Das Stift Gandersheim

Politische Dimension von der Gründung bis zur Salierzeit


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Gründungszeit

3. Das Stift – Aufbau und Pflichten

4. Das Stift und Hildesheim

5. Das Stift zur Salierzeit und im Sachsenkrieg

6. Schlussworte

7. Verwendete Quellen und Literatur

1. Einleitung

Dass Klöster und Stifte das Geistesleben im Mittelalter entscheidend geprägt haben, ist weitgehend bekannt. Doch welchen Einfluss hatten sie auf die Politik im Reich und innerhalb der katholischen Kirche?

Wie sich Papst und Kaiser mit Stiften und Klöstern zu beschäftigen hatten, möchte ich in dieser Arbeit am Beispiel des Stiftes Gandersheim aufzeigen. Ich werde die Politik des Stiftes und die kaiserlich bzw. päpstliche Politik, welche das Stift betraf, anhand der Glanzzeit des Hausstiftes der Liudolfinger beleuchten. Vor allem durch meine Beschreibung des sogenannten „Gandersheimer Streites“ soll deutlich werden, inwiefern sich Papst und Kaiser mit dem Stift auseinander zu setzen hatten und welchen Einfluss seine Angehörigen ausübten.

Wichtig erschien es mir auch zu erklären, welchen Nutzen bzw. welchen Stellenwert das Damenstift Gandersheim zu dieser Zeit inne hatte. Was erwartete der Kaiser von einem Stift und welche Privilegien hatte es dadurch?

Ich werde diese Arbeit mit einem Überblick über die Gründung beginnen und anschließend den Aufbau des Stiftes erläutern, um diese als Grundlage für die darauffolgenden Betrachtungen der Politik des Stiftes und der das Stift betreffenden Politik zu nutzen.

2. Die Gründungszeit

Die Gründung des Stiftes fand in einer Zeit statt, die von Veränderungen geprägt war. Das Frankenreich wurde nach dem Teilungsvertrag von Verdun 843 in drei Teile aufgeteilt. Kaiser Lothar I. erhielt Italien und ein schmales Gebiet von Friesland bis zur Provence. Ludwig (der Deutsche) bekam das östliche Frankenreich und Karl II. (der Kahle) das westliche Frankenreich zugesprochen. Zwischen diesen Reichen bildete sich ungefähr bis zum Jahrtausendwechsel eine Sprachgrenze heraus, die sich bis heute kaum verändert hat. Die Ostfranken nannten ihre Sprache die volkstümliche Sprache, die nicht-lateinische Sprache, die deutsche Sprache, wobei sich Deutsch von diutisc, übersetzt Volk, ableitete.[1]

Grafschaften etc. wurden in der spätkarolingischen Zeit feudalisiert und allodialisiert. Die Königsbeamten verschmolzen mit dem eingesessenen Adel und es kam so zum Aufstieg vieler Adelsfamilien, die im 10.Jahrhundert die Führung der „jüngeren Stammesherzogtümer“ bildeten.[2]

530 hatte Benedikt von Nursia eine Reihe von Ordensregeln verfasst, die sich bis zum 9.Jahrhundert in ganz West- und Mitteleuropa durchgesetzt hatten und zur Gründung zahlreicher Klöster führten, die nach den Benediktinerregeln lebten.[3]

Das Kloster Brunshausen war eines dieser Klöster und war der Ausgangspunkt für die Gründung des Stiftes Gandersheims.

