die durch die Förderung der kapitalistischen Exportlandwirtschaft und die Einbindung in den Weltmarkt gekennzeichnet waren, beleuchtet.
Kapitel IV widmet sich der Mobilisierung der indianischen Bevölkerung. Es werden die Ursachen für die Destruktion in den indigenen Gemeinschaften und die Notwendigkeit des Handelns durch die Bevölkerung beleuchtet. Zudem wird die Rolle der Acción Católica, die gezielte Förderprogramme für die indigene Bevölkerung initiierte, und die institutionelle Organisierung der indigenen Bauernschaft im Detail analysiert.
Kapitel V beschäftigt sich mit dem Bürgerkrieg in Guatemala, der von 1962 bis 1996 andauerte. Es beschreibt die Entstehung der Guerilla-Bewegungen und die Reaktion des Staates. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Genozid der 1980er Jahre, der verheerende Folgen für die indigene Bevölkerung hatte.
Schlüsselwörter
Guatemala, Multikulturalität, ethnische Grenzziehungen, indigene Bevölkerung, Ladinos, Bürgerkrieg, Genozid, nationale Identität, Mayas, Historische Entwicklung, Politische Entwicklung, Soziale Entwicklung, Liberalismus, Kolonialismus.
- Quote paper
- Florian Dittmar (Author), 2006, Politisch-soziale Entwicklung und Multikulturalität im Guatemala des 20. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87151