„Wann werden die Schulbehörden sich entschließen, den Gebrauch der Landkarte bei Todesstrafe zu verbieten? Sie ist das Langweiligste vom Langweiligen; eine Abstraktion über eine erdrückende Zahl von Abstraktionen!“
Diese Ansicht des Reformpädagogen Gansberg aus dem Jahre 1912 ist heutzutage in erster Linie aus der verständlicherweise strikten Ablehnung der damaligen Praxis des Geschichtsunterricht zu verstehen. Diese bestand hauptsächlich aus der Wiedergabe durch stetiges Wiederholen gelernter Karteninhalte, wie man es vielleicht aus dem Schulklamauk „die Feuerzangenbowle“ kennt.
Durch dieses schlechte Vorbild verpönt, wurde die Nutzung von Karten besonders im Geschichtsunterricht stark vernachlässigt. Mal aus dem Glauben, sie sei langweilig, aber durchaus auch aus pragmatischen Gründen. Karten sind sowohl für Schüler als auch für Lehrer teuer und sperrig.
Es darf aber nicht übersehen werden, daß der Mensch zur Veranschaulichung von Geschichte, von Raum und Zeit eine Darstellungsform benötigt, und diese bietet uns auch die Karte. Sie befördert die „mentale Verortung von Inhalts- und Raumstrukturen“ , das heißt, sie unterstützt die Bildung individueller stets abrufbarer Raumbilder im Gedächtnis des Menschen. Diese sogenannten Gedächtniskarten sind letztendlich unerläßlich für alle raumbezogenen Denkprozesse und müssen für ein größtmögliches Verständnis historischer Prozesse somit perfektioniert werden.
Sicherlich kann das trotzdem nicht für die von Gansberg kritisierten Methoden sprechen. Doch berechtigte Kritik darf nicht zu einer gänzlichen Verneinung von Kartenarbeit führen. Sie muß vielmehr unter völlig anderen Gesichtspunkten stattfinden, um – selbstverständlich auch in Ergänzung mit anderen Medien – das Verständnis komplexer historischer Sachverhalte zu ermöglichen.
In dieser Arbeit sollen nun Möglichkeiten einer schülergerechten Kartenarbeit aufgezeigt werden. Bevor ich aber Möglichkeiten zur praktischen Anwendung von Karten im Geschichtsunterricht beschreibe, sollen noch einige theoretische Aspekte betrachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- ALLGEMEINES ZU KARTEN IM GESCHICHTSUNTERRICHT
- DER QUELLENWERT UND DIE OBJEKTIVITÄT VON GESCHICHTSKARTEN
- SYSTEMATIK VON GESCHICHTSKARTEN
- DIE ANALYSE EINER GESCHICHTSKARTE
- ANALYSE EINER KARTENFOLGE (EUROPA 1890-1907, ISOLIERUNG DEUTSCHLANDS)
- EINLEITUNG
- ANALYSE
- UMSETZUNG IM UNTERRICHT
- Hinweise zu Kartenfolgen
- Didaktische Überlegungen zur Kartenfolge „Europa 1890-1907, Isolierung Deutschlands“
- ALTERNATIVE: HANDLUNGSORIENTIERTES ARBEITEN MIT GESCHICHTSKARTEN
- EINLEITUNG
- DAS SELBSTÄNDIGE ANFERTIGEN EINER GESCHICHTSKARTE
- BEWERTUNG
- SCHLUBWORT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Möglichkeiten des Einsatzes von Karten im Geschichtsunterricht. Sie hinterfragt den Quellenwert und die Objektivität von Geschichtskarten, analysiert verschiedene Kartentypen und -folgen und zeigt konkrete Beispiele für schülergerechte Anwendungsmöglichkeiten auf.
- Quellenwert und Objektivität von Geschichtskarten
- Systematik und Analyse von Geschichtskarten
- Didaktische Überlegungen zur Einbindung von Karten im Unterricht
- Handlungsorientierte Arbeitsformen mit Geschichtskarten
- Bedeutung von Karten für das Verständnis historischer Prozesse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung thematisiert die historische Nutzung von Karten im Geschichtsunterricht und betont die Bedeutung der Kartenarbeit für das Verständnis raumbezogener Denkprozesse. Das zweite Kapitel beleuchtet den Quellenwert von Geschichtskarten und stellt die Objektivität historischer Karten in Frage. Dabei werden verschiedene Kartentypen und deren politische Einflüsse auf die Darstellung historischer Ereignisse erläutert. Das dritte Kapitel analysiert eine Kartenfolge zur europäischen Entwicklung zwischen 1890 und 1907, die die Isolation Deutschlands beleuchtet, und betrachtet die Möglichkeiten der Umsetzung im Unterricht. Das vierte Kapitel widmet sich der Entwicklung eines handlungsorientierten Ansatzes für die Kartenarbeit im Geschichtsunterricht, wobei das selbstständige Anfertigen von Geschichtskarten im Vordergrund steht.
Schlüsselwörter
Geschichtskarten, Quellenwert, Objektivität, Systematik, Kartenanalyse, Kartenfolgen, Didaktik, Handlungsorientierung, Selbstständiges Lernen, Raumbezogenes Denken, Historische Prozesse, Politische Einflüsse
- Citation du texte
- Matthias Rouwen (Auteur), 2002, Karten im Geschichtsunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87254