Liudolf von Sachsen und seine Frau Oda, die Gründer des Kanonissenstifts gehörten einer Familie an, die neben den Billungern und der Familie Widukinds zu den angesehensten der sächsischen Familien zählten. Liudolf führte wahrscheinlich das ostsächsische Aufgebot im Krieg gegen die Normannen, die seit 834 im Norden des Frankenreichs plünderten und 845 sogar Hamburg zerstörten. Da jedoch Ludwig der Deutsche selbst noch Herrschaftsrechte auf dieses Gebiet ausübte, dürfte Liudolf nicht an der Spitze jenes Gebietes gestanden haben. Zentren seines Besitzes waren Seesen-Gandersheim, Grone-Pöhlde/Eichsfeld, Werla-Lutter, Calbe-Magdeburg-Barby; auch im Bardengau um Lüneburg hatte er Besitz. Von der Lage seines Besitzes im sächsisch-slawischen Grenzraum rührte die Vormacht als Grenzwächter in markgräflicher Position gegen die Slawen und Normannen, wodurch er seine Macht ausbauen konnte.[4] Auch seine Frau Oda stammte aus dem fränkischen Hochadel. Ihrer Mutter Aeda war, der Gandersheimer Kanonisse Roswitha zu folge, Johannes der Täufer erschienen. „ Dir bringend die Fülle des Trostes erschien ich. Nämlich ich bin Johannes, begnadigt in blinkende Welle Christum zu tauchen. Und dir, weil oft bei mir du gebetet, künd’ ich zuvor: Dein herrlich Geschlecht wird stiften ein Kloster Gott geweiheten Frau’n, zum Frieden und Preise des Reiches, so lang fest ihr Gelübde besteht durch Sorge der Könige.[5]

Die hohe Stellung Liudolfs und Odas kam der Gründung des Stiftes Gandersheim sehr zu gute. Im Jahr 846 reisten sie, auf Anraten Ludwig des Frommen, nach Rom und erwarben vom damaligen Papst Sergius II. die Gebeine der Päpste Anastasius I. und Innozenz I.., die noch heute in der Gandersheimer Stiftskirche liegen sollen. „ Als er ein Schreiben darauf von seinem Herren empfangen, nämlich dem hocherhabenen und frommen Könige Ludwig, machten auf seinen Verlaub mit gar nicht geringem Gefolge beide sich auf gen Rom und besuchten des heiligen Vaters Sitz, in diesen mit würdigen Geschenken und freundlich Bitten dringend, es werde für sie mit seiner Hülfe ermöglicht, dass mit dem Willen des Herrn sie ihre Gelübde bezahlten.“[6]

Papst Sergius II. soll Roswitha zu folge auch noch dem Stift seinen Schutz zugesagt haben. „ Auch erklären wir noch dies Kloster, eurem Wunsch nach, als dem Apostel gehörig zu nehmen in unsere Hände, auf dass sicher es sei vor allen weltlichen Herren.“[7]

Die Gründung des Stiftes wird auf das Jahr 852 datiert, da zu diesem Zeitpunkt Gandersheim nur eine Sumpflandschaft war, quartierten sich die Kanonissen im nahegelegenen Kloster Brunshausen ein und Hathumod, die Tochter Liudolf und Odas, wurde die erste Äbtissin des Stiftes. Die war zuvor im Kloster Herford erzogen wurden. „ Dort, auf dass man begehe den Dienst des Herren mit Würden, bis einst wäre zu finden ein besser geeigneter Bauplatz brachten sie viel Jungfrau’n für gemeinsames Leben zusammen, fassten dazu den Beschluß ihr eigenes Kind Hathumoda sollte gehalten wie sie stets ihre Genossin verbleibe; und auf dass sie vermöge der Jungfrauenschaar zu gebieten brachten zuerst sie dieselbe zu gottesfücht’ger Erziehung unter die sorgende Hut von einer gar würd’gen Aebtissin, die nachfolgend anstatt der früher vor dieser erwählten damals hatte zum Sitze das Kloster Herford erhalten.“[8]

Den Standort für die neue Kirche des Stiftes fand man, so Roswitha, dank eines göttlichen Zeichens. „ Einst an selbigem Ort, als in zwei Tagen das hohe Allerheiligenfest gar feierlich war zu begehen, Mitten in dunkeler Nacht erblickten mit eigenen Augen viele Lichter im Wald, ganz helle brennend die Hirten.“[9] Nachdem Liudolf sich selbst dieser Erscheinungen versichert hatte, wurde der Ort der Lichter 856 zum Bauplatz der Stiftskirche erkoren.[10]

