„Wann ist ein Mann ein Mann?“ fragt Herbert Grönemeyer nicht ohne Grund, wie zahlreiche Publikationen, welche sich mit der Sozialisation von Männern beschäftigen, bestätigen. Längst nicht jeder männliche Erwachsene kann diese Frage für sich beantworten. Kann demnach von Jugendlichen erwartet werden, eine Antwort auf diese Frage parat zu haben? Kann die männliche Sozialisation unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch gelingen? Wenn dem so ist – ist das „Erfolgsrezept“ übertragbar und für alle Jungen und jungen Männer anwendbar? Die Frage der eigenen Identität kommt keinesfalls aus, ohne den Aspekt der Sexualität mit einzubeziehen. Speziell der Bereich der sexuellen Identität ist überladen von statusbezogenen Barrieren und Rollenkonflikten, die häufig unlösbar scheinen. In Anbetracht des hohen Stellenwertes von Sexualität – vor allem in der Pubertät – zeigt sich in vielen Fällen eine entsprechend hohe psychische Belastung der betroffenen Jungen. Individuelle Strategien, mit dieser Problematik umzugehen, sie vielleicht sogar zu bewältigen, können unter Jungen nicht weitervermittelt werden, ohne die „ungeschriebenen Gesetze der Männlichkeit“ – in diesem Fall das vermeintliche Verbot, über Probleme und Gefühle zu sprechen – zu brechen, was die entworfene Lösungsstrategie wiederum nichtig erscheinen ließe, da sie den neu aufgetretenen Statusverlust nicht zu verhüten in der Lage gewesen wäre.
Dieses Dilemma legt das kritische Hinterfragen dieses Männlichkeitsbildes nahe. Bedeutet das möglicherweise, dass ein neues Leitbild Männlichkeit vonnöten ist? Kann dem Klientel ein weniger problembehaftetes Bild von Männlichkeit diktiert werden? Wer könnte dazu in der Lage sein und wer könnte es überhaupt entwerfen? Wäre es überhaupt möglich, ein solches Leitbild zu entwerfen, ohne die positiven Aspekte des alten Bildes von Männlichkeit mit einzubeziehen oder aber diese sinnvoll in das neue Leitbild Männlichkeit zu integrieren? Würde ein solches Leitbild überhaupt von den Jungen angenommen?
Bei der Diskussion, wie Jungenarbeit auszusehen habe und wie sie durchzuführen sei, werden, dominiert von zwei Pespektiven – der männlichen und der weiblichen bzw. feministischen –, viele unterschiedliche Meinungen geäußert. Die Jungenarbeit und mit ihr das Klientel wird auf diese Weise zur Waffe im Geschlechterkampf und scheinbar gibt es nur eine Interessengruppe, welche ungefragt bleibt: Die Jungen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Was Jungenarbeit leisten muss
- Unsicherheiten beim Heranwachsen
- Sozialisation
- Sexuelle Identität
- Leitbild Männlichkeit
- Braucht Jungenarbeit ein Leitbild Männlichkeit?
- Wie kann/soll ein solches Leitbild aussehen?
- Die Bedeutung von Arbeit für dieses Leitbild
- Die Bedeutung von Sexualität für dieses Leitbild
- Jungenarbeit im Geschlechterkampf
- Jungenarbeit als Methode der Mädchenarbeit
- Jungenarbeit als Reaktion auf den Feminismus
- Jungenarbeit als Instrument im Geschlechterkampf
- Jungenarbeit in der Praxis
- Wo findet sie (nicht) statt?
- Wer initiiert sie?
- Wer führt sie (nicht) durch?
- Arbeitsprinzipien der Jungenarbeit
- Wieso fällt die praktische Umsetzung so schwer?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit den Konzepten der Jungenarbeit und ihrem Wandel. Sie untersucht die Notwendigkeit von Jungenarbeit, die Herausforderungen der männlichen Sozialisation und die Rolle von Geschlechterrollen in der Jungenarbeit. Die Arbeit beleuchtet, wie Jungenarbeit in der Praxis funktioniert und welche Schwierigkeiten bei der Umsetzung bestehen.
- Die Herausforderungen der männlichen Sozialisation
- Die Bedeutung eines Leitbilds Männlichkeit für Jungenarbeit
- Die Rolle des Geschlechterkampfs in der Jungenarbeit
- Die praktische Umsetzung von Jungenarbeitsprojekten
- Die Schwierigkeiten bei der Etablierung von Jungenarbeit in Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort stellt die Relevanz von Jungenarbeit in den Kontext der gesellschaftlichen Debatten und der historischen Entwicklungen. Das zweite Kapitel behandelt die Notwendigkeit von Jungenarbeit, indem es die spezifischen Herausforderungen während des Heranwachsens von Jungen beleuchtet, die durch Unsicherheiten, Sozialisationsprobleme und Schwierigkeiten bei der Entwicklung der sexuellen Identität gekennzeichnet sind. Das dritte Kapitel erörtert die Bedeutung eines Leitbilds Männlichkeit für die Arbeit mit Jungen, wobei die Bedeutung von Arbeit und Sexualität für die Konstruktion von Männlichkeit hervorgehoben wird. Das vierte Kapitel analysiert die Positionierung der Jungenarbeit im Geschlechterkampf und die unterschiedlichen Perspektiven der feministischen und der männlichen Bewegung. Das fünfte Kapitel beleuchtet die praktische Umsetzung von Jungenarbeitsprojekten und diskutiert die Schwierigkeiten, die mit der Organisation, Finanzierung und Durchführung dieser Arbeit verbunden sind.
Schlüsselwörter
Jungenarbeit, männliche Sozialisation, Geschlechterkampf, Leitbild Männlichkeit, unsichere Identität, feministische Perspektiven, praktische Umsetzung, Schwierigkeiten der Etablierung.
- Arbeit zitieren
- Timo Arnold (Autor:in), 2006, Konzepte der Jungenarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87173