Bei der Ausstattung des Stiftes half, zumindest Hans Goetting und der Vita Bernwardi nach, Altfried von Hildesheim, der Eigengut und auch Zehntbesitz des Bistums Hildesheim zur Gründung beisteuerte.[11] Dagegen spricht das sowohl Roswitha als auch die nachträglich von Liudolf verfasste Gründungsurkunde, die den Bischof in diesem Zusammenhang nicht erwähnen. Auch Caspar Ehlers stellt die Beteiligung Altfrids in Frage.[12]

Liudolf und Odas Tochter heiratete König Ludwig den Jüngeren und mit vier Diplomen des Königs wurde Gandersheim die Immunität, Königsschutz sowie die Garantie der Äbtissinenwürde für die Töchter des liudolfingischen Geschlechts verliehen. Die Verleihung der Reichsunmittelbarkeit ergänzte eine umfangreiche Reichsgutschenkung und das Recht der Zollerhebung vom Rhein-Elbe-Saale Verkehr.[13]

Der Bau der Stiftskirche war inzwischen vorangeschritten, so dass am 1.November 881 das Münster von Bischof Wigbert von Hildesheim geweiht werden konnte.[14] Sowohl Liudolf als auch Hathumod waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben. Sie wurden zusammen mit den Gebeinen Anastasius I. und Innozenz I. mit einer feierlichen Prozession. unter der neuen Äbtissin Gerberga I., von Brunshausen nach Gandersheim überführt und in der Stiftskirche beigesetzt.[15]

Die Stifterin Oda trug zwei ihrer Töchter, Hathumod und Gerberga, zu Grabe und kontrollierte zu ihren Lebzeiten eigens die Kanonissen im Stift. Sie starb im biblischen Alter von 107 Jahren im Jahr 912.

Da ging unsere Hoffnung und Herrschaft, Oda, nachdem sie zehnmal zehn und sieben Jahre gelebet, im hohen Glück, zu den Sternen, das Leben mit gutem Schlusse vollendend, harrend in glücklicher Hoffnung der Zeit (...) jetzt unter dem harten Deckel gebettet, ganz in der Nähe der Gräber von ihren eigenen Töchtern.“[16]

[...]


[1] vgl. Der Grosse Ploetz; Herder Verlag, Freiburg 2001, S.387

[2] vgl. Der Grosse Ploetz; S. 382

[3] vgl. Der Grosse Ploetz; S. 384

[4] vgl. Thiele, Andreas; Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993, Tafel 11

[5] Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung; nach der Ausgabe der Monumenta Germaniae, übers. Dr. Th. G. Pfund, 2. neubearb. Auflage; Verlag der Deutschen Buchhandlung, Leipzig 1891, S.5, v. 55-60

[6] Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung, übers. Dr. Th. G. Pfund, S.7f, v.118-185

[7] Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung, übers. Dr. Th. G. Pfund, S.9f, v.178-180

[8] Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung, übers. Dr. Th. G. Pfund, S.7f, v.106-115

[9] Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung, übers. Dr. Th. G. Pfund, S.9f, v.193-196

[10] vgl. Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung, übers. Dr. Th. G. Pfund, S.10f, v.212-230

[11] vgl. Germania Sacra, NF.20; Hildesheimer Bischöfe von 815 – 1221(1227), S.85ff

[12] vgl. Ehlers, Caspar; Gandersheim (Repertorium Königspfalzen: Niedersachsen 1) 2000, S.259

[13] vgl. Germania Sacra, NF.7; Das Reichsunmittelbare Kanonissenstift Gandersheim, S. 83

[14] vgl. Germania Sacra, NF.7; Das Reichsunmittelbare Kanonissenstift Gandersheim, S. 84

[15] vgl. Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung, übers. Dr. Th. G. Pfund, S.11ff, v.283-386

[16] Der Hrotsuitha Gedicht über Gandersheims Gründung, übers. Dr. Th. G. Pfund, S.22f, v.574-580

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Stift Gandersheim
Untertitel
Politische Dimension von der Gründung bis zur Salierzeit
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V87311
ISBN (eBook)
9783638018616
ISBN (Buch)
9783640388998
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stift, Gandersheim
Arbeit zitieren
Kevin Loock (Autor:in), 2004, Das Stift Gandersheim, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87311

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